30.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122708
Amtsgericht Bad Segeberg: Urteil vom 12.04.2012 – 17a C 161/11
1. Bestreitet der Kunde den Zugang einer Sperrandrohung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Gas-GVV sowie einer Sperrankündigung gemäß § 19 Abs. 3 GasGVV, ist der Versorger beweisbelastet für den Zugang. Zugunsten des Versorgers spricht jedenfalls dann kein Anscheinsbeweis für den Zugang, wenn er zu den Einzelheiten über die Versendung der Schreiben nicht vorträgt. In diesem Fall kann sich der Kunde ferner auf ein einfaches Be-streiten des Zuganges beschränken.
2. Bleibt der Versorger beweisfällig für den Zugang einer Sperrandrohung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GasGVV, kann er diese im Prozess bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachholen. Es reicht dabei aus, dass die in einem Schriftsatz enthaltene Androhung dem Prozessbevollmächtigten des Kunden zugeht.
3. Bleibt der Versorger beweisfällig für den Zugang einer Sperrankündigung gemäß § 19 Abs. 3 GasGVV und holt er diese nicht bis spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung nach, steht ihm gegen den Kunden kein Anspruch auf Duldung einer Versorgungssperre zu. Das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Sperrankündigung stellt eine weitere Voraussetzung für den Anspruch des Versorgers auf Duldung der Versorgungs-sperre dar (entgegen AG Erfurt, Urt. v. 09.09.2009 – 14 C 1790/09).
17a C 161/11
Verkündet am: 12.04.2012
Amtsgericht Bad Segeberg
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
hat das Amtsgericht Bad Segeberg
durch den Richter am Amtsgericht …
auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2012
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird auf 1.446,00 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Zutritt und Duldung der Unterbrechung der Gasversorgung.
Zwischen den Parteien besteht seit dem 18.06.2008 ein Vertrag über die Versorgung des Objekts … in … mit Gas (Vertragskontonummer …). Am 24.08.2009 baute die Klägerin den in dem Objekt vorhandenen Gaszähler mit der Nr. … mit einem Zählerstand von 55.650 aus und baute den Gaszähler mit der Nr. … mit einem Anfangszählerstand von 1 ein. Am 28.08.2009 wurde eine Befundprüfung hinsichtlich des ausgebauten Gaszählers mit der Nummer … durchgeführt, die ausweislich der von der Klägerin eingereichten Kopie der Bescheinigung über die Befundprüfung vom 31.08.2009 (Anlage K 13, Bl. 99 d.A.) ergab, dass die Anforderungen an die äußere Beschaffenheitsprüfung erfüllt sind, die Messergebnisse innerhalb der Verkehrsfehlergrenze liegen und keine Mängel des Zählwerks festgestellt werden konnten.
Mit Schreiben vom 23.03.2011 rechnete die Klägerin über den Verbrauch in dem Zeitraum vom 12.03.2010 bis 01.03.2011 ab und errechnete monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 241,00 €. Für diesen Zeitraum berechnete die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.362,39 €. In der Rechnung sind ferner „sonstige Forderungen“ in Höhe von insgesamt 7.717,65 € aufgeführt, die sich ausweislich der der Rechnung beigefügten Aufstellung auf vier Verbrauchsabrechnungen in Höhe von 2.997,85 €, in Höhe von 293,77 € (Rechnung vom 01.04.2009, Anlage K 8, Bl. 51-54 d.A.) über die Lieferung von Strom, in Höhe von 3.363,55 € (Rechnung vom 21.04.2010, Anlage K 10, Bl. 57-61 d.A.) über die Lieferung von Gas, in Höhe von 805,95 € (Rechnung vom 25.05.2010) über die Lieferung von Strom und im Übrigen auf Mahnkosten in Höhe von insgesamt 55,00 € und sonstigen Nebenforderungen wegen Außendiensteinsätzen in Höhe von insgesamt 201,53 € beziehen. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt der Abrechnung vom 23.03.2011 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 1, Bl. 7-9 d.A.). Mit Schreiben vom 02.05.2011 (Anlage K 2, Bl. 10 d.A.) forderte die Kl ägerin die Beklagte ergebnislos zur Zahlung der Rückstände auf.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte mit zugegangenem Schreiben vom 16.05.2011 (Anlage K 3, Bl. 11 d.A.) an die Zahlung erinnert und die Sperrung angedroht zu haben. Weiter behauptet sie, gegenüber der Beklagten mit weiterem zugegangenem Schreiben vom 06.06.2011 die Sperrung der Versorgung zum 16.06.2011 angekündigt zu haben. Die Beklagte habe dem Beauftragten des zuständigen Netzbetreibers am 16.06.2011 den Zutritt nicht gew ährt.
