10.07.2014 · IWW-Abrufnummer 142013
Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 05.03.2014 – 4 U 201/13
Die Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit durch den Auftragnehmer ist in der Regel dahin auszulegen, dass sie unter der auflösenden Bedingung steht, dass der Auftraggeber seiner Verpflichtung zur effektiven Auszahlung eines Bareinbehalts alsbald nachkommt. Weigert sich der Auftraggeber unter Verletzung seiner vertraglichen Pflicht, die Barsicherheit auszuzahlen, so tritt die auflösende Bedingung ein, unter der die Bürgschaft als Sicherheit gestellt worden ist. Der Rechtsgrund für die Gestellung entfällt und der Auftragnehmer kann die Bürgschaftsurkunde als ungerechtfertigte Bereicherung herausverlangen.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden - 3. Zivilkammer - vom 25.07.2013 wird zurückgewiesen.
Das Urteil des Landgerichts wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 40.000,-- € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft geltend, welche die Streithelferin der Beklagten dem Kl äger, ihrem Auftraggeber, als Sicherheit gestellt hatte.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Z1, Z2, Z3 und Z4 zum Inhalt der zwischen den Parteien mündlich erfolgten Absprachen im Zusammenhang mit der Stellung der Bürgschaft die Klage mit Urteil vom 25.07.2013, auf das ergänzend gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt:
Zwar habe die Klägerin den Bauvertrag mit der Streithelferin zu Recht gekündigt. Nach dem unstreitigen Parteivortrag habe nicht nur ein Mangel an der Aufzugsunterfahrt vorgelegen, sondern die Streithelferin habe sich schon im November 2010 verpflichtet, Nacharbeiten wegen der Glättung des Bodens vorzunehmen, welche letztlich nach Durchführung durch eine Drittfirma einen Kostenaufwand von fast 15.000,-- € erfordert hätten. Ferner sei unstreitig, dass trotz ausdrücklicher Nichtfreigabe nach der ersten Abschlagszahlung und trotz der schriftlichen Reklamation von Bewehrungsfehlern die Streithelferin weisungswidrig betoniert habe sowie mangelhafte Abdichtungsanschlüsse noch hätten ausgetauscht werden müssen. Darüber hinaus sei es zu Bauzeitverzögerungen gekommen, welche sich nach der weiteren Planung der Streithelferin am Ende auf ca. 5 Monate summiert hätten, ohne dass diese Verzögerungen allein durch Schlechtwetter erklärbar gewesen wären. Aus diesem Grund habe der Kläger berechtigterweise von der zweiten Abschlagszahlung 7.000,-- € wegen Verzugs und 13.000,-- € wegen Mängeln einbehalten.
Dies führe aber nicht dazu, dass der Kläger aus der Bürgschaft einen Anspruch gegen die Beklagte habe, weil schon erhebliche Zweifel an einer wirksamen Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Streithelferin über die Herausgabe der Bürgschaft bestünden. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe eine solche Vereinbarung nicht überzeugend klären können. Die Aussagen der Zeugen seien dabei zu unbestimmt. Insgesamt könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen den Parteien des Bauvertrags einen Dissens gegeben habe, in welcher Form die Bürgschaft und unter welchen Bedingungen die Auszahlung des zehnprozentigen Einbehalts und der zurückbehaltenen 20.000,-- € habe erfolgen sollen. Mangels einer geklärten eindeutigen Vereinbarung über die Bedingungen der Bürgschaftsstellung könne die Beklagte daher den Bereicherungseinwand des Hauptschuldners gegen den Kläger geltend machen.
Der Bereicherungseinwand greife aber auch deswegen ein, weil es dem Kläger verwehrt sei, einerseits 10 % der Rechnungssumme und zusätzlich 20.000,-- € wegen Verzugs und Mängeln einzubehalten und andererseits zusätzlich die Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Vielmehr sei der Kläger solange an der Geltendmachung gegenüber der Beklagten gehindert, solange er nicht von seinem Austauschrecht Gebrauch gemacht und die Streithelferin bezahlt habe. Der Kläger habe, wenn er den Einbehalt von 10 % zuzüglich der 20.000,-- € habe verwerten wollen, die B ürgschaft zurückweisen müssen.
