25.04.2014 · IWW-Abrufnummer 141270
Landgericht Flensburg: Beschluss vom 31.10.2013 – 5 T 89/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Flensburg
- 5 T 89/13 -
Amtsgericht Flensburg
- 56 IN 15/06 -
B e s c h l u s s
In dem Restschuldbefreiungsverfahren des
J. K., geb. am XX.XX.XXXX,
Z. X, XXXXX U.,
Schuldner, Restschuldbefreiungsversagungsantragsgegner und Beschwerdeführer zu 1),
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanw.,
(Geschäftszeichen: …) -
mit den Beteiligten:
1. Fa. N. Ltd., vertreten durch den Direktor R. N., I X, XXXXX S.,
Restschuldbefreiungsversagungsantragstellerin
zu 1) und Beschwerdegegnerin
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanw.,
(Geschäftszeichen: …)
2. P. J.GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer P. J., W. J. und M. J.,
B. Straße XX, XXXXX H.,
Restschuldbefreiungsversagungsantragstellerin zu 3) und Beschwerdeführerin zu 2),
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanw.,
(Geschäftszeichen: …) -
3. I. S.,
T. R XX, XXXXX S.
Restschuldbefreiungversagungsantragsteller zu 2)
-Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanw.,
(Geschäftszeichen: …)
4. Rechtsanwalt J. W., A. XX, XXXXX H.
Insolvenzverwalter
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht W., die Richterin am Landgericht G. und den Richter N. auf die Beschwerden gegen den Beschluss des Amtsgerichts-Insolvenzgericht-Flensburg vom 28.02.2013
am 31.10.2013 beschlossen:
Auf die Beschwerde des Schuldners und Beschwerdeführers zu 1) wird der angefochtene Beschluss wie folgt abgeändert:
Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung der Antragstellerin zu 1) wird als unzulässig verworfen.
Die außergerichtlichen Auslagen des Schuldners erster Instanz tragen die Restschuldbefreiungversagungantragsteller zu 1-3 als Gesamtschuldner nach einem Verfahrenswert von 4000.-€.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdegegnerin und Antragstellerin zu 1) sowie die Beschwerdeführerin je zur Hälfte.
Gründe:
I.
Auf Antrag der N. Sparkasse H. vom 09. Januar 2006 und den Eigenantrag des Schuldners vom 23.05.2006 wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts Flensburg vom 20.Juni 2006 über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Zum Insolvenzverwalter bestellt wurde Rechtsanwalt J. W. aus H. (Bl. 227, 228 d. A.). Mit Eigenantrag vom 23.05.2006 stellte der Schuldner den Antrag, ihm Restschuldbefreiung nach Maßgabe der §§ 286 – 303 InsO zu erteilen und gab die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO ab (Bl. 249, 250 d. A.).
Sowohl die Restschuldbefreiungsversagungsantragstellerin zu 1), die Fa. N. Ltd, als auch die Beschwerdeführerin zu 2), die P. J. GmbH, haben jeweils eine Forderung zur Tabelle angemeldet.
Die Forderung der N. Ltd. gegen die K. Handelsgesellschaft mbH, vertreten durch den Geschäftsführer J. K., N. X, XXXXX S. in Höhe von 42.514,23 € ist unter Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 09.05.2007- 6 O 68/06 - als Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung am 10.02.2009 angemeldet worden (Bl. 472, 473).
Dieser nachträglich angemeldeten Forderung mit der lfd.Nr.10 hat der Schuldner im vom Rechtspfleger angeordneten schriftlichen Prüfungsverfahren widersprochen, auch hinsichtlich der Einschätzung, dass es sich um eine Verbindlichkeit aus unerlaubter Handlung handele (Bl.497, 498). Der Insolvenzverwalter hat die Forderung in voller Höhe bestritten (Bl. 510).
Das Bestreiten der Forderung der Fa. N. Ltd. in voller Höhe durch den Insolvenzverwalter hat der Rechtspfleger als Ergebnis der Prüfungsverhandlung unter dem 22.Juni 2011 in der Tabelle vermerkt und die Gläubigerin auf die Möglichkeit der Feststellung der bestrittenen Forderung gemäß § 179 Abs. 1 InsO im Klageweg hingewiesen (Bl.510). Feststellungsklage ist nicht erhoben worden.
