17.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122174
Bundesgerichtshof: Urteil vom 14.06.2012 – IX ZR 145/09
Stellt ein Schuldner einen Scheck aus und übergibt diesen einem anwesenden und vollstreckungsbereiten Vollziehungsbeamten, so beruht die durch Einlösung des Schecks erfolgte Zahlung auch dann auf einer Rechtshandlung des Schuldners, wenn der Vollziehungsbeamte ohne die Ausstellung des Schecks erfolgreich in das sonstige Vermögen des Schuldners vollstreckt hätte.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als im Umfang von 66.080,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Juni 2006 zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8. Oktober 2008 wird zurückgewiesen, soweit das Versäumnisurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 28. Dezember 2007 über die Verurteilung zur Zahlung von 11.117 € hinaus in Höhe weiterer 16.080,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Juni 2006 aufrechterhalten worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 10. Mai 2006 am 28. Juni 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der f. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin). Soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ficht der Kläger gegenüber dem beklagten Land drei Zahlungen an, durch die Steuerverbindlichkeiten der Schuldnerin getilgt wurden.
2
Am 12. September 2005 stellte die Schuldnerin einen Scheck in Höhe von 3.080,28 € aus und übergab diesen einem Vollziehungsbeamten der Finanzverwaltung, der die Schuldnerin in deren Geschäftsräumen aufgesucht hatte. Die bezogene Bank löste den Scheck in der Folgezeit ein und belastete das Konto der Schuldnerin mit der Schecksumme. Am 18. Oktober 2005 pfändete das Finanzamt wegen Steuerrückständen der Schuldnerin in Höhe von 129.708,95 € sämtliche gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Schuldnerin gegen die S. (nachfolgend: S. ). Am 2. November 2005 wurde ein von der Schuldnerin bei der S. in Anspruch genommenes Darlehen in Höhe von 50.000 € an die Schuldnerin ausgezahlt, indem die S. die Darlehensvaluta auf dem Geschäftskonto der Schuldnerin gutschrieb. Von diesem Geschäftskonto wurde am 3. November 2005 ein Überweisungsauftrag der Schuldnerin an die Finanzverwaltung zur Begleichung von Steuerforderungen in Höhe von 50.000 € ausgeführt, am 6. Februar 2006 ein weiterer Überweisungsauftrag in Höhe von 13.000 €.
3
Der Kläger hat in den Vorinstanzen die Zahlung von 85.297,28 € nebst Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Verurteilung im Umfang von 11.117 € nebst Zinsen aufrechterhalten und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, soweit das Berufungsgericht in Höhe von 66.080,28 € nebst Zinsen zu seinem Nachteil erkannt hat.
Entscheidungsgründe
4
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und teilweise zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten, im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Scheckzahlung vom 12. September 2005 sei nicht nach dem hier allein in Frage kommenden Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil es an dem Erfordernis einer Schuldnerhandlung fehle. Da anzunehmen sei, dass eine Pfändung durch den bei der Schuldnerin anwesenden Vollziehungsbeamten in Höhe von 3.080,28 € erfolgreich gewesen wäre, habe die Zahlung dieses Betrags keine willensgeleitete Handlung der Schuldnerin dargestellt. Dabei sei unerheblich, dass die Zahlung durch Ausstellung eines Schecks erfolgt sei. Im Hinblick auf die Überweisungen vom 3. November 2005 und vom 6. Februar 2006 liege keine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, weil durch die Zahlungen ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes abgelöst worden sei.
II.
6
Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beruht die durch Einlösung des am 12. September 2005 ausgestellten Schecks erfolgte Zahlung in Höhe von 3.080,28 € auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin.
