03.02.2022 · IWW-Abrufnummer 227321
Bundesgerichtshof: Urteil vom 13.01.2022 – IX ZR 64/21
Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren die Restschuldbefreiung erteilt, gehört der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen zur Insolvenzmasse und nicht zum insolvenzfreien Neuerwerb des Schuldners, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während des Verfahrens vor Ablauf der Abtretungsfrist verwirklicht worden ist.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2022 durch den Vorsitzenden Richter Grupp, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, Röhl und Dr. Schultz
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 1. April 2021 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Über das Vermögen der Klägerin wurde am 19. September 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Parteien streiten um die Massezugehörigkeit von (Einkommen-)Steuererstattungsansprüchen für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2017 und teilweise auch für 2018. Die entsprechenden Steuererklärungen wurden zunächst nicht abgegeben. Erst nach Ablauf der Abtretungsfrist am 19. September 2018 und in Rechtskraft erwachsener Erteilung der Restschuldbefreiung am 29. November 2018 wurde die Klägerin zur Herausgabe der für die Abgabe der Steuererklärungen erforderlichen Unterlagen aufgefordert. Die Steuererklärungen für die Jahre 2016 und 2017 gab die Klägerin selbst ab, die Erklärungen für die Jahre 2012 bis 2015 und 2018 der Beklagte. Jedenfalls für den Veranlagungszeitraum 2018 liegt zwischenzeitlich ein Steuerbescheid vor, der einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.031,67 € ausweist. Der Erstattungsbetrag wurde an den Beklagten ausgezahlt.
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Der Beklagte ist der Ansicht, die Steuererstattungsansprüche für die Veranlagungszeiträume bis zum Ablauf der Abtretungsfrist stünden der Masse zu. Von dem Erstattungsbetrag für den Veranlagungszeitraum 2018 hat er deshalb 293,96 € (104/365) an die Klägerin ausgekehrt. Die Klägerin meint, sämtliche Steuererstattungsansprüche für die Jahre 2012 bis 2018 seien Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist und deshalb nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst. Für den Veranlagungszeitraum 2018 verlangt sie zuletzt Zahlung in Höhe des vom Beklagten vereinnahmten Differenzbetrags (1.031,67 € abzgl. 293,96 € = 737,71 €). Im Blick auf die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2017 begehrt die Klägerin im Wege einer Stufenklage Auskunft, in welcher Höhe Erstattungsansprüche festgesetzt und an den Beklagten zur Auszahlung gebracht worden sind. In zweiter Stufe verlangt sie Zahlung in Höhe der vom Beklagten vereinnahmten Beträge. Ferner möchte die Klägerin festgestellt wissen, dass noch nicht an den Beklagten zur Auszahlung gebrachte Erstattungsansprüche ihr und nicht der Masse zustehen. In Höhe der erfolgten Auszahlung haben die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Das Amtsgericht hat dem Beklagten die Kosten für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits auferlegt und die verbliebene Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I.
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Das Berufungsgericht hält die Klage insgesamt für unbegründet, weil die nach der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung verbliebenen Veranlagungszeiträume vor dem Ablauf der Abtretungsfrist lägen. Da das Insolvenzverfahren 2012 eröffnet worden sei, sei die Rechtslage vor dem 1. Juli 2014 maßgeblich. § 300a InsO finde deshalb keine Anwendung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien Steuererstattungsansprüche nach Ablauf der Abtretungsfrist grundsätzlich massefrei und stünden dem Schuldner zu. Dabei sei ohne Bedeutung, dass Ansprüche auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen nicht von der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst würden. Höchstrichterlich ungeklärt sei die Frage, ob Steuererstattungsansprüche, die einen vor Ablauf der Abtretungsfrist liegenden Veranlagungszeitraum beträfen, massefrei seien, wenn sie erst nach Ablauf der Abtretungsfrist ausgezahlt würden. Diese Frage werde im Schrifttum unterschiedlich bewertet. Richtigerweise sei auf den Veranlagungszeitraum und nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung abzustellen.
II.
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Das hält rechtlicher Prüfung stand.
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1. Auf den Streitfall finden die Vorschriften der Insolvenzordnung in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Fassung Anwendung, weil das Insolvenzverfahren vor dem 1. Juli 2014 beantragt worden ist ( Art. 103h EGInsO ).
