15.07.2019 · IWW-Abrufnummer 209934
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 06.03.2019 – 3 U 145/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.06.2018 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main - Aktenzeichen: 2-19 O 274/17 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf € 539.941,18 festgesetzt.
Gründe
I.
Wegen des Sach- und Streitstands wird auf die Darstellung im Hinweisbeschluss vom 25.01.2019 (Bl. 228ff. d.A.) sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 156ff. d.A.) verwiesen.
Auf die Hinweise des erkennenden Senats hat die Klägerin innerhalb der verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 28.02.2019 (Bl. 265ff. d.A.) eine Stellungnahme abgegeben, auf die vollumfänglich verwiesen wird.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das am 28.06.2018 verkündete und am 02.07.2018 der Klägerin zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main im Verfahren mit dem Az. 2-19 0 274/17 abzuändern und die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen,
- a.
der Klägerin einen Betrag i.H.v. 539.941,18 EUR mit Wertstellung zum 10.04.2012 hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v. 201.487,82 EUR, mit Wertstellung zum 08.06.2012 hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v. 36.556,27 EUR sowie mit Wertstellung zum 12.06.2012 hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v. 301.897,99 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweiligen Wertstellungsdatum gutzuschreiben sowie einen Betrag i.H.v. 18.353,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2017 zu zahlen,
hilfsweise
an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 558.295,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 10.04.2012 aus einem Betrag i.H.v. 201.487,82 EUR, ab dem 08.06.2012 aus einem Betrag i.H.v. 36.556,27 EUR sowie ab dem 12.06.2012 aus einem Betrag i.H.v. 301.897,09 EUR und ab dem 01.12.2017 aus einem Betrag i.H.v. 18.353,93 EUR zu zahlen;
- b.
die Klägerin von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 5.458,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen,
hilfsweise,
- 2.
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.06.2018 im Verfahren mit dem Az. 2-19 0 274117 aufzuheben und an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Das Rechtsmittel der Klägerin war gemäß § 522 II 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist aus Gründen der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erforderlich. Zur Begründung wird zunächst vollumfänglich auf die Ausführungen im Beschluss vom 25.01.2019 (Bl. 228ff. d.A.) verwiesen.
Die Stellungnahme der Klägerin, die sich im Wesentlichen auf die Wiederholung ihrer abweichenden Rechtsauffassung beschränkt, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
Dass und weshalb die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt sind, ist hinreichend im Hinweisbeschluss dargelegt worden. Für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist kommt es auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände an, so dass die Ausführungen der Klägerin zu einer nicht bestehenden Prüfpflicht neben der Sache liegen. Dass und weshalb hier eine solche Tatsachenkenntnis gegeben war, ist hinreichend ausgeführt. Der Senat stellt auch nicht auf eine etwaige Prüfpflicht ab, sondern darauf, dass in der automatisierten Bearbeitung erfasste Daten zu einer Kenntnis der Organe der Klägerin führen. Die Klägerin räumt in ihrer Stellungnahme insoweit sogar ein, dass sie sich nicht wegen der Automatisierung freizeichnen wolle (Bl. 270f. d.A.). Auf die Konzeption des Lastschriftverfahrens kann es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ankommen. Dass und weshalb eine unübersichtliche oder verwickelte Rechtslage nicht vorliegt, ist ebenfalls hinreichend ausgeführt. Auf eine schwierige Subsumtion kam es im Hinblick auf die konkludente Genehmigung nach Ablauf von drei Bankarbeitstagen bei Steuerschulden (vgl. BGH, Urt. v. 03.04.2012, XI ZR 39/11) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an. Dass und weshalb der Klägerin alle für den Beginn des Laufs der Verjährung maßgeblichen Umstände bekannt waren, ist im Hinweisbeschluss erschöpfend dargestellt. Auf ein Korrektiv durch die kenntnisunabhängige Verjährung kommt es angesichts der tatsächlichen Kenntnis der Klägerin nicht an. Die Ausführungen der Klägerin zum Gleichlauf der Verjährungsfristen liegen neben der Sache. Hätte die Klägerin die Ausführungen zur Zumutbarkeit einer Klage zur Kenntnis genommen, hätte sie erkannt, dass sie einen entsprechenden Freistellungsanspruch gegen die Beklagte vor Ablauf der Verjährungsfrist im Klagewege hätte geltend machen können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts folgt der Beschwer der Klägerin, die diese entsprechend beziffert hat. Die Hilfsanträge haben keinen darüber hinausgehenden wirtschaftlichen Wert.
