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  • 23.03.2016 · IWW-Abrufnummer 146662

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 25.11.2015 – 31 U 182/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Hamm

    31 U 182/15

    Hinweisschreiben 26.10.2015

    Tenor:

    Aufgrund des Hinweisschreibens ist die Berufung zurückgenommen worden.

    1

    beabsichtigt der Senat, die Berufung des Klägers gegen das am 01.09.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

    2

    I. Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über den Bestand eines Bausparvertrages, den der Kläger am 28.08.1978 mit der Beklagten über eine Bausparsumme von 50.000 DM (= 25.564,59 €) abgeschlossen hatte.

    3

    Gemäß § 6 Abs. 1 ABB wird das Bausparguthaben jährlich mit 3 % verzinst. Nach § 11 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag zugeteilt, wenn seit dem Vertragsabschluss mindestens 18 Monate vergangen sind, eine bestimmte Bewertungszahl erreicht ist und ein Bausparguthaben von mindestens 40 % der Bausparsumme angespart worden ist. Nach § 9 Abs. 1 ABB kann die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.

    4

    Im Jahr 1991 lagen die Zuteilungsvoraussetzungen des Bausparvertrages vor. Mit Schreiben vom 04.06.1991 verzichtete der Kläger vorläufig auf die Zuteilung des Bauspardarlehens.

    5

    Mit Schreiben vom 12.12.2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag zum 30.06.2015.

    6

    Mit der Klage hatte der Kläger die Feststellung verlangt, dass die Beklagte den mit ihm geschlossenen Bausparvertrag mit Schreiben vom 12.12.2014 nicht wirksam zum 30.06.2015 gekündigt hat und der Vertrag über den 30.06.2015 hinaus von der Beklagten fortzusetzen ist, bis die gesamte Bausparsumme i.H.v. 25.000 € angespart ist.

    7

    Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

    8

    Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils.

    9

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

    10

    Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Er ist der Auffassung, der Beklagten stehe kein Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu. Diese Vorschrift sei auf Bausparverträge nicht anwendbar. Zudem ergebe sich aus der Regelung nicht, dass das Eintreten der Zuteilungsreife gleichbedeutend mit dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta sei. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass es ein Wesensmerkmal eines Bausparvertrages sei, dass der Bausparer selber bestimmen könne, zu welchem Zeitpunkt er ein Bauspardarlehen in Anspruch nehmen wolle. Dieser Anspruch könne dem Bausparer bis zum völligen Erreichen der vereinbarten Bausparsumme nicht genommen werden.

    11

    Dass sich das Zinsniveau für die Beklagte negativ entwickelt habe, rechtfertige keine andere Betrachtung. Dieses hätte die Beklagte im Rahmen ihrer ABB berücksichtigen können.

    12

    Schließlich verweist der Kläger darauf, dass der Beklagten gemäß § 9 ABB kein Kündigungsrecht zustehe, soweit der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfülle. Dass er dies nicht getan habe, habe die Beklagte selber nicht behauptet.

    13

    Der Kläger beantragt,

    14

    unter Abänderung des am 01.09.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Münster, Aktenzeichen: 14 OO 96/15, festzustellen, dass die Beklagte den mit ihm geschlossenen Bausparvertrag, Vertragsnummer #####/####, Bausparsumme 25.564,59 €, mit Schreiben vom 12.12.2014 nicht wirksam zum 30.06.2015 gekündigt hat und dieser Vertrag über den 30.06.2015 hinaus von der Beklagten fortzusetzen ist, bis die Bausparsumme i.H.v. 25.564,59 € vollständig angespart ist.

    15

    II. Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist unbegründet.

    16

    Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Feststellung zu, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. #####/#### über den 30.06.2015 hinaus fortbesteht. Denn die Beklagte hat diesen Vertrag mit Schreiben vom 12.12.2014 gemäß § 489 I Nr. 2 BGB wirksam zum 30.06.2015 gekündigt.