Sie beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Beauftragten des zuständigen Netzbetreibers, die …, den Zutritt zu dem Gaszähler Nr. … in der Verbrauchsstelle …, zu gewähren und die Unterbrechung der Gasversorgung durch den Beauftragten der … zu dulden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erhebt Einwendungen gegen die in den Abrechnungen zugrunde gelegten Verbrauchswerte. Die Abrechnungen beruhten auf fehlerhaften Abrechnungen und fehlerhaften Messergebnissen. Sie meint, dass eine ordnungsgemäße Sperrankündigung Voraussetzung für eine Versorgungssperre sei.
Mit Schriftsatz vom 22.11.2011 hat die Klägerin Rückstände in Höhe von insgesamt 11.588,98 € behauptet und der Beklagten die Sperrung der Gasversorgung angedroht. Der Schriftsatz ist der Beklagtenvertreterin am 30.11.2011 zugegangen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte derzeit kein Anspruch auf Duldung der Unterbrechung der Versorgung des Objekts … gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GasGVV zu. Dabei kann dahinstehen, ob die Einwendungen der Beklagten gegen die Verbrauchsabrechnungen erheblich sind, insbesondere ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 GasGVV vorliegen. Denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Duldung der Versorgungsunterbrechung gegen die Beklagte deshalb nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GasGVV nicht vorliegen. Unerheblich ist allerdings, dass die Beklagte bestritten hat, dem Beauftragten des zuständigen Netzbetreibers den Zutritt nicht gewährt zu haben. Hierbei handelt es sich nicht um eine Voraussetzung des Duldungsanspruchs. Ob der Versorger vor einer Klageerhebung versucht, Zutritt zu dem Objekt zu erhalten, ist allenfalls nach einem sofortigen Anerkenntnis des Kunden im Rahmen des § 93 ZPO von Bedeutung.
Die Beklagte hat jedoch auch bestritten, die Schreiben der Klägerin vom 16.05.2011 und vom 06.06.2011 über die Androhung sowie die Ankündigung der Sperrung erhalten zu haben. Die insoweit beweisbelastete Klägerin (vgl. MünchKomm-BGB/Einsele, 6. Aufl. 2012, § 130 Rn. 46 m.w.Nachw.) hat für den Zugang der vorgenannten Schreiben keinen Beweis angeboten. Bei zur Post gegebenen Briefen besteht nach herrschender Meinung auch kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung (vgl. BGH, Urt. v. 27.05.1957 – II ZR 132/56, BGHZ 24, 308, juris Rn. 7 f.; BGH, Urt. v. 21.01.2009 – VIII ZR 107/08, NJW 2009, 2197, juris Rn. 11; BGH, Urt. v. 07.12.1994 – VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665, juris Rn. 22; BGH, Urt. v. 24.04.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033, juris Rn. 18; MünchKomm-BGB/Einsele, 6. Aufl. 2012, § 130 Rn. 46). Ob die von der Gegenauffassung geäußerte Kritik (s. hierzu AG Erfurt, Urt. v. 20.06.2007 – 5 C 1734/06, WuM 2007, 580, juris Rn. 8 ff.; AG Offenburg, Urt. v. 11.07.1989 – 2 C 662/89, MDR 1989, 992; Schneider MDR 1984, 281 ff.; Jänich VersR 1999, 535, 537) überzeugt, kann vorliegend offen bleiben, weil die Klägerin nicht einmal vorgetragen hat, die Schreiben ordnungsgemäß zur Post aufgegeben und keine Rückläufer erhalten zu haben. Dass die vorgenannten Schreiben der Beklagten auf anderem Wege, etwa per Einschreiben oder durch einen Boten, zugestellt wurden, hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Jedenfalls bei dieser Sachlage greift zugunsten der Klägerin kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Schreiben, auch durfte sich die Beklagte auf ein einfaches Bestreiten des Zuganges beschränken (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 11.07.1991 – 8 U 1036/91, VersR 1992, 602, juris Rn. 13).