Gegen das dem Kläger am 07.08.2013 zugestellte Urteil hat er am 04.09.2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.11.2013 an diesem Tag begründet. Er verfolgt seinen Klageantrag aus der ersten Instanz in vollem Umfang weiter. Er ist der Auffassung, dass die Beweisaufnahme von vornherein entbehrlich gewesen sei. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass dem Grunde nach eine Vertragserfüllungsbürgschaft von der Streithelferin gestellt und von dem Kläger angenommen worden sei. Das Landgericht habe insoweit verkannt, dass die Parteien möglicherweise unterschiedlicher Rechtsauffassung darüber gewesen seien, welche Rechtsfolgen und wechselseitigen Ansprüche die Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft auslöse. Dies ändere jedoch nichts daran, dass sich die Parteien im Grundsatz darüber einig gewesen seien, dass die Bürgschaft überhaupt in der hier vorliegenden Form habe gestellt werden sollen und vom Kläger in dieser Form akzeptiert worden sei. Aufgrund der Tatsache, dass von der Bürgschaft ausdrücklich nicht Voraus- und Anzahlungen des Klägers hätten erfasst werden sollen, hätten durch die Bürgschaft die von dem Kläger vorgenommenen mängel- und verzugsbedingten Einbehalte nicht abgelöst werden können. Sofern die Beklagte und ihre Streithelferin etwas anderes behauptet hätten, seien sie insoweit beweisfällig geblieben. Darüber hinaus hindere die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung nicht die Geltendmachung des gesetzlichen Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht des Bauherrn nach §§ 273, 320, 641 Abs. 3 BGB. Die vom Landgericht thematisierte Frage der Befristung der Bürgschaft sei deswegen unerheblich, weil nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien der Kläger die Bürgschaft mit der Befristung akzeptiert habe.
Für den von dem Landgericht angenommenen Dissens der Parteien sei vor dem Hintergrund des unstreitigen Parteivortrags kein Raum. Der Sicherungszweck ergebe sich bereits aus der Art der Bürgschaft als Vertragserfüllungsbürgschaft. In diesem Zusammenhang sei es Aufgabe der Beklagten bzw. der Streithelferin gewesen zu beweisen, dass eine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen worden sei. Dieser Beweis sei aber, wovon auch das Landgericht ausgehe, nicht geführt worden, so dass es zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass die von der Streithelferin bzw. der Beklagten behaupteten Vereinbarungen über die weiteren Auszahlungsmodalitäten und Ablösung von Mängeleinbehalten nicht bewiesen seien. Stattdessen komme das Landgericht zu dem fehlerhaften Ergebnis, dass eine Vereinbarung überhaupt nicht zustande gekommen sei.
Auch die weitere Begründung des Landgerichts, dass er selbst im Falle einer wirksamen Vereinbarung über die Stellung einer Bürgschaft an deren Inanspruchnahme gehindert sei, weil er die vorgenommenen Bareinbehalte nicht an die Streithelferin ausgezahlt habe, sei unzutreffend. Ein Austauschrecht hinsichtlich der vertraglich vorgesehenen Sicherheiten habe nur der Streithelferin der Beklagten zugestanden, nicht aber ihm. Zudem habe die Streithelferin den Vertragserfüllungseinbehalt nach Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht abgefordert. Der Kläger behauptet, hierfür sei die Stellung einer weiteren, 3. Abschlagsrechnung erforderlich gewesen, zumal die Streithelferin auch nach Stellung der Bürgschaft weitergearbeitet habe, so dass sie einen weiteren Leistungsfortschritt erzielt habe, der mit der nächsten Rechnung habe abgerechnet werden können. Selbst wenn man aber der Argumentation des Landgerichts folge, könne dies - so meint der Kläger - nur dazu führen, dass er verpflichtet gewesen wäre, den tatsächlich vorgenommenen Bareinbehalt in Höhe von 10 % der Summe der 2. Abschlagsrechnung, mithin 7.312,25 €, auszuzahlen. Allenfalls in dieser Höhe könne er an einer Bürgschaftsinanspruchnahme gehindert sein, unter keinen Umständen jedoch in voller Höhe und auch nicht grundsätzlich. Ein Vertrag zulasten Dritter liege in keinem Fall vor. Sofern das Landgericht gemeint habe, dass die Bürgin die Inanspruchnahme der Bürgschaft von der vorherigen Auszahlung eines Sicherheitseinbehaltes habe abhängig machen wollen, finde sich eine entsprechende Regelung im vorliegenden Bürgschaftstext gerade nicht. Zudem betreffe diese Frage auch nur das Innenverhältnis zwischen der Streithelferin und der Beklagten als Bürgin.