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2. Zu dieser Rechtslage und im Blick auf eine mögliche Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 InsO hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen zur Insolvenzmasse gehört, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist ( BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04 ,ZInsO 2006, 139Rn. 11 ff).
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Die Frage, ob ein Steuererstattungsanspruch dem freien Vermögen des Schuldners oder der Masse zuzuordnen ist, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht, sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist. Der Anspruch hängt in diesem Fall nur noch vom Zeitablauf ab (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006, aaO Rn. 15).
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Geht der Einkommensteuererstattungsanspruch - wie hier - auf die vom Arbeitslohn des Schuldners einbehaltene Lohnsteuer zurück, wird der Rechtsgrund für den Anspruch bereits mit der Abführung der Lohnsteuer gelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006, aaO Rn. 16). Der Erstattungsanspruch steht dann lediglich unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer ist als die Summe der Anrechnungsbeträge, so dass sich gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG , § 37 Abs. 2 AO ein Erstattungsanspruch ergibt. Die Finanzbehörde ist bereits dann etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt verwirklicht worden ist (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006, aaO Rn. 17). Der Insolvenzschuldner erlangt mit der Vorauszahlung eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch, so dass dieser in die Masse fällt, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht ist (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006, aaO Rn. 18).
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3. Nach diesen Grundsätzen bemisst sich auch, ob ein Steuererstattungsanspruch zur Masse oder zu dem insolvenzfreien Neuerwerb gehört, der nach Ablauf der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO entsteht, wenn dem Schuldner - wie hier - während des laufenden Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung erteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08 , BGHZ 183, 258 Rn. 30, 36 ff zur Entstehung des insolvenzfreien Neuerwerbs).
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Für die Abgrenzung des insolvenzbefangenen vom insolvenzfreien Vermögen des Schuldners ist es im Grundsatz und so auch hier ohne Bedeutung, ob der Insolvenzbeschlag mit der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens insgesamt erlischt oder nur für den Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist entfällt. Deshalb sind die vom Bundesgerichtshof zur Bestimmung der Massezugehörigkeit eines Steuererstattungsanspruchs des Schuldners angenommenen Grundsätze ohne weiteres auf den Streitfall anwendbar. Dass der Insolvenzbeschlag wegen der Fortdauer des Insolvenzverfahrens mit Ausnahme des Neuerwerbs fortbesteht, ist insoweit ohne Bedeutung.
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4. Die - im Streitfall noch nicht anwendbare - Vorschrift des § 300a InsO gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Vorschrift ändert nichts daran, wie die Massezugehörigkeit eines Steuererstattungsanspruchs zu bestimmen ist.
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a) § 300a InsO ist missverständlich formuliert. § 300a Abs. 1 Satz 2 InsO nimmt Vermögensbestandteile von den Wirkungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO aus, die nach hergebrachten Grundsätzen ohnehin nicht als Neuerwerb im Sinne des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO in Betracht kommen (vgl. Jaeger/Preuß, InsO, § 300a Rn. 22 ff). Dadurch kann der Eindruck entstehen, der Gesetzgeber habe für die Bestimmung des Neuerwerbs in Abkehr von hergebrachten Grundsätzen auf den Zeitpunkt des Vermögenszuflusses abstellen wollen (so etwa Römermann in Nerlich/Römermann, InsO, § 300a Rn. 5). Dieser Eindruck wird durch missverständliche Formulierungen in den Gesetzesmaterialien noch verstärkt (vgl. BT-Drucks. 17/11268, S. 31). Der Eindruck ist nicht gerechtfertigt.
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b) Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Das Gesetz trennt also zwischen dem bereits vorhandenen Vermögen und dem nach Verfahrenseröffnung hinzukommenden, dem Neuerwerb. Hintergrund der Unterscheidung ist, dass unter der Geltung der Konkursordnung der Neuerwerb nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst war (vgl. § 1 Abs. 1 KO). Durch die Einbeziehung des Neuerwerbs in den Insolvenzbeschlag stellen sich Fragen der Abgrenzung zwischen dem bei Eröffnung des Verfahrens bereits vorhandenen Vermögen und dem (ehemals) insolvenzfreien Neuerwerb (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. November 1988 - IX ZR 210/87 ,ZIP 1989, 110, 113) nicht mehr.