8
a) Da die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt, unterliegt eine durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers erlangte Zahlung der Vorsatzanfechtung nur dann, wenn eine Schuldnerhandlung oder eine dieser gleichstehende Unterlassung zum Erfolg der Vollstreckungsmaßnahme beigetragen hat (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 79; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147; vom 23. März 2006 - IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 Rn. 7; vom 3. Februar 2011 - IX ZR 213/09, WM 2011, 501 Rn. 8 f, 12). Einer durch Zwangsvollstreckung erlangten Befriedigung steht die Zahlung des Schuldners an eine bereits anwesende und vollstreckungsbereite Vollziehungsperson gleich, wenn der Schuldner nur noch die Wahl hat, die geforderte Zahlung zu leisten oder die Zwangsvollstreckung zu dulden, weil in dieser Lage eine willensgeleitete Entscheidung nicht mehr möglich ist (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 152; vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 8; vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08, WM 2010, 360 Rn. 10; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 5). Übergibt der Schuldner dem Vollziehungsbeamten Bargeld, Wertpapiere oder andere Wertgegenstände, deren sofortige Pfändung er andernfalls hinnehmen müsste, so bleibt die Entscheidung des Schuldners, die Pfändung durch eine eigene Leistung abzuwenden, im Ergebnis bedeutungslos. Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt daher nicht allein darin, dass dieser dem Vollstreckungszugriff durch Leistung derjenigen Vermögenswerte zuvorkommt, auf welche sich die Zwangsvollstreckung erstreckt hätte (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO Rn. 28).
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b) Eine Leistung, die der Schuldner im bargeldlosen Zahlungsverkehr erbringt, stellt demgegenüber auch dann eine Rechtshandlung des Schuldners dar, wenn hierdurch erfolgversprechende Pfändungsmaßnahmen durch eine bereits anwesende Vollziehungsperson abgewendet worden sind.
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aa) Stellt der Schuldner zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers einen Scheck aus, der in der Folgezeit von der bezogenen Bank eingelöst wird, so ermöglicht er dem Gläubiger einen Zahlungsweg, den der anwesende Vollziehungsbeamte nicht zwangsweise hätte durchsetzen können. Eine Scheckzahlung setzt vielmehr ebenso wie eine Banküberweisung voraus, dass der Schuldner über sein Konto noch selbst verfügen kann, und beruht daher auf einer Rechtshandlung des Schuldners (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08, WM 2010, 360 Rn. 16; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, Insolvenzrecht, § 133 InsO Rn. 5; vgl. auch Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 133 Rn. 9; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 133 Rn. 9a). Auch gegenüber einem anwesenden und vollstreckungsbereiten Vollziehungsbeamten bleibt dem Schuldner die Wahlmöglichkeit, die Zwangsvollstreckung in sein bewegliches Vermögen hinzunehmen oder die Vollstreckung abzuwenden, indem er der Vollstreckungsperson durch Ausstellung eines Schecks den Zugriff auf sein Bankguthaben ermöglicht. Lässt sich der Vollziehungsbeamte darauf ein, im Gegenzug zur Ausstellung eines Schecks von Pfändungsmaßnahmen abzusehen, so beruht die Scheckanweisung zwar auf dem ausgeübten Vollstreckungsdruck, hätte jedoch ohne die Mitwirkung des Schuldners nicht erfolgen können.
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Stellt bereits die Ausstellung eines Schecks eine Rechtshandlung des Schuldners dar, so ist für die Anfechtbarkeit der Scheckzahlung nach § 133 Abs. 1 InsO unerheblich, ob eine weitere Rechtshandlung des Schuldners darin liegt, die zwischen der Ausstellung des Schecks und dessen Einlösung mögliche Schecksperre (BGH, Urteil vom 13. Juni 1988 - II ZR 324/87, BGHZ 104, 374, 381 f; Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rn. 137 f) bewusst unterlassen zu haben (§ 129 Abs. 2 InsO, vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - IX ZR 213/09, WM 2011, 501 Rn. 8 mwN).
12
bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Senatsbeschluss vom 19. Februar 2009 (IX ZR 22/07, WM 2009, 810). Der Senat hat hierbei ausgeführt, dass eine Rechtshandlung des Schuldners vorliege, wenn dieser dem vollstreckungsbereiten Vollziehungsbeamten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung einen Scheck aush ändige und die Vollstreckung mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglos gewesen wäre (aaO Rn. 3, 5; ebenso BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 8). Dass die Ausstellung und Übergabe eines Schecks an einen vollstreckungsbereiten Vollziehungsbeamten hingegen keine Rechtshandlung des Schuldners darstelle, wenn die Vollstreckungsperson andernfalls mit Aussicht auf Erfolg auf andere Vermögenswerte des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung hätte zugreifen können, ergibt sich aus den genannten Entscheidungen nicht.
