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  • 18.03.2025 · IWW-Abrufnummer 247129

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 24.06.2024 – 29 U 100/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Frankfurt 29. Zivilsenat, Urteil vom 24.06.2024, Az. 29 U 100/22

    Tenor

    Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2022, Az. 2-33 O 174/21, wird zurückgewiesen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen die Vollstreckung hinsichtlich der Stellung der Sicherheit nach § 650f BGB durch Sicherheitsleistung in Höhe 4.265.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.876.147,70 € festgesetzt.

    Gründe
    I.

    Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben in Stadt.

    Mit Pauschalpreis-Bauvertrag vom 4. Juni 2019 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Errichtung einer Wohnanlage, bestehend aus zwei Mehrfamilienhäusern mit 30 Wohneinheiten, zwei Gewerbeeinheiten und einem Pavillon auf einer gemeinsamen Tiefgarage in Stadt1, Straße 1a bis 1b. Die Auftragssumme betrug 6.900.000,00 € netto beziehungsweise 8.211.000,00 € brutto. Die Geltung der VOB/B wurde vereinbart (Anlage K3, Anlagen-Ordner I). Das Bauwerk wurde zum Teil errichtet.

    Am 24. Oktober 2019 fand eine Besprechung zwischen den Parteien statt, in deren Anschluss diese am 7. bzw. 8. November 2019 die „Vertragsergänzung Nr. 05a - Entfall Erdarbeiten (Gutschrift)“ unterzeichneten (Anlage K19, Anlagen-Ordner I). Am 9. April bzw. 23. April 2020 einigten sich die Parteien auf verschiedene „Vertragsergänzungen und Zusatzleistungen“, deren Zusammenfassung vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet wurde (Anlage K14, Anlagenband VI).

    Am 25. März 2021 erfolgte eine gemeinsame Begehung des Rohbaus der Tiefgarage, über welche ein Teil-Abnahmeprotoll erstellte und von beiden Parteien unterzeichnet wurde (Anlage B1, Anlagen-Ordner IV). Die Beklagte behielt sich dabei eine Reihe von Mängeln vor.

    Im weiteren Verlauf der Bauarbeiten kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten.

    Mit Schreiben vom 29. Juni 2021 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 21. Juni 2021 auf, eine Sicherheit gemäß § 650f BGB in Höhe von 1.000.000,00 € zu leisten (Anlage K12, Anlagenband VI).

    Unter dem 30. Juni 2021 stellte die Klägerin eine Teilschlussrechnung über den Rohbau der Tiefgarage über 2.608.277,31 € netto beziehungsweise 3.103.850,00 € brutto (Anlage B6, Anlagen-Ordner IV).

    Mit Schreiben vom 21. Juli 2021 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bauvertrags unter Berufung auf § 8 Abs. 3 VOB/B (Anlage K4, Anlagen-Ordner I). Mit Schreiben vom 23. Juli 2021 wies die Klägerin diese Kündigung als unwirksam und unberechtigt zurück und erklärte ihrerseits gemäß § 650f Abs. 5 BGB die Kündigung des Vertrags (Anlage K5, Anlagen-Ordner I).

    Zum Zeitpunkt der wechselseitig erklärten Kündigungen hatte die Beklagte Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 3.981.950.000 € an die Klägerin geleistet.

    Am 29. Juli 2021 führte die Klägerin eine Leistungsstandfeststellung auf der Baustelle durch.

    Am 6. August 2021 erklärte die Beklagte die Abnahme der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen der Klägerin unter Vorbehalt einer Vielzahl von Mängeln.

    Die Parteien führten im August 2021 ein einstweiliges Verfügungsverfahren beim Landgericht Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 2-33 O 140/21, in welchem es um die Herausgabe von Baumaterialien im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ging (Anlage K7, Anlagen-Ordner I).

    Mit der hiesigen Klage vom 20. Oktober 2021 hat die Klägerin eine Schlussrechnung vorgelegt, die mit einer Brutto-Schlussrechnungssumme von 7.975.715,18 € endete (Anlage K11, Anlagen-Ordner I), was unter Abzug der unstreitig geleisteten Abschlagszahlungen einen von der Klägerin ermittelten Schlussrechnungssaldo von 3.993.765,18 € (brutto) ergab. Dieser Betrag entspricht der Hauptforderung, für die in erster Instanz Sicherheit verlangt wurde.

    Mit Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. August 2022 (Az. 2-20 O 99/21) erwirkte die Klägerin die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek wegen einer Werklohnforderung gemäß § 650e BGB in Höhe von 1.559.823,00 € auf dem Grundstück Straße1a bis 1b, Stadt1, Amtsgericht Stadt2, Blatt …, Flur …, Flurstücke … und … (Anlage K8, Anlagen-Ordner I), wobei im Zeitpunkt des Beschlusses vom 23. August 2022 der Geschäftsführer der Beklagten im Grundbuch des genannten Grundstücks eingetragen war (Anlage K9, Anlagen-Ordner I).

    Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, mit der von ihr vorgelegten Schlussrechnung sei ihr Vergütungsanspruch schlüssig dargelegt. Etwaige Einwendungen der Beklagten oder von dieser behauptete Gegenforderungen seien im Hinblick auf die hiesige auf § 650f BGB gestützte Klageforderung unbeachtlich.

    Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2022 hat die Klägerin eine korrigierte Schlussrechnung vorgelegt (Anlage K18, Anlagen-Ordner I), welche mit einem Saldo in Höhe von 4.187.004,56 € zu Gunsten der Klägerin endet (im Folgenden: Schlussrechnung).

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Sicherheit gemäß § 650f BGB in Verbindung mit § 232 Abs. 1 BGB in Höhe von 3.993.765,18 € zzgl. 10 % Nebenforderungen, mithin in Höhe von insgesamt 4.393.141,70 € zu leisten.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen

    Widerklagend hat sie beantragt,

    1. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 2.720.147,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

    2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte eine den Anforderungen des § 17 Abs. 4 VOB/B entsprechende Bürgschaft in Höhe von 155.192,50 € zur Absicherung ihrer Mängelansprüche bezüglich der mit der Teilabnahme vom 25. März 2021 abgenommenen Werkleitung zu übergeben.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Widerklage abzuweisen.

    Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass die Klägerin den zu sichernden Vergütungsanspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Die Schlussrechnung sei nicht prüfbar, da die Klägerin den Rohbau der Tiefgarage bereits schlussabgerechnet habe und sie diese Leistungen daher nicht nochmals hätte in die Schlussrechnung einbeziehen dürfen.

    Auch sei die Schlussrechnung schon deshalb nicht prüfbar, da die Klägerin keine Urkalkulation vorgelegt habe.

    Die von der Klägerin behauptete zu sichernde Vergütungsforderung sei zudem überhöht. Eine Überprüfung durch den Privatsachverständigen der Beklagten, X, habe ergeben, dass unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen und ohne Berücksichtigung von Mängeln rechnerisch eine Restvergütung in Höhe von 937.982,09 € netto verbleibe.