Allerdings hat die Klägerin zumindest die Sperrandrohung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GasGVV im Prozess mit Schriftsatz vom 22.11.2011 nachgeholt, der Schriftsatz ist der Beklagtenvertreterin zugegangen. Die der Beklagtenvertreterin erteilte Prozessvollmacht umfasst im Hinblick auf § 81 ZPO auch die Entgegennahme materiell-rechtlicher Willenserklärungen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18.12.2002 – VIII ZR 72/02, NJW 2003, 963, juris Rn. 14), weshalb die Sperrandrohung auch der Beklagten zugegangen ist. Dem Gesetz lässt sich nicht entnehmen, dass die Sperrandrohung dem Kunden persönlich zugehen muss.
Nicht nachgeholt hat die Klägerin dagegen die Ankündigung der Unterbrechung gemäß § 19 Abs. 3 GasGVV. Da die Beklagte auch den Zugang des Schreibens vom 06.06.2011 bestritten und die Klägerin auch insoweit keinen Beweis angeboten hat, stellt sich die Frage, welche Folgen eine unterlassene Sperrankündigung hat. Das AG Erfurt vertritt hierzu die Auffassung, dass die Ankündigungsfrist des § 19 Abs. 3 GasGVV keine weitere Voraussetzung für eine Unterbrechung der Gasversorgung darstelle, vielmehr setze § 19 Abs. 3 GasGVV voraus, dass die Voraussetzungen für eine Unterbrechung nach Abs. 2 bereits vorlägen. Zur Begründung bezieht sich das AG Erfurt dabei maßgeblich auf die Begründung des Verordnungsgebers in BR-Drs. 306/06 (AG Erfurt, Urt. v. 09.09.2009 – 14 C 1790/09, RdE 2010, 73 f.). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird demgegenüber die Sperrankündigung nach § 19 Abs. 3 GasGVV bzw. § 19 Abs. 3 StromGVV ohne nähere Begründung als Voraussetzung für den Anspruch auf Duldung der Versorgungsunterbrechung genannt (s. etwa LG Hildesheim, Urt. v. 10.10.2008 – 7 S 155/08, RdE 2009, 153 f., juris Rn. 3; SG Lüneburg, Beschl. v. 10.04.2008 – S 27 AS 410/08, juris Rn. 23; AG Brandenburg, Urt. v. 24.06.2009 – 34 C 106/08, WuM 2010, 646 f., juris Rn. 35; AG Oldenburg (Holstein), Beschl. v. 20.08.2009 – 23 C 697/09, juris Rn. 10; AG Ludwigslust, Beschl. v. 17.10.2011 – 5 C 149/11, RdE 2012, 74 f.; ebenso Hartmann in Danner/Theobald, Energierecht, § 19 StromGVV Rn. 12, der Abs. 3 als „Sperrvoraussetzung“ bezeichnet).