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2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die am 3. November 2005 vorgenommene Überweisung in Höhe von 50.000 € habe keine objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) bedeutet, unterliegt ebenfalls durchgreifenden Bedenken.
14
a) Eine Befriedigung, die ein Gläubiger aufgrund eines insolvenzfesten Absonderungsrechts erlangt, benachteiligt die Gesamtheit der Gläubiger nicht (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 353; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 156; vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 Rn. 22). Ist ein Bankguthaben mit einem Pfandrecht belastet, so besitzt das eigene Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters wegen des bestehenden Absonderungsrechts keinen wirtschaftlichen Wert, wenn das Guthaben hinter der Höhe der gesicherten Forderung zurückbleibt (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1579; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, WM 2006, 1018 Rn. 21). Ebenso verhält es sich mit dem Anspruch des Schuldners auf Auszahlung eines Kredits innerhalb einer eingeräumten Kreditlinie, der nach dem Abruf des Kredits durch den Schuldner Gegenstand eines Pfändungspfandrechts sein kann (BGH, Urteil vom 29. März 2001 - IX ZR 34/00, BGHZ 147, 193, 195 ff; vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 356; vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 13).
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b) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen dessen Auffassung nicht, das beklagte Land habe ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht an Forderungen der Schuldnerin gegen die S. besessen.
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aa) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die Unwirksamkeit des Pfändungspfandrechts des Beklagten allerdings nicht schon aus dem Vorbringen in der Klageschrift, die Vollziehung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei bereits am 2. November 2005 ausgesetzt worden. Das als übergangen gerügte Vorbringen des Klägers war nicht ausreichend substantiiert.
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(1) Die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Gläubigerbenachteiligung trifft als Voraussetzung der Insolvenzanfechtung den Anfechtungskläger, während der Anfechtungsgegner im Rahmen einer sekundären Darlegungslast von diesem geltend gemachte Gegenrechte vorzubringen hat (BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 148/07, WM 2008, 1606 Rn. 23; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 64). Jedenfalls mit der Vorlage der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 18. Oktober 2005, aus welcher das beklagte Land ein Pfändungspfandrecht in Höhe der erlangten Zahlungen ableitet, ist dieses seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Es oblag daher dem Kläger, die Umstände darzulegen, welche die Wirksamkeit des vom Beklagten behaupteten Pfändungspfandrechts hindern. Hierfür genügt das Vorbringen des Klägers in der Klageschrift, wonach die S. mit Schreiben vom 2. November 2005 ermächtigt worden sei, die vom Beklagten für sich in Anspruch genommenen Beträge an die Schuldnerin auszuzahlen, schon deshalb nicht, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, zu welchem Zeitpunkt dieses Schreiben zugegangen ist.
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Selbst wenn durch das Schreiben ein Pfändungspfandrecht des Beklagten aufgehoben worden sein sollte, blieb damit offen, ob dies zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Überweisung am 3. November 2005 der Fall gewesen ist. Den Vortrag des beklagten Landes, die Wirkung der Pfändungsverfügung sei erst nach dieser Zahlung ausgesetzt worden, hat der Kläger erst mit dem nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung eingereichten Schriftsatz bestritten, indem er vorgetragen hat, die Schuldnerin habe am 2. November 2005 aufgrund der Ermächtigung des Beklagten wieder vollumfänglich über ihr Konto bei der S. verfügen können. Dieses Vorbringen brauchte das Berufungsgericht gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.
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(2) Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich auch nicht, ob durch das Schreiben des Beklagten vom 2. November 2005 überhaupt die Wirkung eines Pfandrechts aufgrund der Pfändungsverfügung vom 18. Oktober 2005 beseitigt worden ist. Wird das Schreiben vom 2. November 2005, das der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht vorgelegt hat, mit der Revision als Aussetzung der Vollziehung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung gedeutet, so blieb ein Pfändungspfandrecht erhalten, weil die bloße Aussetzung der Vollziehung auf die Wirksamkeit eines bereits entstandenen Pfändungspfandrechts keinen Einfluss hat (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 156). Substantiierten Vortrag des Klägers, wonach die Pfändung durch das beklagte Land vor der streitgegenständlichen Überweisung aufgehoben worden sei (vgl. § 257 Abs. 2 Satz 3, § 258 Fall 3 AO), zeigt die Revision nicht auf.