Der Kläger trägt ferner - von der Beklagten unbestritten - vor, dass das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14.01.2013 im Prozess gegen die Streithelferin durch Rücknahme der Berufung der Streithelferin rechtskräftig geworden ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass ihr die Kondiktionseinrede des § 821 BGB zustehe, die sie gem. § 768 BGB dem Kläger als Rechtsverteidigung entgegenhalten könne. Die Sicherungsabrede zwischen den Parteien des Bauvertrags sei unwirksam, weil hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten vereinbart gewesen sei, dass Abschlagszahlungen nur in Höhe von 90 % der erbrachten Leistungen erfolgen müssten, obwohl die Streithelferin dem Kläger eine Vertragserfüllungsbürgschaft übergeben habe. An diesem Argument ändere sich nichts durch die Baubesprechung vom 04.01.2011, weil das Baubesprechungsprotokoll unter Ziffer 11.1. nur eine Befugnis des Klägers, aber keine Verpflichtung zur Auszahlung der Abschlagsrechnungen in Höhe von 100 % beinhalte. Bereits der Bauvertrag vom 05.10.2010 in seiner ursprünglichen Form enthalte eine Übersicherung des Klägers, weil die Parteien neben dem Einbehalt in Höhe von 10 % in § 12 Abs. 1 zusätzlich in § 13 Ziffer 13.3. eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 10 % vereinbart hätten.
Sie ist der Meinung, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nach Übergabe der Vertragserfüllungsbürgschaft die Einbehalte aus der Vergangenheit hätten ausgezahlt werden müssen. Aufgrund dessen habe sich der Kläger im Zahlungsverzug befunden und die Streithelferin sei berechtigt gewesen, wegen des Zahlungsverzuges des Klägers ihre Arbeiten einzustellen mit der weiteren Folge, dass die Kündigung des Vertrags durch den Kläger zu Unrecht erfolgt sei. Wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, dass auch nach Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft in der Vergangenheit vorgenommene Einbehalte nicht hätten ausgezahlt, sondern lediglich zukünftige Abschlagszahlungen zu 100 % hätten bedient werden müssen, wäre die Regelung nach § 307 BGB unwirksam. Die Baubesprechung vom 04.01.2011 stelle keine individualvertraglich vereinbarte Sicherungsabrede dar, sondern kläre letztlich nur, wie die im Bauvertrag widersprüchlich formulierte Verpflichtung zur Sicherungsabrede zu verstehen sei. Sie habe daher die formularmäßige Sicherungsabrede nicht ersetzt, sondern nur teilweise inhaltlich ausgefüllt. Im Übrigen macht sich die Beklagte auch den Vortrag der Streithelferin aus der ersten Instanz zu Eigen, wonach Bestandteil der Sicherungsabrede gewesen sei, dass durch die Stellung der Bürgschaft auch der weitere Abzug in Höhe von 20.000,-- € wegen Verzugs und Mängeln habe ausgezahlt werden müssen.
