Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 27.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121923

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 24.02.2012 – 3 U 687/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 3 U 687/11
    11 O 215/10 LG Trier

    Verkündet am 24.02.2012

    Oberlandesgericht Koblenz

    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil

    In dem Rechtsstreit XXX

    hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch XXX
    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2012 für Recht erkannt:

    1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 24.05.2011 wird zurückgewiesen.

    2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
    Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Der Kläger und sein Mitgesellschafter ...[A] unterhielten bei der Beklagten mehrere Kontokorrentkonten. In den zugrundeliegenden Kontokorrentverträgen waren Zinsanpassungsklauseln enthalten, aufgrund derer die Beklagte in dem Zeitraum vom 30.09.1995 bis 30.12.2002 Anpassungen vornahm, die den Kontoinhabern jeweils mitgeteilt wurden. Diese erhielten vierteljährlich eine Abrechnung über die angefallenen Zinsen und die Mitteilung der Kontenstände.

    Vom 20.12.2002 an wurden die Konten im „Haben“ geführt; zum 05.05.2004 wurden sie vollständig aufgelöst.

    Im Auftrag des Klägers und dessen Sozius erstellte Herr ...[B] am 20.10.2009 ein Gutachten (Kosten: 4.023,51 €), in welchem er zu dem Ergebnis gelangte, wegen unrichtiger Wertstellungszeitpunkte, Berechnung nicht geschuldeter Kosten und fehlerhafter Zinsberechnungen und -anpassungen sei den Kontoinhabern bis 06.05.2004 ein Kapitalschaden in Höhe von 40.824,41 € entstanden, der um die von der Beklagten ungerechtfertigt gezogenen Nutzungen, die sich bis 20.10.2009 auf 40.834,09 € beliefen, zu erhöhen sei.

    Mit seiner als Teilklage bezeichneten, der Beklagten am 13.09.2010 zugestellten Klage verlangt der Kläger - mit Zustimmung seines Sozius - die Zahlung der sich aus den vorgenannten Beträgen ergebenden Summe von 85.682,01 €.

    Er hat geltend gemacht,
    die Beklagte habe falsche Wertstellungen vorgenommen, unberechtigte Kosten erhoben und überhöhte Zinsen verlangt. Erst mit Vorlage des Gutachtens ...[B] habe er Kenntnis von dem ihnen entstandenen Schaden erlangt.

    Er hat beantragt,
    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn und den mit ihm in Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Herrn ...[A] als Gesamtgläubiger einen Betrag von 85.682,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 31.03.2010 zu zahlen;

    2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm und seinem Mitgesellschafter ...[A] jeglichen weiteren Vermögensschaden zu ersetzen, der ihm und seinem Mitgesellschafter aus der vertragswidrigen Führung der Girokonten Nr. 16.... und Nr. 19...., insbesondere aus unrichtigen Wertstellungen, Belastung nicht berechtigter Kosten und Belastung nicht geschuldeter Zinsen künftig noch entstehen werde.

    Die Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie hat vorgetragen,
    die Klage sei unschlüssig. Es sei fraglich, ob das Transparenzgebot für Zinsanpassungsklauseln bei Kontokorrentkrediten überhaupt anwendbar sei. Etwaige Ansprüche seien verjährt und verwirkt.

    Mit Urteil vom 24.05.2011, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstands Bezug genommen wird (GA Bl. 214 - 226), hat das Landgericht die Klage abgewiesen; sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche seien verjährt und verwirkt.

    Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er rügt unter anderem die Verletzung der Hinweispflicht, da das Gericht nicht zu erkennen gegeben habe, dass es seine Rechtsauffassung zur Verjährung geändert habe. Für diesen Fall hätte er die - nunmehr geltend gemachte - Eventualaufrechnung gegen die Forderung der Beklagten auf Rückführung der Kreditlinie mit den Gegenforderungen auf Rückerstattung zuviel geleisteter Zinszahlungen und daraus entstandener Kosten in Höhe von insgesamt 85.682,01 € erklärt.

    Des Weiteren wendet er sich gegen die Annahme der Verjährung und Verwirkung.

    Wegen der Einzelheiten seines zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 25.08.2011 (GA Bl. 264 - 279) und den Schriftsatz vom 23.12.2011 (GA Bl. 315 - 327) verwiesen.

