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  • 15.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131247

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.03.2013 – 24 U 103/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-24 U 103/12

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.05.2012 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal – Einzelrichter – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    G r ü n d e:

    A.

    Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Miete für den Monat Juli 2011 für die Überlassung des Grundstücks M-P-Str. 20-22 in E. auf Grundlage des Mietvertrages vom 18.10.1990 nebst Zusatzvereinbarung vom 01.12.1999 (Anl. K1, K2), die eine fest vereinbarte Laufzeit bis zum 31.12.2019 vorsieht. § 4 MV sieht in der ursprünglichen Fassung sowie in der Fassung des Nachtrags vom 05.12.2002 (Anl. K3) eine Anpassung des Mietzinses im Falle der Veränderung des Lebenshaltungskostenindexes bzw. Verbraucherkostenindexes vor. Unstreitig erklärte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 10.12.2010 (Anl. K7) die ordentliche Kündigung, bot die Rückgabe der Mietsache an (Anl. K11), und gab die zum Mietobjekt gehörigen Schlüssel – da die Klägerin eine vorzeitige Rücknahme ablehnte (Anl. K12) - mit Schreiben vom 30.06.2011 (Anl. K13) an die Klägerin zurück.

    Erstinstanzlich haben die Parteien darüber gestritten, ob die Beklagte Vertragspartnerin der Klägerin sei, sowie darüber, ob der Mietvertrag mangels Beachtung der Schriftform gem. § 550 BGB für unbestimmte Zeit gelte und daher unter Beachtung der gesetzlichen Fristen kündbar sei. Insoweit hatte die Beklagte geltend gemacht, dass bei den unstreitig im Zeitraum 1997 bis 2005 vorgenommenen Mieterhöhungen (Anl. K6 = B2 bis B7) die nötige Schriftform nicht gewahrt worden sei.

    Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bl. 208 bis 210 GA Bezug genommen.

    Das Landgericht hat mit Urteil vom 08.05.2012 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte sei Mieterin und als solche an den Mietvertrag vom 18.10.1990 nebst Zusatzvereinbarung vom 01.12.1999 gebunden. Die nachträglichen, im Zeitraum 1997 bis 2005 erfolgen Änderungen der Miethöhe seien aufgrund des in dem Verlangen einer erhöhten Miete liegenden Angebots auf Mieterhöhung und der konkludenten Annahme durch Zahlung erfolgt. Die vertraglich vorgesehene Schriftform gem. § 19 MV hätten die Parteien wirksam konkludent abbedungen. Der Schriftformmangel wirke sich nicht gem. § 550 BGB auf den Grundvertrag aus, weil jede einzelne Änderung nur unwesentlich und zudem aufgrund der vertraglichen Mietänderungsklausel ohnehin zu erwarten gewesen sei. Die Interessen des Erwerbers seien hinreichend dadurch geschützt, dass er sich Unterlagen wie Erhöhungsverlangen, Mietrechnungen und Einzahlungsbelege hätte vorlegen lassen können.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bl. 211 bis 217 GA verwiesen.

    Gegen das ihr am 14.05.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 13.06.2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 16.08.2012 eingegangenen Schriftsatz innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Begründungsfrist begründet. Die Berufung wendet sich nur noch gegen die vom Landgericht verneinte Anwendung des § 550 BGB und macht geltend: Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft eine Änderung der in § 4 MV vorgesehenen Mietanpassungsklausel verneint; diese sei nicht lediglich fehlerhaft angewendet worden, sondern sei mehrfach abgeändert worden. Miethöhe und Mietanpassungsmöglichkeiten gehörten zu den essentialia negotii des Mietvertrages. Aufgrund der behaupteten Änderung seien nicht nur deutlich frühere Mieterhöhungen, sondern auch Mietreduzierungen möglich gewesen, somit Rechte des durch § 550 BGB zu schützenden Erwerbers sehr wohl betroffen gewesen. Die Differenzierung nach wesentlichen und unwesentlichen Anpassungen der Miethöhe sei nicht haltbar, da die Wesentlichkeitsgrenze nicht klar definiert und daher mit Unwägbarkeiten verbunden sei und zudem im Gesetz keine Grundlage finde. Überdies sei die Abänderung auch wesentlich, da eine laufende verhältnismäßige Mietanpassung erhebliche Auswirkungen auf Entwicklung und Höhe der Miete habe.