Die Forderung der P. J. GmbH wurde unter lfd. Nr. 2 zur Tabelle festgestellt.
Nach Verstreichen der Laufzeit der Abtretungserklärung, aber vor Durchführung eines Schlusstermins, ordnete der Rechtspfleger mit Beschluss vom 02.07.2012 die Anhörung gem. § 300 Abs. 1 InsO im schriftlichen Verfahren an und gab den Insolvenzgläubigern, dem Treuhänder und dem Schuldner Gelegenheit, Einwendungen gegen das schriftliche Verfahren und die Erteilung der Restschuldbefreiung binnen eines Monats ab Erlass dieses Beschlusses zu erheben (Bl. 503 d.A.). Der Beschluss wurde im Internet öffentlich bekanntgemacht.
Die Fa. N. Ltd. beantragte mit Schreiben vom 23.07.2012, dem Schuldner gem. § 290 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen, da er wegen einer Straftat nach § 283 StGB verurteilt worden sei. Sie nahm Bezug auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Flensburg Az. 41 Cs 122/10, mit dem der Schuldner rechtskräftig seit dem 02. Juli 2010 wegen Verstoßes gegen die §§ 283 Abs. 1 Nr. 7b, 53 StGB, 15a Abs. 1, Abs. 4 InsO zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist (Bl. 511 – 514 d. A.).
Der Insolvenzverwalter teilte in seiner Stellungnahme vom 03.09.2012 mit, dass er die Forderung der Fa. N. Ltd. bisher zur Insolvenztabelle nicht anerkannt habe. Seiner Ansicht nach sei die Firma N. daher zurzeit nicht berechtigt, einen Antrag gem. § 290 der InsO zu stellen (Bl. 525).
Mit Schriftsatz vom 02.10.2012, beim Insolvenzgericht eingegangen am 05. Oktober 2012, beantragte die Fa. P. J. GmbH als Gläubigerin der im Insolvenzverfahren zur lfd. Nr. 2 zur Insolvenztabelle festgestellten Forderung, dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen, hilfsweise die Restschuldbefreiung zu widerrufen.
Auch diese Gläubigerin berief sich auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Flensburg Az. 41 Cs 122/10, von dem sie ausweislich der beigefügten Übersendungsverfügung der Staatsanwaltschaft Kiel mit dem Eingangsstempel der Kanzlei vom 31. August 2012 mit Eingang der Akte Kenntnis erlangt habe. Wegen des weiteren Vorbringens wird
Bezug genommen auf das Schreiben Bl. 543 – Bl. 549 d. A.
Mit Verfügung vom 05.11.2012 erteilte die Insolvenzrichterin beim Amtsgericht Flensburg den Hinweis, der Antrag der Fa. P. J. GmbH vom 02.10.2012, am 05.10.2012 bei Gericht eingegangen, dürfte verspätet sein, weil zu diesem Zeitpunkt die vom Rechtspfleger festgesetzte Frist von einem Monat ab Erlass des Beschlusses am 02.07.2012 abgelaufen gewesen sei.
Auf den Hinweis des Insolvenzgerichts vertrat die Fa. P. J. GmbH die Ansicht, dass selbst eine verspätete Antragstellung unschädlich sei. Der Schuldner wäre seinerseits verpflichtet gewesen, dem Gericht die Verurteilung durch den rechtskräftigen Strafbefehl mitzuteilen. Dies folge aus § 97 Abs. 1 InsO. Das Gericht könne nicht „sehenden Auges“ vor dem Hintergrund der (nunmehr) bekannten Tatsachen dem Schuldner die Restschuldbefreiung gewähren. Selbst wenn dies der Fall wäre, sei sie ohne weiteres zu widerrufen.