Die Streithelferin der Beklagten hat sich im Berufungsverfahren nicht mehr zur Sache eingelassen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die von der Beklagten erhobene Kondiktionseinrede (§§ 821, 768 BGB) ist begründet. Die von der Streithelferin als Austauschsicherheit gestellte Bürgschaft für den von dem Kläger vorgenommenen Bareinbehalt in Höhe von 10% der Rechnungssumme der ersten beiden Abschlagsrechnungen stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Kläger seiner Verpflichtung zur Auszahlung des Einbehaltes alsbald nachkommt. Da der Kläger jedoch in der Folgezeit die Zahlung verweigert hat, ist die auflösende Bedingung eingetreten mit der Folge, dass die Beklagte nicht zur Zahlung aus der Bürgschaft verpflichtet ist.
1.
Die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Streithelferin über die Stellung einer Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 10 % der Bruttoauftragssumme wurde erst mündlich im Zuge der Baubesprechung am 04.01.2011 getroffen. Hierbei handelt es sich um eine Individualvereinbarung. In dem ursprünglichen Bauvertrag vom 05.10.2010, bei welchem es sich unzweifelhaft um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist die Stellung einer Vertragserfüllungssicherheit durch die Streithelferin nicht vereinbart worden.
Nach § 12 Abs. 1 des Bauvertrages sollten Abschlagszahlungen in Höhe von maximal 90 % der erbrachten Leistungen erfolgen. Nach § 13 Abs. 1 war eine Sicherheitsleistung nur für die Sicherstellung von Mängelansprüchen in Höhe von 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme vereinbart. Das vorgesehene Feld für die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft ist gerade nicht angekreuzt. Nach § 13 Abs. 2 war als Sicherungsmittel eine unbefristete Bürgschaft vorgesehen. Die Regelung in § 13 Abs. 3 enthält nicht die Vereinbarung einer Vertragserfüllungssicherheit. Nach ihrem Wortlaut soll in diesem Absatz der Fälligkeitszeitpunkt für die Stellung der Sicherheit geregelt werden, tatsächlich sind jedoch Prozentwerte eingetragen, welche sich offensichtlich auf die Höhe der zu stellenden Sicherheit beziehen. Die Tatsache, dass für die Vertragserfüllungssicherheit ein Wert von 10 % eingetragen worden ist, führt nicht dazu, dass entgegen § 13 Abs. 1 nunmehr die Stellung einer Vertragserfüllungssicherheit vereinbart worden wäre.
Dies entspricht auch dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien und dem der Streithelferin in der ersten Instanz. Die Beklagte hat hierzu in ihrem Schriftsatz vom 16.08.2012 ausdrücklich festgehalten, dass zwischen den Parteien unstreitig sei, dass aus dem ursprünglichen, schriftlich abgeschlossenen Bauvertrag eine Sicherungsabrede in Bezug auf eine Vertragserfüllungssicherheit nicht ersichtlich sei (Bl.237 d.A.). Die Streithelferin der Beklagten hat im Schriftsatz vom 15.11.2012 vorgetragen, dass zu Vertragsbeginn die Stellung einer Bürgschaft als Sicherheit nicht verabredet gewesen sei (Bl.274 d.A.). Eine Einschränkung des Austauschrechtes der Streithelferin gem. § 17 Abs. 4 VOB/B war damit allerdings nicht verbunden, denn § 13 Abs. 2 enthält keinen Ausschluss der unbefristeten Bürgschaft als Sicherungsmittel, denn das Kästchen vor dem Wort "ausgeschlossen" ist nicht angekreuzt.
2.
Zwischen den Parteien ist der Inhalt der zwischen dem Kläger und der Streithelferin der Beklagten getroffenen Sicherungsabrede insoweit unstreitig, dass der Kläger infolge der Stellung der Bürgschaft durch die Streithelferin jedenfalls verpflichtet war, den Bareinbehalt in Höhe von 10 % der Rechnungssumme aus den ersten beiden Abschlagsrechnungen in Höhe von insgesamt 7.312,25 € an die Streithelferin auszuzahlen. Der weitere Inhalt der Sicherungsabrede wird von den Parteien dagegen unterschiedlich dargestellt. Der Kläger hat behauptet, dass durch die Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft der Einbehalt in Höhe von 20.000,-- € wegen Mängeln und Verzugs unberührt bleiben sollte, während der vertragsgemäß vorgesehene Einbehalt von 10 % der Rechnungssumme der ersten beiden Abschlagsrechnungen durch die Vertragserfüllungsbürgschaft abgelöst werden sollte, wobei der Auszahlungsbetrag mit Stellung einer 3. Abschlagsrechnung fällig geworden wäre. Die Beklagte und die Streithelferin haben demgegenüber behauptet, mit der Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft habe der bisherige Einbehalt insgesamt, also auch in Höhe der 20.000,-- €, abgelöst werden sollen, wobei der Betrag sofort nach Entgegennahme der Bürgschaftsurkunde zur Zahlung fällig gewesen sei.
