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  • · Fachbeitrag · Inkassokosten

    Anrechnung der Gebühren im Mahnverfahren

    Bei der Berechnung der erstattungsfähigen Inkassokosten ist die Mahnverfahrensgebühr für das Inkassounternehmen, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden kann, abzuziehen, weil sie bei vergleichbaren Rechtsanwaltskosten nicht anfällt (AG Hamm 26.6.12, 17 C 236/12, Abruf-Nr. 123922).

    Entscheidungsgründe

    Das AG erkennt an, dass Inkassokosten dem Grunde nach aus dem Gesichtspunkt des Verzugs zu ersetzen sind. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Kosten bei Beauftragung eines Inkassobüros nicht höher sein dürfen als bei Beauftragung eines Rechtsanwalts, weil ein Gläubiger ansonsten mit der Beauftragung des Inkassobüros gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB verstoßen würde (BeckOK, § 286 BGB, Rn. 74; MüKo/Ernst, BGB, 6. Aufl., § 286, Rn. 157). Da die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt ist, sind die Kosten ohne Umsatzsteuer zu vergleichen.

     

    Das AG musste dann bestimmen, welche Vergütung für ein Inkassounternehmen im Mahnverfahren bei einer Forderung in Höhe von bis zu 1.500 EUR höchstens anfallen kann, wenn es auch bereits vorgerichtlich tätig war. Danach ergibt sich für das Mahnverfahren nach Ansicht des AG Hamm folgende Berechnung:

     

    • Berechnung der Kosten des Mahnverfahrens nach AG Hamm
    Kosten bei Beauftragung eines Rechtsanwalts
    Kosten bei Einschaltung eines Inkassobüros

    Geschäftsgebühr

    136,50 EUR

    0,65-Gebühr

    68,25 EUR

    Auslagenpauschale

    20,00 EUR

    Auslagenpauschale

    13,65 EUR

    156,50 EUR

    81,90 EUR

    ./. Gebühr gemäß § 4 Abs. 4 RDGEG

    25,00 EUR

    56,90 EUR

    Verfahrensgebühr

    136,50 EUR

    Verfahrensgebühr

    136,50 EUR

    Anrechnung der Geschäftsgebühr zu 1/2

    68,25 EUR

    Auslagenpauschale

    20,00 EUR

    68,25 EUR

    156,50 EUR

    Auslagenpauschale

    13,65 EUR

    81,90 EUR

    Kostenfestsetzung, Gebühr gemäß § 4 Abs. 4 RDGEG

    25,00 EUR

    Gesamtkosten

    238,40 EUR

    238,40 EUR

     

    Nur wenn bei Beantragung eines Mahnbescheids durch ein Inkassobüro die Inkassokosten um 25 EUR gemindert werden, ergibt sich für einen Schuldner die gleiche Belastung wie bei vorgerichtlicher Beauftragung eines Rechtsanwalts, da im Rahmen der Kostenfestsetzung die Gebühr gemäß § 4 Abs. 4 RDGEG zu berücksichtigen ist.

     

    Praxishinweis

    Während der einen Anwalt beauftragende Gläubiger im Mahnverfahren eine 1,0-Verfahrensgebühr für die Beantragung des Mahnbescheids und eine weitere 0,5-Verfahrensgebühr für die Beantragung des Vollstreckungsbescheids nach § 91 ZPO erstattet verlangen kann, hat der Gesetzgeber für registrierte Inkassounternehmen die Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO auf 25 EUR begrenzt. Das schließt aber nicht aus, dass der Gläubiger, der ein Inkassounternehmen beauftragt und mit diesem eine Vergütung anlog dem RVG vereinbart hat, aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere aus Verzug nach §§ 280, 281 BGB einen weitergehenden Schaden als Hauptanspruch ersetzt verlangt.