Entgegen der Auffassung des AG Erfurt steht dem Versorger ein Anspruch auf Duldung der Unterbrechung der Versorgung gegen den Kunden auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 2 GasGVV vorliegen, nur zu, wenn der Versorger dem Kunden die Unterbrechung gemäß § 19 Abs. 3 GasGVV ordnungsgemäß angekündigt hat, was neben der Einhaltung der Frist von drei Werktagen auch den Zugang des Ankündigungsschreibens voraussetzt. Soweit das AG Erfurt darauf hinweist, Abs. 3 setze voraus, dass die Voraussetzungen nach Abs. 2 bereits vorliegen (so AG Erfurt, Urt. v. 09.09.2009 – 14 C 1790/09, RdE 2010, 73 f., juris Rn. 9), mag dies zutreffen, besagt jedoch nicht, dass der Versorger auch dann einen Anspruch auf Duldung der Versorgungsunterbrechung hat, wenn es an einer Sperrankündigung fehlt. Das Argument, Abs. 3 stelle keine weitere Voraussetzung für eine Versorgungssperre dar, weil sich die Voraussetzungen aus Abs. 2 Satz 1 ergäben, ist eine petitio principii.
Aus der vom AG Erfurt (Urt. v. 09.09.2009 – 14 C 1790/09, RdE 2010, 73 f., juris Rn. 10) herangezogenen Begründung zu der Neuregelung in § 19 Abs. 3 GasGVV folgt nichts Abweichendes. Dort heißt es: „Im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Unterbrechung der Grundversorgung nach den Absätzen 1 und 2 ist dem Kunden aus Gründen der Billigkeit und der Verhältnismäßigkeit der Beginn der Unterbrechung rechtzeitig mitzuteilen, damit sich dieser darauf einstellen kann und nicht durch eine überraschende Unterbrechung der Versorgung Schaden, etwa an Gebrauchsgeräten oder durch den plötzlichen Ausfall solcher Geräte, erleidet. Die Ankündigung kann im Fall des Absatzes 2 erfolgen, sobald die mit der Androhung verbundene Frist, z. B. durch Mahnschreiben, abgelaufen ist.“ (BR-Drs. 306/06, S. 12). Der Verordnungsbegründung lässt sich lediglich entnehmen, dass Abs. 3 erst zur Anwendung kommt, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 vorliegen. Hieraus folgt aber lediglich, dass die Sperrankündigung zeitlich am Ende der von dem Versorger vor der tatsächlichen Vollziehung der Sperrung einzuhaltenden Maßnahmen steht. Im Übrigen spricht die Verordnungsbegründung vielmehr dafür, dass die Einhaltung des Abs. 3 eine weitere Voraussetzung für eine Versorgungssperre ist. Die Sperrankündigung stellt keine bloße Formalie oder weitere Androhung dar, sondern soll den Kunden vor weitergehenden Schäden bewahren, die ihm im Falle einer Sperrung entstehen können. Wäre Abs. 3 keine Voraussetzung für eine Versorgungssperre, liefe die Bestimmung weitgehend leer. Allenfalls könnte der Kunde wegen der Verletzung des Abs. 3 gegen den Versorger Schadensersatzansprüche herleiten. Abgesehen davon, dass der Kunde in diesem Fall darlegungs- und beweisbelastet für einen aus der unterlassenen Ankündigung entstandenen Schaden ist, könnte ein solcher Schadensersatzanspruch lediglich den angerichteten Schaden ausgleichen, er wäre jedoch ungeeignet, den Kunden schon vor dem Eintritt eines solchen Schadens zu bewahren. Gerade hierum ging es dem Versordnungsgeber allerdings ausweislich der Verordnungsbegründung zu Abs. 3 (so auch AG Erfurt, Urt. v. 09.09.2009 – 14 C 1790/09, RdE 2010, 73 f., juris Rn. 11). Auf die Unterbrechung „einstellen“ kann sich der Kunde innerhalb der Frist von drei Werktagen nur, wenn ihm zuvor eine Sperrankündigung auch zugeht. Alleine aus dem Umstand, dass § 19 Abs. 3 GasGVV eine andere Zielrichtung hat als die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 GasGVV lässt sich nichts für die Frage herleiten, ob die Einhaltung des Abs. 3 eine weitere Voraussetzung für eine Versorgungssperre ist. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Wortlaut des Abs. 3, dass es nicht im Belieben des Versorgers steht, ob er die Sperrung ankündigt, vielmehr ist dem Kunden die Sperrung anzukündigen.
