· Fachbeitrag · Leseranfrage
Minderjähriger Patient: Ausgleich (fiktiver) Behandlungskosten für nicht wahrgenommene Termine
| Immer wieder kommt es gerade bei Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden vor, dass vereinbarte Behandlungstermine nicht wahrgenommen oder kurzfristig abgesagt werden. Eine Leserin lässt sich von den Patienten ‒ auch bei gesetzlich Versicherten ‒ bei der ersten Anmeldung eine Bestimmung als Anerkenntnis unterschreiben, nach dem die Behandlungskosten auch zu tragen sind, wenn der Behandlungstermin nicht oder später als 24 Stunden vorher abgesagt wird und kein neuer Patient stattdessen den Termin wahrnehmen kann. Im konkreten Fall hatte die Mutter die Anmeldung für ein minderjähriges Kind unterschrieben. Zwei Behandlungstermine hat das Kind dann nicht wahrgenommen. Es fragt sich, ob und von wem die fiktiven Behandlungskosten verlangt werden können? |
1. Mit wem ist der Vertrag geschlossen?
Die o. g. Leistungen der Physiotherapeuten etc. stellen eine medizinische Leistung i. S. d. § 630a Abs. 1 BGB dar (vgl. § 124 Abs. 1 SGB V) und begründen deshalb einen Behandlungsvertrag. In der aufgeworfenen Konstellation käme ein Vertrag zwischen dem Behandler und dem minderjährigen Kind, dieses nach § 1629 BGB vertreten durch die Erziehungsberechtigten, in Betracht. Der BGH (12.5.22, III ZR 78/21, Abruf-Nr. 229828; 28.4.05, III ZR 351/01; 10.1.84, VI ZR 158/82) geht allerdings einen anderen Weg und nimmt einen Vertrag zwischen den Erziehungsberechtigten und dem Behandler zugunsten des minderjährigen Kindes nach § 328 BGB in Erfüllung ihrer Personensorgepflicht aus § 1926 BGB an.
Für den BGH bleibt dabei unerheblich, ob die Eltern und das Kind privat oder gesetzlich versichert sind. Auch wenn dem Kind als mitversichertem Familienangehörigen nach § 10 SGB V ein eigener und von den Eltern unabhängiger selbstständiger Leistungsanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung zustehe, bleibe der Behandlungsvertrag doch privatrechtlicher Natur.
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