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Ganz ähnliche Abgrenzungsfragen können sich jedoch im Laufe oder nach Abschluss des Insolvenzverfahrens stellen. Eine Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 InsO kann etwa nur dann angeordnet werden, wenn es sich um einen Gegenstand der (ursprünglichen) Masse handelt und nicht um neu erworbenes insolvenzfreies Vermögen des Schuldners (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2005 - IX ZB 17/04 ,ZIP 2006, 143Rn. 7; vom 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04 ,ZInsO 2006, 139Rn. 12 ff; vom 9. Oktober 2014 - IX ZA 20/14 , NZI 2014, 1064 Rn. 7). Wenn dem Schuldner während des laufenden Verfahrens die Restschuldbefreiung erteilt wird, ist das weiter insolvenzbefangene Vermögen vom insolvenzfreien Neuerwerb abzugrenzen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZB 19/18 ,ZInsO 2018, 2517Rn. 7; Jaeger/Preuß, InsO, § 300a Rn. 25).
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Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den genannten Abgrenzungsfragen ist zu entnehmen, dass es nicht auf den Zeitpunkt des konkreten Vermögenszuflusses ankommt. Entscheidend ist vielmehr, wann der Rechtsgrund für den Vermögenszufluss im insolvenzrechtlichen Sinne gelegt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1988, aaO; Beschluss vom 1. Dezember 2005, aaO; vom 12. Januar 2006, aaO Rn. 15; vom 9. Oktober 2014, aaO). Von Bedeutung kann auch sein, ob es sich bei dem Vermögenszufluss um Erträge aus der Verwaltung und Verwertung des dem Insolvenzbeschlag weiterhin unterliegenden Vermögens handelt (BGH, Beschluss vom 27. September 2018, aaO).
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c) Die vorgenannte Rechtsprechung ist bei der Schaffung des § 300a Abs. 1 InsO ersichtlich nicht bedacht worden. Sonst hätte keine Veranlassung bestanden, die Ausnahmeregelung des § 300a Abs. 1 Satz 2 InsO zu schaffen. Der Gesetzgeber wollte an der rechtlichen Ausgangslage nichts ändern, sondern lediglich die vom Bundesgerichtshof zur Erteilung der Restschuldbefreiung im laufenden Insolvenzverfahren entwickelte Lösung übernehmen (BT-Drucks. 17/11268, S. 31). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll dem Schuldner in Bezug auf seine Restschuldbefreiung kein Nachteil dadurch entstehen, dass das Insolvenzverfahren über sein Vermögen noch nicht abgeschlossen werden konnte (BT-Drucks. 17/11268, aaO). Dem Schuldner darf aber auch kein Vorteil entstehen. Dem Schuldner kann deshalb nicht Vermögen zufließen, auf das die Insolvenzgläubiger - erforderlichenfalls im Rahmen einer Nachtragsverteilung - hätten zugreifen können, wenn das Insolvenzverfahren schon vor Ablauf der Abtretungsfrist und Erteilung der Restschuldbefreiung beendet worden wäre. Dieser Gedanke liegt ersichtlich der Regelung des § 300a Abs. 1 Satz 2 InsO zugrunde. Dabei ist jedoch übersehen worden, dass es sich bei den genannten Fällen nach hergebrachten Grundsätzen ohnehin nicht um Neuerwerb handelt, der nach § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners fallen kann. § 300a Abs. 1 InsO ist daher keine Abkehr von den zur Bestimmung der Massezugehörigkeit eines Vermögensgegenstands entwickelten Grundsätzen zu entnehmen.
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d) § 300a Abs. 1 Satz 2 InsO regelt drei (vermeintliche) Ausnahmefälle. Zum einen sollen Vermögensbestandteile, die aufgrund einer Anfechtung des Insolvenzverwalters zurückgewährt werden, auch dann zur Insolvenzmasse gehören, wenn die Rückgewähr erst nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO erfolgt. Gleiches soll gelten, wenn Vermögensbestandteile aufgrund eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits oder aufgrund Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse gehören. In allen drei Fällen handelt es sich ohnehin um Bestandteile der weiterhin dem Insolvenzbeschlag unterliegenden Masse.