    Die Beklagte beantragt,

    das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

    Die Klägerin hat Herrn Z. und Frau R., von denen sie das Erbbaurecht an dem streitbefangenen Grundstück im Jahre 2006 erworben hat, den Streit verkündet; diese sind jedoch nicht beigetreten.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags wird auf die Berufungsbegründungsschrift und die Berufungserwiderung verwiesen.

    B.

    I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.05.2012 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal – Einzelrichter - ist zulässig und begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung, die zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der für Juli 2011 geltend gemachten Miete, da der Mietvertrag wirksam zum 30.06.2011 gekündigt und das Mietobjekt unstreitig am 30.06.2011 zurückgegeben worden ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts gilt der zeitlich bis zum 31.12.2019 befristete Mietvertrag vom 18.10.1990 in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom 01.12.1999 (Anl. K1 und K2) gem. § 550 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er ist daher durch die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2010 (Anl. K7) gem. § 580a Abs. 2 BGB mit Wirkung zum 30.06.2011 vorzeitig beendet worden.

    Zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB ist grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietvertrages aus der Vertragsurkunde ergeben. Für Abänderungen gelten dieselben Grundsätze wie für den Ursprungsvertrag, so dass sie ebenfalls der Schriftform bedürfen, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Abänderungen (BGH v. 19.09.2007, XII ZR 198/05 Rn. 11 mwN).

    1 Änderung

    Hier haben die Parteien unstreitig eine Änderung der Mietzinshöhe vorgenommen. Die Mieterhöhungen gem. Anl. K6 = Anl. B2 bis B7 entsprachen nicht der vertraglichen Vereinbarung in § 4 MV. Danach sollte eine Anpassung nur dann möglich sein, wenn sich der Verbraucherpreisindex bzw. Lebenshaltungsindex um mehr als 10 Punkte verändert hat. Dies war – jedenfalls nach dem Wortlaut der Erklärung - der Fall im Zeitpunkt des Mietanpassungsverlangens vom 17.02.1993 (Anl. B1), nicht dagegen im jeweiligen Zeitpunkt der nachfolgenden Mietanpassungsbegehren gem. Anl. K6 = Anl. B2 bis B7. Nach diesen Erhöhungsverlangen hätte eine Mietanpassung vielmehr erstmals zum 01.01.2003 verlangt werden können, da erstmals im Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens vom 20.11.2002 (Anl. B5) mit Wirkung zum 01.01.2003 eine Erhöhung des maßgeblichen Index um mehr als 10 Punkte vorlag. Aufgrund der Erhöhungsverlangen ist von folgenden Veränderungen des maßgeblichen Index auszugehen:

    Anl. B2: 12/1995-12/1996: 1,8 Punkte

    Anl. B3: 12/1996-06/1998: 3,5 Punkte

    Anl. B4: 06/1998-06/2001: 4,7 Punkte gesamt: 10 Punkte

    Anl. B5: 06/2001-10/2002: 1,0 Punkte

    Anl. B6: 10/2002-10/2003: 1,2 Punkte

    Anl. B7: 10/2003-10/2004: 2,1 Punkte

    2 Vereinbarung

    Eine ausdrückliche Vereinbarung der ursprünglichen Mietvertragsparteien dahingehend, dass die Miethöhe - abweichend von § 4 MV vom 18.10.1990 - für die Jahre ab 1997 stets prozentual an den Verbraucherpreisindex angepasst werden sollte, hat die Beklagte weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt.

