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  • 23.12.2011 · IWW-Abrufnummer 114199

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 07.09.2011 – 13 U 142/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    13 U 142/10

    Tenor:
    Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilversäumnis- und Schlussurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22. Juni 2010 (3 O 260/09) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt ist - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1.

    Die Beklagte wird - Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der von Herrn Dr. F im Jahre 2000 gezeichneten Beteiligung an der N GmbH und Co KG 3. G GmbH im Nominalbetrag von 25.000 € - verurteilt, an die Klägerin 11.025 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.10.2008 zu zahlen,

    2.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Annahme der Abtretung der Rechte aus der von Herrn Dr. F gezeichneten Beteiligung in Annahmeverzug befindet.

    3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    4.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

    5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    6.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe
    I.

    Die Klägerin, deren Ehemann, der frühere Drittwiderbeklagte, sich im Jahre 2000 mit einem Betrag von 25.000 € zzgl. 1.250 € Agio an der N GmbH und Co KG 3. G GmbH beteiligt hat, nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Aufklärung/Beratung auf Schadensersatz, Feststellung und Auskunftserteilung in Anspruch. Mit der Drittwiderklage hat die Beklagte die Feststellung begehrt, dass dem früheren Drittwiderbeklagten gegen sie keine Ansprüche aus der streitgegenständlichen Vermittlung zustehen.

    Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

    Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.6.2010, auf das im Übrigen wegen der rechtlichen Würdigung durch die Zivilkammer Bezug genommen wird, mit der Begründung abgewiesen, dass Ansprüche des Zedenten, soweit sie aus einer etwaigen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit der "Neis-Problematik" herrühren könnten, verjährt seien und die Beklagte, soweit es um an sie in Höhe von 5 % des Nominalbetrages gezahlte Rückvergütungen gehe, nach der Entscheidung des BGH vom 27.10.2009 nicht verpflichtet gewesen sei, den Zedenten über diese Zahlung zu unterrichten.

    Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Annahme des Landgerichts, Ansprüche aus einer Verletzung der Pflichten der Beklagten im Zusammenhang mit dem Scheitern des Konzeptes der Erlösausfallversicherung seien verjährt. Insoweit habe das Landgericht den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt. Verkannt habe das Landgericht auch die Reichweite des Begriffs aufklärungspflichtiger Rückvergütungen; bei richtigem Verständnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes falle auch die an die Beklagte geflossene Vergütung darunter.

    Nachdem die Klägerin in der Rechtsmittelinstanz eines bereits vom Landgericht abgetrennten und ebenfalls auf Rückzahlung der Beteiligungssumme gerichteten Verfahrens (3 O 463/08 Landgericht Köln = 24 U 10/10 OLG Köln) gegen die S-Profinanz, einer Tochtergesellschaft der Beklagten, mit dieser einen Vergleich des Inhalts geschlossen hat, dass die S-Profinanz an sie einen Betrag von 14.600 € zahlt, hat sie den vorliegenden Rechtsstreit hinsichtlich des Zahlungsbegehrens in dieser Höhe für erledigt erklärt.

    Im Übrigen beantragt die Klägerin,

    1.

    die Beklagte in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zur Zahlung von 11.025 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.10.2008 zu verurteilen - Zug um Zug gegen Übertragung der von Herrn Dr. F im Jahre 2000 gezeichneten Beteiligung an der N GmbH und Co KG 3. G KG,

    2.

    festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Beteiligung in Annahmeverzug befindet,

    3.

    die Beklagte zur Auskunft darüber zu verurteilen, ob und in welcher Höhe sie für den Abschluss des streitgegenständlichen Beteiligungsvertrages der Herrn Dr. F an der N GmbH und Co KG 3 - unmittelbar seitens der Beteiligungsgesellschaft oder verbundener Unternehmen oder mittelbar über die L GmbH eine Rückvergütung erhalten habe.

    Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung der Klägerin mit entsprechendem Kostenantrag angeschlossen und beantragt Im Übrigen,

    die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags.

    Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    II.