    Der Kläger beantragt,

    das angegriffene Urteil des Landgerichts Trier teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn und den mit ihm in Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Herrn ...[A] als Gesamtgläubiger einen Betrag von 85.682,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 31.03.2010 zu zahlen

    sowie

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm und seinem Mitgesellschafter ...[A] jeglichen weiteren Vermögensschaden zu ersetzen, der ihm und seinem Mitgesellschafter aus der vertragswidrigen Führung der Girokonten Nr. 16…. und 19...., insbesondere aus unrichtigen Wertstellungen, Belastung nicht berechtigter Kosten und Belastung nicht geschuldeter Zinsen, künftig noch entstehen werde.

    Hilfsweise beantragt er,

    die Beklagte zu verurteilen, dem Kontokorrentkonto mit Nummer 16....

    Sollzinsen wertmäßig zum
    - 30.12.1995 in Höhe von 528,84 DM
    - 30.03.1996 in Höhe von 1.682,09 DM
    - 30.06.1996 in Höhe von 1.793,91 DM
    - 30.09.1996 in Höhe von 1.876,75 DM
    - 30.12.1996 in Höhe von 2.684,05 DM
    - 30.03.1997 in Höhe von 3.078,97 DM
    - 30.06.1997 in Höhe von 3.292,45 DM
    - 30.09.1997 in Höhe von 3.554,74 DM
    - 30.12.1997 in Höhe von 3.223,64 DM
    - 30.03.1998 in Höhe von 2.130,24 DM
    - 30.06.1998 in Höhe von 2.095,18 DM
    - 30.09.1998 in Höhe von 2.446,24 DM
    - 30.12.1998 in Höhe von 848,28 DM
    - 30.03.1999 in Höhe von 4.492,80 DM
    - 30.06.1999 in Höhe von 4.199,07 DM
    - 30.09.1999 in Höhe von 2.457,26 DM
    - 30.12.1999 in Höhe von 3.416,73 DM
    - 30.03.2000 in Höhe von 3.238,29 DM
    - 30.06.2000 in Höhe von 4.570,39 DM
    - 30.09.2000 in Höhe von 6.893,93 DM
    - 30.12.2000 in Höhe von 5.458,79 DM
    - 30.03.2001 in Höhe von 3.712,17 DM
    - 30.06.2001 in Höhe von 1.004,68 DM
    - 30.09.2001 in Höhe von 772,40 DM
    - 30.12.2001 in Höhe von 1.257,16 DM
    - 30.03.2002 in Höhe von 580,07 €
    - 30.06.2002 in Höhe von 635,91 €
    - 30.06.2002 in Höhe von 635,91 €
    - 30.09.2002 in Höhe von 634,12 €
    - 30.12.2002 in Höhe von 529,57 €
    Überziehungszinsen wertmäßig zum
    - 30.06.1996 in Höhe von 166,29 DM
    - 30.06.1997 in Höhe von 1.703,34 DM
    - 30.03.1999 in Höhe von 835,75 DM
    - 31.12.2001 in Höhe von 2.470,73 DM

    gutzuschreiben und das Konto unter Berücksichtigung dieser Gutschriften neu zu berechnen, wobei diese Neuberechnung unter Berücksichtigung nachfolgender Zinssätze zu erfolgen habe:

    Sollzinsen
    - 30.09.1995 bis 30.12.1995 - 6 %
    - 30.12.1995 bis 30.03.1996 - 5,5 %
    - 30.03.1996 bis 30.06.1996 - 5,5 %
    - 30.06.1996 bis 30.09.1996 - 5,5 %
    - 30.09.1996 bis 30.12.1996 - 5,25 %
    - 30.12.1996 bis 30.03.1997 - 5,0 %
    - 30.03.1997 bis 30.06.1997 - 5,0 %
    - 30.06.1997 bis 30.09.1997 - 5,0 %
    - 30.09.1997 bis 30.12.1997 - 5,0 %
    - 30.12.1997 bis 30.03.1998 - 5,0 %
    - 30.03.1998 bis 30.06.1998 - 5,0 %
    - 30.06.1998 bis 30.09.1998 - 5,0 %
    - 30.09.1998 bis 30.12.1998 - 4,5 %
    - 30.12.1998 bis 30.03.1999 - 4,5 %
    - 30.03.1999 bis 30.06.1999 - 4,25 %
    - 30.06.1999 bis 30.09.1999 - 4,5 %
    - 30.09.1999 bis 30.12.1999 - 4,75 %
    - 30.12.1999 bis 30.03.2000 - 5,0 %
    - 30.03.2000 bis 30.06.2000 - 5,25 %
    - 30.06.2000 bis 30.09.2000 - 5,5 %
    - 30.09.2000 bis 30.12.2000 - 5,75 %
    - 30.12.2000 bis 30.03.2001 - 6,70 %
    - 30.03.2001 bis 30.06.2001 - 4,93 %
    - 30.06.2001 bis 30.09.2001 - 5,5 %
    - 30.09.2001 bis 30.12.2001 - 5,5 %
    - 30.12.2001 bis 30.03.2002 - 5 %
    - 30.03.2002 bis 30.06.2002 - 5 %
    - 30.06.2002 bis 30.09.2002 - 5 %
    - 30.09.2002 bis 30.12.2002 - 4,75 %