Der Kläger ist für seine Behauptung beweisfällig geblieben, dass die Fälligkeit der Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes nach § 12 Abs. 1 des Bauvertrages bis zur Stellung einer 3. Abschlagsrechnung, zu der es wegen der am 08.02.2011 seitens des Klägers erklärten Kündigung des Werkvertrages nicht mehr kam, hinausgeschoben worden sei.
Der Inhalt des Protokolls über die Baubesprechung vom 04.01.2011 gibt den vom Kläger behaupteten Inhalt der Vereinbarung nicht wider. Denn dort ist nur festgehalten, dass A eine Erfüllungsbürgschaft über 10% der Auftragssumme vorlegt. Die Auszahlung könne dann zu 100% erfolgen. Eine Angabe über den Zeitpunkt der Auszahlung ist nicht angegeben, insbesondere findet sich kein Hinweis, dass sie erst mit der planmäßig nächsten Abschlagsrechnung vorgenommen werden sollte.
Auch eine entsprechende mündliche Vereinbarung hat das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Recht als nicht bewiesen angesehen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet seitens des Senats keinen Bedenken. Die Zeugin Z2 hat angegeben, dass sie davon ausgegangen sei, dass durch die Stellung der Bürgschaft nur die zukünftigen Zahlungen zu 100% ausgezahlt werden sollten. Erst auf wiederholtes Nachfragen hat sie erklärt, sie bzw. sie und der Zeuge Z1 hätten, auch in Anwesenheit der Zeugen Z3 und Z5, ausdrücklich von zukünftigen Rechnungen gesprochen. Ob und wodurch der für die Streithelferin handelnde Zeuge Z3 hiermit sein Einverständnis erklärt hat, so dass angenommen werden könnte, dieser Punkt sei Gegenstand der anschließend getroffenen Vereinbarung geworden, hat sie nicht erklärt. Der Zeuge Z1 hat nur seine eigene subjektive Vorstellung schildern können. Auf die Frage, ob diese Vorstellung auch so ausdrücklich in der Baubesprechung formuliert worden sei, konnte er sich hieran nicht mehr erinnern. Der Zeuge Z3 hat demgegenüber bekundet, dass er das Gespräch so verstanden habe, dass dann, wenn die Streithelferin die Vertragserfüllungsbürgschaft stellen würde, die zweite Abschlagsrechnung nachträglich vollständig ausgezahlt werden sollte. Wenn er gewusst hätte, dass Voraussetzung für die Auszahlung eine dritte Abschlagsrechnung gewesen wäre, hätte er diese gestellt, was nach dem Baufortschritt auch möglich gewesen wäre. Der Zeuge Z4 konnte nur angeben, dass, aber nicht wann nach der Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft der Einbehalt von 10% der Rechnungssumme aus der zweiten Abschlagsrechnung ausgezahlt werden sollte.
Übereinstimmend haben die Zeugen indes bekundet, die Streithelferin der Beklagten habe ausdrücklich erklärt, dass sie das von dem Kläger einbehaltene Geld brauche, um weiterarbeiten zu können, und deshalb die Bürgschaft stellen wolle. Vor diesem Hintergrund spricht der Umstand, dass die Streithelferin nach Entgegennahme der Bürgschaftsurkunde durch den Kläger nicht einfach eine dritte Abschlagsrechnung stellte, um schnell das von ihr dringend benötigte Geld zu erhalten, sondern stattdessen in der Baubesprechung vom 01.02.2011 die Arbeitseinstellung für den Fall androhte, dass die Zahlung nicht bis zum nächsten Tag erfolge, und mit Schreiben vom 03.02.2011 unter Hinweis auf § 16 VOB/B die Einstellung der weiteren Bauausführung erklärte, gegen die von dem Kläger behauptete Einigung zum Fälligkeitszeitpunkt für die Auszahlung des Bareinbehaltes.