    Die Klägerin habe nicht berücksichtigt, dass die Parkettarbeiten aus dem Hauptauftrag herausgelöst worden seien und sich deshalb das Auftragsvolumen reduziert habe; auch weitere Leistungsminderungen seien in der Abrechnung der Klägerin nicht berücksichtigt worden. Ferne rechne die Klägerin Leistungen als erbracht ab, welche nach ihrem eigenen Vortrag nicht erbracht seien.

    Soweit die Klägerin Sicherung von Nachträgen verlange, sei dies bereits dem Grunde nach nicht zulässig, soweit es sich um streitige Nachträge handele.

    Die Beklagte ist weiter der Auffassung gewesen, dass das Sicherheitsverlangen der Klägerin rechtsmissbräuchlich sei, da der Klägerin schwerwiegende Vertragsverletzungen vorzuwerfen seien.

    Die Beklagte hat behauptet, dass die Klägerin tatsächlich in Höhe von 2.720.147,91 € netto überbezahlt sei. Dem theoretischen Restvergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 937.982,09 € netto stehe ein Anspruch der Beklagten auf Verzugsschaden in Höhe von 1.019.200,00 € entgegen, mit dem die Beklagte - unstreitig - hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat. Weiter hat die Beklagte behauptet, ihr stehe gegen die Klägerin ein Anspruch auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 2.638.930,00 € netto zu. Diese sowie den - den behaupteten Restvergütungsanspruch der Klägerin übersteigenden - Betrag des geltend gemachten Verzugsschadens hat die Klägerin im Wege der Widerklage geltend gemacht.

    Hinsichtlich der weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen (Bl. 375 ff. d. A.).

    Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 20. Mai 2022 dem Klageantrag der Klägerin stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Sicherheit gemäß § 650f BGB in Höhe von 3.876.147,70 € - nach Wahl der Beklagten in der Form des § 650f Abs. 2 BGB oder des § 232 BGB - zu leisten. Es hat die Kosten der Entscheidung dem Schlussurteil vorbehalten und das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.265.000,00 € für vorläufig vollstreckbar erklärt.

    Über den Antrag auf Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB habe vorab durch Teilurteil entschieden werden können, da die Klage zur Entscheidung reif sei, über die Widerklage hingegen erst nach Beweisaufnahme entschieden werden könne.

    Die Klägerin habe einen zu sichernden Vergütungsanspruch in Höhe von 3.876.147,70 € brutto schlüssig dargelegt, der sich aus der Tabelle auf S. 18 d. Urteilsgründe ergebe (Bl. 392 d. A.).

    Dies gelte wegen des im Rahmen von § 650f BGB zu beachtenden Schutzbedürfnisses des Auftragnehmers, obwohl die Beklagte sich hier auf eine außerordentliche Kündigung des Bauvertrages berufe. Diese könne, weil die zugrundeliegenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig seien, bei der Ermittlung des zu sichernden Vergütungsanspruchs keine Berücksichtigung finden. Einwendungen der Beklagten seien nur insoweit zu berücksichtigen, als sie geeignet seien, ohne weitere Sachaufklärung die Schlüssigkeit des klägerischen Sicherheitsverlangen zu erschüttern.

    Die Klägerin habe einen sicherungsfähigen Anspruch für erbrachte Leistungen aus dem Hauptvertrag in Höhe von 5.510.317,24 € schlüssig dargelegt, obwohl zwischen den Parteien ein gekündigter Pauschalpreisvertrag abzurechnen gewesen sei. Die von der Klägerin vorgelegte Schlussrechnung genüge den Anforderungen an eine solche Abrechnung, auch wenn keine Urkalkulation vorgelegt worden sei. Die Klägerin habe weiter einen sicherungsfähigen Anspruch für erbrachte Leistungen aus Nachträgen in Höhe von insgesamt 797.011,26 € netto dargelegt. Des Weiteren können die Klägerin für Nebenforderungen Sicherheit in Höhe von 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs verlangen. Da die Parteien eine Bruttoabrechnung vereinbart hätten, gehöre weiter auch die Umsatzsteuer zum zu sichernden Umfang der Forderung.

    Ein Anspruch auf Vergütung nicht erbrachter Leistungen sei durch die Klägerin indes derzeit nicht schlüssig dargelegt. Auch seien weitere Forderung der Klägerin entgegen ihres Vortrags nicht sicherungsfähig. Die weiteren Einwendungen der Beklagten griffen nicht durch.

    Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten.

    Sie ist der Auffassung, das Sicherungsverlangen sei unschlüssig, weil die Schlussrechnung ebenfalls unschlüssig, insbesondere nicht prüffähig sei. Dies ergebe sich vornehmlich aus der Wirksamkeit der Teilabnahme am 20. März 2021. Die Schlussrechnung der Klägerin sei nicht prüfbar, weil sie sich auf die Gesamtleistung aus dem streitgegenständlichen Werkvertrag beziehe und die bereits gestellte Teilschlussrechnung unberücksichtigt lasse. Mit dieser seien die Leistungen endgültig abgerechnet worden, was eine nochmalige Erfassung in der Schlussrechnung ausschließe. Weiter widersprächen sich die Teilschlussrechnung und die Schlussrechnung. Darüber hinaus sei die Schlussrechnung auch aus anderen Gründen unschlüssig, was die Berufung unter Bezugnahme auf die erstinstanzlich erhobenen Einwendungen näher ausführt. Insbesondere fehle es an einer Urkalkulation, welche die Klägerin bereits nach der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet sei vorzulegen. Jedenfalls sei die Schlussrechnung überhöht. Der Leistungsstand bis zur Kündigung sei unzutreffend ermittelt, insbesondere die Position Erdaushub sei unstreitig nicht von der Klägerin erbracht worden, außerdem sei es zu Unstimmigkeiten bei den Wiegescheinen gekommen. Die Nachträge seien bereits dem Grunde nach nicht unstreitig. Das Sicherungsverlangen sei im Übrigen rechtsmissbräuchlich, unter anderem, weil die Klägerin sich dadurch aus einem unliebsamen Vertrag „geflüchtet“ habe. Außerdem habe die Klägerin eine von ihr nach dem Vertrag geschuldete Sicherheit selbst nicht gestellt.

    Die Beklagte beantragt,

    das Teilurteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2022 (Az. 2-33 O 174/21) wird vollumfänglich zurückgewiesen.

    Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

    Die Klägerin hat aufgrund des Teilurteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2022 einen Teil-Vollstreckungsversuch über eine Sicherheitsleistung der Beklagten von etwa 1 Millionen Euro unternommen, der zu einem Vollstreckungserfolg von unter 100,00 € geführt hat.

    II.