    Überziehungszinsen
    - 30.03.1996 bis 30.06.1996 - 4,5 %
    - 30.06.1996 bis 30.06.1997 - 4,5 %
    - 30.06.1997 bis 30.03.1999 - 4,5 %
    - 30.03.1999 bis 31.12.2001 - 4,5 %.

    Äußerst hilfsweise beantragt er,
    das angegriffene Urteil und das Verfahren aufzuheben und an das Landgericht Trier zurückzuverweisen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 05.10.2011 (GA Bl. 294 - 312) Bezug genommen.

    II.

    Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

    1.
    Soweit der Kläger Ansprüche (Schadensersatz und/oder ungerechtfertigte Bereicherung) wegen der Behauptung unrichtiger Wertstellungszeitpunkte und Berechnung nicht geschuldeter Kosten geltend macht, fehlt es bereits an einem hinreichend substantiierten Sachvortrag. Der Verweis auf das zwei Aktenordner umfassende Privatgutachten ...[B] reicht nicht aus, den Klageantrag insoweit sachlich zu rechtfertigen.

    Ob der Sachvortrag des Klägers betreffend den Komplex "Zinsen", der sich zusammensetzt aus Soll-Zinsschaden, Überziehungszinsschaden und Herausgabe gezogener Nutzungen, den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag im Sinne des § 253 ZPO genügt, kann dahinstehen.

    2.
    Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die geltend gemachten Rückzahlungs- und Feststellungsansprüche - ob aus vertraglichen, bereicherungsrechtlichen oder deliktischen Gründen - sämtlich verjährt sind.

    A) Alle diese Ansprüche unterliegen seit dem 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB n. F..

    Gemäß § 199 Abs. 1 BGB in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

    Die von dem Kläger beanstandeten Kontenbelastungen erfolgten zu einem großen Teil zwar in der Zeit vor Inkrafttreten des neuen Schuldrechts. Nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden für alle am 01.10.2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche aber die seit dem 01.01.2002 geltenden Verjährungsvorschriften Anwendung.

    B) Die Frage, ob die auf die Handlungen der Beklagten vor dem 01.01.2002 gestützten Ansprüche des Klägers bis 31.12.2001 der regelmäßigen 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a. F. oder aber - wie die Beklagte meint - der 4-jährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F. unterlagen, kann hier dahinstehen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von der 30-jährigen Verjährungsfrist (nach altem Recht) ausgeht, vermag dies an dem erfolgten Eintritt der Verjährung nach neuem Recht nichts zu ändern. Auf jeden Fall war die Verjährungsfrist nach dem BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung länger als die Verjährungsfrist nach dem BGB in der neuen Fassung.

    Ist die Verjährungsfrist nach dem BGB in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung - wie

    hier - kürzer als nach dem „alten“ BGB, wird - nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB - die kürzere Frist von dem 1. Januar 2002 an berechnet.

    Es ist jedoch anerkannt, dass auch in den Überleitungsfällen nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB für den Fristbeginn am 01.01.2002 die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB - Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis - vorliegen müssen (BGH: Beschluss vom 19.03.2008 - III ZR 220/07, MDR 08, 615 m. w. N.; Urteil vom 23.01.2007 - XI ZR 44/06, NJW 07, 1584 m. w. N.).

