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  • 06.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143199

    Oberlandesgericht München: Beschluss vom 24.07.2014 – 6 U 695/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

    Aktenzeichen: 6 U 695/14
    71 O 1335/13 Landgericht Landshut

    BESCHLUSS

    In dem Verfahren

    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
    gegen

    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt …

    erlässt der 6. Senat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2014 folgenden

    B E S C H L U S S

    nach § 91a ZPO:

    Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/4 zu tragen, die Beklagte hat 3/4 zu tragen.

    Gründe:

    I.

    Das Landgericht hat mit Endurteil vom 24. Januar 2014 (Bl. 47 ff. d.A.), berichtigt mit Beschluss vom 25. Februar 2014, das klägerische Begehren, wonach die Beklagte verurteilt werden sollte,

    es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 RDG zu erbringen, insbesondere indem sie Versicherungsverträge im Namen von Versicherungsnehmern gegenüber Versicherungsgesellschaften kündigt und das auszuzahlende Guthaben und/oder den jeweiligen Rück-kaufwert für die Versicherungsnehmer gegenüber den Versicherungsgesellschaften geltend macht und/oder einzieht und/oder sich auf ein eigenes Bankkonto auszahlen lässt, ohne die erforderliche Erlaubnis und Registrierung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG hierfür zu besitzen, mit der Erwägung als unbegründet abgewiesen, die beanstandete Einziehung fremder, nicht abtretbarer Forderungen, die nach unbestrittenem Vorbringen der Beklagten maximal 5% ihrer Geschäftstätigkeit ausmache, unterliege als Nebenleistung zur Haupttätigkeit der Beklagten, nämlich (abtretbare) Forderungen gegen Versicherungen aus Lebensversicherungs- und Bausparverträgen anzukaufen, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG nicht der Erlaubnispflicht nach § 3 RDG, da sie in sachlichem Zusammenhang zu dieser Haupttätigkeit stehe; sie trete nämlich im Fall von Ansprüchen aus Lebensversicherungen mit nicht selbständig abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen, die einem gesetzlichen Abtretungsverbot i.S.d. § 400 BGB unterliegen, nur an die Stelle des an sich betriebenen Forderungsankaufs mit Abtretung, stehe daher mit der Verwertung von Forderungen aus Lebensversicherungen in sachlichem Zusammenhang. Denn diese Tatbestandsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG verlange nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes weder einen unmittelbaren Zusammenhang noch sei erforderlich, dass die Haupttätigkeit ohne die Nebenleistung nicht mehr sachgerecht ausgeführt werden könne. Die Inkassotätigkeit verlange auch keine weitergehenden Rechtskenntnisse als der vorrangig betriebene Forderungsankauf. Schließlich stelle die Einziehung fremder Forderungen auch kein eigenständiges Geschäft der Beklagten dar, da es sich nicht um eine beliebige vereinbarte Rechtsdienstleistung handele.

    Gegen diese Entscheidung, der Klägerin zugestellt am 31. Januar 2014, richtet sich die unter dem 21. Februar 2014 (Bl. 65 f. d.A.) eingelegte und mit Schriftsatz vom 31. März 2014, bei Gericht eingegangen am selben Tage, begründete Berufung (Bl. 69 ff. d.A.), mit der sie zunächst ihr Ausgangsbegehren in vollem Umfang weiterverfolgt hat. Auf Hinweis des Vorsitzenden vom 03. April 2014 (Bl. 80 f. d.A.) hat sie mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 (Bl. 93 ff. d.A.) folgenden eingeschränkten Antrag an-gekündigt:

    Die Beklagte wird in Abänderung der angefochtenen Entscheidung verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für jeden Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Versicherungsverträge im Namen von Versicherungsnehmern gegenüber Versicherungsgesellschaften zu kündigen und das auszuzahlende Guthaben und/oder den jeweiligen Rückkaufwert für die Versicherungsnehmer gegenüber den Versicherungsgesellschaften geltend zu machen und/oder einzuziehen und/oder sich auf ein eigenes Bankkonto auszahlen zu lassen, ohne die erforderliche Inkassoerlaubnis und Registrierung hierfür zu besitzen.

    Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2014 (Bl. 98 d.A.) hat die Beklagte als Anlage B 8 einen Ausdruck des beim zuständigen Landgericht Landshut geführten Rechtsdienstleistungsregisters vorgelegt, wonach sie seit 26. Mai 2014 als Inkossodienstleister dort eingetragen ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG). Mit Rücksicht hierauf haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

    II.

    Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat der Senat gemäß § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen zu befinden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands waren die Kosten danach gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu verteilen wie geschehen: Mit der nach teilweiser Berufungsrücknahme mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 von der Klägerin zuletzt noch weiter verfolgten – eingeschränkten – Fassung ihres Ausgangsbegehrens hätte sie ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung voraussichtlich vollständig obsiegt. Denn der von ihr als Anspruchsberechtigter, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, in zulässiger Weise geltend gemachte Unterlassungsanspruch war (im zuletzt noch relevanten Umfang) nach §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG, §§ 3, 2 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 RDG begründet, da die Beklagte mit dem beanstandeten Inkassogeschäft (grundsätzlich erlaubnispflichtige, § 3 RDG) Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 RDG als eigenständiges Geschäft erbracht hat ohne über die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG erforderliche Registrierung zu verfügen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts konnte sich die Beklagte nicht darauf berufen, die monierten Rechtsdienstleistungen lediglich im Zusammenhang mit ihrem Hauptgeschäft, dem Ankauf von Forderungen gegen Versicherer, zu erbringen, da es sich bei Letzterem um eine Tätigkeit handele, zu deren Berufs- oder Tätigkeitsbild als Nebenleistung auch das Inkasso fremder Forderungen gehöre, und daher einer Registrierung nach § 5 Abs. 1 RDG nicht zu bedürfen. Denn anders als im typischen Fall des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG, wo etwa der Autovermieter im Zusammenhang mit der Überlassung eines Mietwagens an einen Unfallgeschädigten auch dessen Schadenersatzforderung gegen die Versicherung des Unfallverursachers einzieht, mithin anlässlich ein und desselben Lebenssachverhalts sowohl sein Hauptgeschäft (Autovermietung) als auch (ggfls.) die Nebentätigkeit (Inkasso) entfaltet, zieht die Beklagte die fremde Forderung nicht etwa zusätzlich zum Ankauf derselben (als ihrem Hauptgeschäft) ein, sondern betreibt das Inkasso im Einzelfall gerade anstelle ihres Hauptgeschäfts, wenn nämlich ein Forderungsankauf wegen eines gesetzlichen Abtretungsverbots nicht möglich ist. Dies qualifiziert die Klagepartei unabhängig vom (bestrittenen) Umfang, den das Inkassogeschäft bei der Beklagten einnimmt, zu Recht als eigenständiges Geschäft i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG, mithin als (neben dem Forderungskauf weitere) Haupttätigkeit, die der Privilegierung des § 5 Abs. 1 RDG nicht unterfällt. Hat die Beklagte demnach Rechtsdienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 RDG) ohne die nach § 3 RDG erforderliche Registrierung, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, erbracht, wäre sie ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung nach §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG wegen Verstoßes gegen die Marktverhaltensregelung des § 3 RDG (vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rdnr. 11.63) zur Unterlassung verpflichtet gewesen, so dass die Klägerin im Umfang ihres zuletzt verfolgten Begehrens obsiegt hätte, die Beklagte insoweit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Soweit die Klägerin ihre Berufung mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 teilweise zurückgenommen hat – ein Anteil, den der Senat mit ¼ des Gesamtstreitwerts bemisst – fallen ihr die Kosten des Berufungsverfahrens nach § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Last; die erstinstanzlichen Kosten hat sie insoweit ebenfalls zu tragen: Da ihr dort gestellter (wie auch in der Berufungsbegründung angekündigter) Antrag als lediglich gesetzeswiederholend dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügte (jedenfalls aber mangels Wiederholungs- bzw. Begehungsgefahr in Bezug auf andere als die von der Beklagten praktizierten Inkassotätigkeiten insoweit unbegründet gewesen wäre), wäre sie insoweit auch erstinstanzlich zu Recht unterlegen.

    RechtsgebietInkassoVorschriften§ 3 RDG