Dem trat der Schuldner entgegen. Es komme nicht darauf an, wann und unter welchen Umständen der Gläubiger von den seinem Antrag zugrunde liegenden Tatsachen Kenntnis erhalten habe. Bei der unter dem 02. Juli 2012 vom Gericht gesetzten Frist handele es sich um eine Ausschlussfrist, nach deren Verstreichen die Stellung eines Versagungsantrags im Interesse der Rechtssicherheit nicht mehr möglich sei. Eine Restschuldbefreiung von Amts wegen könne nicht erfolgen, vielmehr setzte die Versagung immer einen zulässigen Antrag voraus.
Im Übrigen schloss sich der Schuldner der Rechtsansicht des Insolvenzverwalters, es fehle an der Antragsbefugnis der Fa. N. Ltd. an, unter Hinweis auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg vom 07.09.2005 - Az. 68g IK 46/04 -. Eine Antragsberechtigung der Fa. N. Ltd. folge nicht aus der bloßen Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle. Antragsberechtigt sei ein Gläubiger einer bestrittenen Forderung nur dann, wenn dieser einen Feststellungsprozess gem. §§ 179 ff. InsO erfolgreich geführt und den Nachweis gemäß § 189 InsO erbracht habe. Der Versagungsantrag der N. Ltd. sei deshalb bereits als unzulässig zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 28.02.2013 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO versagt unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 08.10.2009 Az. IX ZB 257/08, zitiert nach Beck online. Antragsberechtigt sei jeder Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet und sich damit in das Verfahren integriert habe, auch wenn er nicht an der Schlussverteilung teilnehme. Dass die Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten und bisher nicht zur Insolvenztabelle anerkannt worden sei, sei für den hier zu entscheidenden Fall unerheblich. Das Bestreiten der angemeldeten Forderung durch den Insolvenzverwalter bei gleichzeitigem Vermerk, dass die Forderung von ihm nicht zu prüfen sei, sei einem vorläufigen Bestreiten vergleichbar, welches einem Antragsrecht nicht entgegenstehe.
Auf ein besonderes Rechtschutzbedürfnis der Antragstellerin N. Ltd. komme es nicht an. Durch die Versagung der Restschuldbefreiung solle allgemein die Unredlichkeit des Schuldners sanktioniert werden
Den Antrag der Fa. P. J. GmbH hat das Insolvenzgericht als unzulässig zurückgewiesen, da er nicht fristgerecht innerhalb der vom Rechtspfleger gesetzten Monatsfrist zur Erhebung von Einwendungen eingelegt worden sei.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf den angefochtenen Beschluss Blatt 619 – 622 der Akte.
Gegen den ihm am 05.03.2013 über seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Beschluss hat der Schuldner mit bei Gericht am 13.03.2013 eingegangenem Schreiben (Bl. 631 d. A.) sofortige Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung wiederholt der Beschwerdeführer zu 1) seine Argumentation im Anhörungsverfahren und vertieft diese. Er hält die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, auf die das Amtsgericht seine Entscheidung stützt, für nicht einschlägig, weil es sich in dem dort entschiedenen Fall um eine zur Tabelle festgestellte Forderung gehandelt habe, während im vorliegenden Fall die Forderung gerade nicht festgestellt, sondern vom Insolvenzverwalter bestritten worden sei. Der Bundesgerichtshof habe die entscheidende Frage, ob sich eine Antragsberechtigung tatsächlich schon aus der schlichten Forderungsanmeldung ergebe und damit ausnahmslos jeder Gläubiger, der eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet und sich damit in das Verfahren integriert habe, antragsberechtigt sei, ausdrücklich offen gehalten. Er habe sich mit der Ansicht des Amtsgerichts Hamburg wegen des anders gelagerten Sachverhaltes nicht auseinandergesetzt und auch nicht auseinandersetzen müssen. Es sei jedoch mit dem Amtsgericht Hamburg zu verlangen, dass durch den antragstellenden Gläubiger zumindest der Nachweis der Klagerhebung nach § 189 Abs. 1 InsO geführt werde (Streck in Hamburger Kommentar zur InsO, § 290 Rn 2). Im Falle einer bestrittenen Forderungsanmeldung, bei der der Widerspruch nicht durch eine Feststellungsklage beseitigt sei, besitze der Gläubiger insolvenzverfahrensrechtlich nur eine eingeschränkte Befugnis, die sich auch auf das Restschuldbefreiungsverfahren auswirke (Münchener Kommentar – Hintzen InsO, § 201 Rn 17 f.).