    C) Die von dem Kläger beanstandeten Wertstellungen, Kostenbelastungen und Zinsanpassungen sind in dem Zeitraum von 1995 bis 30.12.2002 erfolgt. Mit jeder - unterstellt - fehlerhaften Belastung wäre ein Erstattungsanspruch des Klägers entstanden, denn „entstanden“ ist der Anspruch in dem Augenblick, in dem seine tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen. Für die bis zum 31.12.2001 entstandenen und am 01.01.2002 noch nicht verjährten Ersatzansprüche würde die dreijährige Verjährungsfrist also am 01.01.2002 zu laufen beginnen - und am 31.12.2004 enden - und für die nach dem 01.01.2002 entstandenen Erstattungsansprüche würde sie mit dem Schluss des Jahres der Entstehung, also am 31.12.2002 zu laufen beginnen - und am 31.12.2005 enden, jeweils unter der Voraussetzung, dass die subjektive Komponente gegeben ist.

    Den Klägervortrag als schlüssig und wahr unterstellt lagen - bezüglich der Handlungen der Beklagten während des gesamten vorgenannten Zeitraums - die objektiven Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn der darauf gestützen Erstattungsansprüche jeweils vor; die Person des Schuldners war dem Kläger bekannt. Die Verjährungsfrist wäre - die subjektive Bedingung unterstellt - jeweils vor Klageerhebung abgelaufen, unabhängig davon, ob die von dem Kläger beanstandete Handlung der Beklagten vor der Schuldrechtsreform oder erst danach erfolgt ist.

    D) Die streitentscheidende Frage lautet also, ob der Kläger Kenntnis „von den den Anspruch begründenden Umständen“ hatte oder sie ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

    Nach dem Gesetzeswortlaut muss sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis allein auf „Umstände“, also auf Tatsachen, beziehen. Im Grundsatz ist der Verjährungsbeginn danach also von einer zutreffenden rechtlichen Würdigung unabhängig.

    Die höchstrichterliche Rechtsprechung verweist darauf, dass § 199 Abs. 1 BGB wie § 195 BGB dem früheren § 852 Abs. 1 BGB nachgebildet sind und für die Auslegung dieser Vorschriften daher weitgehend auf die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (BGH Beschluss vom 19.03.2008 - III ZR 220/07, Rnr 7 , MDR 08, 615).

    Insofern ist anerkannt, dass die erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraussetzt. Es genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit vielmehr die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Grundsätzlich ist also nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGH: a. a. O.; Urteil vom 14.07.2010 - IV ZR 208/09, NJW 2011, 73 m. w. N.; Urteil vom 18.12.2008 - III ZR 32/08, NJW 09, 984; Urteil vom 23.09.2008 - XI ZR 262/07, NJW-RR 09, 547; Urteil vom 23.01.2007 - XI ZR 44/06, NJW 07, 1584 m. w. N.).

    Der BGH betont ausdrücklich, dass es - außer der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen - keiner weiteren subjektiven Elemente, etwa der Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen eines Anspruchs, bedarf und dass eine - gegenüber der früheren Regelverjährung - kurze Verjährungsfrist möglichst schnell Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herstellen, den verspätet in Anspruch genommenen Schuldner vor Beweisschwierigkeiten infolge Zeitablaufs schützen und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeiführen soll. Ihr Beginn soll gerade nicht davon abhängen, dass der Gläubiger aus seiner Tatsachenkenntnis auch die rechtliche Folgerung zieht, ihm stehe wegen unzutreffender Berechnungen der Gegenseite ein Ersatzanspruch zu. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung oder rechtliche Zweifel beeinflussen den Lauf der Verjährungsfrist daher grundsätzlich nicht.

    Der BGH hat des Weiteren _im Einzelfall_ einen Aufschub des Verjährungsbeginns angenommen bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage. Dies hat er damit begründet, dass es in diesem Fall an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehle (BGH: IV ZR 208/09 Rnr 20 m. w. N.; XI ZR 262/07 Rnr 15 m. w. N.). Er hat dabei aber stets betont, bei der Auslegung des neu gefassten § 199 BGB sei der Umstand zu berücksichtigen, dass jeder Ausnahmetatbestand in der Rechtsanwendung dem erklärten gesetzgeberischen Ziel, das Verjährungsrecht zu vereinfachen und praktikabler zu machen, zuwiderläuft. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung sieht der BGH dadurch auch keine unangemessene Benachteiligung eines Bereicherungsgläubigers. Kennt er die der Vermögensverschiebung zugrunde liegenden Umstände nicht, beginnt die Verjährung nicht zu laufen. In anderen Fällen stehen ihm wie den Gläubigern sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche, bei denen sich das Vorliegen eines Anspruchs ebenfalls erst nach Klärung nicht immer geläufiger Rechtsfragen ergeben kann, zumindest drei Jahre zur Verfügung, um den Vorgang rechtlich prüfen und sich entsprechend beraten zu lassen (BGH III ZR 220/07 Rnr 8).