    Die zulässige Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist indes unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass der Klägerin ein Sicherungsanspruch nach § 650f BGB in Höhe von 4.265.000,00 € zusteht. Der Sicherungsanspruch besteht trotz gekündigtem Pauschalpreisvertrag und das Sicherungsverlangen ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Weder die vorgebrachten Berufungsrügen noch die gemäß § 529 Abs. 2 S. 2 ZPO von Amts wegen durchzuführende Prüfung lassen erkennen, dass die Verurteilung der Beklagten auf einer Rechtsverletzung beruht oder dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

    1. Das Verfahren ist nicht bereits gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Landgericht hat nicht im Wege eines unzulässigen Teilurteils entschieden. Ein Teilurteil über eine Klage, mit der ein Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 650f BGB geltend gemacht wird, ist nicht deshalb unzulässig, weil die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Bezug auf den Gegenstand der gleichzeitig erhobenen Widerklage besteht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20 -, BGHZ 230, 120-130 Rz. 26). Zur Erreichung des Gesetzeszwecks ist wegen der Eilbedürftigkeit des Sicherungsanspruchs ein Ausnahmefall von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen, der es rechtfertigt, einen etwaigen Widerspruch zwischen Teilurteil und Endurteil hinzunehmen (BGH a. a. O.).

    2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Stellung einer Sicherheit im Sinne von § 650f Abs. 1 BGB in Höhe von in Höhe 3.876.147,70 € zu. Die Klägerin konnte einen zu sichernden Werklohnanspruch in gleicher Höhe schlüssig darlegen. Nach § 650f Abs. 1 BGB kann der Unternehmer vom Besteller eines Bauwerks Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. Für die Geltendmachung dieses Anspruchs genügt eine schlüssige Darlegung des zu sichernden Werklohnanspruchs. Denn im Prozess auf Stellung der Sicherheit gemäß § 650f BGB ist ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs nicht zugelassen. Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des dargelegten Vergütungsanspruchs streitig, ist dem Unternehmer für seine schlüssig dargelegte Vergütung eine Sicherheit ohne Klärung der Streitfragen zu gewähren (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2014 - VII ZR 349/12 -, BGHZ 200, 274-286). Im Fall einer Kündigung eines Bauvertrags gemäß § 650f Abs. 5 BGB reicht ebenfalls grundsätzlich der schlüssige Vortrag des Unternehmers zur Höhe der Vergütung aus, um hiernach die Höhe einer geforderten Sicherheit gemäß § 650f Abs. 1 BGB zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2023 - VII ZR 228/22 -, juris). Die Anforderungen an einen schlüssigen Sachvortrag zur Höhe eines durchzusetzenden Anspruchs - nicht zu dem Grunde, der voll bewiesen werden muss - sind im Vergleich zur Werklohnklage herabgesetzt; denn dafür reicht jeder Tatsachenvortrag, der - seine Richtigkeit unterstellt - geeignet ist, den Klageantrag sachlich zu rechtfertigen (vgl. Joussen: Teilurteil zum Sicherungsanspruch nach § 650 f BGB, NZBau 2021, 655).

    3. Es ist in diesem Verfahren auch unerheblich, welche Kündigungserklärung der Parteien den Vertrag beendet hat. Ein Sicherheitsverlangen der Klägerin ist nicht bereits ausgeschlossen, weil in der Zwischenzeit von beiden Parteien die Kündigung des Bauvertrags erklärt wurde. Auch nach einer Kündigung des Bauvertrags kann der Unternehmer grundsätzlich Sicherheit nach § 650f Abs. 5 BGB verlangen, so lange er die ihm nach einer Kündigung zustehende Vergütung schlüssig darlegt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2023 - VII ZR 228/22 -, juris; BGH, Urteil vom 6. März 2014 - VII ZR 349/12 -, BGHZ 200, 274-286 Rz. 12; OLG Celle, Urteil vom 27. April 2022 - 14 U 96/19 -, juris; OLG München, Beschluss vom 3. August 2023 - 28 U 1119/23 Bau e -, juris, Rz. 13). Der Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gemäß § 650f Abs. 1 BGB geht nach Kündigung des Vertrages nicht unter (vgl. OLG München a. a. O.). Der Auftragnehmer kann nach § 650f BGB jederzeit Sicherheit für seinen noch offenen Werklohn verlangen; dies insbesondere auch, wenn der Auftraggeber die Beseitigung von Mängeln fordert; das ist nach ordnungsgemäßer Vollendung und Abnahme ebenso möglich wie nach freier Kündigung oder Kündigung aus wichtigem Grund (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 267/02 -, juris; Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 9 Rz. 138; Bolz/Jurgeleit/Jahn, ibr-online-Kommentar VOB/B, 20.05.2024, § 13, Rn. 413; Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, 8. Aufl. 2023, VOB/B § 8 Rn. 68).

    4. Der von der Klägerin geltend gemachte Sicherungsanspruch besteht in der noch streitigen Höhe. Die erstinstanzlich darüber hinaus von der Klägerin geforderte Sicherheit ist mangels Berufungsangriffs nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.

    a) Ausgangspunkt der Berechnung der von der Beklagten gemäß § 650f BGB zu stellenden Sicherheitsleistung ist der im streitgegenständlichen Bauvertrag vereinbarte Pauschalpreis von 6.900.000.00 € netto. Hiervon ist für die Ermittlung der nach § 650f BGB geschuldeten Sicherheitsleistung die Vergütung abzuziehen, die auf die Leistungen entfällt, die bis zum Sicherheitsverlangen nicht erbracht wurden oder, was zum gleichen Ergebnis führt, es ist der erfüllte Leistungsstand anteilig nach dem vereinbarten Gesamtpauschalpreis zu bewerten. Unabhängig von der Frage, ob der streitgegenständliche Werkvertrag durch eine ordentliche Kündigung oder eine Kündigung aus wichtigem Grund beendet wurde, darf die Klägerin die Vergütung für erbrachte Leistungen verlangen (§ 648a Abs. 5 BGB), obwohl sie die verschiedenen Gewerke aufgrund der wechselseitig erklärten Kündigungen unstreitig nicht vollständig fertiggestellt hat.

    b) Da im Rahmen der Berufung nur noch die von der Klägerin begehrte Sicherheit für erbrachte Leistungen streitig ist, hat die Klägerin lediglich diesen Anspruch schlüssig darzulegen. Auf mögliche Ersparnisse wegen nicht erbrachter Leistungen (vgl. § 648 S. 1, § 650f Abs. 5 S. 2 BGB) kommt es in diesem Verfahren nicht an. Das Landgericht hat einen sicherungsfähigen Anspruch für nicht erbrachte Leistungen rechtkräftig abgewiesen (S. 10 d. Entscheidungsgründe), die Klägerin hat das erstinstanzliche Urteil nicht angegriffen.

    c) Die Klägerin hat einen Vergütungsanspruch in Höhe von 6.307.328,40 € (netto) beziehungsweise 7.505.720,70 € (brutto) für erbrachte Teilleistungen im gekündigten Pauschalpreisvertrag schlüssig dargetan, in Höhe von 5.510.317,24 € (netto) aus dem Hauptvertrag und in Höhe von 797.011,26 € (netto) aus den vereinbarten Nachträgen. Haben die Parteien einen Pauschalpreisvertrag geschlossen, bestimmt sich die Höhe der für den Anspruch nach § 650f Abs. 1 BGB relevanten Vergütung, wie oben ausgeführt, für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zum Wert der vereinbarten Gesamtleistung. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2024 - VII ZR 34/23 -, juris, Rz. 28).