---
Vorausgegangen ist unter dem 25.01.2019 folgender Hinweis (die Red.):
In dem Rechtsstreit (…)
wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.06.2018 (2-19 O 274/17) durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Nach Vornahme der gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung nach Rückbuchung aufgrund von Lastschriftwidersprüchen in Anspruch.
Die Klägerin ist Teilrechtsnachfolgerin der B AG (im Folgenden auch als Klägerin bezeichnet) und übernahm als solche auch ein Girokonto des Bundeslandes1 (im Folgenden: Land), über welches dessen Finanzämter im Wege von Einzugsermächtigungen und Lastschriften Steuerschulden vereinnahmten. Am 14.03.2012 ließ das Land eine Lastschrift zu Lasten der A GmbH (im Folgenden: Schuldnerin I) in Höhe von € 201.487,82 unter Nennung der Steuernummer zugunsten des vorgenannten Girokontos einziehen. Aufgrund dessen belastete die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden auch als Beklagte bezeichnet) als kontoführendes Kreditinstitut der Schuldnerin I deren Konto und schrieb den Betrag dem Konto des Landes bei der Klägerin gut. Am 05.04.2012 erfolgte seitens der Schuldnerin I ein Widerspruch in Bezug auf die Lastschrift, woraufhin die Beklagte die Lastschrift zurückgab und die Klägerin eine entsprechende Belastungsbuchung zuzüglich einer Gebühr von € 3,00 auf dem Konto des Landes durchführte. Gleiches geschah im Hinblick auf eine am 14.05.2012 seitens des Landes unter Nennung der Steuernummer veranlasste Lastschrift zu Lasten der C AG (im Folgenden Schuldnerin II) über € 301.897,09. Hier erfolgte der Widerspruch der Schuldnerin II am 11.06.2012. Dies wiederholte sich auch im Hinblick auf eine am 14.05.2012 seitens des Landes unter Nennung der Steuernummer veranlasste Lastschrift zu Lasten der C Komplettbau GmbH (im Folgenden Schuldnerin III) über € 36.556,27. Hier widersprach die Schuldnerin III der Lastschrift am 07.06.2012. Hinsichtlich der Einzelheiten der Lastschriftbuchungen wird auf die Anlage B 2 (Anlagenband) verwiesen. Mit Schreiben vom 29.01.2013 erklärte das Land gegenüber der Klägerin, dass die Lastschriften aufgrund vorheriger konkludenter Genehmigungen nicht mehr widerruflich gewesen und die Rückbelastungen daher zu Unrecht erfolgt seien. Da die Klägerin eine Rückbuchung verweigerte, wurde sie von dem Land in dem Rechtsstreit .../15 vor dem Landgericht Frankfurt am Main unter anderem auf Zahlung der vorgenannten Beträge verklagt. Die Klägerin verkündete der Beklagten in dem vorgenannten Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 19.02.2016 den Streit. Mit Urteil vom 19.05.2017 (Anlage K 2, Bl. 30ff. d.A.) wurde die Klägerin zur Rückgängigmachung der jeweiligen Belastungsbuchung verurteilt. Zur Begründung führte die 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main in dem Urteil aus, dass die Schuldner I-III die Lastschriften bereits konkludent genehmigt hätten, weshalb die Widersprüche keine Wirkung mehr hätten entfalten können. Die Beklagte trat dem vorgenannten Rechtsstreit nach Urteilsverkündung bei, legte Berufung ein, nahm diese jedoch später zurück. In diesem Rechtsstreit ging die Klage am 14.12.2017 bei Gericht ein. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat behauptet, auch in Bezug auf die streitgegenständlichen Ansprüche Rechtsnachfolgerin der B AG gewesen zu sein, und die Auffassung vertreten, dass ihr die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nebst Rechtsverfolgungskosten zustünden. Die Ansprüche seien nicht verjährt.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Klägerin bereits im Jahr 2012 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt habe.
