20.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213653
Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 05.02.2019 – 7 U 176/17
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 24.11.2017 (16 O 309/16) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass es sich bei der im Insolvenzverfahren 73 IN 491/14 AG Köln über das Vermögen der Beklagten angemeldeten Forderung Rang 0, lfd. Nr. 32 der Tabelle in Höhe eines Teilbetrags von 20.000 € um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 StGB handelt.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und zweiter Instanz trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e :
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I.
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‒ ohne Tatbestand gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO ‒
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II.
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Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
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1.
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Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf die begehrte Feststellung zu.
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a)
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Dem kann nicht ‒ wie die Beklagte meint ‒ entgegengehalten werden, dass die im Tenor näher bezeichnete Forderung zuvor bereits mit dem Rechtsgrund „Forderung aus Bürgschaft“ zur Tabelle festgestellt worden ist. Vielmehr kann ein Insolvenzgläubiger, der es zunächst versäumt hat, seine Forderung (ganz oder teilweise) als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stammend anzumelden, dies auch dann noch nachholen, wenn die Forderung aus einem anderen Rechtsgrund bereits zur Tabelle festgestellt worden ist. Dem steht die Rechtskraft des § 178 Abs. 3 InsO nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.2008 ‒ IX ZR 220/06, juris Rn. 12; Riedel, in: Münchener Komm. InsO, 3. Aufl. 2013, § 174 Rn. 34). Legt der Insolvenzschuldner in einem solchen Fall Widerspruch gegen die nachträgliche Anmeldung der Forderung ein, kann der Insolvenzgläubiger gemäß § 184 InsO Klage auf Feststellung dieses Rechtsgrunds erheben (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2007 ‒ IX ZR 176/05, juris Rn. 8 ff.).
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b)
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Soweit die Klägerin eine unvollständige Beweisaufnahme rügt und die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet, kann dies ‒ unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen unter c) ‒ im Ergebnis offenbleiben.
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c)
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Aufgrund des in zweiter Instanz erfolgten neuen, inzwischen unstreitigen Sachvortrags der Klägerin steht fest, dass es sich bei der im Tenor näher bezeichneten Forderung um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung in Form einer Unterschlagung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 Abs. 1 StGB handelt.
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Mit Schriftsatz vom 03.05.2018 hat die Klägerin vorgetragen, dass die B GmbH, vertreten durch die Beklagte, mit Vereinbarung vom 10.10.2014 alle schuldrechtlichen und dinglichen Rechte am gesamten Inventar der Gaststätte an die A GmbH übertragen und zugleich versichert hat, dass hieran keine Rechte Dritter bestünden und alle gegenüber Dritten bestehenden Verbindlichkeiten bezahlt seien. Eine Ablichtung der Vereinbarung hat die Klägerin mit weiterem Schriftsatz vom 17.07.2018 vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 24.09.2018 hat die Beklagte bestätigt, dass die Unterschrift unter der Vereinbarung von ihr stammt. Damit ist deren Abschluss zwischen den Parteien unstreitig. Dass die Beklagte zugleich ausgeschlossen hat, bei einer Verhandlung, die zum Abschluss der Vereinbarung vom 10.10.2014 geführt hat, persönlich anwesend gewesen zu sein, und zudem vorgetragen hat, von dem Inhalt dieser Vereinbarung persönlich keine Kenntnis gehabt zu haben, ist unerheblich. Gleiches gilt für ihren weiteren Einwand, dass sie und ihr Ehemann, der die Verhandlungen geführt habe, sprachlich gar nicht in der Lage gewesen seien, die darin enthaltenen Regelungen zu verstehen.
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Mit der Vereinbarung vom 10.10.2014 hat die Beklagte für die B GmbH auch über die an die Klägerin sicherungsübereigneten Inventargegenstände verfügt. Mit dieser Verfügung hat sie in objektiv erkennbarer Weise den Besitzmittlungswillen gegenüber der Klägerin aufgegeben (Enteignungskomponente) und den wirtschaftlichen Wert dieser Gegenstände in das Vermögen der B GmbH überführt (Aneignungskomponente). Darin liegt eine Drittzueignung fremder beweglicher Sachen (vgl. auch LG Lübeck, Urt. v. 20.08.2012 ‒ 3 Ns 44/12, juris Rn. 3, 19 zu einer ähnlichen Fallkonstellation; s. ferner BGH, Urt. v. 06.09.2006 ‒ 5 StR 156/06, juris Rn. 24), so dass der objektive Tatbestand des § 246 Abs. 1 StGB erfüllt ist. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass die Vereinbarung nicht wirksam zustande gekommen sei, da die aufschiebende Bedingung, dass die C GmbH i.G. mit Wirkung ab dem 01.10.2014 anstelle der B GmbH in das Mietverhältnis eintritt und die gesamte, in der Gaststätteneinheit am 08.10.2014 befindliche Geschäfts- und Inventarausstattung rechtswirksam erwirbt, nicht eingetreten sei, kommt es darauf nicht an. Vielmehr hat sich die Beklagte für die B GmbH als Sicherungsgeberin bereits mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 10.10.2014 tatsächlich wirtschaftlich an die Stelle der Klägerin als Sicherungsnehmerin/Sicherungseigentümerin gesetzt. Dies genügt, zumal der Eintritt der aufschiebenden Bedingung von ihr nicht beeinflusst werden konnte. Ob die A GmbH und/oder danach die C GmbH von der Sicherungsübereignung an die Klägerin Kenntnis hatten und daher ein gutgläubiger Erwerbs des Eigentums gemäß §§ 929, 932 Abs. 1 BGB überhaupt in Betracht kam, spielt ebenso wenig eine Rolle. Gleiches gilt für die Frage, ob die Beklagte selbst einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat. Dass sie vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, unterliegt schließlich keinen Zweifeln.
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2.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
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3.
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Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.
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Streitwert I. und II. Instanz: 20.000,00 €
RechtsgebietInsolvenzrechtVorschriften§ 178 InsO