    aa) Dem wird die Schlussrechnung, Anlage K18, gerecht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Diese weist - unterteilt auf 27 Teilgewerke - eine „Urkalkulation des Pauschalpreises mit 13% Zuschlägen in € netto“ von 6.899.135,71 € auf (Anlagen-Ordner I). Eine solche Aufschlüsselung in Teilleistungen bei einer Bewertung nach der Urkalkulation entspricht nach der zutreffenden Begründung des Landgerichts dem üblichen Vorgehen bei der Abrechnung eines gekündigten Pauschalvertrags (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 224/01 -, juris Rz. 16; BGH, Versäumnisurteil vom 18. April 2002 - VII ZR 164/01 -, juris Rz. 9). Die aus Sicht der Klägerin verdiente Vergütung für die erbrachten Leistungen hat sie von dem nach ihren Darlegungen nicht ausgeführten Teil nachvollziehbar abgegrenzt (vgl. Schlussrechnung, Anlage K18: „erbrachte Leistungen gemäß farblich markierter Spalte der [..] Anlagen“). Die Höhe der dargelegten Vergütung für die erbrachten Leistungen wurde von der Klägerin nach dem Verhältnis des behaupteten Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung errechnet, diese Darlegungen wurden auf 38 weiteren Seiten im Detail begründet und aufgeschlüsselt. Die Frage, ob die Klägerin die Aufteilung der Gesamtvergütung zutreffend vorgenommen hat, ist vom Senat im hiesigen Verfahren auf Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB nicht zu entscheiden (vgl. allgemein zur Feststellung durch das Gericht: BeckOK a. a. O. Rz. 72).

    bb) Die Schlüssigkeit des dargelegten Vergütungsanspruchs entfällt auch nicht aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Korrekturen, insbesondere durch die Vorlage der korrigierten Schlussrechnung. Im Rahmen der Abrechnung eines umfangreichen, gekündigten Bauvorhabens ist regelmäßig damit zu rechnen, dass es zu einzelnen Fehlern im Rahmen der Abrechnung kommt, zumal eine solche Abrechnung sich üblicherweise aus verschiedenen Gewerken und den Beiträgen unterschiedlicher Auftragnehmer in der Leistungskette zusammensetzt. Würde die Korrektur einzelner Positionen dazu führen, der Abrechnung im Ganzen die Schlüssigkeit zu nehmen, wäre die Geltendmachung einer Sicherheitsleistung gemäß § 650f BGB faktisch unmöglich. Die Schlüssigkeit eines zu sichernden Vergütungsanspruchs könnte allenfalls dann entfallen, wenn die Schlussrechnung unstreitig mit Fehlern in einem solchen Umfang und mit einem derartigen Gewicht behaftet wäre, dass eine Gesamtwürdigung nur den Schluss zuließe, dass die Abrechnung nicht belastbar sein kann. Diese Schwelle ist im vorliegenden Fall trotz der vorgenommenen Korrekturen nicht annähernd erreicht.

    cc) Das Sicherheitsverlangen der Klägerin ist ferner schlüssig, obwohl die Klägerin keine Urkalkulation vorgelegt hat, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auf S. 8 f. d. Entscheidungsgründe wird verwiesen. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass die Klägerin nach Ziffer 2.2 des streitgegenständlichen Bauvertrags gemäß den Angebots- und Vertragsbedingungen verpflichtet war, auf Verlangen ihre Urkalkulation vorzulegen (Anlage K3, Anlagen-Ordner I). Diese auf § 2 Nr. 6 VOB/B abzielende Verpflichtung (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2014 - I-22 U 37/14 - Beck-Online) würde auch bei Nichterfüllung dieser Pflicht das Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB nicht unschlüssig werden lassen. Die Darlegung einer plausiblen „Urkalkulation“, auch wenn sie nachträglich erstellt wurde, genügt grundsätzlich für die schlüssige Darlegung eines Sicherungsanspruchs nach § 650f BGB im gekündigten Pauschalpreisvertrag. In diesem Stadium sind die Einzelleistungen bzw. Einzelpreise lediglich aufzugliedern. Die Aufstellung hat dem Besteller eine Prüfung der Preisbewertung für die Einzelleistungen im Gefüge des Gesamtvertrages zu ermöglichen. Die Kalkulation der Gesamtvergütung bzw. der Vergütung der nach dem Vertrag zu erbringenden (Einzel-)Leistungen stellt nur ein Hilfsmittel dar, um die Einzelleistungen bzw. Einzelpreise im Gefüge des für die pauschal umschriebene Gesamtleistung vereinbarten Pauschalpreises isoliert darzustellen (vgl. BeckOK BauVertrR/Kiedrowski, 25. Ed. 1.5.2024, BGB § 648 Rn. 68 f.).

    dd) Weiter greift der Berufungsangriff der Beklagten nicht durch, die Schlussrechnung der Klägerin sei nicht prüfbar und aus diesem Grund unschlüssig. Eine Darlegung der Höhe der Sicherheit im Sinne von § 650f BGB erfolgt zwar in der Regel durch eine Schlussrechnung (vgl. OLG München, Verfügung vom 8. Februar 2022 - 28 U 3880/21 Bau -, juris), muss es aber nicht, so lange das Sicherheitsverlangen auch anderweitig schlüssig ist.

    Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten für ein Sicherungsverlangen nach § 650f BGB nicht darauf an, dass die vorgelegte Abrechnung zusätzlich „prüffähig“ ist, weil beispielsweise nach dem Vertrag objektiv unverzichtbare Angaben in der Schlussrechnung aufzunehmen wären (vgl. hierzu OLG Frankfurt a. M., Hinweisbeschl. v. 13.3.2023 - 21 U 52/22 - Beck-Online; zu den Anforderungen an die Schlüssigkeit vgl. Sacher in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium, 5. Auflage 2020, Rz. 6 ff.). Zwar hat der Auftragnehmer gemäß § 14 Abs. 1 der hier vereinbarten VOB/B seine Leistungen prüfbar abzurechnen, vorher wird die Werkleistung nicht fällig (§ 16 Abs. 3 VOB/B). Ähnliches findet sich in § 650g Abs. 4 Nr. 2 BGB. Das Sicherungsverlangen nach § 650f BGB ist indes nicht von der Fälligkeit der zu sichernden Forderung abhängig (vgl. BeckOGK/Mundt, 1.4.2024, BGB § 650f Rn. 59).

