13.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218276
Bundesgerichtshof: Urteil vom 01.09.2020 – X ZR 97/19
Das ausführende Luftverkehrsunternehmen muss einem Fluggast, dem ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO zusteht, grundsätzlich auch die Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs durch einen Rechtsanwalt ersetzen, wenn es die ihm gemäß Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO obliegende Informationspflicht verletzt hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 12. Februar 2019 - X ZR 24/18, NJW 2019, 1373).
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann, die Richterin Dr. Marx und den Richter Dr. Rensen
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Oktober 2019 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2019 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 334,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Juli 2018 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
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Der Kläger unternahm zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Kindern eine Flugreise von Köln/Bonn nach Varadero (Kuba) und zurück. Die Flüge, die beide von der Beklagten ausgeführt wurden, hatten eine Ankunftsverspätung von vier bzw. fünfundzwanzig Stunden.
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Der Kläger ließ die Beklagte durch vorgerichtliches Anwaltsschreiben wegen der Verspätung des Rückflugs auf Zahlung einer Ausgleichsleistung in Höhe von 2.400 € in Anspruch nehmen. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Der Kläger klagte daraufhin aus eigenem und abgetretenem Recht auf Zahlung des genannten Betrags zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen.
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Das Amtsgericht hat die Beklagte auf deren Anerkenntnis hin durch Teilurteil zur Zahlung des Hauptsachebetrags verurteilt. Die Klage auf Erstattung der Anwaltskosten hat es durch Schlussurteil abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, der die Beklagte entgegentritt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und in Abänderung des amtsgerichtlichen Schlussurteils zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten bestehe nicht aus §§ 280, 286 BGB. Die Beklagte sei erstmals durch das Anwaltsschreiben zur Leistung aufgefordert worden und habe sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Verzug befunden.
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Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und 7 FluggastrechteVO. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihre Informationspflicht aus Art. 14 FluggastrechteVO verletzt, zulassungsfähig und in der Sache zutreffend sei. Eine Verletzung dieser Pflicht begründe nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Erstattung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr. Fluggäste müssten nach Art. 14 FluggastrechteVO nicht über ihre Rechte unterrichtet werden, sondern lediglich über die Regeln, nach denen solche Leistungen geltend gemacht werden könnten. Aus Erwägungsgrund 20 der Verordnung ergebe sich nichts Abweichendes. Aus diesen Gründen sei bei einer Verletzung der Informationspflicht allenfalls eine Gebühr für eine Erstberatung im Sinne von § 34 RVG erstattungsfähig, nicht aber eine Geschäftsgebühr.
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II. Die Revision ist zulässig.
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt.
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Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, eine Verletzung der Informationspflicht führe nicht zu einem Anspruch auf Erstattung einer Geschäftsgebühr, zwar sowohl auf Erwägungen zu Inhalt und Umfang der Informationspflicht als auch auf Erwägungen zur Erforderlichkeit entstandener Anwaltskosten gestützt. Diese Ausführungen stehen aber nicht unabhängig nebeneinander. Vielmehr hat das Berufungsgericht seine Überlegungen zum Umfang der Informationspflicht als Begründung dafür angeführt, weshalb nach seiner Auffassung der Ersatz einer Geschäftsgebühr nicht in Betracht kommt.
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Damit ist dem angefochtenen Urteil schon dann die Grundlage entzogen, wenn sich die Ausführungen zu Gegenstand, Umfang und Zweck der Informationspflicht als unzutreffend erweisen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts greift die Revision, wie auch die Revisionserwiderung nicht verkennt, in einer den Anforderungen aus § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO genügenden Weise an.
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III. Die Klage ist zulässig.
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1. Die Klage genügt jedenfalls in der Revisionsinstanz dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit seinem zweitinstanzlichen Vorbringen, eine klare und vollständige Unterrichtung darüber, dass ihm wegen der verspäteten Durchführung des streitgegenständlichen Fluges Ausgleichsansprüche in Höhe von 2.400 € gegen die Beklagte zustünden, sei nicht erfolgt, einen neuen Streitgegenstand geltend gemacht und sein Begehren damit alternativ auf zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt hat. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, hätte dies für die Revisionsinstanz keine Bedeutung mehr.