    Unstreitig waren dem Kläger die objektiven Umstände bekannt, auf die er seine Erstattungsansprüche stützt: er kannte die Verträge mit den darin enthaltenen Zinsanpassungsklauseln; er wurde von den tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassungen jeweils in Kenntnis gesetzt und erhielt jeweils regelmäßig Kontenabrechnungen und Kontenständemitteilungen, aus denen die Kosten- und Zinsbelastungen sowie die Wertstellungszeitpunkte ersichtlich waren. Damit hatte der Kläger Kenntnis der - nach seiner Auffassung - den Anspruch begründenden Tatsachen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

    Beanstandungen sind unstreitig zu keiner Zeit erfolgt. Auch nach endgültiger Kontenauflösung am 05.05.2004 erfolgte innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB keine die Hemmung der Verjährung auslösende Handlung im Sinne des § 204 BGB. Selbst wenn man also abstellt auf den letzten Zeitpunkt einer im Rahmen der vertraglichen Beziehungen der Parteien vorgenommenen - möglicherweise fehlerhaften und den Kläger benachteiligenden - Handlung der Beklagten, ist ein etwaiger Ersatzanspruch des Klägers demnach verjährt.

    In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass dem Kläger eine Klage nicht unzumutbar war. Bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen bot eine Zahlungsklage soviel Aussicht auf Erfolg, dass sie für den Kläger und seinen Mitgesellschafter zumutbar war.

    Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise („im Einzelfall“) bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage der Verjährungsbeginn hinausgeschoben werden kann, liegen nicht vor. Diese Frage stellt sich für den Senat im Übrigen nur bei dem Komplex Zinsschaden. Die Rechtslage war hier aber auch insoweit nicht im vorgenannten Sinne unsicher und zweifelhaft.

    Die Problematik der Zinsanpassungsklauseln hatte in der Vergangenheit zu vielen Streitigkeiten zwischen Banken und ihren Kunden Anlass gegeben. In dem Urteil vom 06.03.1986 (III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 = NJW 86, 1803; Baukrediturteil) hat der Bundesgerichtshof bei einem Bankdarlehen unbeschränkte Zinsänderungsklauseln einschränkend dahin ausgelegt, dass sie dem darlehensgebenden Kreditinstitut Änderungen des Zinssatzes nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten, sie also noch weitgehend für zulässig gehalten. Diese Rechtsprechung hat in der Literatur erhebliche Kritik erfahren, gerade auch deshalb, weil sie von der Rechtsprechung des BGH zu Preis- oder Tarifänderungsklauseln abwich.

    Der XI. Zivilsenat hat in seinem Urteil vom 19.10.1999 (XI ZR 8/99, NJW 00, 651) allgemein neue Transparenzgebote für Entgeltklauseln mit einseitigem Bestimmungsvorbehalt („bis zu &“) entwickelt. Wörtlich hat er dazu ausgeführt:

    „Anpassungsklauseln, die dem Verwender ein uneingeschränktes Änderungsrecht vorbehalten, ohne dass der Kunde vorhersehen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn höhere oder weitere Gebühren treffen, stellen einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar und sind unwirksam“.

    Dies ist von der Literatur als Vorboten einer Rechtsprechungswende - weg von den Grundsätzen des Baukrediturteils - gewertet worden (siehe dazu Bitter, Alles: Die Rechtsprechung zum Aufschub des Verjährungsbeginns bei unklarer Rechtslage, NJW 2011, 2081, 2082 m. w. N.).

    In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurden Zinsanpassungen nur dann als dem billigen Ermessen im Sinne des § 315 BGB genügend angesehen, wenn der Kreditgeber die Zinsänderungen am Geld- und Kapitalmarkt zeitnah und in Entsprechung der Veränderung der Durchschnittszinssätze für vergleichbare Kredite an den Kreditnehmer weitergegeben hat (s. OLG Celle, Urteil vom 20.12.2000 - 3 U 69/00, zitiert nach juris).