    Auch die von der Beklagtenseite zitierte Entscheidung des Senats (OLG Frankfurt, Urteil vom 16. Mai 2022 - 29 U 94/21 -, juris) führt nicht dazu, dass das Merkmal der „Prüffähigkeit“ neben dem Erfordernis der Schlüssigkeit der Schlussrechnung zu erfüllen oder zu prüfen wäre, unterstellt dies würde im vorliegenden Fall eine im Vergleich zur Schlüssigkeit zu erfüllende höhere Anforderung bedeuten. Ersteres gilt, obwohl der Senat in der angegebenen Entscheidung ausführt hat, dass die dort streitgegenständliche Architektenrechnung prüfbar sein müsse, um die Klageforderung damit schlüssig begründen zu können (Senatsentscheidung vom 16. März 2022, a.a. O. Rz. 52). In der zitierten Entscheidung ging es nicht um die hier zu entscheidende Rechtsfrage, welche Anforderungen an einen Anspruch nach § 650f BGB zu stellen sind, sondern um die Frage, ob die dortige Klage wegen des Verlusts des Rügerechts nach § 650g Abs. 4 S. 3 BGB als „derzeit unbegründet“ abgewiesen werden konnte.

    ee) Insofern rügt die Beklagte auch ohne Erfolg, dass die Schlussrechnung nicht widerspiegelt, dass die Parteien eine Teilabnahme erklärt haben und die Klägerin eine Teilschlussrechnung über den Rohbau der Tiefgarage über 2.608.277,31 € netto beziehungsweise 3.103.850,00 € brutto gestellt hat (Anlage B6, Anlagen-Ordner IV). Zwar decken sich die in der Teilschlussrechnung aufgeführten Teilforderungen für Planung, Baustelleneinrichtung, Beton/Stahlbetonarbeiten und Fundamente/Abdichtung/Weiße Wanne unstreitig betragsmäßig nicht mit den entsprechenden Positionen in der Schlussrechnung. Inhaltlich finden sich die in der Teilschlussrechnung abgerechneten Positionen aber in der Schlussrechnung unter Nr. 2 (OZ 1101) „Rohbau“ wieder (vgl. Anlage K18, Anlagenordner I). Die in der Teilschlussrechnung „Rohbau-Tiefgarage“ abgerechneten Positionen können der Abrechnungsposition „Rohbau“ in der Schlussrechnung bei verständiger Würdigung unproblematisch zugeordnet werden.

    Eine Benachteiligung der Beklagten ist durch die betragsmäßige Abweichung zwischen der Teilschlussrechnung und der Schlussrechnung nicht zu erkennen. Die in der Teilschlussrechnung abgerechneten Teilleistungen „Rohbau-Tiefgarage“ hat die Klägerin in der Schlussrechnung um insgesamt etwa 800.000,00 € niedriger bewertet. Dass die Klägerin durch eine bezahlte Teilschlussrechnung daran gehindert sein soll, von dieser Bewertung im Rahmen ihres Sicherungsbegehrens nach § 650f BGB zu Gunsten der Beklagten abzuweichen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Im Übrigen würden, wie oben ausgeführt, denkbar einzelne „Fehler“ bei der Abrechnung lediglich die Begründetheit der Werklohnforderung betreffen, die nicht hier, sondern im Werklohnprozess aufzuklären sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2023 - VII ZR 228/22 -, juris).

    Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die vertraglich vereinbarte und in Übereinstimmung der Parteien durchgeführt Teilabnahme trotz Bedenken hinsichtlich der funktionalen Abgrenzbarkeit der mit der Teilschlussrechnung abgerechneten Leistungen wirksam war (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07 -, BGHZ 182, 158-187 Rz. 56; Messerschmidt/Voit/Messerschmidt, 4. Aufl. 2022, BGB § 640 Rz. 148).

    ff) Die Beklagte kann insofern auch nicht mit Erfolg geltend machen, der geltend gemachte Sicherungsanspruch sei schon deshalb unschlüssig, weil dieser wegen des fehlenden Aufmaßes nicht prüfbar sei. Auch diesem Einwand ist im Verfahren nach § 650f BGB nicht nachzugehen, weil hierdurch lediglich der Umfang der Vertragserfüllung nach der Kündigung angegriffen wird. Die Pauschalpreisvereinbarung an sich ist unstreitig.

    gg) Entgegen der Auffassung der Beklagten führen auch die unstreitig vorliegenden Mängel beim Gewerk „Tiefgarage“ nicht zur Reduzierung der von der Klägerin berechtigt zu fordernden Sicherheitsleistung. Diese sind gemäß § 650 Abs. 1 S. 4 BGB nicht zu berücksichtigen. Ansprüche, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, bleiben bei der Berechnung der zu sichernden Vergütung unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt (§ 650f Abs. 1 S. 1 BGB). Hier sind die aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten entgegen des Vortrags der Beklagten nicht unstreitig.

    d) Der Klägerin steht auch ein sicherungsfähiger Anspruch für erbrachte Leistungen aus Nachträgen in Höhe von 797.011,26 € (netto) zu. Auf die zutreffenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung hierzu wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (S. 11 ff. d. Entscheidungsgründe). Soweit die Beklagte mit der Berufung rügt, dass Parkettarbeiten aus dem Vertrag herausgenommen worden seien, ist dies zwischen den Parteien unstreitig. Die hierauf entfallende vereinbarte Teilvergütung im Rahmen des Sicherheitsverlangens ist nicht mehr streitgegenständlich. Die Klägerin hat die insofern abweisende Entscheidung des Landgerichts nicht angegriffen.

    aa) Entgegen der Ausführungen der Beklagten fehlt es auch nicht an der schlüssigen Darlegung einer Anordnung der Nachtragsleistung dem Grunde nach. Die Parteien haben zu Nachträgen, Streichungen von Leistungen und deren Verrechnung verschiedene Vereinbarungen getroffen (vgl. Anlage K14, Anlagenband VI und Anlage K 19, Anlagen Ordner I), die hierzu Regelungen treffen. Diese Vereinbarungen sind dem hiesigen Sicherheitsverlangen zu Grunde zu legen.

    Zwar kann ein Anspruch auf Sicherheit nur für solche Nachtragsforderungen nach § 650f BGB gefordert werden, über deren Grund des zusätzlichen Anspruchs Einigkeit zwischen den Vertragsparteien besteht (vgl. Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 9 Rz. 128). Das Gericht muss für den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gemäß § 650f BGB feststellen, ob der Rechtsgrund für einen zusätzlichen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B gegeben ist, ob also insbesondere wirksame Anordnungen des Auftraggebers im Sinne von § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VOB/B vorliegen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 20. Oktober 2022 - VII ZR 154/21 -, BGHZ 234, 371-383).

    Diese Voraussetzungen einer nachgewiesenen Nachtragsvereinbarung dem Grunde nach liegen hier indes vor. Aus den unstreitig vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten Nachtragsvereinbarungen ist ein Wille der entsprechenden Kostenübernahme zu entnehmen. Am 8. November 2019 hat der Geschäftsführer der Beklagten den „Auftrag VE-05a“ schriftlich erteilt (Anlage K 19, Anlagen-Ordner I). Ob insofern das „Beiblatt zu VE-05“ vom 5. November 2019 der Urkunde bei Unterzeichnung beigefügt war, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn das Beiblatt, aus dem sich die verschiedenen „Verrechnungen“ ergeben, dem Geschäftsführer der Beklagten am 8. November 2019 bei Unterzeichnung nicht vorgelegen haben sollte oder ihm nicht bekannt gewesen wäre (wofür nach dem Inhalt der unterzeichneten Vertragserklärung nichts spricht), hätte er den im Beiblatt zu VE-05 vereinbarten Verrechnungsmodus nebst schlüssig beauftragter Nachtragsaufträge jedenfalls durch die ebenfalls unterzeichnete Aufstellung vom 9. April 2020 „Vertragsergänzungen und Zusatzleistungen“ (Anlage K14, Anlagenband VI) spätestens zu diesem Zeitpunkt gebilligt. Der sich aus dem Beiblatt zu VE-05 ergebende Saldo „Gutschrift 6.824,61 €“ ist auch in der Anlage K14 enthalten. Wenn der Geschäftsführer die insofern unstreitig unterzeichnete Auflistung im Jahr 2019 „blind“ unterzeichnet haben sollte, konnte die Klägerin die weitere im Jahr 2020 unterzeichnete Auflistung nach dem objektiven Empfängerhorizont nur als nachträgliche Bestätigung der im Jahr 2019 getroffenen Vereinbarung verstehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass dem Geschäftsführer der Beklagten im Zeitpunkt der Unterzeichnung beider Vereinbarungen, mit denen vergangene Vertragsergänzungen zusammenfassend bestätigt wurden, sich über die Bedeutung und dem Umfang der Vereinbarungen im Unklaren war oder nach dem objektiven Empfängerhorizont der Klägerin Abweichendes erklärt hat.