    Die Berufung der Klägerin ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin hat - aus abgetretenem Recht - einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des vom Zedenten für die Beteiligung aufgewendeten Betrages, soweit sie diesen nicht bereits aufgrund des mit der S-Profinanz geschlossenen Vergleichs von dieser erhalten hat, sowie auf die begehrte Feststellung hinsichtlich des Annahmeverzuges. Der Anspruch auf Auskunft ist dagegen bereits erfüllt und besteht deshalb nicht mehr, insoweit war die Klage abzuweisen. Im Einzelnen:

    1.

    Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit der "Neis-Problematik" bestehen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (III ZR 14/10) zu einer vergleichbaren Konstellation, der sich der Senat auch für den vorliegenden Fall anschließt. Danach fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten, die - als Anlageberaterin - grundsätzlich zwar auch die Konzeption der Erlösausfallversicherung zu überprüfen hatte, im Falle der New England International Surety Inc. ("Neis") aber, weil zeitnahe Berichte über deren wirtschaftliche Probleme in der Wirtschaftspresse nicht erschienen waren und die Beklagte auch nicht verpflichtet war, von sich aus Erkundigungen beim Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen einzuholen, keinen Anlass zu Warnhinweisen gegenüber dem Zedenten hatte. Der Senat stimmt aber auch der Auffassung des Landgerichts zu, dass etwaige Ansprüche im Zusammenhang mit der "Neis-Problematik" jedenfalls mit Rücksicht auf die unmissverständlichen Hinweise im Bericht der Geschäftsführung aus dem Jahre 2003 darauf, dass die Konzeption der Erlösausfallversicherung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr greifen konnte, verjährt wären. Durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Auffassung werden mit der Berufung nicht geltend gemacht.

    2.

    Die Klage ist, soweit die Klägerin Zahlungsansprüche geltend macht, begründet, weil die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung ihrer vertraglichen Aufklärungspflichten gegenüber dem Zedenten (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) durch unzureichende Aufklärung über ihre Provisionen haftet.

    a)

    Nach den Feststellungen des Landgerichts ist zwischen den Parteien zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen.

    b)

    Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WM 2007, 487; WM 2009, 405; WM 2009, 1274; vgl. ferner OLG Celle - Urteil vom 21.10.2009, 3 U 86/09; OLG Stuttgart ZIP 2009, 2185; OLG Dresden ZIP 2009, 2144; OLG Oldenburg BB 2009, 2390) muss eine Bank, die einem Anleger den Erwerb bestimmter Anlageprodukte - seien es Anteile an Aktien- oder an Medienfonds, denn der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich - empfiehlt, diesen ungefragt darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Diese Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen; sie ist nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt, sondern - weil sie sich aus dem zivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten ergibt - zwar aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden, beansprucht aber auch für Fälle außerhalb diese Bereiches Geltung (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/Sprau, BGB 70. Aufl. 2011, § 654 Rdn. 4). Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient.

    Insofern ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WM 2001, 297) dazu, dass eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen hat, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat, auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar grundsätzlich unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich - weil das Beratungsinteresse möglicherweise beeinflussend - ist, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.

    c.

    Im Streitfall erhielt die Beklagte - durch eine Zahlung der S-Profinanz - für den Vertrieb des Fonds unstreitig eine Provision in Höhe von 5 %. Das hat bereits das Landgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes festgestellt und wird auch mit der Berufungserwiderung, mit der die Beklagte lediglich geltend macht, die Vergütung nicht direkt von der Fondsgsellschaft bzw. der Vertriebsgesellschaft CHORUS erhalten zu haben, nicht in Zweifel gezogen. Über diese Provision hätte sie den Zedenten nach den vorgenannten Grundsätzen aufgrund des Beratungsvertrages ungefragt aufklären müssen:

    aa)

    Für die Berater der Beklagten bestand angesichts der Provision ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Beteiligung an dem streitgegenständlichen Medienfonds zu empfehlen. Darüber und über den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Zedenten im Rahmen des Beratungsgesprächs unterrichten, um ihn in die Lage zu versetzen, das Eigeninteresse der Beklagten einzuschätzen und beurteilen zu können, ob der Berater der Beklagten die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahl, weil die Beklagte daran verdiente.