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Die in solchen Konstellationen erforderliche Angabe, in welcher Reihenfolge das Gericht über die beiden Streitgegenstände entscheiden soll, kann noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 21 - Culinaria/Villa Culinaria). Diesem Erfordernis hat der Kläger im Streitfall jedenfalls dadurch genügt, dass er sich mit seiner Revision nur noch gegen die Versagung von Ersatzansprüchen unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Information wendet.
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2. Ob der Kläger den Streitgegenstand in zweiter Instanz geändert hat, bedarf auch im Zusammenhang mit § 533 ZPO keiner Entscheidung.
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a) Selbst wenn im Streitfall eine Klageänderung vorliegt, unterliegt die Frage, ob diese sachdienlich war, schon deshalb nicht der Überprüfung in der Revisionsinstanz, weil die Beklagte in zweiter Instanz rügelos zur Hauptsache verhandelt hat, was gemäß der auch im Berufungsverfahren anwendbaren Regelung in § 267 ZPO als Zustimmung gilt.
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b) Unabhängig davon wäre eine Überprüfung insoweit auch gemäß § 268 ZPO ausgeschlossen, weil das Berufungsgericht über das neue Begehren inhaltlich entschieden hat. § 268 ZPO greift auch dann, wenn die Vorinstanz irrtümlich davon ausgegangen ist, eine Klageänderung liege nicht vor (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06, NJW-RR 2008, 262 Rn. 9; Urteil vom 26. November 2019 - XI ZR 307/18, NJW 2020, 1062 Rn. 13).
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Aus der von der Revision angeführten Entscheidung (BGH, Urteil vom 14. März 1979 - IV ZR 80/78, NJW 1979, 1306, juris Rn. 32) ergibt sich nichts Abweichendes. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren hatte das Berufungsgericht die Klageänderung aus anderen Gründen als unzulässig angesehen und sich weder mit der Sachdienlichkeit der Änderung noch mit der Begründetheit des geänderten Begehrens befasst. In dieser Konstellation greift § 268 ZPO nicht. Deshalb ist das Revisionsgericht in solchen Fällen berechtigt und verpflichtet, die Sachdienlichkeit zu prüfen, wenn sich die Beurteilung der Vorinstanz als unzutreffend erweist.
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IV. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
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1. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, hat der Senat bereits entschieden, dass das ausführende Luftverkehrsunternehmen einem Fluggast, dem ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO zusteht, grundsätzlich auch die Kosten für die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts erstatten muss, wenn es die ihm gemäß Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO obliegende Informationspflicht verletzt hat (BGH, Urteil vom 12. Februar 2019 - X ZR 24/18, NJW 2019, 1373 Rn. 6 f.).
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Hieran hält der Senat auch im Lichte der vom Berufungsgericht und von der Revisionserwiderung angeführten Gegenargumente fest.
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a) Nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO hat das ausführende Luftverkehrsunternehmen jedem betroffenen Fluggast einen schriftlichen Hinweis auszuhändigen, in dem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemäß der Verordnung dargelegt werden. Die Information des Fluggasts dient nach Erwägungsgrund 20 der Verordnung dem Zweck, diesen in die Lage zu versetzen, seine Rechte wirksam wahrnehmen zu können. Da insbesondere die Verpflichtung zur Ausgleichsleistung bei großer Verspätung dem Wortlaut der Verordnung nicht zu entnehmen ist, reicht es zur Darlegung der "Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen" nicht aus, lediglich den Verordnungstext wiederzugeben. Vielmehr muss der Fluggast dem Hinweis jedenfalls klar entnehmen können, unter welchen Voraussetzungen ihm grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch in welcher Höhe zusteht und unter welchen Voraussetzungen das ausführende Luftverkehrsunternehmen nach Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO von der Verpflichtung zur Ausgleichsleistung frei wird (BGH, NJW 2019, 1373 Rn. 7). Ferner muss der Anspruchsgegner jedenfalls dann ausdrücklich angegeben werden, wenn er für den Fluggast nicht ohne weiteres zu erkennen ist (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - X ZR 35/15, NJW 2016, 2883 Rn. 22; Urteil vom 25. Februar 2016 - X ZR 36/15, BeckRS 2016, 7889 Rn. 22; Urteil vom 12. September 2017 - X ZR 102/16, NJW 2018, 1251 = RRa 2018, 76 Rn. 24; NJW 2019, 1373 Rn. 6 f.).
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b) Dieser Zweck wird entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nur dann erreicht, wenn die Information so gefasst ist, dass sie den Fluggast in die Lage versetzt, ohne anwaltliche Hilfe beurteilen zu können, ob Ausgleichsansprüche aufgrund der aufgetretenen Annullierung oder Verspätung in Betracht kommen und gegen welchen Schuldner diese geltend zu machen sind.
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Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, ist das Luftverkehrsunternehmen allerdings nicht verpflichtet, den konkreten Einzelfall unter die in Betracht kommenden Normen zu subsumieren. Die Informationen müssen auch nicht so detailliert sein, dass der Fluggast das Bestehen eines Anspruchs zweifelsfrei beurteilen kann. Sie müssen den Fluggast aber in die Lage versetzen, ohne Einholung von Rechtsrat eine summarische Antwort auf die Frage zu finden, ob Ausgleichsansprüche in seinem Fall in Betracht kommen. Ferner müssen sie ihm einen ohne Schwierigkeiten nutzbaren Kommunikationsweg aufzeigen, auf dem er sein Begehren gegenüber dem Schuldner geltend machen kann.
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Das Berufungsgericht stützt seine abweichende Auffassung im Wesentlichen auf den Wortlaut von Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO, der auch in anderen Sprachfassungen lediglich einen Hinweis über die Regeln erfordere. Damit verkennt es die Bedeutung der für die Auslegung dieser Vorschrift maßgeblichen Zielsetzung in Erwägungsgrund 20 der Verordnung. Mit seinem Argument, aus diesem Erwägungsgrund könnten keine weitergehenden Anforderungen hergeleitet werden, weil der Verordnungsgeber diese Anforderungen gerade durch Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO umgesetzt habe, stellt es in unzulässiger Weise alleine auf den Wortlaut der Vorschrift ab, ohne deren Zweck in der gebotenen Weise zu berücksichtigen.
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c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt sich auch aus Art. 14 Abs. 1 FluggastrechteVO keine abweichende Beurteilung.
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Nach Art. 14 Abs. 1 FluggastrechteVO muss das ausführende Luftverkehrsunternehmen sicherstellen, dass die Fluggäste bereits bei der Abfertigung durch einen deutlich sichtbaren und klar lesbaren Hinweis darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie im Falle einer Beförderungsverweigerung, einer Annullierung oder einer Verspätung um mindestens zwei Stunden am Abfertigungsschalter oder am Flugsteig eine schriftliche Auskunft über ihre Rechte, insbesondere über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen verlangen können.
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Hieraus ergibt sich zwar, dass schriftliche Informationen jedenfalls dann zu erteilen sind, wenn ein Fluggast dies verlangt. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat dies jedoch nicht zur Folge, dass auch die Information gemäß Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO nur auf Verlangen des einzelnen Fluggasts zu erteilen ist. Die Regelungen in Art. 14 Abs. 1 und 2 FluggastrechteVO betreffen vielmehr unterschiedliche Tatbestände und sehen dafür unterschiedliche Rechtsfolgen vor.
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Die Pflicht aus Art. 14 Abs.1 FluggastrechteVO greift unabhängig davon, ob es zu einer Beförderungsverweigerung, Annullierung oder Verspätung gekommen ist. Sie dient dem Zweck, den Fluggast schon im Vorfeld auf das Bestehen einschlägiger Regelungen und die Möglichkeit, nähere Informationen darüber zu erhalten, hinzuweisen. Die Pflicht aus Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO greift hingegen nur dann, wenn es tatsächlich zu einer Beförderungsverweigerung oder Annullierung oder zu einer Verspätung von mehr als zwei Stunden gekommen ist. In diesem Fall sind alle betroffenen Fluggäste zu informieren. Eine Beschränkung auf diejenigen Fluggäste, die entsprechende Informationen verlangen, ist gerade nicht vorgesehen.
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist dieses Regelungskonzept nicht in sich widersprüchlich. Der in Art. 14 Abs. 1 FluggastrechteVO vorgeschriebene Hinweis, dass die in Rede stehenden Informationen auf Verlangen auszuhändigen sind, kann vielmehr auch in den von Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO erfassten Fällen von Bedeutung sein, insbesondere dann, wenn das Luftverkehrsunternehmen seiner Verpflichtung aus dieser Vorschrift nicht von sich aus nachkommt.
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine Verpflichtung, allen von einer Beförderungsverweigerung, Annullierung oder großen Verspätung betroffenen Fluggästen unaufgefordert die gebotenen Informationen zu erteilen, zumutbar. So kann die Information im Falle einer Verspätung in aller Regel schon im Flugzeug verteilt werden. Bei einer Annullierung oder Beförderungsverweigerung ist die Kontaktaufnahme mit den betroffenen Fluggästen jedenfalls dann nicht mit allzu großem Aufwand verbunden, wenn sich diese bereits am Abfertigungsschalter oder Flugsteig eingefunden haben. In allen anderen Fällen ist eine Kontaktaufnahme in der Regel ohnehin erforderlich, um den Fluggast über die eingetretene Komplikation zu informieren. Bei dieser Gelegenheit kann auch die nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO geschuldete Information übermittelt werden.
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d) Ist das Luftverkehrsunternehmen dieser Verpflichtung nicht oder nicht vollständig nachgekommen, ist die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe als erforderlich anzusehen, sofern das Luftverkehrsunternehmen nicht darlegt, dass und aus welchen Gründen der Fluggast im Einzelfall über seine Rechte bereits soweit unterrichtet war, dass er des Hinweises nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO nicht bedurfte.
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2. Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Fluggast im Falle einer Verletzung der Informationspflicht neben der ihm zustehenden Ausgleichsleistung die Erstattung erforderlicher und zweckmäßiger Anwaltskosten verlangen, die ihm durch die außergerichtliche Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs entstanden sind. Zu den danach zu ersetzenden Kosten gehört eine Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung (BGH, NJW 2019, 1373 Rn. 10 f.).
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Der Senat hält auch an dieser Auffassung fest.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Maßgeblich ist die ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person. Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt (BGH, Urteil vom 17. September 2015 - IX ZR 280/14, NJW 2015, 3793 Rn. 8). In einfach gelagerten Fällen, bei denen mit rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht zu rechnen ist, obliegt es dem Geschädigten grundsätzlich, seine Rechte zunächst selbst geltend zu machen. Wie bereits oben dargelegt wurde, dient Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO dem Zweck, dem Fluggast in den davon erfassten Fällen eine solche Geltendmachung zu ermöglichen, obwohl für einen Fluggast typischerweise nicht ohne weiteres ersichtlich ist, welche Ansprüche in Frage kommen und gegen wen sie geltend gemacht werden.
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b) Wenn das Luftverkehrsunternehmen seiner Verpflichtung nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO nicht nachgekommen ist, muss sich ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Fluggast in der Regel nicht darauf beschränken, sich die unterbliebenen Informationen durch die Erteilung eines Beratungsmandats zu verschaffen.
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Wenn der Fluggast mangels ausreichender Belehrung nicht in der Lage ist, seine Ansprüche ohne anwaltliche Hilfe geltend zu machen, ist es in der Regel nicht zu beanstanden, dass er einen Anwalt mit der Geltendmachung seiner Rechte betraut. Das Luftverkehrsunternehmen hat es in der Hand, die damit verbundenen Kosten durch eine ordnungsgemäße Belehrung zu vermeiden. Wenn es diese Möglichkeit nicht nutzt, kann es nicht erwarten, dass der Fluggast sich darauf beschränkt, sich auf anderem Wege über die ihm zustehenden Rechte zu informieren. Der Fluggast darf den Umstand, dass er seine Rechte mangels ausreichender Information nicht selbst geltend machen kann, grundsätzlich vielmehr zum Anlass nehmen, einen anderen Weg zu suchen, um diese Rechte geltend zu machen. Dazu gehört die Beauftragung eines Anwalts mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche.