    bb) Obwohl unstreitig ist, dass die Klägerin den Bodenaushub zu einem erheblichen Teil (aber nicht vollständig) selbst vorgenommen hat, ist auch ein Sicherheitsverlangen in Höhe der Nachtragsleistung „Abtrag kontaminierter Böden“ schlüssig. Dem Beiblatt zu VE-05 ist zu entnehmen, dass die Parteien sich über die Zulage Z2 (dort Positionen Ziffer 6 und 7), was auch nach dem Vortrag der Beklagten die hier streitige Nachtragsleistung „kontaminierte Böden“ betrifft, dahingehend geeinigt haben, dass die Beklagte für diese Zusatzleistung dem Grunde nach - abzurechnen nach Lieferscheinen - einzustehen hat. Der Einwand der Rechtmäßigkeit der Abrechnung der Entsorgung des Bodenaushubs ist im Verfahren über einen Anspruch aus § 650f BGB nicht aufzuklären. Gleiches gilt für die von der Beklagten aufgestellte Vermutung, dass Entsorgungsnachweise nachträglich manipuliert worden seien.

    Soweit die Beklagte weiter geltend macht, die Nachforderungen seien zum Teil nicht schlüssig, weil es zu „Unstimmigkeiten“ bei den Wiegescheinen gekommen sei, mithin also die Position „Erdaushub“ bestritten werde, greift auch dieser Einwand nicht durch. Dass der Erdaushub von der Beklagten dem Grunde nach zu tragen ist, ergibt sich, wie oben aufgeführt, aus der Position Nummer 4 „Abfuhr Boden Z0“ im Beiblatt zu VE-05 (Anlage K19, Anlagen-Ordner I). Der mit den Gutachten der Privatsachverständigen Y und Z (Anlage B33, Leitz-Ordner) erhobene Einwand greift die Abrechnung der Klägerin wiederum in tatsächlicher Hinsicht an.

    cc) Die Klägerin hat einen Sicherheitsanspruch auch für die Pos. 28 der Schlussrechnung in Höhe von 719.968,01 € für „Leistungen aus Zusatzleistungen gemäß Zahlungsplan“ schlüssig dargelegt. Dieser ergibt sich in Höhe von 239.495,80 € aus der Vereinbarung vom 9. April 2020 (Anlage K14, Anlagenband VI). Davon abzuziehen sind die „Einsparmöglichkeiten gemäß Zahlungsplan vom 22. Juli 2020“ in Höhe von 221.369,75 € und zu addieren sind die Mehrmengen Betonstahl in Höhe von 701.841,96 €. Dies entspricht der eben genannten Gesamtsumme der Nachtragsvereinbarungen. Dass die Beklagte die Mehrmengen wegen des Betonstahls dem Grunde nach zu tragen hat, ergibt sich aus Anlage K14 (Anlagenband VI). In der Anlage K14 wird als Grundlage der vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten Zusatzvereinbarung vom 9. April 2020 ausgeführt, dass sich Mehrmengen „im Betonstahl“ ergeben hätten, woraus sich von der Beklagten zu tragende Mehrkosten in Höhe von 835.191,93 € brutto ergeben hätten, wegen derer man nach „Einsparpotentialen“ suche. Im Bauvertrag vom 04. Juni 2019 heißt es auf S. 5 im Übrigen: „Zum Zeitpunkt der Angebotserstellung liegen keine Schal- und Bewehrungspläne vor, deshalb die folgenden Annahmen: […] Betonstahl ist mit 163 to zum Netto-Preis von 1.359,00 €/to enthalten. Eventuelle Mehr- und Mindermengen werden entsprechend verrechnet.“ Hierin liegt eine Vereinbarung über die Abrechnung der über 163 Tonnen hinausgehenden Stahlmengen zum vereinbarten Preis. Bei einer Gesamtstahlmenge von 692,64 Tonnen resultiert dies in einem schlüssigen Mehrvergütungsanspruch in Höhe von 701.841,96 € netto. Nicht zu klären ist in diesem Verfahren, ob die Klägerin den zusätzlichen Stahl als Mehrmenge nach § 2 Abs. 3 Nr. VOB/B abzurechnen hat oder die Mehrmengen nach der (fortgeschriebenen) Preisvereinbarung abzurechnen sind. Es genügt für das Sicherungsverlangen, dass die Beklagte die schlüssig dargetane zusätzliche Stahlmenge dem Grunde nach zu zahlen hat.

    dd) Ferner kann die Klägerin Sicherung für weitere Nachträge in Höhe von insgesamt 77.043,25 € verlangen. Dies folgt aus den zwischen den Parteien vereinbarten weiteren Nachträgen zum Hauptvertrag und der dazu getroffenen Berechnungs- und Verrechnungsabreden. Dass die Parteien sich auf die Erbringung der noch streitgegenständlichen Nachträge geeinigt haben, ergibt sich aufgrund der vorgelegten Vertragsdokumentation. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird ausdrücklich verwiesen (S. 14 ff. d. Entscheidungsgründe).

    Hieraus ergeben sich weitere schlüssige Vergütungsansprüche aus Nachträgen:

    VE- Nr. 11

    Dachdurchführung Pavillon

    555,00 €

    VE-Nr. 13a

    Gasleistung für bauseitigen Kamin (Nord)

    5.864,61 €

    VE-Nr. 14

    Umbau Wohnung 1 bis 15

    12.434,52 €

    VE-Nr. 17

    Unterdecke/Wände w. Umplanung HLS

    5.427,28 €

    VE-Nr. 18

    RWA und Oberlichter in Wohnungen

    7.955,20 €

    VE-Nr. 20

    Änderung HLS (Sanitärgegenstände)