Für eine Unwirksamkeit der gesamten Sicherungsabrede wegen eines Dissenses - wie vom Landgericht angenommen - ist dagegen kein Raum. Die Vertragsparteien sind im Grundsatz darin übereingekommen, dass die Streithelferin eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Bruttoauftragssumme als Ersatz für von dem Kläger vertragsgemäß vorgenommene Bareinbehalte stellt; im Streit ist lediglich, in welchem Umfange die Bürgschaft die vorgenommenen Bareinbehalte - nur die vereinbarungsgemäß einbehaltenen 10% der Rechnungssumme oder auch diejenigen wegen Mängeln und Verzuges - ablösen können sollte. Nach dem objektiven Empfängerhorizont durfte der Kläger aufgrund des in der täglichen Praxis feststehenden Begriffs der Vertragserfüllungsbürgschaft davon ausgehen, dass lediglich der zehnprozentige Sicherheitseinbehalt abgelöst werden würde. Eine weitergehende Absprache zwischen den Parteien hat die Streithelferin nicht bewiesen.
3.
Die zwischen dem Kläger und der Streithelferin getroffene Vereinbarung über die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft ist wegen des Eintritts einer auflösenden Bedingung weggefallen, so dass der Kläger aus der Bürgschaft keine Rechte mehr gegen die Beklagte als Bürgin herleiten kann.
Die Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit durch den Auftragnehmer ist in der Regel dahin auszulegen, dass sie unter der auflösenden Bedingung steht, der Auftraggeber werde seiner Verpflichtung zur effektiven Auszahlung eines Bareinbehaltes alsbald nachkommen. Nur unter dieser Voraussetzung ist es für den Auftragnehmer sinnvoll, sein Austauschrecht in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht der Sinn des Austauschrechtes, den Auftragnehmer auf einen Rechtsstreit über die Pflicht zur Barauszahlung oder die Berechtigung der Aufrechnung zu verweisen. Die ihn zusätzlich belastenden Avalzinsen der Bürgschaft kann er vernünftigerweise nur für den Fall aufwenden wollen, dass er zur Verstärkung seiner Liquidität alsbald Bargeld erhält. Über diese Voraussetzung des Geschäfts kann auch der Auftraggeber nicht im Unklaren sein. Er akzeptiert sie mit der Vereinbarung des Austauschrechtes, mit welchem der Auftragnehmer durch die Entscheidung für die Bürgschaft und die damit verbundenen Aufwendungen eine effektive Erhöhung seiner Liquidität ermöglichen will. Dem wird nur eine Auslegung gerecht, die den durch sie geschützten Liquidationsinteressen des Auftragnehmers Rechnung trägt. Weigert sich der Auftraggeber unter Verletzung seiner vertraglichen Pflicht, die Barsicherheit auszuzahlen, so tritt die auflösende Bedingung ein, unter der die Bürgschaft als Sicherheit gestellt worden ist. Der Rechtsgrund für die Gestellung entfällt damit. Der Auftragnehmer kann die Bürgschaftsurkunde als ungerechtfertigte Bereicherung herausverlangen (BGH NJW 1997,2958 ff., [BGH 03.07.1997 - VII ZR 115/95]Urteil vom 10.02.2011, IX ZR 73/10, juris Rn. 11,12; Ingenstau/Korbion, 18. Auflage, zu § 17 Abs. 3 VOB/B, Rn. 29).