    Dass die der Beklagten zugeflossene Provision im Prospekt als Vertriebskosten bzw. Kosten der Eigenkapitalvermittlung bezeichnet wird, während es sich bei Rückvergütungen - wie der Bundesgerichtshof in einem obiter dictum ausgeführt hat (BGH WM 2008, 2306, juris Tz. 31, siehe auch Nobbe, WuB I G 1. - 5-10 und WuB I G 1. - 11.10) - um Ausgabeaufschläge und Verwaltungsgebühren handelt, die hinter dem Rücken des Kunden von der Gesellschaft umsatzabhängig wieder an die beratende Bank zurückfließen, steht einer Anwendung der o.g. Grundsätze nicht entgegen. Die von der Beklagten in diesem Kontext zitierte Entscheidung des BGH vom 27.10.2009 (XI ZR 338/08 - WM 09, 2306 ff., Tz. 31), wonach aufklärungspflichtige Rückvergütungen nur vorliegen, wenn Teile der vom Kunden über die Bank an die Fondsgesellschaft gezahlten Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren hinter dem Rücken des Kunden umsatzabhängig an die Bank zurückfließen, steht einer Aufklärungspflicht nicht entgegen.

    Der BGH hat insoweit mit seinen Beschlüssen vom 9.3. und 19.7.2011 (jeweils XI ZR 191/10 - WM 2011, 925 und 1506) ausdrücklich klargestellt, dass sich die Aufklärungspflicht der beratenden Bank nicht auf Ausgabeaufschläge und Verwaltungsgebühren beschränkt, sondern auch auf ohne Wissen des Kunden umsatzabhängig an sie gezahlte Vertriebsprovisionen erstreckt.

    bb)

    Die danach auch im vorliegenden Fall gebotene Aufklärung des Zedenten ist unstreitig nicht erfolgt.

    d)

    Da die Pflichtverletzung der Beklagten somit objektiv feststeht, wird ihr Verschulden gemäß § 280 Abs.1 S.2 BGB vermutet. Soweit die Beklagte die Ansicht vertreten hat, zur Zeit der Zeichnung der Beteiligung im Jahre 2000 habe sie davon ausgehen dürfen, nicht zu einer solchen Unterrichtung des Anlegers verpflichtet zu sein, vermag der Senat dieser Auffassung im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 2010, 2339 ff.) nicht zu folgen.

    aa)

    Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (BGH WM 2007, 542; WM 2009, 1274). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt, ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein strenger Maßstab anzulegen. Der Schuldner muss die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten (vgl. BGH WM 2001, 2012). Entschuldigt ist ein Rechtsirrtum nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Muss er dagegen mit einer solchen abweichenden Beurteilung rechnen, handelt er auch dann sorgfaltswidrig, wenn er seine eigene Rechtsansicht sorgfältig gebildet hat. Auch der Umstand, dass ein Kollegialgericht die Rechtsauffassung des Schuldners gebilligt hat, führt nicht in jedem Fall zu seiner Entlastung. Bei einer in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilten Rechtsfrage ist ein Rechtsirrtum dann nicht unvermeidbar, wenn der Schuldner sich lediglich einer der insoweit vertretenen Auffassungen anschließt. Andernfalls würde das bei ihm liegende Risiko der unzutreffenden Beurteilung der Rechtslage zu Unrecht auf den Gläubiger abgewälzt (BGH NJW 1994, 2754; NJW 1998, 2144; NJW 2001, 3114; NJW 2006, 3271; NJW 2007, 428, OLG Oldenburg BB 2009, 2390; Heße, MDR 2009, 1197/1201).

    bb)

    Danach ist das Verhalten der Beklagten als zumindest fahrlässig im Sinne von § 276 BGB einzustufen.

    Zwar lagen im Zeitpunkt des Anteilserwerbs durch den Zedenten im Jahre 2000 die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) und vom 20. Januar 2009 (WM 2009, 405) noch nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2001, 962; WM 2009, 405) ergibt sich die Aufklärungspflicht der Beklagten aber bereits aus dem zivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten, der entgegen der Auffassung der Beklagten (und mancher Stimmen in der Literatur) keineswegs neu, sondern in der Sache bereits seit langem anerkannt ist und - nicht abschließend, sondern nur beispielhaft - aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert wurde (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG).

    Zudem hat der Bundesgerichtshof in der eingangs zitierten Entscheidung (NJW 2010, 2339) darauf hingewiesen, dass er bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben hatte, Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 262 StGB zu prüfen (BGH WM 1989, 1047; WM 1990, 462). Auch in der Literatur sind diese Entscheidungen dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765 f).

    Auch im einschlägigen Schrifttum wurde eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - angenommen (Roth in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f) ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rdn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rdn. 39 ff.) bzw. wurde eine Aufklärung jedenfalls unter bestimmten Bedingungen, insbesondere bei einer bestimmten Höhe der Innenprovision für geboten gehalten (vgl. etwa Wagner, WM 1998, 694 ff; Gallandi, WM 2000, 279 ff; Kiethe, NZG 2001, 107; vgl. ferner Nittel/Knöfel, BKR 2009, 411 ff mit einer Übersicht zu Rechtsprechung und Literatur seit 1962).

    Nach alledem musste auf der Grundlage der geführten Diskussion das Bestehen einer Aufklärungspflicht über die der Bank gewährte Rückvergütung für die Beklagte naheliegen. Zumindest konnte ihr - bei einer sorgfältigen Prüfung des Standes der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur - aber nicht verborgen bleiben, dass die Problematik des mit der gewährten Rückvergütung einhergehenden offensichtlichen Interessenkonflikts kontrovers diskutiert wurde. In dieser Situation - angesichts der ergangenen gerichtlichen Entscheidungen und der Literaturveröffentlichungen - handelte sie, entgegen der mit dem Schriftsatz vom 12.7.2011 unter Berufung auf eine Äußerung des Ombudsmannes für die außergerichtliche Schlichtung von Kundenbeschwerden in der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe Dr. van Gelder vertretenen Auffassung, zumindest fahrlässig, wenn sie dennoch im Vertrauen darauf agierte, dass sich die von ihr bevorzugte Rechtsansicht schließlich durchsetzen und sie mit einer höchstrichterlichen Entscheidung, hinter dem Rücken des zu beratenden Anlegers gezahlte Rückvergütungen seien auch unter 15% offenzulegen, nicht zu rechnen brauche (vgl. Nobbe, WuB I G 1. - 5-10, Anm. zu OLG Dresden vom 24. Juli 2009 - 8 U 1240/08). Das gilt - wie der BGH mit dem bereits erwähnten Beschluss vom 19.7.2011 (XI ZR 191/10) ausdrücklich entschieden hat - in gleicher Weise, wenn der beratenden Bank Vertriebsprovisionen zufließen und sie sich deshalb in einem Interessenkonflikt befindet. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte - der begrifflichen Linie des BGH in der Entscheidung vom 27.10.2009 folgend - bei der Frage der Reichweite ihrer Aufklärungspflicht zwischen Rückvergütungen im engeren Sinne einerseits und Vertriebsprovisionen andererseits unterscheiden durfte, denn eine solche Differenzierung ist zum hier maßgeblichen Zeitpunkt in Rechtsprechung und Literatur nicht vertreten worden.

    e)

    Dass der Zedent den streitgegenständlichen Fonds bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht gezeichnet hätte, ergibt sich aus der von der Beklagten nicht widerlegten Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. BGH, NJW-RR 2007, 1329; WM 2009, 274; Beschluss v. 19. Februar 2009, III ZR 154/09; Stackmann, NJW 2009, 3265/68; anders, aber unzutreffend Veit, WM 2009, 2193/2201 sowie Herresthal ZBB 2009, 348/61). Es reicht insoweit nicht aus, dass die Beklagte Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, die der Zedent bei pflichtgemäßer Aufklärung gehabt hätte; sie hätte vielmehr substantiiert Anhaltspunkte dafür darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass er den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. An entsprechendem Vortrag fehlt es jedoch:

    Soweit die Beklagte behauptet, für die Anlageentscheidung des Zedenten sei allenfalls die Möglichkeit einer Steuerersparnis relevant gewesen, ist das unerheblich. Dass der Zedent dem Anlageberater seine Anlagemotivation mitgeteilt hat, heißt nicht, dass er bei Kenntnis der Provisionshöhe nicht insgesamt von dieser Anlageform abgesehen hätte. Im Übrigen ist der Beweisantritt der Beklagten in diesem Zusammenhang (Zeugnis ihrer Mitarbeiter Pelzer und Pörsch sowie des Steuerberaters des Zedenten) untauglich, soweit damit eine Kenntnis innerer Tatsachen behauptet werden soll, ohne darzulegen, woher die Zeugen die Kenntnis von diesen inneren Tatsachen haben. Soweit die Beklagte in zweiter Instanz außerdem erstmals die Vernehmung des Zedenten beantragt hat (GA 401), ist dieser Beweisantritt gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet und nicht mehr berücksichtigungsfähig. Entschuldigungsgründe sind insoweit weder dargelegt noch ersichtlich.

    3.

    Der Klägerin steht danach aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte ein Anspruch darauf zu, so gestellt zu werden, als wäre die Beteiligung durch den Zedenten im Jahre 2000 nicht gezeichnet worden. Daraus folgt im Einzelnen:

    Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung des für die Beteiligung aufgewendeten Betrages. Unter Berücksichtigung der aufgrund des Vergleiches im Parallelverfahren gegen die S-Profinanz gezahlten 14.600 € verbleibt insoweit ein Betrag von 11.025 €. Der Zedent muss sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WM 2010, 1641 und WM 2010, 1310) etwaige Steuervorteile aus der Beteiligung nicht anrechnen lassen, weil die Schadensersatzleistung ebenfalls wieder zu versteuern ist. Anhaltspunkte dafür, dass er unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe, dauerhafte Steuervorteile erzielt hat, liegen nicht vor (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 sowie Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 = WM 2010, 262). Außerdem besteht ein Anspruch auf Verzinsung dieses Betrages mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt des Eintritts des Verzuges (1.10.2008).

    Der Anspruch auf Ersatz der o.g. Beträge steht der Klägerin Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der streitgegenständlichen Beteiligung zu (vgl. BGH, WM 2010, 262 - Juris-Ausdruck Tz.28 f.); in diesem Sinne war der von ihr gestellte Antrag ("Übertragung der Beteiligung") auszulegen. Zugleich liegen die Voraussetzungen für die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten vor.

    Abzuweisen war die Klage dagegen, soweit die Klägerin - erstmals mit der Berufung nicht hilfsweise, sondern im Wege des Hauptantrags - Auskunft von der Beklagten über die Zahlung von Provisionen durch die Fondsgesellschaft oder Dritte verlangt hat. Sowohl die Tatsache der Zahlung als solche als auch deren Höhe - 5 % der Beteiligungssumme - waren auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien bereits Gegenstand des unstreitigen Teils des erstinstanzlichen Tatbestandes. Die Auskunft war daher bereits zur Zeit der Einlegung der Berufung erteilt und ein etwaiger dahingehender Anspruch der Klägerin bzw. des Zedenten erloschen.

    3.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 91 a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Zahlungsantrag übereinstimmend teilweise - in Höhe von 14.600 € - für erledigt erklärt haben, waren der Beklagten die Kosten gemäß § 91 a ZPO aufzuerlegen, da sie ohne das erledigenden Ereignis aus den vorstehend unter Ziffer 2 angeführten Gründen voraussichtlich unterlegen gewesen wäre.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.570 € festgesetzt. (11.025 € für den Zahlungsantrag zu Ziffer 1, 1.000 € für den Antrag zu Ziffer 2, 625 € für den Auskunftsantrag und 2.920 € für die nicht erledigten Zinsansprüche auf den erledigten Teil des Zahlungsantrags.