    - 15.068,55 €

    VE-Nr. 21

    Gleitende Deckenanschlüsse

    5.970,64 €

    VE-Nr. 23a

    Änderungen Fenster

    22.695,88 €

    VE-Nr. 25

    Zuarbeiten für Versorgungsleitungen

    107,58 €

    VE-Nr. 26

    Änderungen aus zusätzlichem Elektroraum

    9.107,80 €

    VE-Nr. 28

    Änderung Schrammboard und Leuchtstreifen Wand TG

    -3.330,68 €

    VE-Nr. 29

    Änderung Regenfallrohre in RAL 7021

    2.050,27 €

    VE-Nr. 30

    Änderung Fliesen

    9.000,00 €

    VE-Nr. 31

    Kupferkabel Telekom

    433,92 €

    VE-Nr. 34

    Vorrüstung Lüftung Gewerbe

    8.732,07 €

    VE-Nr. 36

    Außenzapfstellen und Änderung Gasleitung

    5.107,71 €

                                    
                
    GESAMT NETTO:           

    77.043,25 €           

    Die Berufungsrügen der Beklagten zu diesen Nachträgen greifen nicht durch. Ihre diesbezüglich erhobenen Einwendungen sind im Verfahren nach § 650f BGB nicht zu prüfen. Beispielsweise betrifft die Rüge, der Leistungsstand bis zur Kündigung für „Rohinstallation TGA“, „Fenster“ und „Aufzug“ sei von der Klägerin unzutreffend ermittelt, keine Frage der Schlüssigkeit. Was der tatsächliche, nicht lediglich behauptete, Leistungsstand bis zur Kündigung des streitgegenständlichen Bauvertrags war, ist erst im Werklohnprozess durch die dort durchzuführende Beweisaufnahme zu klären. ´

    e) Die Klägerin durfte überdies ihr Sicherheitsverlangen auf den Bruttobetrag der schlüssig dargetanen Vergütungsansprüche stützen. Zur vereinbarten Vergütung im Sinne von § 650f BGB gehört auch die vom Besteller an den Unternehmer zu zahlende Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist regelmäßig ein unselbstständiger Teil des vereinbarten Entgelts (vgl. BeckOGK/Mundt, 1.4.2024, BGB § 650).

    f) Zugleich konnte die Klägerin gemäß § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB Sicherheit für Nebenforderungen in Höhe von 10% des zu sichernden Vergütungsanspruchs verlangen, was die Beklagte mit der Berufung auch nicht angreift.

    g) Insgesamt folgt daraus der nach § 650f BGB zu sichernde Vergütungsanspruch in Höhe von 3.876.147,70 €:

    Erbrachte Leistungen Hauptvertrag (netto):

                
    5.510.317,24 €

    Erbrachte Leistungen Nachträge (netto):

                
    797.011,26 €

                                    
                
    Zwischensumme (netto):

    6.307.328,50 €

                                    
    Umsatzsteuer 19 %:

                
    1.198.392,42 €

                                    
                
    Zwischensumme (brutto):

    7.505.720,92 €

                                    
    Abzüglich geleisteter Zahlungen:

                
    -3.981.950,00 €

                                    
                
    Zwischensumme:

    3.523.770,92 €

                                    
    10 % Nebenforderungen:

                
    352.377,09 €

                                    
    Insgesamt sicherungsfähiger Anspruch:           

                
    3.876.148,01 €           

    Die Abweichungen von 0,31 € beruhen offensichtlich auf Rundungsfehlern und wirken im Übrigen zu Gunsten der berufungsführenden Beklagten.

    h) Die Geltendmachung des klägerischen Sicherungsverlangen ist entgegen dem Berufungsvorbringen nicht rechtsmissbräuchlich.

    Zwar kann die Ausübung eines Rechts rechtsmissbräuchlich und nach § 242 BGB unzulässig sein, sofern ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Ausübenden zu Grunde liegt und nur als Vorwand dient, um vertragsfremde oder unlautere Zwecke zu erreichen (vgl. Palandt/Grüneberg, Kommentar zum BGB, 83. Aufl. 2024, § 242 Rn. 50). Im Zusammenhang mit dem Verlangen nach Stellung einer Bauhandwerkersicherung ist bei dessen Beurteilung aber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Unternehmer gerade die Möglichkeit eröffnen wollte, möglichst schnell und effektiv vom Besteller eine Sicherheit für die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung zu erlangen. Zudem soll der Unternehmer diesen Anspruch auch nach Vertragsschluss jederzeit geltend machen können, unabhängig davon, ob sich die Parteien in einer streitigen Auseinandersetzung befinden. Dementsprechend stellt es weder eine unzulässige Rechtsausübung noch einen Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot dar, wenn dem Sicherungsverlangen des Unternehmers auch andere Motive als die bloße Erlangung einer Sicherheit zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2021 - VII ZR 94/20 -, BGHZ 229, 257-266 Rz. 30).

    aa) Das Verlangen der Klägerin nach Sicherheit ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, obwohl die Beklagte die außerordentliche Kündigung des Vertrags erklärt hat. Gegenstand der Berufung und damit des Sicherungsverlangens sind nur noch die auch nach einer außerordentlichen Kündigung bestehenden Vergütungsansprüche für den erbrachten Teil der Werkleistung, für die eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht (§ 648a Abs. 5 BGB). Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden, dass auch nach einer außerordentlichen Kündigung weiterhin dem Grunde nach ein Sicherungsanspruch besteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2024 - VII ZR 34/23 -, juris).

    bb) Weiter greift der Einwand des Leistungsverzugs als „Auslöser“ für ein rechtsmissbräuchliches Sicherheitsverlangen nicht durch. Bereits der erhebliche Verzug der Klägerin mit nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen ist zwischen den Parteien streitig. Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin mit ihrem Sicherheitsverlangen zielgerichtet „die Flucht aus dem Vertrag“ angetreten hat, wie es die Beklagte behauptet. Das Sicherungsverlangen dürfte eher im Zusammenhang mit der aus den Akten ersichtlichen lediglich schleppenden Leistungsbereitschaft der Beklagten gestanden haben.

    cc) Auch die nach der Behauptung der Beklagten dem Leistungsstand nicht entsprechenden Abschlagsrechnungen stehen der Annahme eines schlüssigen Sicherheitsverlangens nach § 650f BGB nicht entgegenstehen. Dass das Sicherheitsverlangen der Klägerin jedenfalls heute dem schlüssig dargetanen Leistungsstand bis zur erklärten Kündigung entspricht, wurde bereits ausgeführt.

    dd) Dass die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten ihre eigenen Sicherheitsverpflichtungen nach Ziffer 3.3 des Bauvertrags möglicherweise nicht erfüllt hat, berechtigt die Beklagte nicht dazu, diesen von der Klägerseite bestrittenen Anspruch gegenüber dem Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 650f BGB geltend zu machen. Insbesondere würde dies nicht das klägerische Sicherungsverlangen in Höhe von fast 4 Millionen Euro insgesamt rechtsmissbräuchlich machen. Eine nicht gestellte Sicherheit in Höhe von 155.192,50 € kann allein betragsmäßig gegenüber einem Sicherheitsverlangen von 3.876.147,70 € nicht zur Treuwidrigkeit der Rechtsausübung führen. Im Übrigen ist zwischen den Parteien streitig, ob der Beklagten die von ihr geforderte Sicherheit tatsächlich zusteht.