Mit Urteil vom 28.06.2018, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Klägerin wegen Verletzung der Pflichten aus dem Lastschriftabkommen, Aufwendungsersatzansprüche aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag oder Ansprüche aus Nichtleistungskondiktion seien jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2015 verjährt, so dass weder die Streitverkündung im Februar 2016 noch die im Dezember 2017 eingereichte Klage die Verjährung hätten hemmen können. Die Klägerin habe bereits Mitte 2012 zumindest grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt. Die streitgegenständlichen Lastschriften seien Mitte 2012 aufgrund der erfolgten Widerrufe zurückgegeben und von der Klägerin selbst zurückgebucht worden. Aufgrund der Rückbuchungstexte habe es sich für die Klägerin ergeben, dass es sich um Zahlungen an Finanzämter des Landes unter Angabe der Steuernummern gehandelt habe. Zudem seien für die Klägerin ohne Weiteres die Zeitpunkte der Lastschriftbuchungen, der Widerrufe und der Rücklastschriften ersichtlich gewesen. Größere Marktteilnehmer müssten mit dem Entstehen von Schadensersatzansprüchen rechnen. Diese seien daher zu kontrollieren, systematisch zu erfassen und aufzuklären. Organisationsmängel bei einer mühelosen und ohne erheblichen Kostenaufwand möglichen Information begründeten insoweit ohne Weiteres den Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu dem Zeitpunkt, zu dem bei gehöriger Organisation die tatsächlichen Grundlagen geklärt gewesen wären. Dies sei Mitte 2012 der Fall gewesen, da die Klägerin hätte erkennen müssen, dass die Widersprüche gegen die Lastschriften wegen bereits erfolgter konkludenter Genehmigungen unwirksam gewesen seien, mithin die Rückbuchungen nicht hätten erfolgen dürfen bzw., eine Prüfungspflicht der Beklagten unterstellt, diese nicht an die Klägerin zurückgegeben hätten dürfen. Es wäre auch technisch möglich gewesen, sich die maßgeblichen Rückbuchungen ausweisen zu lassen, bei denen aufgrund des verstrichenen Zeitraums eine Genehmigungsfiktion in Betracht komme. Verneinte man eine solche Organisationspflicht, würde der Eintritt von der zufällig erlangten Kenntnis der Klägerin abhängig sein. Ein theoretisch ewiges Recht auf Schadensersatz gegenüber den als Zahlstellen auftretenden Banken könne sich die Klägerin allein durch den Einsatz eines Computersystems nicht verschaffen. Die Rückbuchungstexte ließen die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach drei Bankarbeitstagen eintretende Genehmigung ohne Weiteres erkennen.
Gegen die Abweisung der Klage wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihre erstinstanzlichen Anträge präzisiert weiterverfolgt. Das Landgericht habe zu Unrecht den Eintritt der Verjährung festgestellt. Im Jahr 2012 habe die Klägerin mit den Anlagen K 3a-c die Widerrufe von Lastschriftbuchungen übermittelt erhalten. Den Buchungstexten lasse sich nicht entnehmen, um was für Zahlungen es sich handele, insbesondere welche Steuern dies seien und wie diese im Verhältnis zu anderen womöglich vorausgegangenen Steuerzahlungen stünden. Dies gelte auch für die als Anlage B 2 vorgelegten Lastschriftbuchungen. Erst mit dem Schreiben des Landes vom 29.01.2013 (Anlage K 4) habe die Klägerin Kenntnis davon erlangt, dass es sich um Steuerzahlungen gehandelt habe. Erst durch die Zustellung der Klageschrift des Landes am 14.01.2016 habe die Klägerin weitergehende Kenntnisse zu den Hintergründen der Buchungen erhalten. Vor diesem Hintergrund sei die Frage der Verjährung durch das Landgericht falsch gewürdigt worden. Die Klägerin habe weder Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt. Die Wahrnehmbarkeit sei nicht mit der Wahrnehmung gleichzusetzen, zumal das Lastschriftverfahren automatisiert ablaufe. Nach Abschnitt II Nr. 3 des Lastschriftabkommens treffe die Beklagte als Zahlstelle die Prüfungspflicht, während die Klägerin eine rein ausführende Funktion gehabt habe. Dies werde auch durch die äußerst knappe Ausführungsfrist von nur einem Bankarbeitstag nach § 675s Abs. 1 S. 1 BGB belegt. Die Tatsachenkenntnis aufgrund der Texte der Lastschriftbuchungen habe zudem im Hinblick auf die konkludente Genehmigung eine Kombination zahlreicher Einzelumstände, nämlich Daten, Zahlungsgrund, Höhe gleichgelagerter Lastschriftbuchungen und der Dauer bis zur Erklärung des Widerspruchs, erfordert. Gerade frühere Steuerzahlungen ließen sich den Texten nicht entnehmen. Zudem müsse zu der Sachkenntnis auch die Rechtskenntnis kommen, so