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  • 19.11.2024 · IWW-Abrufnummer 244897

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 26.08.2024 – 1 U 144/24

    Eine gemischte Kostenentscheidung ist nicht anfechtbar, wenn zum Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsmittelschrift die Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO bereits abgelaufen und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr.1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer in der Hauptsache nicht erreicht ist.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    1 U 144/24

    Tenor:

    wird die Berufung des Klägers gegen das am 17.05.2024 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf (6 O 279/21) als unzulässig verworfen.

    Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

    1
    Gründe:

    2
    I.

    3
    Der Kläger hat die Beklagten mit am 12.11.2021 beim Landgericht eingegangener Klage auf Schadensersatz in Höhe von 7.763,44 € nebst außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls vom 11.9.2021 in Anspruch genommen. Bereits vor der Zustellung der Klageschrift an die Beklagten am 5.2.2022 zahlten diese am 22.11.2021 auf die Klageforderung 2.992,70 €. Am 5.7.2022 hat der Kläger die Klage im Umfang dieser Zahlung zurückgenommen und die Zahlung der noch verbleibenden 4.770,74 € nebst außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten begehrt. Mit Urteil vom 17.5.2024 hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung von 4.759,75 € nebst außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verurteilt und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 39 % und den Beklagten zu 61 % auferlegt. Die Beklagten hafteten dem Kläger dem Grunde nach vollständig, lediglich der Höhe nach sei der Schaden wegen überhöhter, nicht ersatzfähiger Schreibkosten des eingeschalteten Sachverständigen im Umfang von 16,80 € zu kürzen. Die Kostenentscheidung hat das Landgericht auf §§ 92, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO gestützt. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.5.2014 zugestellt.

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    Mit seiner am 18.6.2024 beim Oberlandesgericht eingegangenen Berufung hat der Kläger zunächst die Abänderung der Kostenentscheidung des Urteils begehrt. Die Beklagten seien dem Kläger dem Grunde nach einstandspflichtig und hätten noch vor Rechtshängigkeit seiner Klage einen Teilbetrag reguliert. Mit Verfügung vom 24.6.2024 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass im Falle gemischter Kostenentscheidungen eine isolierte Anfechtung stattzufinden hat und die Berufung unzulässig ist. Wegen der abgelaufenen Beschwerdefrist (§§ 269 Abs. 5, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) komme eine Umdeutung des Rechtsmittels nicht mehr in Betracht. Daraufhin hat der Kläger mit am 3.7.2024 eingegangenem Schriftsatz die Berufung dahingehend erweitert, dass er nunmehr das Urteil auch in der Hauptsache hinsichtlich der ihm vom Landgericht nicht zugesprochenen 16,80 € für Schreibkosten des Sachverständigen anfechte. Er ist der Ansicht, hierzu im Rahmen der Berufungsbegründungsfrist berechtigt zu sein. Angesichts der von ihm begehrten Änderung der Kostenentscheidung komme es auf eine Mindestbeschwer im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht an.

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    II.

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    Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

    7
    Dabei kann offenbleiben, ob eine Erweiterung der Berufung, wie mit Schriftsatz vom 3.7.2024 erklärt, in Betracht kam. Auch ihre Wirksamkeit unterstellt wird der erforderliche Mindestwert der Beschwer in der Hauptsache von 600,00 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht; der Kläger begehrt in der Hauptsache lediglich die Zahlung weiterer 16,80 €. Auf die Höhe der durch die Kostenentscheidung entstehenden Beschwer kommt es dabei nicht an (vgl. Musielak/Voit/Flockenhaus, 21. Aufl. 2024, ZPO § 99 Rn. 5, beck-online; Anders/Gehle/Göertz, 82. Aufl. 2024, ZPO § 99 Rn. 22, 24, beck-online; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 99 ZPO, Rn. 2; Stein/Jonas/Muthorst, 23. Aufl. 2016, ZPO § 99 Rn. 6, beck-online). Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht. Die anteiligen Prozesskosten erhöhen den Wert der Beschwer nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 15.12.2020 ‒ VIII ZR 341/19, juris Rn. 12 mwN). Ist ein Rechtsmittel zur Hauptsache nicht zulässig eingelegt, ist auch die von der Hauptsache umfasste Kostenentscheidung gemäß § 99 Abs. 1 ZPO nicht isoliert mit einem Rechtsmittel angreifbar (vgl. BGH Beschl. v. 13.10.2021 ‒ IX ZB 43/21, BeckRS 2021, 32847 Rn. 3, beck-online).

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    Auch eine Umdeutung des Rechtsmittels in eine zulässige sofortige Beschwerde kam nicht in Betracht, da die hierfür einzuhaltende Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht eingehalten war. Im Falle gemischter Kostenentscheidungen ‒ also solcher Kostenentscheidungen, die neben dem Obsiegen und Unterliegen in dem zur Hauptsache entschiedenen Teil auch auf einer teilweisen Erledigung, einem teilweisen Anerkenntnis oder, wie hier, einer teilweisen Rücknahme beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 ‒ XII ZB 165/06 ‒, Rn. 8, juris)  ‒ steht für eine Anfechtung des nicht zur Entscheidung in der Hauptsache gehörenden Teils der Entscheidung nicht die Berufung, sondern nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung (BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 ‒ I ZR 92/90 ‒, BGHZ 113, 362-366, Rn. 12; BeckOK ZPO/Bacher, 53. Ed. 1.7.2024, ZPO § 269 Rn. 29, beck-online; vgl. auch Anders/Gehle/Anders, 82. Aufl. 2024, ZPO § 269 Rn. 68, beck-online). Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn das Gericht erster Instanz fälschlich durch Urteil entschieden hat und der Vertrauensgrundsatz, dass der Partei aus einer irrtümlich falschen Entscheidungsform kein Nachteil erwachsen soll, die Annahme der Statthaftigkeit des Rechtsmittels gebietet (BGH a.a.O. Rn. 13). So liegt der Fall aber nicht. Vielmehr hat das Landgericht über den nicht zurückgenommenen Teil der Klage durch Urteil entscheiden müssen und in diesem Rahmen zutreffend eine gemischte Kostenentscheidung getroffen.

    9
    III.

    10
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

    11
    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.582,97 € festgesetzt.

    12
    Düsseldorf, 27.08.20241. Zivilsenat

    RechtsgebietProzessrechtVorschriften§ 569 ZPO