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  • 29.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140328

    Amtsgericht Göttingen: Beschluss vom 24.04.2013 – 74 IN 136/10

    1. Eine Versagung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO kommt nicht in Betracht, wenn der Schuldner trotz Verurteilung wegen Betruges gem. § 263 StGB gegen ein zivilrechtliches Zahlungsurteil Rechtsmittel einlegt. .
    2. Bestreitet der Schuldner bei dieser Sachlage die Deliktseigenschaft, begründet dies keine Versagung § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO.


    Amtsgericht Göttingen

    -Insolvenzgericht -

    Geschäfts-Nr.: 74 IN 136/10

    Göttingen, 24.04.2013 (rechtskräftig)

    B e s c h l u s s

    In dem Insolvenzverfahren

    über das Vermögen des

    Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Gläubiger.

    Gründe:

    I. Über das Vermögen des Schuldners wurde aufgrund eigenen Antrages vom 17.6.2010 nach Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung vom 12.7.2010 am 30.9.2010 unter Bewilligung von Stundung das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Schlussbericht vom 31.8.2012 prognostiziert für die Insolvenzgläubiger eine Befriedigungsquote von 0,00 %. Mit Beschluss vom 27. 2. 2013 hat das Insolvenzgericht die schriftliche Durchführung des Verfahrens angeordnet und Frist zur Stellung von Versagungsanträgen bis zum 20.4.2013 gesetzt.

    Mit Schriftsatz vom 15.4.2013, bei Gericht eingegangen am 16.4.2013, hat der versagungsantragstellende Gläubiger Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Er beruft sich darauf, dass es sich bei seiner Forderung um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handele. Weiter läge der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO wegen verzögerter Stellung des Eröffnungsantrages und des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor, da der Schuldner grundlos den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung bestritten habe.

    II. Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung ist unbegründet.

    1.) Der Gläubiger beruft sich darauf, dass der Schuldner u. a. wegen Betruges zu seinem Nachteil zu einer (zu Bewährung ausgesetzten) Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Eine vorsätzliche unerlaubte Handlung im Sinne des §§ 302 Nr. 1 InsO führt jedoch nur dazu, dass (bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen) die Forderung von der Erteilung einer Restschuldbefreiung unberührt bleibt. Sie führt nicht dazu, die Restschuldbefreiung insgesamt – wie bei Vorliegen von Versagungsgründen gemäß § 290 InsO – zu versagen.

    2.) Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO liegt nicht vor.

    Der versagungsantragstellende Gläubiger beruft sich weiter darauf, dass u.a. der Schuldner gegen ein von ihm vor dem LG Göttingen erstrittenes Zahlungsurteil vom 23.7.2009 Berufung einlegte und diese trotz Ankündigung vom 4. 5. 2010 im Strafverfahren nicht zurücknahm, vielmehr vor dem OLG Braunschweig am 15.7.2010 1. Versäumnisurteil und am 14.10.2010 2. Versäumnisurteil ergehen ließ. Der querulatorische Gebrauch von Rechtsmitteln, der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögere, stelle einen Versagungsgrund dar (Uhlenbruck/Vallender, InsO, § 290 Rn. 58). Dadurch seien weitere Schäden in Form von (unnötigen) Kosten entstanden.

    Es kann dahinstehen, ob die Berufung zum OLG Braunschweig und die Einlegung des Einspruches gegen das 1. Versäumnisurteil querulatorisch waren. Dadurch wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht verzögert, vielmehr stellte der Schuldner zeitnah nach der Verurteilung vom 4.5.2010 im Strafverfahren am 17.6.2010 (und damit noch vor Erlass des 1. Versäumnisurteils vom 15.7.2010) Insolvenzantrag. Im Übrigen fehlt es jedenfalls am Erfordernis der Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Folge eines Verstoßes muss nämlich sein, dass sich die an die Gläubiger auszuschüttende Quote vermindert (Streck in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 290 InsO Rn. 28), was in Stundungsverfahren zu verneinen ist (Schmerbach in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 290 InsO, Rn. 37).

    3) Auch der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist nicht erfüllt.

    Nach Auffassung des versagungsantragstellenden Gläubigers liegt ein Verstoß darin, dass der Schuldner die Deliktseigenschaft der Forderung trotz Vorliegen eines rechtskräftigen Strafurteils bestritten hat mit der Folge, dass eine (kostenauslösende) Feststellungsklage erforderlich sei. Ein Verstoß scheidet schon deshalb aus, weil der Schuldner keine Auskunfts – oder Mitwirkungspflichten „nach diesem Gesetz“ verletzt hat. Darunter fallen nur in der InsO in so angeordnete Verpflichtungen (BGH, Beschl. v. 20.03.2003 - AZ: IX ZB 388/02, ZInsO 2003, 413, 415; BGH, Beschl. v. 09.03.2006 - AZ: IX ZB 17/05 Rn. 19, NZI 2006, 481 Rz. 19; Streck in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 290 InsO Rn. 31, 33; Schmerbach in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 290 InsO, Rn. 25). Eine Verpflichtung, den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nur bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen bestreiten zu dürfen, enthält die InsO jedoch nicht.

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 InsO i.V.m § 91 ZPO.

    Nach der Rechtskraft dieses Beschlusses wird die Restschuldbefreiung gem. § 291 InsO von dem zuständigen Rechtspfleger angekündigt werden.

    RechtsgebietRestschuldbefreiungVorschriften§ 204 BGB, § 690 ZPO