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bb) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht dessen Auffassung, das vom beklagten Land erworbene Pfändungspfandrecht unterliege nicht der Insolvenzanfechtung, weil neben der vom Berufungsgericht allein in Betracht gezogenen Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) des Pfandrechts auch dessen Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO in Betracht kommt.
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(1) Das Girokonto der Schuldnerin bei der S. wies am 1. November 2005 einen negativen Tagesendsaldo auf, so dass kein Pfändungspfandrecht des Beklagten an einer Saldoforderung der Schuldnerin bestand (vgl. zur Pfändbarkeit des Anspruchs auf Auszahlung des Tagessaldo Bitter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 33 Rn. 52 mwN). Der Umstand, dass die der Schuldnerin eingeräumte Kreditlinie nicht ausgeschöpft war, begründete für sich genommen kein Pfändungspfandrecht. Die Pfändung der Ansprüche aus einem zur Disposition des Schuldners stehenden Kredit ist zwar rechtlich wirksam, ohne den Abruf der Kreditmittel durch den Kontoinhaber ist aber kein Auszahlungsanspruch gegen die Bank vorhanden, der Gegenstand eines Pfändungspfandrechts sein könnte (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 355 ff; vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 13 f).
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(2) Ein Pfändungspfandrecht des beklagten Landes entstand jedenfalls am 2. November 2005 durch die Auszahlung des von der Schuldnerin in Anspruch genommenen Darlehens über 50.000 €. Ist ein Pfändungspfandrecht aufgrund der Pfändungsverfügung vom 18. Oktober 2005 erst dadurch entstanden, dass die Schuldnerin das Darlehen bei der S. aufgenommen hat, so beruht das Pfandrecht auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin und ist folglich der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO zugänglich. War die Überweisung nicht durch ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes gedeckt, so liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, weil auch die Zahlung mit Mitteln eines vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits gläubigerbenachteiligende Wirkung hat (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 Rn. 12; vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 13).
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Anders verhielte es sich nur dann, wenn der Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung des Darlehens gemäß § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB, der durch Gläubiger des Darlehensnehmers gepfändet werden kann (MünchKomm-ZPO/ Smid, 3. Aufl., § 829 Rn. 14; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 829 Rn. 33 "Darlehen"; Musielak/Becker, ZPO, 9. Aufl., § 829 Rn. 37 "Darlehen"), bereits vor der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 18. Oktober 2005 bestanden hätte, von dieser erfasst worden und auch nicht von der Schuldnerin im Vorgriff auf zu erwartende Vollstreckungsmaßnahmen des beklagten Landes begründet worden wäre. In diesem Fall wäre durch die Auszahlung des Darlehens auf das Girokonto der Schuldnerin sowie die Überweisung an das beklagte Land aus dem damit eröffneten Giroguthaben ein Pfändungspfandrecht an dem Auszahlungsanspruch abgelöst worden, welches seinerseits nicht auf einer Schuldnerhandlung beruhte und damit nicht der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO unterläge. Ob dies der Fall gewesen ist, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.
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3. Die Überweisung vom 6. Februar 2006 über 13.000 € war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes gedeckt.
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Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde diese Überweisung aus der Kontokorrentkreditlinie der Schuldnerin bei der kontoführenden S. ausgeführt. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist ein Pfändungspfandrecht des beklagten Landes erst mit dem Abruf des eingeräumten Dispositionskredits durch die Schuldnerin entstanden und beruht damit auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin, weil die Inanspruchnahme einer Kreditlinie nur durch den Kontoinhaber selbst erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, WM 2008, 168 Rn. 16; vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 12 ff). Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, das mit dem Abruf der Kreditmittel entstandene Pfändungspfandrecht des beklagten Landes sei nicht anfechtbar, weil dieses außerhalb der kritischen Zeit entstanden sei.
