06.10.2011 · IWW-Abrufnummer 112274
Oberlandesgericht Celle: Beschluss vom 07.03.2011 – 3 U 18/11
Darlehensvertrag und Rückkaufgarantie für den finanzierten Neuwagenerwerb stellen keine verbundenen Verträge dar, da letzterer nur ein Mittel zur Förderung des Fahrzeugabsatzes des Vertragshändlers ist und der mit der gesetzlichen Regelung zum Verbundgeschäft beabsichtigte Verbraucherschutz es nicht erfordert, dem Verbraucher Einwendungen aus sonstigen Geschäften, die im Zusammenhang mit dem aus Kauf und Darlehensvertrag bestehenden Verbundgeschäft abgeschlossen wurden, zuzugestehen.
3 U 18/11
In dem Rechtsstreit
I... K..., ...,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
XBank, ...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
Tenor:
beabsichtigt der Senat, die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Dezember 2010 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, das sie der Beklagten zur Finanzierung eines Neuwagenkaufes gewährt hat.
Für den von der Beklagten im Juni 2005 beabsichtigten Erwerb eines Pkw ... zum Kaufpreis von 39.450,00 € gewährte ihr die Klägerin am 10./16. Juni 2005 (Anlagen K 1 und K 2, Bl. 18 f. d. A.) ein Darlehen über eine Gesamtdarlehenssumme von 42.872,34 €. Vereinbart war die Rückzahlung in 46 Monatsraten à 469,09 € sowie einer am 10. Mai 2009 fälligen Schlussrate in Höhe von 21.294,00 €. Mit der Fahrzeugverkäuferin, der Autohaus ... GmbH & Co. KG in B..., schloss die Beklagte eine Rückkaufgarantievereinbarung (Anlage B 1, Bl. 74 d. A.). Darin verpflichtete sich die Verkäuferin, das Fahrzeug im Falle seines dem Alter entsprechenden Erhaltungszustandes, frei von Schäden und einer Kilometerleistung von nicht mehr als 39.166,67 km, zu einem Kaufpreis in Höhe der Schlussrate (21.294,00 €) zurückzukaufen. Die Beklagte erfüllte die Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag mit Ausnahme der Monatsrate für April 2009 sowie der Schlussrate. Zu einem Rückkauf durch die Verkäuferin kam es nicht, so dass die Klägerin das einen Kilometerstand von 84.183 km aufweisende Fahrzeug nach Ablauf der Rückgabefrist abholen und bewerten ließ. Der das Fahrzeug begutachtende Sachverständige der DEKRA Automobil GmbH, der Zeuge W..., kam in seinem Bewertungsgutachten vom 2. Juni 2009 (Anlage K 7, Bl. 29 ff. d. A.) zu einem Händlereinkaufswert des Fahrzeuges von 9.327,73 €. Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 2. Juni 2009 zur Benennung eines Kaufinteressenten zu dem ermittelten oder einem höheren Kaufpreis aufgefordert hatte (Anlage K 11,Bl. 94 d. A.), verkaufte sie das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 12.100,00 €. Mit der Klage macht sie die Differenz zwischen ihrer noch ausstehenden Darlehensforderung und dem Verwertungserlös sowie weitere im Zusammenhang mit der Verwertung des Fahrzeugs entstandene Kosten wie folgt geltend:
Aprilrate
469,09 €
Schlussrate
21.294,00 €
gesamt:
21.763,09 €
Abschleppkosten (Anlage K 5, Bl. 27 d. A.)
205,57 €
Verwahrungs und Aufbereitungskosten (Anlage K6, Bl. 28 d. A.)
105,91 €
Wertermittlungskosten (Anlage K 7 a, Bl. 42 d. A.)
83,54 €
gesamt:
22.158,11 €
abzüglich Verwertungserlös
./. 12.100,00 €
10.058,11 €
Daneben hat die Klägerin (als Nebenforderung) ausgerechnete Zinsen und Stilllegungskosten in Höhe von 14,39 € begehrt (Anlage K 10, Bl. 45 d. A.).
Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf das Gutachten der DEKRA (Anlage 7, Bl. 29 ff. d. A.) und die dort im Einzelnen aufgeführten Mängel und den dort festgestellten Kilometerstand von 84.183 km bestritten, dass ein höherer Verwertungserlös zu erzielen gewesen sei. Sie hat die Auffassung vertreten, die zwischen der Beklagten und dem Autohaus geschlossene Rückkaufvereinbarung sei nicht in das zwischen Kaufvertrag und Darlehensvertrag bestehende Verbundgeschäft einbezogen sondern stelle eine Sondervereinbarung zwischen Händler und Käufer dar.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten, die auch mit Blick auf die Rückkaufgarantie ein Verbundgeschäft für gegeben erachtet. Ferner hält sie die Verwertung des Fahrzeuges durch die Klägerin für pflichtwidrig und hat behauptet, bei pflichtgemäßem Verhalten sei infolge der Verwertung des Fahrzeuges ein vollständiger Ausgleich der verbliebenen Darlehensforderung möglich gewesen. Die von der Klägerin behaupteten Kosten im Rahmen der Sicherstellung und Verwertung des Fahrzeuges hat die Beklagte in Abrede genommen.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Mitarbeiters der DEKRA R... W... sowie nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Wert des Fahrzeuges die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte einen höheren Restwert des Fahrzeuges, als er von der Klägerin im Rahmen der Verwertung erzielt wurde, nicht bewiesen habe. Der Sachverständige habe auf der Grundlage der Zustandsbeschreibung des Fahrzeuges durch den Zeugen W... den erzielten Veräußerungswert bestätigt. Aus der Rückkaufvereinbarung seien Ansprüche nur gegenüber der Verkäuferin denkbar, die aber wegen des Zustandes und der Laufleistung des Fahrzeuges ohnehin fraglich seien. Gegenüber der Klägerin bestünden solche Ansprüche aus der Rückkaufgarantie nicht, weil diese an der Vereinbarung nicht beteiligt gewesen sei. Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten im Rahmen der Verwertung seien darüber hinaus hinreichend belegt.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Sie meint, das Landgericht habe verkannt, dass Darlehen und Kaufvertrag ein verbundenes Geschäft i. S. v. § 358 Abs. 3 BGB darstellten, in das auch die Rückkaufgarantie einbezogen sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Klägerin im Rahmen der Entscheidung über die Finanzierungszusage die Rückkaufvereinbarung vorgelegen haben müsse. Aus der Einbeziehung der Rückkaufgarantie in das Verbundgeschäft folge, dass die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus der Verletzung der Rückkaufvereinbarung in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten Rückkaufwert und dem Verwertungserlös, der Forderung der Klägerin aus dem Darlehensvertrag entgegenhalten könne. Wegen des vereinbarten Rückkaufwertes seien auch die Kosten für die Wertermittlung überflüssig gewesen, so dass die Klägerin diese nicht erstattet verlangen könne.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 3. Februar 2011 (Bl. 217 ff. d. A.) Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Sache kommt zudem weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten. Der Senat hält daher die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO für gegeben.
1. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der noch offenen Darlehensvaluta nach Verwertung der Sicherheit in Höhe von 9.663,09 € (21.763,09 € abzgl. 12.100,00 €) zu. Darüber hinaus kann die Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Darlehensvertrag Ersatz des der Klägerin aus der unterbliebenen Rückzahlung des Darlehens, die die Verwertung des zur Sicherheit übereigneten Fahrzeuges, das ihr nicht rechtzeitig übergeben wurde, erfordert hat, entstandenen Schadens in Höhe von 409,41 € (205,57 € + 105,91 € + 83,54 € + 14,39 €) verlangen. Die Kosten sind von der Klägerin im Einzelnen durch die Vorlage von Rechnungen belegt. Die Beklagte hat hiergegen mit Substanz nichts eingewandt und auch mit der Berufung diesen Punkt, mit dem sich das Landgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils im Einzelnen auseinandergesetzt hat, nicht mehr aufgegriffen.
2. Die Beklagte kann der Forderung der Klägerin aus dem Darlehensvertrag nicht mit Erfolg Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Darlehensvertrag wegen einer ihre Interessen nicht hinreichend berücksichtigenden Verwertung des Fahrzeuges entgegenhalten. Die vor dem Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat vielmehr ergeben, dass der von der Klägerin im Rahmen der Verwertung erzielte Erlös für das Fahrzeug dessen Wert nach Maßgabe seines Erhaltungszustandes, den bestehenden Reparaturerfordernissen und der Abnutzung durch die Beklagte insbesondere mit Blick auf die damit zurückgelegte Kilometerzahl, entsprach. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, im Rahmen derer sich die Kammer mit dem auf der Grundlage der durch den Zeugen W... vermittelten tatsächlichen Feststellungen zum Fahrzeugzustand erstellten Begutachtung des Fahrzeugwertes durch den Sachverständigen K... auseinandergesetzt hat, greift die Beklagte mit ihrer Berufung auch nicht an.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens auch weder eine eigene Verpflichtung aus der Rückkaufvereinbarung wegen deren Einbeziehung in das verbundene Geschäft Darlehens und Kaufvertrag - noch einen Schadensersatzanspruch wegen der Vereitelung der Rückkaufvereinbarung durch die von der Klägerin vorgenommene Fahrzeugverwertung entgegenhalten.