Im vorliegenden Fall war nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien eine Erhöhung der Liquidität der Streithelferin durch Erlangung zumindest der Auszahlung des Bareinbehaltes in Höhe von 10 % der Rechnungssumme der ersten beiden Abschlagsrechnungen erklärtes Ziel für die Hingabe der Bürgschaft. Gleichwohl hat der Kläger in der Folgezeit nach dem Erhalt der Bürgschaftsurkunde am 13.01.2011 den Sicherheitseinbehalt aus den ersten beiden Abschlagsrechnungen trotz Aufforderung durch die Streithelferin spätestens in der Baubesprechung am 01.02.2011 und mit Schreiben vom 03.02.2011 nicht ausgezahlt und damit seine Pflichten aus der Sicherungsabrede verletzt. Zwar hat die Streithelferin die komplette Bezahlung der 2. Abschlagsrechnung vom 15.12.2010 gefordert, wozu sie nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht berechtigt war. Beweisbelastet für die Tatsache, dass mit der Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht nur der vertraglich vorgesehene Einbehalt von 10 % der Rechnungssumme der jeweiligen Abschlagsrechnungen, sondern auch der zusätzliche Einbehalt wegen Mängeln und Verzug abgelöst werden sollte, ist die Beklagte. Die Vertragserfüllungsbürgschaft ist ein feststehender Begriff. Sie gibt dem Bauunternehmer die Möglichkeit, den Sicherheits-Bareinbehalt abzulösen. Durch die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung werden grundsätzlich gesetzliche Zurückbehaltungs- bzw. Leistungsverweigerungsrechte nicht ausgeschlossen. Die Sicherheitsleistung dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Gewährleistung sicherzustellen. Demgegenüber bezweckt die Leistungsverweigerung gem. § 320 BGB über die Sicherung des Anspruchs hinaus, auf den Auftragnehmer Druck auszuüben, damit er die ihm obliegende Leistung umgehend erbringt. Daher kann die Einrede des § 320 BGB nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden (Werner-Pastor, 13. Auflage, Rn. 1633). Soweit sich die Beklagte vorliegend auf eine vom Regelfall abweichende Sicherungsabrede beruft, hat sie diese zu beweisen. Dieses ist ihr nach dem Ergebnis der vom Landgericht vorgenommenen Beweiswürdigung nicht gelungen. Die Zuvielforderung der Streithelferin ändert aber nichts daran, dass der Kläger verpflichtet war, jedenfalls den Einbehalt in Höhe von ca. 7.300,-- € unverzüglich an die Streithelferin auszuzahlen und die Bürgschaft unter der aufschiebenden Bedingung stand, dass der Kläger dieser Verpflichtung nachkommt.
4.
Der Einrede der Beklagten steht nicht die mittlerweile eingetretene Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Berlin vom 14.01.2013, Az. 27 O 62/12, in dem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und der Streithelferin, an welchem die hiesige Beklagte nicht beteiligt war, entgegen. Denn die Rechtskraft einer dem Gläubiger günstigen Entscheidung gegen den Hauptschuldner wirkt nicht gegenüber dem Bürgen (BGHZ 107, 92 ff.; MK-Habersack, 6. Aufl., zu § 768 BGB, Rn.11 mwN.).
Das Landgericht Berlin hat die Streithelferin der Beklagten zum Ersatz von Mehrkosten nach Entziehung des Auftrages gemäß §§ 4 Nr.7 S.2, 8 Nr.3 VOB/B in Höhe eines geltend gemachten Teilbetrages von 5.001,-- € verurteilt und die auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und Zahlung restlichen Werklohns von 5.500,--- € gerichtete Widerklage abgewiesen. Es hat die außerordentliche Kündigung des Bauvertrages durch den Kläger vom 08.02.2011 als wirksam angesehen, weil die von der Streithelferin erbrachte Werkleistung mängelbehaftet und sie nicht zur Einstellung der Arbeiten nach § 16 Abs.5 VOB/B berechtigt gewesen sei. Ein Anspruch der Streithelferin gegen den Beklagten auf Herausgabe der Bürgschaft in analoger Anwendung von § 371 HGB bestehe nicht, weil sie sich nicht erledigt habe. Hiervon zeuge schon der Prozess des Klägers gegen die Bürgin vor dem Landgericht Wiesbaden.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs.1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen.