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  • 25.01.2017 · IWW-Abrufnummer 191473

    Amtsgericht Göttingen: Beschluss vom 13.04.2016 – 74 IN 46/16

    1. Voraussetzung für die Bewilligung von Stundung ist ein zulässiger Restschuldbefreiungsantrag. Daran fehlt es, wenn dem Schuldner innerhalb der letzten 10 Jahre vor Antragstellung Restschuldbefreiung erteilt wurde (§ 287a Abs. 2 Nr. 1 InsO).

    2. Hat der Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung verschwiegen, ist eine bewilligte Stundung gem. § 4c Nr.5 InsO i.V.m. § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO und § 4c Nr. 1 InsO aufzuheben.

    3. Ist der Eröffnungsbeschluss noch nicht rechtskräftig, ist er aufzuheben (BGH ZInsO 2006, 871 = ZIP 2006, 1651; AG Göttingen ZInsO 2015, 323 und ZInsO 2016, 287 = ZVI 2016, 128) und ein Fremdantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse gem. § 26 InsO abzuweisen.


    Amtsgericht Göttingen                  Göttingen, 13.04.2016
    Insolvenzgericht

    Geschäfts-Nr.: 74 IN 46/16 (verbunden mit 74 IN 211/15)
    (Bitte bei allen Schreiben angeben)                                                                                

    B e s c h l u s s

    In dem Insolvenzantragsverfahren

    Finanzamt G
                                                                                            - Antragstellerin -
    g e g e n

    A
                                                                                              - Antragsgegner -

    Die Eröffnungsbeschlüsse vom 05.04.2016 und die bewilligte Stundung der Verfahrenskosten werden aufgehoben und der Stundungsantrag zurückgewiesen.

    Die Anträge vom 23.10.2015 und 08.03.2016 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen.

    Es wird die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis angeordnet.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

    Der Gegenstandswert wird auf bis zu 300 EURO festgesetzt.

    G r ü n d e  :

    I. In dem Verfahren 74 IK 148/07 wurde dem Schuldner am 21.05.2013 Restschuldbefreiung erteilt. Aufgrund Fremdantrages wurde am 07.11.2013 erneut ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Mit Schreiben vom 20.11.2013 gab der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit des Schuldners frei. Mit Beschluss vom 15.01.2016 wurde das Verfahren nach Vollzug der Schlussverteilung  aufgehoben. Zuvor hatte die Antragstellerin am 23./26.10.2015 wegen Steuerrückständen Insolvenzantrag gestellt. Im Gutachten vom 22.02.2016 schlug der Sachverständige Abweisung mangels Masse gem. § 26 InsO vor. Nach Belehrung stellte der Schuldner am 08./09.03 2016 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Stundung und Restschuldbefreiung. Im Antragsformular gab er an, bisher keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt zu haben. Mit Beschlüssen vom 5.4.2016 wurden beide Insolvenzverfahren eröffnet, das führende Eigenantragsverfahren unter Bewilligung von Stundung, und angekündigt, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn  er den Obliegenheiten des § 295 InsO nachkommt und Voraussetzungen für eine Versagung nach  den §§ 290, 297 bis 298 InsO nicht vorliegen.

    II. Die Eröffnungsbeschlüsse sowie die Bewilligung von Stundung sind aufzuheben und die Eröffnungsanträge mangels Masse gemäß § 26 InsO abzuweisen.

    1) Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Stundung gemäß § 4 a InsO und damit für die Öffnung des Insolvenzverfahrens liegen nicht vor. Voraussetzung für eine Bewilligung von Stundung ist, dass der Restschuldbefreiungsantrag zulässig ist (AGR-Ahrens § 4a Rz. 23, 52). Dies ist gemäß § 287a Abs. 2 Nr. 1 InsO u.a. dann nicht der Fall, wenn dem Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erteilt worden ist. So fällt es im vorliegenden Fall, in dem dem Schuldner mit Beschluss vom 31.5.2013 in dem Verfahren 74 IK 148/07 bereits Restschuldbefreiung erteilt wurde.

    2) Gemäß § 4c Nr. 5 InsO ist die Stundung aufzuheben. Die Restschuldbefreiung ist zwar noch nicht versagt worden. Es liegt jedoch der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO vor, da der Schuldner wahrheitswidrig angegeben hat, bislang keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt zu haben. Bereits das Vorliegen eines Versagungsgrundes berechtigt das Insolvenzgericht zur Aufhebung der Stundung (BGH ZInsO 2008, 111; LG Göttingen ZInsO 2005, 1340). Aus den vorgenannten Gründen kommt zudem auch eine Aufhebung der Stundung gemäß § 4 c Nr. 1 InsO in Betracht.

    3) Das Insolvenzgericht ist zur Aufhebung der Beschlüsse befugt, da diese noch nicht rechtskräftig sind (BGH ZInsO 2006, 871 = ZIP 2006, 1651; AG Göttingen ZInsO 2015, 323 und ZInsO 2016, 287 = ZVI 2016, 128).

    4.) Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 4 InsO, 91 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 4 InsO in Verbindung mit § 58 GKG.

    5.) Nach Rechtskraft des Beschlusses wird der Rechtspfleger die öffentliche Bekanntmachung mit dem erforderlichen Inhalt veranlassen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Diese Entscheidung kann von dem Antragsteller und dem Antragsgegner  mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen bei dem Amtsgericht Göttingen - Insolvenzgericht-, Berliner Straße 8 - Eingang Maschmühlenweg 11-, Postanschrift: Postfach 1143, 37070 Göttingen einzulegen.
    Die Frist beginnt mit der Zustellung bzw. mit der Verkündung der Entscheidung.
    Die Beschwerde kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem o. g. Gericht eingelegt oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem o. g. Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.
    Gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes kann binnen einer Frist von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, in der o. g. Form Beschwerde bei dem Amtsgericht  Göttingen eingelegt  werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt. Für die Einhaltung der Frist kommt es auf den Eingang bei dem Amtsgericht Göttingen an.

    Schmerbach
    Richter am Amtsgericht

    RechtsgebietRestschuldbefreiungVorschriften§ 290 InsO