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat die Ersatzfähigkeit einer Geschäftsgebühr in dieser Konstellation nicht zur Folge, dass der betroffene Fluggast besser steht als er bei Erfüllung dieser Pflicht gestanden hätte. Der Fluggast wird insoweit entlastet, als er nicht selbst mit dem Luftverkehrsunternehmen korrespondieren muss. Dem stehen aber der zeitliche Mehraufwand für die Mandatierung des Anwalts und die Korrespondenz mit diesem gegenüber.
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V. Die angefochtene Entscheidung erweist sich nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend. Der Rechtsstreit ist vielmehr entscheidungsreif im Sinne einer antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
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1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat der Kläger in zweiter Instanz eine Verletzung der Informationspflicht aus Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO substantiiert dargelegt.
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a) Wie die Revisionserwiderung im Ansatz zutreffend geltend macht, steht die Verletzung der Informationspflicht als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal zur Darlegungs- und Beweislast des Anspruchstellers. Das Luftverkehrsunternehmen trifft aber eine sekundäre Darlegungslast, wenn der Anspruchsteller substantiiert vorträgt, nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt worden zu sein. Da der Hinweis nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO schriftlich zu geben ist, ist es dem ausführenden Luftverkehrsunternehmen regelmäßig möglich und auch zumutbar, vorzutragen, ob und mit welchem genauen Inhalt der Hinweis erteilt worden ist (BGH, NJW 2019, 1373 Rn. 9).
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b) Vor diesem Hintergrund kommt der Kläger seiner primären Darlegungslast in der Regel nach, wenn er vorträgt, das Luftverkehrsunternehmen habe keine klare Anweisung erteilt, was er zur Geltendmachung ihrer Ansprüche zu unternehmen habe (BGH, NJW 2019, 1373 Rn. 10).
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Gemessen daran ist der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers hinreichend substantiiert.
45
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe ihm und den Mitreisenden keinerlei Informationen dazu erteilt, dass ihm wegen der verspäteten Durchführung Ausgleichsansprüche zustünden. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass die Beklagte den Anforderungen aus Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO nicht genügt hat. Es hätte mithin an der Beklagten gelegen, den Wortlaut einer etwa erteilten Belehrung darzulegen.
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2. Der Vortrag der Beklagten unterliegt schon deshalb nicht der Präklusion gemäß § 529 Abs. 1 und § 531 Abs. 2 ZPO, weil die Beklagte ihn nicht bestritten hat.
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Nach den tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil ist das Vorbringen unbestritten geblieben. Dass die Beklagte, die auf die Berufung nicht schriftlich erwidert hat, das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bestritten hätte, geht auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung nicht hervor.
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3. Aus dem danach zugrunde zu legenden Sachverhalt ergibt sich, dass die Beklagte ihre Informationspflicht aus Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO verletzt hat und der Kläger deshalb grundsätzlich Anspruch auf die für die vorgerichtliche Geltendmachung angefallene Geschäftsgebühr hat. Besondere Umstände, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
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4. Die geltend gemachte Forderung, die sich aus einer 1,3 Geschäftsgebühr, der Pauschale für Post und Telekommunikation und der Umsatzsteuer zusammensetzt, ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
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VI. Für die von der Beklagten angeregte Vorlage an den EuGH besteht kein Anlass.
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Der Senat hat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt, dass an einer Auslegung von Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO im vorgenannten Sinne keine Zweifel bestehen (BGH, Urteil vom 12. September 2017 - X ZR 102/16, RRa 2018, 76 = NJW 2018, 1251 Rn. 25). Der Umstand, dass verschiedene Instanzgerichte eine abweichende Auffassung vertreten und das Berufungsgericht in einem anderen Verfahren einschlägige Vorlagefragen an den Gerichtshof gerichtet hat, führen insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Wie bereits oben dargelegt wurde, beruht die Auffassung des Berufungsgerichts im Wesentlichen auf einer isolierten Betrachtung des Wortlauts.
52
VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Bacher
Grabinski
Hoffmann
Marx
Rensen
Von Rechts wegen