    Der XI. Zivilsenat des BGH hat seine Grundsätze aus 1999 in der „Combispar-Entscheidung“ vom 17.02.2004 (XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149) auf das Zinsgeschäft, aber nur bezogen auf das Passivgeschäft, also die Spareinlagen, fortgeschrieben. Wörtlich führt er dazu aus:

    „Der Bundesgerichtshof hat allerdings bei Bankdarlehen inhaltlich unbeschränkte Zinsänderungsklauseln bisher einschränkend dahin ausgelegt, dass sie den darlehensgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten & Ob an dieser Rechtsprechung, die vor allem in den letzten Jahren zunehmend erhebliche Kritik erfahren hat &und die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Preis- oder Tarifänderungsklauseln & abweicht, für Kreditverträge festgehalten werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden.“ (BGH, a. a. O., Rnr 23).

    Mit Urteil vom 21.04.2009 (XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257; AGB-Sparkassenentscheidung) hat der BGH dann ausdrücklich seine Rechtsprechung betreffend Zinsanpassungsklauseln im Kreditgeschäft, also dem Aktivgeschäft der Bank, aus 1986 aufgegeben und einen Verstoß gegen das Transparenzgebot in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur bejaht.

    Wie dargestellt hat sich also - bezüglich der Problematik der Zinsanpassungsklauseln - in dem Zeitraum von 1986 bis 2009 ein Wandel in der Rechtsprechung vollzogen. Erst 2009 hat der BGH eine klarstellende, den jahrelangen Streit abschließende Entscheidung getroffen. Er hat damit aber keineswegs eine überraschende und nicht vorhersehbare Kehrtwende seiner Rechtsprechung aus 1986 vollzogen, sondern die heftig umstrittene Frage nunmehr auch für das Aktivgeschäft der Banken erstmals verbindlich entschieden. Bereits in seiner Entscheidung von 2004 hat er sich mit der an seiner Entscheidung von 1986 geäußerten - von ihm selbst als „zunehmend erheblich“ bezeichneten - Kritik in der Literatur auseinandergesetzt; er hat sich - da nicht streitentscheidend - in der damaligen Entscheidung nicht verbindlich äußern müssen; er hat aber die umstrittene Frage formuliert und seine Meinung zu dieser Frage ausdrücklich offen gelassen.

    Bei dieser Situation war dem Kläger - spätestens nach Erlass der Entscheidung von 2004 - eine Klageerhebung zumutbar. Die jedem Rechtsstreit innewohnende Prozessgefahr ist von einem Kläger hinzunehmen. Er kann mit seiner Klage nicht zuwarten, bis die entscheidende Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt ist. Der BGH hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen, unter denen im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage der Verjährungsbeginn hinausgeschoben werden könne, nicht schon dann vorliegen, wenn lediglich eine Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt sei (s. BGH Urteil vom 14.07.2010 - IV ZR 208/09 Rnr 20, NJW 2011, 73). Genau diese Situation lag hier nach Auffassung des Senats aber vor. Die konkrete Rechtsfrage war bekannt und umstritten und bedurfte einer höchstrichterlichen Klärung. Dies stellt keine unklare, unübersichtliche und verwickelte Rechtslage dar, die - ausnahmsweise - den Aufschub des Verjährungsbeginns zulasten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit rechtfertigen würde.

    Bei der dargelegten Situation bejaht der Senat daher die Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Anknüpfung des Verjährungsbeginns in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB an die „Umstände“ der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck kommt, dass das Risiko der rechtlichen (Fehl-)Beurteilung oder einer späteren Rechtsprechungsänderung grundsätzlich derjenigen Person zuzuweisen ist, die durch eine Klageerhebung den status quo und damit den Rechtsfrieden in Frage stellt (s. dazu Bittner/Alles, a. a. O.).

    Im Zeitpunkt der Klageerhebung waren somit sämtliche - mit dem Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachten - Ansprüche des Klägers und seines Mitgesellschafters verjährt.

    E) Die von dem Kläger erklärte Aufrechnung greift nicht durch.

    Eine Aufrechnung setzt gemäß § 387 BGB gegenseitige Ansprüche der Parteien voraus, die im Zeitpunkt des Zugangs der Aufrechnungserklärung vorliegen müssen. Nach Auflösung der Konten im Jahr 2004 besteht jedoch kein weiterer Anspruch der Beklagten gegen den Kläger und dessen Mitgesellschafter, zumindest ist ein solcher nicht dargetan.

    Nach alledem ist die Berufung ist mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Der Streitwert wird auf bis zu 90.000 € festgesetzt.

    Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

    RechtsgebietVerjährungVorschriften§ 199 BGB