Soweit das AG Erfurt weiter argumentiert, Abs. 3 begründe neben der Vierwochenfrist des Abs. 1 Satz 2 keine weitere Frist für die Versorgungsunterbrechung (so AG Erfurt, Urt. v. 09.09.2009 – 14 C 1790/09, RdE 2010, 73 f., juris Rn. 11), überzeugt auch dies nicht. Zum einen ist der Verordnungsgeber ausweislich der oben aufgeführten Begründung der Neuregelung des Abs. 3 offenbar davon ausgegangen, dass die Sperrankündigung erst nach Ablauf der Vierwochenfrist des Abs. 2 Satz 1 erfolgen kann, nach der Vorstellung des Verordnungsgebers also Abs. 3 sehr wohl eine weitere Frist für die Versorgungsunterbrechung begründet. Zum anderen lässt sich auch die Auffassung vertreten, dass die Ankündigung gemäß Abs. 3 schon vor Ablauf der Vierwochenfrist des Abs. 1 Satz 2 erfolgen kann (so Hartmann in Danner/Theobald, Energierecht, § 19 StromGVV Rn. 27), weshalb Abs. 3 zwar keine weitere Frist für die Versorgungsunterbrechung begründen w ürde, gleichwohl eine weitere Voraussetzung für die Versorgungsunterbrechung darstellt (in diesem Sinne versteht offenbar Hartmann in Danner/Theobald, Energierecht, § 19 StromGVV Rn. 12, 27 die Bestimmung).
Aus dem Gesagten folgt, dass neben dem Wortlaut des Abs. 3 maßgeblich der Wille des Verordnungsgebers und der Normzweck dafür spricht, die Regelung so auszulegen, dass ohne ihre Einhaltung ein Anspruch des Versorgers gegen den Kunden auf Duldung der Versorgungsunterbrechung nicht gegeben ist. Bestreitet der Kunde den Zugang der Sperrankündigung, muss der Versorger daher entweder Beweis für den Zugang anbieten oder die Ankündigung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachholen. Beides ist vorliegend nicht geschehen, weshalb die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Duldung der Unterbrechung der Gasversorgung hat und die Klage abzuweisen ist.
Das Gericht war nicht gehalten, die Klägerin gemäß § 139 ZPO darauf hinzuweisen, dass es die Einhaltung des § 19 Abs. 3 GasGVV als weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Duldung der Versorgungssperre ansieht. Die Beklagte hat bereits mit der Klageerwiderung den Zugang der Sperrankündigung bestritten und im Prozess die vom Gericht für zutreffend erachtete Auffassung vertreten, dass die Einhaltung des § 19 Abs. 3 GasGVV Voraussetzung für eine Versorgungssperre sei. Bei dieser Sachlage hätte die Klägerin sich nicht darauf beschränken dürfen, lediglich die Sperrandrohung nachzuholen und darauf zu vertrauen, das Gericht werde ihrer Auffassung folgen, insbesondere nachdem das Gericht in dem Verhandlungstermin am 08.03.2012 noch offen gelassen hat, welcher Auffassung es zu folgen gedenkt.
Da ein Anspruch der Klägerin wegen Fehlens einer Sperrankündigung gemäß § 19 Abs. 3 GasGVV nicht gegeben ist, kann vorliegend dahinstehen, ob die Klägerin zur Begründung ihres Anspruches noch weitergehend hätte vortragen müssen und ob die Klägerin berechtigt ist, den Zutrittsanspruch des Netzbetreibers aus eigenem Recht geltend zu machen (s. hierzu AG Meldorf, Urt. v. 27.10.2011 – 81 C 1215/11, RdE 2012, 75 f.).
II.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Der Streitwert bemisst sich nach dem sechsfachen Betrag der zuletzt geleisteten Abschlagszahlungen (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 02.02.2009 – 14 W 6/09, NJW-RR 2010, 141 f. m.w.Nachw.).