    ee) Soweit die Beklagte die Rechtsmissbräuchlichkeit des Sicherheitsverlangens ferner mit den „Manipulationen der Klägerin im Zusammenhang mit dem Erdaushub“ begründet, greift auch dieser Einwand nicht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ein erheblicher Teil der Erdaushubarbeiten durch die Beklagte selbst ausgeführt wurde. Die Klägerin hat, wie oben ausgeführt, aufgrund der vorgelegten unterzeichneten Vertragsdokumentation schlüssig dargelegt, dass sie diese Position aus dem Hauptvertrag weiterhin abrechnen durfte, da der Entfall der durch die Beklagten selbst erbrachten Leistungen im Rahmen der Vertragsergänzung 05a berücksichtigt worden ist.

    ff) Schließlich wird die Klägerin durch die hier begehrte Sicherheitsleistung nach § 650f BGB auch nicht übersichert. Dies gilt, obwohl zugunsten der Klägerin an dem streitgegenständlichen Baugrundstück eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek gemäß § 650e BGB in Höhe von 1.559.823,00 € im Grundbuch eingetragen ist. Diese Konstellation wird von § 650f Abs. 4 BGB nicht erfasst (vgl. BeckOGK/Mundt, 1.4.2024, BGB § 650f Rn. 186; Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts
    5. Auflage 2020, Teil 9 Rz. 181). Da die Vormerkung am Grundstück des Geschäftsführers der Beklagten bereits nicht an ranghoher Stelle eingetragen wurde, bedarf es keiner Entscheidung, ob aufgrund dieser Vormerkung das Sicherheitsbedürfnis nach § 650f BGB ausnahmsweise entfallen könnte. Zweifel bei der Beurteilung der Sicherheit des Grundpfandrechts gehen zulasten des Bestellers (vgl. BeckOGK a. a. O.). Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ist es mehr als fraglich, ob die Klägerin im Wege der Zwangsvollstreckung Befriedigung aus dem Grundstück erlangen könnte. Der von der Klägerin nach § 650e BGB erwirkten Vormerkung gehen Grundschulden im Rang von mehr als 20 Millionen Euro vor.

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsgericht hat über die in zweiter Instanz entstandenen Kosten, durch die die Klage auf Sicherheitsleistung aufgrund des Berufungsurteils ihren Abschluss findet, zu entscheiden, obwohl die Widerklage weiterhin in der Vorinstanz anhängig ist und das Landgericht seine Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten hat. In Abweichung des Grundsatzes, dass über die Kosten eines Rechtsstreits einheitlich zu entscheiden ist, hat das Berufungsgericht auch dann, wenn nur ein Teil des Rechtsstreits bei ihm und die Widerklage in der Vorinstanz weiter anhängig ist, über die Kosten der Berufung hinsichtlich der Klage zu entscheiden, wenn über diese mit dem Berufungsurteil abschließend entschieden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 8.4.2015 - VII ZR 254/14 (Erledigung); vgl. Musielak/Voit/Flockenhaus, 21. Aufl. 2024, ZPO § 91 Rn. 3 (Grundurteil)).

    6. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 10 sowie § 711 ZPO i. V. m. § 709 S. 1 ZPO hinsichtlich der Abwendungsbefugnis wegen der Hauptforderung und i. V. m. § 709 S. 2 ZPO wegen der Abwendungsbefugnis für den Fall der Vollstreckung der Kosten. Auch für die Höhe der nach § 711 ZPO zu bestimmenden Sicherheit sind die Grundsätze des § 709 ZPO maßgebend (vgl. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 711 ZPO Rz. 2).

    Dabei kann hinsichtlich der Hauptforderung (Sicherheitsleistung nach § 650f BGB) nicht auf § 709 S. 1 ZPO abgestellt werden. Soweit wegen der Stellung einer Sicherung vollstreckt wird, ist § 709 S. 2 ZPO nicht anwendbar. Die durch das Berufungsurteil bestätigte Verurteilung auf Leistung einer Sicherheit führt nicht zu einer Vollstreckung einer Geldforderung, sondern zu einer Vollstreckung wegen Nichterfüllung einer vertretbaren Handlung (OLG Celle, Beschluss vom 20.06.2017 - 5 W 18/17 - zitiert nach Beck-Online, Rz. 8; OLG Hamburg, Teilurteil vom 23.10.2015 - 9 U 91/15 - zitiert nach Beck-Online). Zwar wird in der Praxis eine Sicherheitsleistung gemäß §§ 650f, 232 ff. BGB meist durch Beibringung einer Bürgschaft erbracht. Erbringt der Besteller aber, trotz seiner Verurteilung, keine Sicherheitsleistung, kann der Unternehmer im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 Abs. 1 ZPO beantragen, dass er die Sicherheit für den Besteller erbringt und der Besteller verurteilt wird, den Sicherheitsbetrag zugunsten des Gläubigers zum Zwecke der Hinterlegung an die Hinterlegungsstelle des zuständigen Amtsgerichts vollständig vorauszuzahlen (vgl. BeckOGK/Mundt, 1.4.2024, BGB § 650f Rn. 246-247.1).

    Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob der zur Abwendung der Sicherheitsleistung nach §§ 711, 709 S. 1 ZPO zu bestimmende Betrag immer der vollen Höhe der Bauhandwerkersicherung nebst Kostenzuschlag zuzüglich einer Schätzung möglicher weiterer Vollstreckungsschäden entspricht (vgl. OLG Hamm, Teilurteil vom 9.1.2019 - I-12 U 123/18 Rz. 23 - zitiert nach BeckOnline; OLG Karlsruhe, Teilurteil vom 11. Oktober 2016 - 8 U 102/16 -, juris) oder nach den voraussichtlichen Aufwendungen des Bestellers für die Stellung einer Avalbürgschaft zu bestimmen ist (vgl. OLG Frankfurt, Teilurteil vom 16. Februar 2024 - 21 U 65/23 -, juris). Beide Schätzungen kommen hier zum gleichen Ergebnis. Im Falle der Einbindung einer Bank zur Stellung einer Avalbürgschaft dürfte die Beklagten ebenfalls den vollen Sicherungsbetrag bei der bürgenden Bank hinterlegen müssen. Die Beklagte hat derzeit kein vollstreckbares Vermögen in Deutschland. Die Klägerin hat unstreitig aufgrund der erstinstanzlichen Verurteilung Vollstreckungsversuche unternommen, die in einer Vollstreckung von weniger als 100,00 € endeten.

    7. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Insbesondere folgt die Berufungsentscheidung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 650f BGB bzw. § 648a BGB a. F.

    Eine, hier im Übrigen nicht vorliegende, Divergenz hinsichtlich der für die Bestimmung der Sicherheitsleistung nach §§ 711, 709 ZPO relevanten Faktoren kann im Übrigen nicht zur Zulassung der Revision führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Entscheidungen des Berufungsgerichts über die vorläufige Vollstreckbarkeit, zu denen die Abwendungsbefugnis zählt, einer Anfechtbarkeit durch § 718 Abs. 2 ZPO entzogen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 236/05 -, juris Rz. 3 m. w. N.).

    8. Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz beträgt gemäß § 3 ZPO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG 3.876.147,70 €.

    RechtsgebietWerkvertragVorschriften§ 650f BGB