· Fachbeitrag · Kostenrecht
Ein Verfahrensvergleich mit dem Schuldner kann attraktiv sein
Wenn der Schuldner nach Absprache mit dem Bevollmächtigten des Gläubigers und gegen die Gewährung einer Ratenzahlung ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt und hiergegen auch keinen Einspruch einlegt, kann sowohl eine Einigungs- als auch eine Terminsgebühr anfallen (OLG München 21.3.14, 11 W 457/14, Abruf-Nr. 141799). |
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Diese für den Bevollmächtigten im doppelten Sinne positive Entscheidung kann dem Bevollmächtigten in der Praxis einen erheblichen Gebührenzuwachs versprechen.
Das Problem des Anfalls der Einigungsgebühr lag darin, dass eine eindeutige Einigung innerhalb des Klageverfahrens nicht zustande gekommen ist. Der Schuldner ist nach der Klageeinreichung überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Der Wortlaut von Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG ist nicht erfüllt, da auf die gerichtliche Geltendmachung ebenso wenig verzichtet wurde, wie auf die Vollstreckung.
Das OLG greift auf die bisherige Handhabung zurück. Danach war im Falle der Einigung über einen anhängigen, nicht streitigen Anspruch in Form einer Ratenzahlungsvereinbarung wegen des Interesses des Gläubigers an der Schaffung eines Vollstreckungstitels der Anfall der Einigungsgebühr unstreitig (BGH NJW-RR 05, 1303; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., VV 1000 Rn. 227). Mit dem OLG ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber hieran auch mit dem 2. KostRMoG nichts ändern wollte.
Das überträgt das OLG auf die konkrete Fallsituation: Wenn die Titulierung nicht unmittelbar in einem Vergleich erfolgt, sondern in der Weise, dass der Beklagte ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt, könne jedenfalls dann nichts anderes gelten, wenn ihm für den Fall des Verzichts auf einen Einspruch gegen das Versäumnisurteil die Möglichkeit der Ratenzahlung gewährt wird.
Eine Streitwertabsenkung nach § 31b RVG hatte die Gläubigerin im konkreten Einzelfall schon von sich aus angenommen, sodass das OLG hierüber nicht entscheiden musste. Tatsächlich dürfte sie allerdings nicht in Betracht kommen, weil nicht „nur“ eine Zahlungsvereinbarung getroffen wurde, sondern mit der Verabredung des weiteren prozessualen Verhaltens des Schuldners auch eine Sicherungsabrede Gegenstand der Einigung war. Durch den Titel ist der Gläubiger zur unmittelbaren Vollstreckung in der Lage, wenn der Schuldner seinen regelmäßigen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt. Er ist damit gegenüber anderen Gläubigern in einem zeitlichen Vorteil. Weil der Titel wegen dieses Sicherungsbedürfnisses erst geschaffen wird, ist § 31b RVG seinem Wortlaut nach nicht einschlägig.
Nicht vergessen werden darf, dass nicht nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VVRVG wegen des säumigen Schuldners angefallen ist, sondern in der genannten Fallkonstellation eine 1,2 Terminsgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV-RVG, da der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin durch ein unstreitiges Telefonat mit dem Schuldner an einer Besprechung mitgewirkt hat, die auf die Erledigung des bereits eingeleiteten Klageverfahrens gerichtet war.
Mit der Regelung in der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung gefördert werden.
Das OLG wird auch hier wieder konkret: Zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin und dem Schuldner ist besprochen worden, wie das Verfahren für den Schuldner zum einen kostengünstig und zum anderen mit der Möglichkeit einer Ratenzahlung beendet werden konnte. Es handelte sich somit um ein auf eine gütliche Regelung abzielendes Gespräch.
MERKE | Es kann also Sinn machen, wenn der Bevollmächtigte nach der Klageerhebung oder Klagebegründung - nach einem Widerspruch oder Einspruch im Mahnverfahren - bei erkennbar begründeten Forderungen und der vermuteten beschränkten Zahlungsfähigkeit des Schuldners die gütliche Erledigung in einem Telefonat zu versuchen. |
Kommt es zu keiner Einigung sollte jedenfalls aus vollstreckungsrechtlicher Sicht durch Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis geprüft werden, ob der Schuldner im zeitlichen Zusammenhang zur Forderungsbegründung - sechs Monate zuvor bis drei Monate danach - bereits die Vermögensauskunft abgegeben hat. In diesem Fall lässt sich die Forderung (auch) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB - vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung - begründen, was die Vollstreckung privilegiert (§ 850f Abs. 2 ZPO) und die Forderung von einer Erteilung der Restschuldbefreiung unter den Voraussetzungen des § 302 InsO ausnimmt.
Prozessual ist dann, wie folgt, neben dem Zahlungsantrag ein Feststellungsantrag zu stellen:
Musterformulierung / Feststellungsantrag bei Deliktshandlung |
Es wird festgestellt, dass die zu Ziffer 1) tenorierte Zahlungsforderung auch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet ist. |