Ansonsten würde der Streit über das Bestehen der Forderung mit seinem auf das Insolvenzverfahren bezogenen Regelungskonzept in das Restschuldbefreiungsverfahren verlegt. Die Eigenschaft des Insolvenzgläubigers i.S.d. § 38 InsO erhalte ein Gläubiger erst über die Feststellung seiner Forderung zur Insolvenztabelle. Ohne diesen Anknüpfungspunkt müsste man dem Insolvenzgericht im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens eine materiell-rechtliche Prüfung des Anspruchs auferlegen, was der Systematik des Insolvenzverfahrens widerspreche. Vielmehr müsse ein Insolvenzgläubiger einer bestrittenen Forderung den hierfür von der Insolvenzordnung vorgesehenen Weg beschreiten, indem er die Feststellung seiner Forderung im Klagewege nach § 179 Abs. 1 InsO betreibe. Zumindest ein Nachweis nach § 189 InsO sei für die Frage des Antragsrechts zu fordern, um im Hinblick auf bestrittene Forderungen sicherzustellen, dass es auch tatsächlich nur von Insolvenzgläubigern ausgeübt werden könne. Andernfalls könne jemand, der eine schlicht erfundene Forderung anmelde, einen Restschuldbefreiungsversagungsantrag stellen.
Mit Schriftsatz vom 15.03.2013 hat die Fa. P. J. GmbH gegen den ihr am 05.03.2013 zugestellten Beschluss Beschwerde erhoben und sich zur Begründung vollumfänglich auf ihren bisherigen Vortrag bezogen. Wegen des weiteren Vorbringens der Fa. P. J. GmbH, mit dem diese insbesondere darauf hinweist, dass auch von Amts wegen die Restschuldbefreiung hätte versagt werden müssen, wird auf den Schriftsatz vom 14.05.2013 (Bl. 660 – Bl. 662 d. A.) Bezug genommen.
Diesem Vorbringen tritt der Schuldner entgegen mit dem Verweis darauf, dass es nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 296 Abs. 2 S. 1 InsO eine Versagung der Restschuldbefreiung ohne einen Gläubigerantrag nicht gebe (BGH in NZI 2011, 640, 641). Abgesehen davon sei der Anwendungsbereich des § 296 InsO im vorliegenden Verfahren ohnehin nicht eröffnet, da das Verfahren noch nicht aufgehoben worden sei und sich die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung ausschließlich nach § 290 InsO richte.
Die Beschwerdegegnerin, die Fa. N. Ltd., hält in der Beschwerdeinstanz an ihrer Ansicht fest, für die Antragsbefugnis sei entscheidend und ausreichend, ob die Forderung wirksam zur Tabelle angemeldet worden sei. Dafür bedürfe es nur eines Tatsachenvortrages, welcher die Forderung als begründet erscheinen lasse.
Der Stellung als Insolvenzgläubigerin stehe die bisher nicht erfolgte Durchführung eines Feststellungsverfahrens nicht entgegen, da die Klage gemäß § 184 InsO keiner Klagfrist unterliege. Für die Antragsbefugnis der Antragstellerin sei es irrelevant, ob diese nach Prüfung im Schlusstermin an der Verteilung nicht teilnehme. Die Versagung der Restschuldbefreiung ziele allgemein auf die Unredlichkeit des Schuldners ab.
II.
1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist gemäß § 6 i.V.m. § 289 Abs. 2 InsO statthaft. Sie ist auch fristgerecht eingelegt worden. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.
Der nach Ablauf der vom Rechtspfleger im schriftlichen Verfahren gesetzten Frist zur Stellungnahme beim Insolvenzgericht eingegangene Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs.1 Nr.1 InsO ist verspätet und kann deshalb nicht Grundlage für eine gerichtliche Versagung der Restschuldbefreiung sein. Insoweit folgt die Kammer der Entscheidung des Amtsgerichts.
In Fällen der Anordnung des schriftlichen Verfahrens gemäß § 5 Abs. 2 InsO müssen Versagungsanträge innerhalb der gesetzten Frist eingehen, begründet und glaubhaft gemacht werden. Es handelt sich dabei um eine Ausschlussfrist. Eine Nachfrist zur Glaubhaftmachung darf nicht gewährt werden. Ein Nachschieben einer Begründung oder von Versagungsgründen ist unzulässig. Das gilt selbst dann, wenn der Gläubiger erst nach Ablauf des Termins von dem Versagungsgrund erfahren hat (BGH IX ZB 53/08, Entscheidung vom 23.10.2008; BGH IX ZB 226/06 Entscheidung vom 03.12.2009 )
Im Übrigen sind Restschuldversagungsgründe nach einhelliger Meinung nur auf einen zulässigen Antrag und nicht von Amts wegen zu prüfen (BGH in NZI 2003, 389, 391).
2. Die Beschwerde des Schuldners gegen die Versagung der Restschuldbefreiung ist zulässig. In der Sache ist sie auch begründet.
Der Antrag der Fa. N. Ltd. auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 InsO ist unzulässig, die Antragstellerin zu 1) ist nicht antragsbefugt hinsichtlich der Restschuldbefreiungsversagung.
Am Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung i.S.d. § 287 Abs.2 InsO ist gemäß § 300 Abs.1 InsO über den Antrag auf Restschuldbefreiung von Amts wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschlussreif ist (BGH, Entscheidung vom 11.04.2013 IX ZB 94/12). In diesem Fall muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu Versagungsanträgen nach § 290 InsO gegeben werden, die sich auf die Zeit vor und während des durchgeführten Insolvenzverfahrens beziehen müssen (BGH IX ZB 230/09 vom 11.10.2012). Dies kann gemäß § 5 Abs.2 InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen.
Vorliegend beruft sich die Gläubigerin einer angemeldeten, nicht titulierten, vom Insolvenzverwalter in voller Höhe bestrittenen und damit nicht zur Tabelle festgestellten Forderung auf den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr.1 InsO. Der wegen einer Straftat des Insolvenzschuldners nach § 283 StGB erlassene Strafbefehl des Amtsgerichts Flensburg - AZ. 41 Cs 122/10 – ist seit dem 2.Juli 2010 rechtskräftig.
Versagungsanträge können nach Ansicht der Kammer aber nur die Gläubiger stellen, die Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben und deren Forderungen zur Tabelle festgestellt sind, bzw. die im Fall des Bestreitens einer nicht titulierten Forderung durch den Insolvenzverwalter zumindest die Erhebung der Feststellungsklage nach § 189 Abs. 1 InsO nachweisen können (vgl. Streck in Hamburger Kommentar, 3. Auflg.§ 290 InsO Rz.2 mit Verweis auf AG Hamburg, ZinsO 2005,1060). Wurde eine nicht titulierte Forderung bestritten und ist der Widerspruch nicht durch eine Feststellungsklage beseitigt, besitzt der Gläubiger insolvenzrechtlich nur eine eingeschränkte Befugnis (Hintzen in Münchner Kommentar, 2. Auflage § 201 Rz. 17f), die sich auch auf das Restschuldbefreiungsverfahren auswirkt. Ein nicht beseitigter Widerspruch des Insolvenzverwalters steht der Feststellung der Forderung entgegen, weswegen das Verfahrensrecht aus § 290 InsO nicht ausgeübt werden darf
(Ahrens in Frankfurter Kommentar 5. Auflg, § 290 InsO Rz. 57c; Nerlich, Römermann § 290 Rz. 7; LG Hamburg ZinsO 2009, 2163, 2165).
Die von der Gläubigerin angemeldete Forderung ist nicht tituliert. Nach dem Urteil des Landgerichts Flensburg richtet sich die Forderung nicht gegen den Schuldner persönlich, sondern gegen die K. Handelsgesellschaft mbH, vertreten durch den Geschäftsführer J. K..