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagten aus der mit der Händlerin abgeschlossenen Rückkaufgarantie Ansprüche gegenüber der Klägerin als Darlehensgeberin nicht zustehen. Zwar handelt es sich bei Darlehens und Kaufvertrag um verbundene Geschäfte i. S. v. § 358 Abs. 3 BGB mit der Folge, dass die Beklagte Einwendungen aus dem Kaufvertrag auch dem Darlehensvertrag entgegenhalten könnte. Indessen stellen Darlehensvertrag und Rückkaufgarantievereinbarung keine verbundenen Verträge in dem vorgenannten Sinn dar. Vielmehr stellt die Rückzahlungsgarantie, die dem Käufer unter zuvor festgelegten Kautelen von seinem Vertragshändler eingeräumt wird, ein Mittel zur Förderung des Fahrzeugabsatzes seitens des Vertragshändlers dar, mit der Folge, dass die hieraus erwachsenden Streitigkeiten über den Zustand des seitens des Händlers anzukaufenden Fahrzeuges, im Rahmen der unabhängig vom finanzierten Kauf mit dem Verkäufer geschlossenen Vereinbarung auszutragen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 30. März 2009 - 3 W 23/09, Anlage K 15, Bl. 138 f. d. A.). Vorliegend ergibt sich die Tatsache, dass es sich bei der Rückkaufgarantie um eine neben dem Kaufvertrag stehende zusätzliche Vereinbarung handelt, bereits daraus, dass diese auf einem - zum Kauf und Darlehensvertrag - gesonderten Vertragsformular abgeschlossen wurde (vgl. Anlage B 1, Bl. 74 d. A.). Ferner ist in der Einleitung der als Zusatzvereinbarung bezeichneten Regelung explizit dargestellt, dass es sich um eine zwischen dem Händler und dem Kunden - ohne Beteiligung der Bank (Hervorhebung durch den Senat) - getroffene Vereinbarung handelt. Danach ist bereits nach dem Inhalt der Vereinbarung für den Kunden deutlich gemacht, dass diese Vereinbarung zusätzlich und ausdrücklich nur mit dem Händler geschlossen und damit auch nur von diesem zu erfüllen ist. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung inhaltlich nicht den - im Verbund mit dem Darlehen stehenden - Kaufvertrag betrifft, sondern lediglich für den Kunden sichergestellt werden soll, dass dieser die Schlussrate erbringen kann, nachdem der Kaufvertrag bereits mangelfrei erfüllt ist. Die Verpflichtung zur Rücknahme knüpft mithin nur insoweit an den Darlehensvertrag an, als es um die dort geregelte Verpflichtung zur Zahlung der Schlussrate geht. Die Einbeziehung der mit dem Händler geschlossenen Rückkaufgarantie entspräche auch nicht dem Zweck der in § 359 BGB getroffenen Regelung, die beabsichtigt, den Verbraucher durch die Aufspaltung in ein Kauf und ein Darlehensvertrag nicht schlechter als bei einem gewöhnlichen Teilzahlungsgeschäft mit nur einem Vertragspartner zu stellen. Dies wird durch die Annahme eines Verbundes zwischen Kauf und Darlehensvertrag für den Fall auftretender Mängel an der Kaufsache hinreichend gewährleistet. Der mit § 359 BGB beabsichtigte Verbraucherschutz erfordert jedoch nicht, dass der Verbraucher auch Einwendungen aus sonstigen Rechtsverhältnissen zum Unternehmer, die neben dem finanzierten Vertrag bestehen, dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers entgegenhalten kann. Dem Darlehensgeber ist auch bei einem verbundenen Geschäft nur die Übernahme von Risiken zumutbar, die sich bei Abschluss des Darlehensvertrages aus dem finanzierten Geschäft absehbar ergeben (vgl. OLG Köln, Urteil vom 15. Oktober 2003 - 13 U 32/03, OLGR 2004, 211 ff., hier zitiert nach Juris, Rn. 4).
b) Das Bestehen von Schadensersatzansprüchen, mithin eine unter Anwendung der Rückkaufgarantie für sie günstigere Verwertung des Fahrzeuges, hat die Beklagte bereits nicht mit Substanz dargetan. Dass sie den in der Vereinbarung als Basisrückkaufpreis bezeichneten Betrag von 21.294,00 € auf der Grundlage der mit der Händlerin getroffenen Vereinbarung hätte erhalten können, ist - ohne dass es darauf im Ergebnis noch ankäme unbelegt. Denn nach dem Inhalt der Rückkaufgarantie war die Beklagte verpflichtet, das Fahrzeug ohne eine die vereinbarte Laufleistung (39.166,67 km) übersteigende Kilometerleistung sowie frei von Beschädigungen in einem dem Alter entsprechenden Erhaltungszustand zur ückzugeben. Dass das Fahrzeug einen solchen Zustand nicht aufwies, vielmehr diverse Schäden hatte und seine Laufleistung in Kilometer mehr als doppelt so hoch war, als die Beklagte mit der Händlerin vereinbart hatte, steht auf der Grundlage der - von ihr nicht angegriffenen - Beweisaufnahme in erster Instanz fest. Es ist deshalb davon auszugehen, dass auch unter Berücksichtigung der Rückkaufgarantie ein höherer Verwertungserlös des Fahrzeuges nicht zu erzielen gewesen wäre, da die diversen Schäden und die erhebliche Überschreitung der vereinbarten Kilometerleistung zu berechtigten Abzügen vom Basispreis geführt hätten, weshalb es auch dann bei der Verpflichtung der Beklagten, die Differenz zur noch ausstehenden Darlehensforderung der Klägerin zu begleichen, geblieben wäre, wenn diese - wie tatsächlich nicht - aus der Rückkaufgarantie verpflichtet wäre.
III. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zur beabsichtigten Zurückweisung ihres Rechtsmittels binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen oder auch, insbesondere zur Vermeidung weiterer Kosten, ihre Berufung zurückzunehmen.