     

    Während der Rechtsanwalt sich die vorgerichtliche Geschäftsgebühr anrechnen lassen muss, fehlt es im Hinblick auf § 4 Abs. 4 RDGEG an einer Anrechnungsvorschrift. Es kann dem AG Hamm darin gefolgt werden, dass es einer solchen Anrechnungsbestimmung auch nicht bedarf, weil die Regelung im RVG über die Schadensminderungspflicht in § 254 BGB auch auf die Inkassokosten zu übertragen ist. Dies ist allerdings nur konsequent, wenn dem Inkassounternehmen für die vorgerichtliche Tätigkeit eine 1,3-Geschäftsgebühr zugestanden wird, die dann im Mahnverfahren zur Hälfte auf eine dort fiktiv anfallende 1,0-Verfahrensgebühr für die Beantragung des Mahnbescheids und unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 RDGEG anzurechnen ist.

     

    Unberücksichtigt lässt das AG Hamm, dass es für eine Anrechnung der Gebühren aus dem Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr im Klageverfahren an einer unmittelbaren Rechtsgrundlage fehlt. § 254 BGB kann in der vom AG Hamm herangezogenen Allgemeinheit hierfür nicht taugen. Da die Gebühren aus dem Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreites angerechnet wird, ist dies nur gerechtfertigt, wenn der im Klageverfahren tätige Rechtsanwalt auch das Mahnverfahren betrieben hat. Nur dann ist auch dem Sinn und Zweck der Anrechnung genügt, den bereits vergüteten Aufwand der Informationsbeschaffung und Aktenlage nicht doppelt zu vergüten. Deshalb sieht das Gesetz die Anrechnung auch nur in diesem Fall vor.

     

    Das ist aber mit der Situation nicht vergleichbar, dass der Gläubiger im Mahnverfahren durch einen Anwalt oder ein Inkassounternehmen vertreten wurde und dann im Klageverfahren - bei Inkassounternehmen wegen § 79 Abs. 1 Nr. 4 ZPO - einen anderen Anwalt beauftragt. Der im Klageverfahren beauftragte Rechtsanwalt hat dann keinen Aufwand erspart, der eine Anrechnung rechtfertigen würde. Einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht, der die Erstattungsfähigkeit der ungeschmälerten Verfahrensgebühr im Klageverfahren rechtfertigen könnte, ist aber der Entscheidung des AG Hamm nicht zu entnehmen. Er liegt auch nicht in jedem Fall vor. Er würde voraussetzen, dass der Gläubiger schon vorgerichtlich bzw. bei der Beantragung des Mahnbescheids davon ausgehen musste, dass der Schuldner dem Mahnbescheid widersprechen würde. Nur in diesem Fall liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, da dann damit zu rechnen war, dass überhaupt ein Klageverfahren erforderlich wird und dafür ein Rechtsanwalt beauftragt werden muss.

     

    Ansonsten liefe die gesetzgeberische Entscheidung der Rechtsberatungsreform leer, seit dem 1.7.08 den registrierten Inkassounternehmen zu ermöglichen, bis dahin unstreitige Forderungen nicht nur vorgerichtlich beizutreiben, sondern auch eine schnelle und einfache Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren herbeizuführen. Immer wieder zeigt sich, dass der Gläubiger keiner Fehleinschätzung unterlegen ist, wenn gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt wird, der Schuldner dies aber nur zur Verfahrensverzögerung getan hat und im weiteren Prozessverlauf dann dementsprechend ein Versäumnisurteil ergeht. De lege ferenda, sollte daher überlegt werden, Inkassounternehmen zumindest die Möglichkeit zu geben, bei Verfahren vor den AG die Klage zu begründen, wenn dies durch einen angestellten Juristen geschieht, da auch den Verbraucherzentralen nach § 79 Abs. 2 Nr. 3 ZPO eine entsprechende Befugnis zusteht. Die Tätigkeit der registrierten Inkassounternehmen im gerichtlichen Mahnverfahren und in der Zwangsvollstreckung seit dem 1.7.08 hatte keine Beanstandungen gezeigt, die einem solchen Schritt entgegenstünden.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 13 | ID 37347940