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  • 15.05.2018 · IWW-Abrufnummer 201187

    Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 27.03.2018 – 11 S 183/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Frankfurt am Main

    Urt. v. 27.03.2018

    Az.: 2-11 S 183/17

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom 20.09.2017, Az.: 33 C 3490/16 (98), abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.751,14 Euro festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger begehrt Feststellung, dass die vereinbarte Nettokaltmiete unwirksam ist sowie Rückzahlung überzahlter Miete.

    Mit Mietvertrag vom 03.05.2016 (Bl. 6ff der Akte) mietete der Kläger die Zweizimmerwohnung 2.3.1 im 3. OG rechts in der Wohnanlage X-straße xx, Y-Straße xy in Frankfurt am Main von der Beklagten an. Gemäß Mietvertrag beträgt die vereinbarte Grundmiete 810,00 Euro. Dies entspricht einer Grundmiete von 13,46 Euro pro Quadratmeter. Die Wohnung liegt in einem durch die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 bestimmten Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt. Am 28.10.2016 zahlte der Kläger für den Monat November 2016 810,00 Euro zuzüglich Nebenkosten an die Beklagte.

    Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31.10.2016 rügte der Kläger die vereinbarte Nettomiete. Er ging in dem Schreiben von einer höchst zulässigen Nettomiete in Höhe von 730,00 Euro aus. Mit Schreiben vom 15.11.2016 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte zur Auskunft über die Tatsachen auf, die für die Zulässigkeit der von der Beklagten begehrten Miete maßgeblich seien, und zur Rückzahlung der durch den Kläger für den Monat November 2016 zu viel entrichteten Miete in Höhe von 80,00 Euro auf.

    Der Kläger hat erstinstanzlich für die Wohnung unter Zugrundelegung einer ortsüblichen Vergleichsmiete in Höhe von 10,37 Euro pro Quadratmeter eine zulässige Nettomiete in Höhe von 746,02 Euro (10,37 Euro x 65,40 qm = 678,20 Euro zzgl. 10%) errechnet. Die Beklagte sei aufgrund der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 nicht berechtigt gewesen, eine Nettomiete von 810,00 Euro zu verlangen. Die Verordnung sei rechtmäßig und die Ermächtigungsgrundlage verfassungsgemäß.

    Nach einer teilweisen Klagerücknahme hat der Kläger erstinstanzlich beantragt festzustellen, dass die zwischen den Parteien mit Vertrag vom 03.05.2016 getroffene Vereinbarung insoweit unwirksam sei, als dort eine Nettokaltmiete von 810,00 Euro vereinbart sei, und dass die derzeit geschuldete Miete 746,02 Euro betrage. Zudem hat er Rückzahlung eines Betrages von 63,98 Euro nebst Zinsen beantragt.

    Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

    Sie hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 sei unrechtmäßig und die ihr zugrundeliegende Ermächtigungsgrundlage verfassungswidrig. Der Frankfurter Mietspiegel für 2014 verstoße gegen die anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze der Mietspiegelerstellung. Auch unter Zugrundelegung der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung sei die Mietpreisvereinbarung wirksam, da die ortsübliche Vergleichsmiete 748,17 Euro (11,44 Euro x 65,40 qm) betrage und zuzüglich 10% damit über der vereinbarten Nettomiete liege. Für die in der Wohnung vorhandene Einbauküche sei ein Zuschlag von 0,74 Euro zu berücksichtigen. Ferner sei ein Zuschlag für das modernisierte Bad in Höhe von 0,30 Euro zuzubilligen, hilfsweise ein Zuschlag in Höhe von 0,30 Euro wegen der Stichtagsdifferenz.

    Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 20.09.2017 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Ermächtigungsgrundlage verfassungskonform sei. Sie sei sowohl formell wie auch materiell verfassungsgemäß. Insbesondere bestehe kein Verstoß gegen die Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 14 GG, Art. 3 GG und Art. 2 GG. Auch die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 sei rechtmäßig und wirksam, da sie von der gesetzlichen Ermächtigung in § 556d Abs. 2 BGB gedeckt sei. Die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung sei formell ordnungsgemäß von dem zuständigen Organ erlassen worden. Die Verordnung enthalte die Begründung nach § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB und die Information nach § 556d Abs. 2 Satz 7 BGB, welche Maßnahmen die hessische Landesregierung ergreifen werde, um der angespannten Wohnungsmarktlage abzuhelfen. Die Verordnung sei auch materiell ordnungsgemäß. Der hessische Gesetzgeber habe sich bei Erlass der Verordnung innerhalb der Grenzen des ihm in mehrfacher Hinsicht eröffneten Beurteilungsspielraums gehalten. Die hessische Landesregierung habe sich auch im Übrigen an die materiellen Vorgaben der Ermächtigung in § 556d Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB gehalten und deren Erfüllung hinreichend begründet. Die hessische Mietenpreisbegrenzungsverordnung genüge ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie überschreite nicht die Grenzen des Art. 14 GG, die auch den Verordnungsgeber binden würden.

    Da die Verordnung wirksam sei, dürfe die vereinbarte Nettomiete vorliegend die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10% übersteigen (§ 556d Abs. 1 BGB). Zu deren Ermittlung könne der Frankfurter Mietspiegel 2014 als qualifizierter Mietspiegel im Sinne von 558d BGB herangezogen werden. Die Angriffe der Beklagten hiergegen hätten das Gericht von nichts anderem zu überzeugen vermocht, so dass es bei der Vermutungswirkung nach §§ 558d Abs. 3, 292 ZPO bleibe. Der Zuschlag in Höhe von 0,74 Euro für eine Einbauküche sei nicht zuzubilligen, weil er von dem Frankfurter Mietspiegel 2014 grundsätzlich nicht zugesprochen werde. Der Zuschlag für eine "integrierte Küche" könne nicht analog herangezogen werden. Der Zuschlag von 0,30 Euro für das modernisierte Bad sei nicht einschlägig. Der Zuschlag von 0,30 Euro für die sog. "Stichtagsdifferenz" sei ebenfalls nicht zuzusprechen gewesen, da keine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete festzustellen sei, die einen Stichtagszuschlag von 0,30 Euro rechtfertigen würde. Zwischen den Erhebungszeitpunkten Mietspiegel 2014 und 2016 habe keine ungewöhnliche Mietpreisentwicklung stattgefunden.

    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt und insbesondere den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom 20.09.2017, Az.: 33 C 3490/16 (98), gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen.

    Gegen das am 25.09.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.10.2017 Berufung eingelegt. Diese Berufung hat sie mit Schriftsatz vom 25.10.2017 begründet.

    Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zur Begründung der Berufung führt sie insbesondere Folgendes aus:

    § 556d BGB als Ermächtigungsgrundlage sei verfassungswidrig. Die Ermächtigungsgrundlage genüge nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG schließe zwar nicht aus, dass der Gesetzgeber Ermächtigungen in Form von Kann-Vorschriften erteile, ohne den Ermächtigungsadressaten bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zum Erlass der Verordnung zu verpflichten. Solche Kann-Vorschriften seien nur dann unbedenklich, wenn die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht davon abhänge, ob von ihr Gebrauch gemacht werde oder nicht. § 556d Abs. 1 BGB überlasse es vollständig dem politischen Gestaltungswillen der Landesregierungen, ob sie von der Verordnungsermächtigung Gebrauch machen und die Regelungen des §§ 556d ff BGB erst auf Grundlage der erlassenen Verordnung anwendbar werden.