    Gleiches gilt, soweit die Beklagte geltend macht, den jeweils vorgenommenen Mietanpassungen (vgl. Anl. K6 = Anl. B2 bis B7) sei jeweils eine entsprechende Vereinbarung über die Abänderung von § 4 MV vorangegangen (Bl. 61ff GA). Die Klägerin hat mit Nichtwissen bestritten, dass es insoweit mündliche Vereinbarungen gegeben hätte. Das Bestreiten mit Nichtwissen war zulässig, da sie zur fraglichen Zeit noch nicht Vermieterin und damit nicht an den behaupteten Vereinbarungen beteiligt war. Überdies hat die Klägerin unter Verwahrung gegen die Beweislast Gegenbeweis angeboten (Bl. 85 f., 189 GA). Dementsprechend hätte es der Beklagten oblegen, zu den von ihr behaupteten Vereinbarungen näher vorzutragen.

    Aufgrund der schriftlichen Erhöhungsverlangen der Vermieterin und der nachfolgenden entsprechenden Mietzahlungen der Mieterin kann jedoch von einer konkludenten Einigung der Mietvertragsparteien über die Höhe des künftigen Mietzinses ausgegangen werden. Zutreffend sieht das Landgericht in der Übersendung der jeweiligen Mietanpassungsverlangen (Anl. K6 = Anl. B2 bis B7) ein Angebot auf Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung, das durch die jeweiligen unbeanstandeten Zahlungen konkludent angenommen worden ist. Die außerplanmäßigen Mieterhöhungsverlangen konnte die Mieterin nur so verstehen, dass die Vermieterin künftig eine höhere Miete verlange; die nachfolgend unbeanstandete Zahlung der geforderten Miete konnte die Vermieterin nur als Zustimmung zur Mieterhöhung werten (vgl. auch Senat v. 22.12.2009, 21 U 14/09 Rn. 38f betr. Nebenkostenmehrforderungen; OLG Karlsruhe v. 10.12.2002, 17 U 97/02 Rn. 49 betr. erhöhte Miete). Die Verbindlichkeit der Mieterhöhungen ist von beiden Mietvertragsparteien zu keiner Zeit in Frage gestellt worden. Die Beklagte beruft sich selbst auf eine entsprechende Vereinbarung. Die Vermieterin hat die Mieterhöhungen jeweils unter Berücksichtigung der zurückliegenden Erhöhungen berechnet. Unter diesen Umständen kann nicht – wie die Klägerin meint – angenommen werden, es handele sich lediglich um eine fehlerhafte Anwendung der vertraglichen Bestimmung. Dass die Abänderungen nicht in den Nachträgen Anl. K2, K3 und K4 erwähnt sind, führt zu keiner anderen Beurteilung; die Nachträge schließen ihrem Inhalt nach die tatsächlich durchgeführten Mieterhöhungen nicht aus.

    3 Wesentlichkeit

    Die vorgenommenen Mietzinsänderungen sind nicht – wie die Klägerin und ihr folgend das Landgericht meinen - unwesentlich.

    Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Frage der Wesentlichkeit für jede Mieterhöhung einzeln zu prüfen war. Diese beruhten – wie bereits dargelegt – nicht auf einer grundlegenden Abänderung von §4 MV, sondern auf jeweils anzunehmenden Einzelvereinbarungen.

    Die Frage der Wesentlichkeit beurteilt sich nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Änderung im Einzelfall und danach, ob sie im Verhältnis zum ganzen Mietgegenstand und zur ganzen Vertragsdauer nach vernünftiger Beurteilung der Parteien und des Erwerbers eine Rolle spielen (KG Berlin v. 28.02.2005, 12 U 74/03 Rn. 33 mwN).

    a.

    Unwesentlich sind Mietzinssenkungen etwa dann, wenn ihre Geltungsdauer ein Jahr nicht übersteigt oder wenn der Vermieter aufgrund eines Widerrufsvorbehaltes hieran nicht länger als ein Jahr gebunden ist. Der potenzielle Grundstückserwerber soll nur davor geschützt werden, dass er bei Eintritt in einen ihm nicht bekannten Vertrag an dessen Bedingungen länger als ein Jahr gebunden ist (BGH v. 20.04.2005, XII ZR 192/01, Rn. 20: Widerrufsvorbehalt bzgl. einer Mietreduzierung). Vorliegend beschränkten sich die jeweils eingetretenen Mieterhöhungen nicht auf ein Jahr, sondern wirkten in die Zukunft fort, und es bestand auch keine Möglichkeit für den Vermieter, die einmal eingetretene Erhöhung zurückzunehmen.

    b.