Der Umstand, dass der Schuldner die angemeldete Forderung bestritten hat, hat zwar auf die Berechtigung der Gläubigerin einen Versagungsantrag zu stellen, keinen Einfluss. Das folgt aus § 178 Abs. 1 InsO. Dem Schuldnerwiderspruch kommt keine den Versagungsantrag hindernde Wirkung zu (BGH, Entscheidung vom 11.10.2012 IX ZB 230/09, zitiert nach juris Rz.17 )
Das Bestreiten der nicht titulierten Forderung der N. Ltd. durch den Insolvenzverwalter hat aber nach § 178 Abs. 1 InsO zur Folge, dass die Forderung nicht zur Tabelle festgestellt werden kann. Es blieb daher der Gläubigerin überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben, § 179 Abs.1 InsO. Das hat sie bis zum Ablauf der vom Rechtspfleger gesetzten Ausschlussfrist nicht getan.
Die Gläubigerin kann sich im vorliegenden Fall nicht darauf berufen, dass die Frist zum Nachweis der Klagerhebung des § 189 Abs. 1 InsO wegen nicht erfolgter öffentlicher Bekanntmachung eines Verteilungsverzeichnisses bisher nicht in Lauf gesetzt worden ist.
Nach eindeutiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Entscheidung über den Antrag auf Restschuldbefreiung nach Ablauf von sechs Jahren zu treffen, auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen bzw. noch nicht abschlussreif ist (BGH, Entscheidung vom 3.12.2009 IX ZB 247/08 und vom 11.10.2012 IX ZB 230/09). Dies geschieht im Interesse des Schuldners an Rechtssicherheit. Dann muss von einem Gläubiger, der von dem einschneidenden Recht des Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung Gebrauch machen möchte, erwartet werden, dass er bis zu der vom Rechtspfleger gesetzten Ausschlussfrist die Voraussetzungen dafür schafft und die Wirkung des Bestreitens durch den Insolvenzverwalter beseitigt. Andernfalls könnte jeder eine nicht titulierte Forderung Anmeldende das Verfahrensziel der Restschuldbefreiung zum Scheitern bringen, auch wenn die Forderung vom Insolvenzverwalter zur Tabelle nicht anerkannt worden ist (vgl. Ahrens in Frankfurter Kommentar 5. Auflg, § 290 Rz.57).
Soweit das Amtsgericht meint, aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8.10.2009 IX ZB 257/08 ableiten zu können, eine Antragsbefugnis folge allein aus einer Anmeldung einer Forderung zur Tabelle, folgt die Kammer dieser Argumentation nicht. Der erkennende Senat hat sich in der genannten Entscheidung mit der Rechtsprechung des Amtsgerichts Hamburg, es bedürfe bei bestrittenen Forderungen für die Antragsbefugnis des Gläubigers des Nachweises der Klagerhebung nach § 189 Abs. 1 InsO, ausdrücklich nicht auseinandergesetzt, weil der vom Amtsgericht Hamburg entschiedene Fall anders gelagert war. Dort lag nämlich eine zur Tabelle festgestellte Forderung vor. Insofern hat der Senat diese im vorliegenden Fall entscheidende Frage offen gelassen.
Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung des Amtsgerichts, dass das Bestreiten des Insolvenzverwalters vorliegend von diesem eingeschränkt und deshalb einem vorläufigen Bestreiten vergleichbar sei. Das gibt das vom Rechtspfleger ausweislich Blatt 510 zur Tabelle vermerkte Ergebnis der Prüfungsverhandlung nicht her.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 91 und 97 ZPO.
Die Entscheidung erster Instanz ist gerichtsgebührenfrei. Im Beschwerdeverfahren fällt eine Festgebühr nach Nr. 2361 KV im Fall der Beschwerdezurückweisung an.
Die Beschwerdezurücknahme der Restschuldbefreiungversagungantragstellerin zu 3) löst keine Gebühr in der Beschwerdeinstanz aus.
IV.
Die Kammer lässt gegen ihre Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Die vorliegend entscheidende Frage der Antragsbefugnis eines Gläubigers einer nicht titulierten, vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderung im Restschuldbefreiungsverfahren nach Ablauf der Sechsjahresfrist ist nach Ansicht der Kammer bisher höchstrichterlich bisher nicht entschieden.
Rechtsmittelbelehrung:
Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Diese muss von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.