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Wie das Berufungsgericht selbst zutreffend angenommen hat, beruht das Pfändungspfandrecht des Beklagten auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin und ist damit nicht lediglich der Deckungsanfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO, sondern auch der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO zugänglich. Unterliegt die Entstehung des Pfändungspfandrechts der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, so bestimmt sich auch die maßgebliche Anfechtungsfrist nach dieser Regelung und nicht nach den Tatbeständen der Deckungsanfechtung. Das Berufungsgericht durfte die Anfechtbarkeit des Pfändungspfandrechts daher nicht deshalb verneinen, weil dieses außerhalb der für die Deckungsanfechtung maßgeblichen Anfechtungsfrist entstanden ist.
III.
27
1. Wegen der Rechtsfehler ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es vom Kläger angefochten worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO).
28
2. Im Hinblick auf die Anfechtung der Scheckzahlung vom 12. September 2005 über 3.080,28 € und der Überweisung vom 6. Februar 2006 über 13.000 € ist die Sache zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung des Beklagten ist insoweit zurückzuweisen.
29
a) Beide Zahlungen beruhen nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auf Rechtshandlungen, welche die Schuldnerin mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen hat (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO).
30
Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die im Revisionsverfahren nicht mehr streitgegenständlichen Überweisungen der Schuldnerin vom 28. November 2005 und vom 3. April 2006 sowie die Genehmigung der Einzugsermächtigungslastschrift vom 6. Februar 2005 angenommen, dass diese Zahlungen an das beklagte Land mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen worden sind, weil der zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähigen Schuldnerin bewusst gewesen sei, nicht mehr alle Gläubiger befriedigen zu können. Diese Beurteilung trifft auch auf die Scheckzahlung vom 12. September 2005 sowie die Überweisung vom 6. Februar 2006 zu.
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Leistet ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, an einen Gläubiger, so handelt er in aller Regel mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 84; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 153; vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, ZIP 2012, 1038 Rn. 17, zVb in BGHZ). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Schuldnerin in den Jahren 2004 und 2005 mit der Begleichung ihrer Steuerverbindlichkeiten durchgehend säumig, wobei sich die Zahlungsrückstände im Verlauf des Jahres 2005 auf nahezu 130.000 € erhöht hatten. Insgesamt betrugen die offenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin im November 2005 rund 286.000 €. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, war die Schuldnerin zahlungsunfähig, weil sie nicht in der Lage war, ihre fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht der Umstand, dass die S. der Schuldnerin noch Kredit gewährt hat, deren Zahlungsunfähigkeit nicht entgegen, weil auch durch diesen zusätzlichen Liquiditätszufluss die fälligen Verbindlichkeiten nur zum Teil zurückgeführt werden konnten.
32
b) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend angenommen hat, war dem beklagten Land zumindest die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bekannt, weshalb die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin vermutet wird (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung durfte das beklagte Land schon deshalb nicht von bloßen Zahlungsstockungen ausgehen, weil der in den Steuerrückständen zum Ausdruck kommende Liquiditätsengpass der Schuldnerin nicht innerhalb von drei Wochen geschlossen werden konnte, sondern vielmehr in den Jahren 2004 und 2005 noch stetig angestiegen ist, und allein die rückständigen Steuerschulden auch so erheblich waren, dass von einer lediglich geringfügigen Liquiditätslücke nicht die Rede sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 139 ff; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12).
33
c) Das Landgericht hat das beklagte Land daher mit Recht zur Rückgewähr der erlangten Zahlungen vom 12. September 2005 und vom 6. Februar 2006 verurteilt. Der zuerkannte Zinsanspruch ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgt aus § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO in Verbindung mit § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 11 ff).
34
3. Im Hinblick auf die Überweisung vom 3. November 2005 über 50.000 € ist die Sache wegen fehlender Feststellungen nicht entscheidungsreif und daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob die Schuldnerin durch eine vom Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung getragene Rechtshandlung dazu beigetragen hat, dass das beklagte Land aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 18. Oktober 2005 ein Pfändungspfandrecht erlangt hat. Hierzu ist den Parteien Gelegenheit zu geben, ihren Sachvortrag zu ergänzen (§ 139 Abs. 2 ZPO).
Kayser
Gehrlein
Vill
Lohmann
Fischer
Von Rechts wegen
Verkündet am: 14. Juni 2012