    Die Frage, ob zeitlich nicht beschränkte Änderungen der Mietzinshöhe stets wesentlich sind (so: OLG Karlsruhe v. 22.03.2001, 9 U 174/00, Rn. 20f und v. 10.12.2002, 17 U 97/02 Rn. 48; OLG Rostock v. 25.06.2001, 3 U 162/00, Rn. 52f) oder nur dann, wenn sie eine Wesentlichkeitsgrenze von etwa 10% oder mehr überschreiten, wobei es verlässliche und berechenbare Maßstäbe für die Unterscheidung nicht gibt (so: OLG Jena v. 13.03.2008, 1 U 130/07 Rn. 100ff mwN; OLG Naumburg v. 25.09.2007, 9 U 89/07 Rn. 53; OLG Hamm v. 26.10.2005, 30 U 121/05, Rn. 63; offengelassen in:. OLG Brandenburg v. 17.10.2012, 3 U 75/11 Rn. 63 und KG Berlin v. 28.02.2005, 12 U 74/03 Rn. 33ff), wird unterschiedlich beantwortet, bedarf im vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung. Obwohl die hier fraglichen Mieterhöhungen ab 1997 jeweils weniger als 5% betragen, sind sie sowohl aus Sicht der vertragsschließenden Parteien als auch aus Sicht eines potentiellen Erwerbers wesentlich.

    Für die Frage der Wesentlichkeit der Änderung kann jedenfalls in den Fällen, in denen der Vertrag – wie hier in §4 MV - eine Regelung über die Entwicklung des Mietzinses enthält, nicht nur auf die prozentuale Abweichung des neuen von dem alten Mietzins abgestellt werden. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob und ggfls. in welchem Rahmen nach dem schriftlichen Mietvertrag und damit den erkennbaren Vorstellungen der Vertragsparteien eine Mietanpassung möglich sein sollte. In diesem Sinne haben auch das OLG Jena (v. 13.03.2008, 1 U 130/07, Rn. 103f) und das KG Berlin (v. 28.02.2005, 12 U 74/03 Rn. 33ff) ausdrücklich festgestellt, dass sich die von ihnen zu beurteilenden Änderungen im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung hielten; nach deren Ausführungen reichte es aus, dass der Erwerber durch die vertragliche Regelung auf mögliche Mietanpassungen sowie den Rahmen, indem sich diese bewegten, hingewiesen werde (OLG Jena aaO, Rn. 105; KG Berlin aaO, Rn. 36).

    Im hier zu beurteilenden Fall aber überschreiten jedenfalls die im Zeitraum vom 01.03.1997 bis 31.12.2002 vorgenommenen Mieterhöhungen den in §4 MV vereinbarten Rahmen. Wie oben dargelegt, hätte die Vermieterin unter Zugrundelegung ihren eigenen Angaben in den vorliegenden Mieterhöhungsverlangen Anl. K6 = B2 bis B7 und der daraus ersichtlichen Entwicklung des Lebenshaltungs-/Verbraucherpreisindexes frühestens zum 01.01.2003 Verhandlungen über die Neufestsetzung des Mietzinses verlangen können. Demzufolge sind hier also Mieterhöhungen vorgenommen worden, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt nach dem schriftlichen Vertrag vom 18.10.1990 und dem Nachtrag vom 05.12.2002 (Anl. K1 und K3) gar nicht hätten verlangt werden können.

    c.