    Zudem verstoße die Ermächtigungsgrundlage gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichtes beruhe die Ungleichbehandlung nicht auf einem sachlichen Grund. § 556d BGB verstoße bereits deshalb in verfassungswidriger Weise gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil § 556e Abs. 1 BGB ohne sachliche Rechtfertigung diejenigen Vermieter innerhalb der nach § 556d Abs. 2 BGB beschriebenen Gebiete von der Preisintervention des § 556d Abs. 1 BGB bis zur Höhe der Vormiete ausnehme, die die Mietsache vor der Wiedervermietung unter Überschreitung der nunmehr durch § 556d Abs. 1 BGB angeordneten Mietobergrenze vermietet hätten. Zudem führe die Abstellung auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu unterschiedlichen Belastungen je nach deren Höhe. Vermieter in Kommunen mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete würden erheblich härter getroffen als die mit einer vergleichsweise hohen. Daraus folge ein signifikant ungleiches bundesweites Ausmaß, insbesondere wenn man Berlin und München vergleiche. Ferner komme es auch zu einer mit Art. 3 GG unvereinbaren Ungleichbehandlung von Vermietern, die innerhalb der Gebietskulisse nach § 556d Abs. 2 BGB tätig seien gegenüber Vermietern, die außerhalb davon die nach bisheriger Rechtslage erzielbare Miete wirksam vereinbaren können. Denn der Gesetzgeber habe die gesetzliche Preisintervention nicht allein vom Vorliegen eines angespannten Wohnungsmarktes, sondern zusätzlich von der politischen Willensbildung auf Landesebene abhängig gemacht (s. Beschluss LG Berlin 14.09.2017, 67 S 149/17).

    § 556d BGB verstoße auch gegen Art 14 GG, da er zur Bekämpfung der Wohnungsnot und zur Verfolgung des Ziels der Marktöffnung für einkommensschwächere Mieter ungeeignet sei. Es seien mildere Mittel, insbesondere mildere Ausgestaltungen der Mietpreisbremse denkbar, so dass die Regelungen des § 556d ff BGB auch mangels Erforderlichkeit verfassungswidrig seien. Die Verordnung stelle auch deshalb keine angemessene Maßnahme dar, da die Baunebenkosten erheblich gestiegen seien und weit stärker steigen würden als die allgemeine Preissteigerung und allgemeine Mietentwicklung. Das Vergleichsmietensystem werde zudem von Markteinflüssen abgekoppelt.

    Die Ermächtigungsgrundlage verstoße auch gegen die in Art 28 Abs. 2 GG verankerte Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und gegen die durch Art 2 GG geschützte Vertragsfreiheit.

    Abgesehen von der Ermächtigungsgrundlage sei auch die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 nichtig. Die Verordnung sei nicht nur nicht ausreichend, sie sei gar nicht begründet. Es fehle damit an der in § 556d Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 BGB vorgeschriebenen Begründung, die die Offenlegung des Bewertungsmaßstabes und der sich daraus ergebenden Ergebnisse verlange. Eine Begründung, die weder veröffentlicht noch öffentlich zugänglich sei, erfülle diese Voraussetzungen nicht. Die nur als Entwurf veröffentlichte Begründung sei zudem nicht ausreichend. Darin sei die Verordnung auf der Grundlage von veraltetem Datenmaterial begründet worden. Die Selbsteinschätzung der Gemeinden stelle nur dann ein geeignetes Mittel zur Ermittlung eines angespannten Wohnungsmarktes dar, wenn sie auf einer fundierten und für Dritte durch Zahlenmaterial nachprüfbaren Begründung basiere.

    Das Amtsgericht sei zudem fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Zuschlag von 0,74 Euro für die Einbauküche in einem separaten verschließbaren Raum nicht zu gewähren sei. Das Gutachten, auf dem der Mietspiegel der Stadt Frankfurt 2014 beruhe, habe gerade nicht den Einfluss der Einbauküche mit gehobener Ausstattung in einem separaten Küchenraum auf die Mietpreisbildung untersucht. Bei einer Einbauküche mit gehobener Ausstattung sei zudem von einer Teilmöblierung auszugehen. Schließlich habe das Amtsgericht auch zu Unrecht den Zuschlag von 0,30 Euro wegen modernisiertem Bad bzw. Stichtagsdifferenz nicht anerkannt.