dass gerade das Wechselspiel zwischen Tatsachen- und Rechtskenntnis eine Kenntnis im Sinne des § 199 BGB ausschließe. Nachforschungen seien nämlich nicht geschuldet. Daher liege auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vor. Angesichts der nahezu unzählbaren Zahl von Lastschriften sei entgegen der Feststellung des Landgerichts eine Organisationsobliegenheit nicht gegeben, gerade im Hinblick auf den Abgleich mit früheren Buchungen. Jedenfalls fehle es aber an den subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit. Die Vorgänge seien ja weitgehend automatisiert. Eine Feststellungsklage sei der Klägerin nicht zuzumuten gewesen, zumal die Klägerin erst von dem Land habe in Anspruch genommen werden müssen. Im Hinblick auf die kenntnisunabhängige Verjährung bestehe entgegen der Feststellung des Landgerichts ansonsten auch kein ewiges Schadenersatzrecht der Klägerin. Aus dem erstinstanzlichen Vortrag ergebe sich, dass die Ansprüche tatsächlich bestünden.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das am 28.06.2018 verkündete und am 02.07.2018 der Klägerin zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main im Verfahren mit dem Az. 2-19 0 274/17 abzuändern und die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen,
- a.
der Klägerin einen Betrag i.H.v. 539.941,18 EUR mit Wertstellung zum 10.04.2012 hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v. 201.487,82 EUR, mit Wertstellung zum 08.06.2012 hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v. 36.556,27 EUR sowie mit Wertstellung zum 12.06.2012 hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v. 301.897,99 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweiligen Wertstellungsdatum gutzuschreiben sowie einen Betrag i.H.v. 18.353,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2017 zu zahlen,
hilfsweise
an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 558.295,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 10.04.2012 aus einem Betrag i.H.v. 201.487,82 EUR, ab dem 08.06.2012 aus einem Betrag i.H.v. 36.556,27 EUR sowie ab dem 12.06.2012 aus einem Betrag i.H.v. 301.897,09 EUR und ab dem 01.12.2017 aus einem Betrag i.H.v. 18.353,93 EUR zu zahlen;
- b.
die Klägerin von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 5.458,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen,
hilfsweise,
- 2.
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.06.2018 im Verfahren mit dem Az. 2-19 0 274117 aufzuheben und an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Klägerin sei schon nicht aktivlegitimiert, da die streitgegenständliche Forderung nach dem Abspaltungsvertrag nicht übergegangen sei. Aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 20.07.2010 (XI ZR 236/07) sei die konkludente Genehmigung von Lastschriften im unternehmerischen Verkehr bekannt gewesen. Gleiches gelte für die Genehmigung von Steuerschulden aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 03.04.2012 (XI ZR 39/11). Dementsprechend habe die Klägerin ja auch erstinstanzlich vorgetragen, dass die konkludente Genehmigung von Lastschriften nichts Neues sei. Abschnitt II Nr. 3 des Lastschriftabkommens solle ein Hin- und Herschieben des Widerspruchs zur Lastschrift zwischen den Banken vermeiden. Die Klägerin habe auch keine rein ausführende Funktion gehabt, zumal sie gerade von dem Lastschriftverfahren profitiere. Aus den Buchungstexten ergebe sich ohne weiteres die (grob fahrlässige Un-) Kenntnis der anspruchsbegründenen Tatsachen. Auf den automatisierten Massenverkehr könne sich die Klägerin nicht berufen, zumal es sich bei dem betroffenen Konto um ein solches der Finanzämter des Landes gehandelt habe. Eine unsichere Rechtslage habe zudem nicht vorgelegen. Höchstrichterliche Rechtsprechung müsse die Klägerin kennen.
II.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
1. In der Sache hat sie jedoch offensichtlich keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer der Klägerin nachteiligen Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
a) Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gutschreibung oder hilfsweise auf Zahlung eines Betrages von € 539.941,18 hat.
aa) Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin hinsichtlich des streitgegenständlichen Anspruchs aktivlegitimiert ist und ob ein solcher Anspruch überhaupt besteht.
bb) Denn das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des Eintritts der Verjährung berechtigt war, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB).
(1) Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
(2) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die hier für sämtliche denkbare Anspruchsgrundlagen gilt, abgelaufen ist.
(a) Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Entstanden ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (vgl. BGHZ 55, 340; 73, 365; 79, 178). Voraussetzung ist dabei grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs nach § 271 BGB (vgl. BGHZ 53, 222; 113, 193; ZIP 2008, 1762). Bei Schadensersatzansprüchen entsteht der Anspruch einheitlich auch für die erst in Zukunft fällig werdenden Beträge, sobald ein erster Teilbetrag durch Leistungsklage geltend gemacht werden kann (vgl. nur BGHZ 50, 24; WM 2011, 96). Bei Freistellungsansprüchen ist es sachgerecht, für das Entstehen des Anspruchs auf die Fälligkeit des Anspruchs abzustellen, von dem freigestellt werden soll (vgl. BGH WM 2010, 72 [BGH 12.11.2009 - III ZR 113/09]; ZIP 2010, 1295; Hanseatisches OLG Bremen NJW 2016, 1248 [OLG Bremen 15.01.2016 - 4 W 5/15]; OLG Karlsruhe WM 2009, 2076 [OLG Karlsruhe 30.06.2009 - 17 U 401/08]).
Erforderlich für den Fristbeginn ist ferner die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht jedoch, dass der Gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (vgl. nur BGH NJW 2008, 1729 [BGH 29.01.2008 - XI ZR 160/07]; 2576 [BGH 03.06.2008 - XI ZR 319/06]). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat diese Kenntnis dann, wenn er die Leistung und die Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Ein Rechtsirrtum hindert den Beginn der Verjährungsfrist nicht (vgl. BGH NJW 1996, 117 [BGH 17.10.1995 - VI ZR 246/94]; 2007, 830 [BGH 11.01.2007 - III ZR 302/05]; NJW-RR 2005, 1148 [BGH 03.03.2005 - III ZR 353/04]). Bei besonders unübersichtlicher und verwickelter Rechtslage können aber ausnahmsweise auch erhebliche rechtliche Zweifel den Verjährungsbeginn bis zur Klärung ausschließen (vgl. BGH NJW 1999, 2041 [BGH 25.02.1999 - IX ZR 30/98]; 2009, 984 [BGH 18.12.2008 - III ZR 132/08]; 2014, 3713 [BGH 28.10.2014 - XI ZR 348/13]).
Diese Kenntnis muss in der Person des Gläubigers, also des organschaftlichen Vertreters bei einer juristischen Person, vorliegen. Bei Unternehmen kommt es dabei grundsätzlich auf die Kenntnis des nach der innerbetrieblichen Organisation zuständigen Bediensteten an (vgl. BGHZ 134, 343; NJW 2007, 834). Dies können auch mehrere Angestellte aus verschiedenen Abteilungen sein, die als Wissensvertreter mit der Vorbereitung und Verfolgung von Ansprüchen betraut sind (vgl. BGH NJW 1994, 1150 [BGH 18.01.1994 - VI ZR 190/93]; OLG Jena OLG-NL 1999, 155). Eine Wissenszusammenrechnung entsprechend § 166 BGB ist bislang im Verjährungsrecht abgelehnt worden (vgl. nur BGHZ 133, 129; NJW 2011, 1799; 2012, 2644). Dieser Wissenszurechnung liegt der Gedanke zugrunde, dass mit der Aufspaltung von Unternehmen in verschiedene Abteilungen oder Filialen auch die organisatorische Aufspaltung der Zuständigkeiten der einzelnen Mitarbeiter bzw. im Falle einer juristischen Person der einzelnen Organe einhergeht. Das Wissen um bestimmte natürliche oder rechtliche Zusammenhänge verteilt sich somit auf mehrere Köpfe. Der Vertragspartner einer Personengesellschaft oder juristischen Person würde in dieser Hinsicht schlechter gestellt als der Vertragspartner einer natürlichen Person. Um den Schutz des Rechtsverkehrs zu gewähren, wird dieser Nachteil dadurch ausgeglichen, dass der juristischen Person bzw. Personengesellschaft das Wissen auch derjenigen Organwalter oder Mitarbeiter zugerechnet wird, die am Abschluss eines Vertrages selbst nicht beteiligt sind (vgl. nur BGHZ 132, 30; NJW 2001, 359; 2012, 1789). Eine Wissenszurechnung erfolgt auch hinsichtlich des Wissens, das typischerweise in Akten festgehalten wird (vgl. BGHZ 132, 30; BGH NJW 1996, 1205). Im digitalen Zeitalter tritt an die Stelle (papier-)aktenmäßig festgehaltenen Wissens zunehmend der computergestützte Abruf von Informationen. Die jederzeitige unmittelbare Verfügbarkeit digitaler Daten für Organwalter und Mitarbeiter wird in vielen Fällen zu einem dem Unternehmensträger zuzurechnenden tatsächlichen biologisch-zerebralen Wissen der handelnden Personen führen (BeckOK BGB/Schäfer, 48. Ed. 1.11.2018, BGB § 166 Rn. 23, 24). Die Nichtanwendung der sog. Wissenszurechnung im Verjährungsrecht wird damit gerechtfertigt, dass unerlässliche Voraussetzung für eine Wissensvertretung ist, dass der betreffende Bedienstete eigenverantwortlich (zumindest) mit der Vorbereitung von Regressansprüchen betraut ist (vgl. BGH VersR 2012, 738 [BGH 28.02.2012 - VI ZR 9/11]; 2011, 682 [BGH 15.03.2011 - VI ZR 162/10]; 2000, 1277 [BGH 09.03.2000 - III ZR 198/99]).
Wenn aber keine Mitarbeiter mehr mit der Abwicklung bestimmter automatisierter Vorgänge wie dem Lastschriftverfahren betraut sind und daher die maßgeblichen Tatsachen nur in Dateien festgehalten sind, kann das maßgebliche Argument des Bundesgerichtshofs, mit dem die Zurechnung der Kenntnis anderer Abteilungen abgelehnt wird, nicht eingreifen. Denn dies liefe letztlich darauf hinaus, dass auch die Zurechnung sog. aktenkundigen Wissens, das bei der zuständigen Stelle vorhanden ist, ausgeschlossen ist. In einem solchen Fall muss es dabei bleiben, dass die übermittelten Daten dann den organschaftlichen Vertretern bekannt sind. Denn diese haben schließlich den Einsatz automatisierter Verfahren autorisiert.
Jedenfalls kann sich derjenige, der automatisierte Verfahren, bei denen Daten erhoben und gespeichert werden, die für die Kenntnis der Entstehung eines Anspruchs relevant sind, nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass er keine Kenntnis dieser anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hat. Auf den Schutz des Rechtsverkehrs kommt es hierbei nicht maßgeblich an.
Letztlich muss man wegen des technischen Fortschritts einen Vergleich vornehmen, wie es mit der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen aussähe, wenn eine natürliche Person die Tätigkeit ausgeübt hätte. Kreditinstitute lassen ja auch den Handel mit Wertpapieren durch automatisierte Handelssysteme zu, ohne anzuzweifeln, dass hier wirksame Willenserklärungen abgegeben werden. Diese können letztlich auch nur ihren Organen bzw. weiteren rechtsgeschäftlichen Vertretern zugerechnet werden, weil sie den Einsatz solcher automatisierter Handelssysteme autorisiert haben.
(b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall von einem Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist im Jahr 2012 auszugehen.
(aa) Die zutreffende Feststellung des Landgerichts, dass die hier geltend gemachten Ansprüche im Jahr 2012 mit der Vornahme der Rücklastschriften entstanden sind, hat die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen. Soweit sich die Klägerin insoweit darauf beruft, dass ihr eine Feststellungsklage so lange unzumutbar gewesen sei, wie sie nicht seitens des Landes in Anspruch genommen worden sei, geht der Angriff gegen den Beginn der Verjährungsfrist fehl. Die Klägerin will sich hier darauf berufen, dass ihr vorher kein Schaden entstanden sei. Dabei verkennt sie aber, dass mit der infolge der konkludenten Genehmigung unberechtigten Rücklastschrift - dies steht zwischen Parteien aufgrund der Interventionswirkung des § 68 ZPO fest, nachdem im Vorprozess festgestellt wurde, dass die Genehmigung der Lastschrift konkludent erteilt wurde - bereits in ihrer Person jedenfalls ein Freistellungsanspruch des Inhalts entstanden ist, dass sie gegenüber dem Land von einer Regressforderung durch die Beklagte freigestellt wird. Dies ist der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch, der sich nur aufgrund der erfolgten Zahlung an das Land in einen Zahlungsanspruch gewandelt hat und für den die Verjährungsfrist einheitlich zu laufen beginnt. Für den konkurrierenden Anspruch aus Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB) oder einen etwaig konkurrierenden vertraglichen Anspruch stellt sich diese Frage ohnehin nicht.
(bb) Mit den übermittelten Dateien betreffend die Rücklastschriften (Anlagenkonvolut B2, Anlagenband Bekl.) hatte die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts sogar Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, nämlich denjenigen, die den Schluss darauf zuließen, dass die Rücklastschrift aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten konkludenten Genehmigung zu Unrecht erfolgte.
Denn in den Dateien betreffend die Rücklastschriften sind alle Daten enthalten, aus denen unzweifelhaft auf eine konkludente Genehmigung, damit die fehlende Berechtigung der Rücklastschrift und damit einhergehend auf die Anspruchsvoraussetzungen der streitgegenständlichen Anspruchsgrundlagen geschlossen werden kann.
Zwar sieht das auf den hier streitgegenständlichen Interbankenverkehr anwendbare Lastschriftabkommen in Abschnitt III Nr. 2 grundsätzlich vor, dass ein Widerspruch nach acht Wochen keine Rücklastschrift nach dem Lastschriftabkommen mehr auslösen kann. Diese Achtwochenfrist war hier unstreitig noch nicht verstrichen. Es ist aber allgemein anerkannt, dass eine Rücklastschrift auch dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn die Belastungsbuchung als genehmigt anzusehen ist. Ein trotz Genehmigung (ausdrücklich, konkludent oder fiktiv) erklärter Widerspruch geht ins Leere und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen (vgl. BGH WM 2011, 69 Rn. 14; 2012, 1490 Rn. 8). Spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.07.2010 (XI ZR 236/07 - juris) ist anerkannt, dass bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen, wie etwa aus Dauerschuldverhältnissen, ständigen Geschäftsbeziehungen oder zur Steuervorauszahlung, nach den vom Tatgericht festzustellenden Umständen des Einzelfalls jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine konkludente Genehmigung vorliegen kann, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dem Einzug nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht widerspricht und er einen früheren Einzug zuvor bereits genehmigt hatte (vgl. BGH aaO Leitsatz Nr. 3). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge mehrfach konkretisiert und dabei klargestellt, dass eine Reihe gleichbleibender Zahlungen für eine konkludente Genehmigung nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 27.09.2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 22; vom 25.10.2011 - XI ZR 368/09, Rn. 13 z.V.b.; vom 01.12.2011 - IX ZR 58/11 -, juris Rn. 11). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Höhe der eingezogenen Beträge zuvor rechtsverbindlich erklärt worden ist (vgl. BGH aaO Rn. 12). Bei Lastschriften, denen Steuerschulden zugrunde liegen, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 03.04.2012 eine angemessene Prüfungsfrist von drei Bankarbeitstagen angenommen (XI ZR 39/11, juris Rn. 24).
Dementsprechend war die Rechtslage hinsichtlich der konkludenten Genehmigung von im Lastschriftverfahren eingezogenen Steuerschulden höchstgerichtlich geklärt, so dass sich die Klägerin nicht auf eine unübersichtliche und verwickelte Rechtslage berufen kann. Ihr war als kontoführendes Kreditinstitut unstreitig bekannt, dass die Finanzämter des Landes über das Konto Steuerschulden vereinnahmten. Aus den streitgegenständlichen Rücklastschriften ergeben sich dementsprechend alle Umstände, aus denen sich bei Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung die Umstandskenntnis der konkludenten Genehmigung ergibt. Alle drei Rücklastschriften nennen die zutreffende Firma der Schuldner I-III, aus der sich ergibt, dass es sich bei ihnen unzweifelhaft um Formkaufleute handelt und diese mithin unternehmerisch tätig waren. Ferner ist jeweils die Steuernummer angegeben, so dass die Klägerin unzweifelhaft Kenntnis davon hatte, dass die Lastschriften Steuerzahlungen betrafen. Bei der Schuldnerin II ist zudem ausdrücklich die Umsatzsteuer im Verwendungszweck genannt, der nach § 18 Abs. 2 S. 2 UStG zwingend eine entsprechende Voranmeldung vorausgehen muss, so dass die Lastschrift offensichtlich auf eigenen Angaben der Schuldnerin II beruht. Gleiches gilt für die Schuldnerin III, bei der der Zusatz Lohnsteuer enthalten ist, so dass auch diese Lastschrift offenkundig auf einer vorherigen Anmeldung der Schuldnerin III nach § 41a Abs. 2 S. 1 EStG beruht. Schließlich ist offensichtlich die angemessene Dreitagesfrist, nach deren Ablauf eine konkludente Genehmigung anzunehmen ist, nicht gewahrt. Der Widerspruch der Schuldnerin I vom 05.04.2012 erfolgte etwa drei Wochen nach der Buchung im Lastschriftverfahren am 14.03.2012, der der Schuldnerin II vom 11.06.2012 knapp einen Monat nach der Buchung im Lastschriftverfahren am 15.05.2012 und der der Schuldnerin III vom 07.06.2012 etwas mehr als drei Wochen nach der Buchung im Lastschriftverfahren am 14.05.2012.
Hätte die Klägerin aus vorgenannten Gründen natürliche Personen mit der Prüfung und Bearbeitung der Rücklastschrift eingesetzt, hätte sie dementsprechend die Umstandskenntnis mit Eingang der Rücklastschrift gehabt. Nichts anderes kann deshalb gelten, weil die Rücklastschrift in einem automatisierten Verfahren erfolgte. Dann hatten aus vorgenannten Gründen die organschaftlichen Vertreter der Klägerin die aktenmäßige Kenntnis. Zumindest aber dürfen sie sich nach Treu und Glauben nicht auf eine Unkenntnis berufen, da sie diese durch den Einsatz des automatisierten Verfahrens vorwerfbar herbeigeführt haben. Ein etwaiger Rechtsirrtum vermag die Klägerin nicht zu entlasten.
Die Klägerin kann sich auch nicht damit entlasten, dass es in Deutschland nahezu unzählige Lastschriftvorgänge gibt. Die zitierte Statistik der Bundesbank ist hier nicht maßgeblich. Denn es geht hier nicht um die Lastschrift als solche, sondern um Rücklastschriften, zu deren Zahl die Klägerin schlicht nichts vorgetragen hat. Hinzu kommt, dass sie Kenntnis davon hatte, dass das streitgegenständliche Konto ausschließlich Steuerzahlungen betraf, so dass die Klägerin ohne größeren Programmieraufwand sich die maßgeblichen Rücklastschriften, die mehr als drei Bankarbeitstage nach der Buchung erklärt worden sind, hätte herausfiltern lassen können, um sie einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Solche organisatorischen Vorkehrungen hat die Klägerin schlicht nicht getroffen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes einfach die Augen verschlossen, was ihr nicht zugutekommen kann, zumal sie selbst als erste Inkassostelle die meisten Vorteile vom Lastschriftverfahren hat (vgl. nur Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB, § 56 Rn. 74ff. mit näherer Erläuterung).
(c) Dementsprechend lief die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB mit Ablauf des Jahres 2015 ab.
(3) Das Landgericht hat schließlich zutreffend festgestellt, dass vor Ablauf der Verjährungsfrist keine Hemmung der Verjährung durch die Streitverkündung mit Schriftsatz vom 19.02.2016 oder die hiesige Klageerhebung herbeigeführt wurde.
b) Die geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten) sind nach § 217 BGB mit der Hauptforderung verjährt.
2. Angesichts dessen ist eine mündliche Verhandlung, von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist, nicht geboten. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil.
3. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat der Klägerin zur Vermeidung einer Zurückweisung der Berufung durch einen Beschluss, dessen Begründung sich in einer Bezugnahme auf diesen Hinweisbeschluss erschöpfen könnte, eine Rücknahme der Berufung in Erwägung zu ziehen. Eventuellem neuen Sachvortrag setzt die Zivilprozessordnung enge Grenzen. Eine Zurücknahme der Berufung hätte - abgesehen von den ohnehin anfallenden Anwaltskosten - eine deutliche Reduzierung der Gerichtskosten zur Folge, da sich die Verfahrensgebühren für das Berufungsverfahren im Allgemeinen von vier auf zwei Gerichtsgebühren halbieren würden.