    17

    1. Das Landgericht hat den Bausparvertrag in der Ansparphase zutreffend als Darlehensvertrag qualifiziert (vgl. auch Palandt-Weidenkaff BGB, 74. Auflage, Vorb v § 488 Rz. 17). Die herrschende Meinung sieht in dem Bausparvertrag einen einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, Juris Rz. 7).

    18

    2. Diesen Darlehensvertrag hat die Beklagte gemäß § 489 I Nr. 2 BGB wirksam mit Schreiben vom 12.12.2014 zum 30.06.2015 gekündigt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 489 I Nr. 2 BGB auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Unrichtig ist die Auffassung des Klägers, dass die Laufzeit des Darlehens des Bausparers an die Bausparkasse durch den Zeitpunkt festgelegt sei, an dem sich die jeweilige Rolle der Parteien umkehrt, was erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens der Fall sei. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass es - wie der vorliegende Sachverhalt zeigt - bei einem Bausparvertrag nicht zwingend zu einer Zuteilung der Bausparsumme kommen muss, weshalb im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gerade nicht feststand, wann die Zuteilung des Bausparvertrages und des Bausparerdarlehens erfolgen würde. Vor diesem Hintergrund ist § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2013, 19 U 106/13 Juris Rz. 6; LG Dortmund, Urteil vom 18.02.2011, 3 O 397/10, Juris Rz. Rz. 37 ff.).

    19

    3. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Regelung in § 9 I ABB der Beklagten. Nach dieser Vorschrift kann die Beklagte den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Nach § 489 Abs. 4 S. 1 BGB kann das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Abs. 1 und 2 nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Ginge man daher davon aus, dass die Regelung in § 9 Abs. 1 ABB der Beklagten auch das Kündigungsrecht aus § 489 BGB ausschließen solle, wäre diese Allgemeine Geschäftsbedingung kraft Gesetzes unwirksam.

    20

    4. Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den vorstehenden Hinweisen innerhalb einer Frist von 2 Wochen Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung durchgeführt oder aus Kostengründen zurückgenommen werden soll. Auf die Gebührenermäßigung bei einer Berufungsrücknahme (Kostenverzeichnis Nummer 1222) wird hingewiesen.

    21

    5. Der Kläger wird weiter darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 1.600 € festzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschluss des Senats vom 29.07.2015, 31 U 116/15) ist der Streitwert unter Anwendung von § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung objektiv zu ermitteln (vgl. Musielak-Heinrich, ZPO, § 3 „Feststellungsklagen“ und Rz. 6 m.w.N.). Bei objektiver Betrachtung besteht das wirtschaftliche Interesse des Klägers daran, weiter eine angesichts des heutigen allgemeinen Zinsniveaus attraktive Guthabenverzinsung von 3 % auf das eingezahlte Kapital zu erzielen. Das nach § 3 ZPO eröffnete Ermessen ist unter Berücksichtigung der Regelung des § 9 Satz 1 ZPO dahin auszuüben, dass vorliegend auf den Zinsertrag abzustellen ist, den der Kläger nach dem derzeitigen Stand des Kapitals in 3 1/2 Jahren erzielen würde, wobei dieser Betrag im Hinblick auf die Tatsache, dass der Kläger einen Feststellungsantrag gestellt hat, noch um 20 % zu kürzen ist. Dieser Betrag beläuft sich auf bis zu 1.600 €, mehr nicht. Einem etwaigen Interesse des Klägers daran, dass gerade die Beklagte seine Geldanlage weiter verwaltet, ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung kein eigenständiger wirtschaftlicher Wert beizumessen.

    Oberlandesgericht Hamm

    31 U 182/15

    Beschluss

    25.11.2015

    Tenor:

    Der Kläger ist des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig und hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil er seine Berufung gegen das am 01.09.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (014 O 96/15) zurückgenommen hat.

    Dieser Beschluss ergeht nach § 516 Abs. 3 ZPO.

    Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 1.600,00 EUR festgesetzt.

    RechtsgebietBauspardarlehenVorschriften§ 522 BGB