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aa) Der Rückgewähranspruch aus § 143 InsO wird mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig. Das Anfechtungsrecht setzt tatbestandsmäßig die Eröffnung des Verfahrens voraus. Der entsprechende Anspruch kann nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Daher entsteht das Anfechtungsrecht erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zugleich wird damit der Rückgewähranspruch fällig, weil es für die Insolvenzanfechtung keiner gesonderten Erklärung bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 20; st. Rspr.). Vor diesem Hintergrund gehört der insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch auch dann zur Masse, wenn er erst nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO erfüllt wird. Darauf, ob der Verwalter den Anspruch vor diesem Zeitpunkt geltend gemacht hat und in welcher Form dies geschehen ist (vgl. Wenzel inKübler/Prütting/Bork, InsO, 2021, § 300a Rn. 4; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 15. Aufl., § 300a Rn. 5; MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 300a Rn. 15), kommt es nicht an. Ohnehin steht das aus einer Insolvenzanfechtung Erlangte in keinem Fall dem Schuldner zu (vgl. auch § 18 AnfG ). Es dient einzig und allein der Rückgängigmachung einer Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO und nicht der Anreicherung des nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO insolvenzfreien Vermögens des Schuldners.
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bb) Der zweite Ausnahmefall des § 300a Abs. 1 Satz 2 InsO ist nicht aus sich heraus verständlich. Die Führung eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter kann eine Massezugehörigkeit weder begründen noch ausschließen; die Führung eines Rechtsstreits sagt deshalb für sich genommen nichts über die Massezugehörigkeit eines Vermögensbestandteils aus. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 17/11268, S. 31) ist die Führung eines Rechtsstreits über eine massebefangene Forderung gemeint. Die Massezugehörigkeit einer solchen Forderung wird nicht dadurch berührt, dass die Voraussetzungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO eintreten. Auch hier ist ohne Bedeutung, wann der Rechtsstreit eingeleitet worden ist (aA Uhlenbruck/Sternal, aaO; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO Rn. 16).
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cc) Entsprechendes gilt für den dritten, § 300a Abs. 1 Satz 2 InsO zu entnehmenden Ausnahmefall. Die Vornahme einer Verwertungshandlung durch den Verwalter sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob ein massebefangener oder massefreier Vermögensgegenstand verwertet wird. Den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 17/11268, aaO) lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass es um die Verwertung eines massezugehörigen Vermögensgegenstands geht. Ein solcher bleibt auch nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO Massebestandteil. Dass der Verwalter den Gegenstand verwertet und die Verwertungshandlung erst nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO abgeschlossen werden kann, ändert daran nichts. Weil der Gegenstand Massebestandteil bleibt, ist auch ohne Bedeutung, ob und falls ja wann mit der Verwertungshandlung begonnen wird (aA wiederum Uhlenbruck/Sternal, aaO; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO Rn. 17).
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5. Nach den vorstehenden Grundsätzen sind die streitbefangenen Steuererstattungsansprüche für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2017 Bestandteil der Masse in dem fortdauernden Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Die Abtretungsfrist ist erst am 19. September 2018 abgelaufen.
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6. Entgegen der Ansicht der Revision begegnet die Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil es den von der Klägerin geltend gemachten (weitergehenden) Zahlungsanspruch für den Veranlagungszeitraum 2018 verneint hat. Der Beklagte hat den Erstattungsbetrag pro rata temporis auf die Zeiträume vor und nach Ablauf der Abtretungsfrist aufgeteilt. Die Klägerin verlangt mit ihrer Zahlungsklage den nach der Berechnung des Beklagten auf den Zeitraum vor Ablauf der Abtretungsfrist entfallenden Betrag. Damit kann sie keinen Erfolg haben.
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Für die Massezugehörigkeit des Steuererstattungsanspruchs für den Veranlagungszeitraum kommt es nicht auf das Ende des Veranlagungszeitraums, sondern auf den Zeitpunkt der Abführung der Lohnsteuer an (vgl. oben Rn. 10). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Klägerin, in deren Sphäre die Abführung der Lohnsteuer erfolgt ist, die Berechnung des Beklagten in den Tatsacheninstanzen infrage gestellt hätte.
Grupp
Lohmann
Schoppmeyer
Röhl
Schultz
Von Rechts wegen