    Auch die Interessen eines potentiellen Grundstückserwerbers werden vorliegend tangiert. § 550 BGB soll in erster Linie dem in bestehende Mietverhältnisse eintretenden Grundstückserwerber die Möglichkeit verschaffen, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten (BGH v. 20.04.2005, XII ZR 192/01 Rn. 20; OLG Jena v. 13.03.2008, 1 U 130/07 Rn. 105). Dies ist im vorliegenden Fall nicht gewährleistet.

    Anhand der schriftlich vorliegenden Urkunden, namentlich dem Mietvertrag nebst Nachtrag (Anl. K1 iVm K3) und den Mieterhöhungsschreiben des Vermieters (Anl. K6 = Anl. B2 bis B7), kann ein Erwerber nicht nachvollziehen, dass vertragsgemäße Mieterhöhungen vorgenommen worden sind. Der Vertrag sieht weder eine automatische noch eine einseitige Erhöhung des Mietzinses vor. Vielmehr setzt auch eine Erhöhung nach §4 MV Verhandlungen über eine Neufestsetzung voraus, an deren Ende eine Einigung der Parteien oder eine Aufforderung zur Einwilligung in die Neufestsetzung nach Einholung eines Schiedsgutachtens steht. Die Mieterhöhungsschreiben dokumentieren jedoch lediglich ein Erhöhungsverlangen der Vermieterin. Dass die Mieterin der Erhöhung zugestimmt hat, geht daraus nicht hervor; die Zahlung der Mieten ersetzt die nötige schriftliche Erklärung des Mieters nicht.

    Die Frage, ob vertragsgemäße Mietanpassungen vorgenommen worden sind, ist für einen potentiellen Erwerber von wesentlicher Bedeutung. Davon hängt ab, ob und wann für ihn die Möglichkeit einer weiteren Abänderung nach §4 MV gegeben ist. Eine Änderung ist erst möglich, wenn sich der maßgebliche Index nach der letzten Neuregelung um mehr als 10 Punkte verändert hat, knüpft mithin an die letzte vertragsgemäße Neuregelung an. Waren die vorgenommenen Mieterhöhungen nicht vertragsgemäß, ist er möglicherweise Rückforderungsansprüchen ausgesetzt.

    4 Treuwidrigkeit

    Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich auf die mangelnde Einhaltung der Form gem. § 550 BGB zu berufen. Umstände, die die Berufung auf den Formmangel als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, liegen nicht vor. Auszugehen ist davon, dass eine Berufung auf den Formmangel grundsätzlich nicht gegen § 242 BGB verstößt, aber im Einzelfall unter besonderen Umständen rechtsmissbräuchlich sein kann. Derartige besondere Umstände liegen hier jedoch nicht vor.

    Das von der Klägerin angeführte langfristige Bestehen des Mietvertrages genügt hierfür nicht (BGH v. 12.07.2006, XII ZR 178/03). Ebenfalls genügt nicht, dass die Streitverkündeten Z. und R. im Rahmen des Verkaufs des Erbbaurechts an die Klägerin eine Garantieerklärung abgegeben haben sollen, wonach der streitgegenständliche Mietvertrag vom 18.10.1990 dem Schriftformerfordernis genüge (Bl. 278 GA). Es ist nicht erkennbar, weshalb eine solche Erklärung der Beklagten zuzurechnen sein sollte. Einer Berufung der Beklagten auf den Schriftformmangel steht auch nicht entgegen, dass eine Nachvermietung erheblich erschwert, unmöglich oder nur nach erheblichen Investitionen möglich sein soll. Das Mietobjekt ist ausdrücklich für den Betrieb einer Brotfabrik vermietet (§ 1 MV); sofern dessen Zustand bei Rückgabe nicht vertragsgemäß sein sollte, stehen der Klägerin als Vermieterin die Rechte aus § 17 MV zu.

    II.

    Der Kostenausspruch folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Gründe, die die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Auf die Frage, ob zeitlich nicht beschränkte Änderungen der Mietzinshöhe stets wesentlich sind oder nur dann, wenn sie eine Wesentlichkeitsgrenze überschreiten, kam es vorliegend nicht an.

    Streitwert der Berufung: € 34.217,02