    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des am 20.09.2017 verkündeten und der Beklagten am 25.09.2017 zugestellten Urteils des Amtsgerichtes Frankfurt am Main - 33 C 3490/16 (98) die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien einschließlich der eingereichten Anlagen sowie den Inhalt der mündlichen Verhandlungen in erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

    Auf Anfrage der Kammer bei dem zuständigen Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurde mitgeteilt, dass die Begründung der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 nicht vor 2017 auf der Homepage des Ministeriums als pdf-Download veröffentlicht wurde.

    II.

    Die Berufung ist statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.

    Die Berufung hat in der Sache Erfolg.

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Der Kläger hat, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ein Interesse festzustellen, dass die vereinbarte Miete unwirksam ist, da die Beklagte dies ernsthaft bestreitet. Auch wenn die klägerischen Rückzahlungsansprüche bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hätten beziffert werden können, gilt insoweit nicht der Vorrang der Leistungsklage. Die Durchführung des Feststellungsverfahrens führt zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der strittigen Punkte.

    Die Klage ist jedoch unbegründet.

    Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass die in dem Mietvertrag vom 03.05.2016 getroffene streitgegenständliche Mietzinsvereinbarung insoweit unwirksam ist, als dort eine Nettokaltmiete von 810,00 Euro vereinbart ist und die derzeit geschuldete Miete 746,02 Euro beträgt.

    Der Kläger kann seine Klage nicht mit Erfolg auf die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 stützen, die aufgrund der in § 556d BGB den Ländern erteilten Ermächtigung erlassen wurde.

    Dabei kann dahinstehen, ob die Ermächtigungsgrundlage in § 556d BGB verfassungswidrig ist. Denn auch wenn man mit dem Amtsgericht von der Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage ausgeht, so ist zumindest die auf ihrer Grundlage erlassene Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17.11.2015 unwirksam, da sie nicht formell ordnungsgemäß ist.

    Die Verordnung ist zwar von dem zuständigen Organ erlassen worden. Doch wurde sie entgegen dem Wortlaut des § 556d BGB, der eine Begründung als verpflichtend vorschreibt, nicht begründet. So heißt es in § 556d Abs. 2 Satz 4-6 BGB: "Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 muss spätestens am 31.12.2020 in Kraft treten. Sie muss begründet werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt." Es ist zwar grundsätzlich zutreffend, dass Rechtsverordnungen nach Art. 80 GG zu ihrer Wirksamkeit keiner Begründung bedürfen. Dies kann aber dann nicht gelten, wenn wie vorliegend, das Begründungserfordernis ausdrücklich in der Ermächtigungsgrundlage geregelt ist. Der Ermächtigungsadressat wird hier ausdrücklich, denn es heißt "muss", zur Begründung verpflichtet. Der Gesetzgeber hat dieses Erfordernis bewusst in die Ermächtigungsgrundlage aufgenommen. Durch das Begründungserfordernis soll die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar gemacht werden (BT-Drs.18/3121, S. 29). Die Begründungspflicht des § 556d Abs. 2 BGB dient dem Grundrechtsschutz, insbesondere dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz. Die Bestimmung und Abgrenzung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bedarf einer sorgsamen Prüfung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme, um auf diese Weise den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Eigentumsschutzes Rechnung zu tragen (BT-Drs.18/3121, S. 28). Durch die Aufnahme einer Gemeinde in eine Rechtsverordnung im Sinne des § 556d Abs. 1 BGB wird der Vermieter, der dort eine Wohnung hat, in seinem Eigentumsgrundrecht beschränkt, da er die Neumiete nicht nach Marktverhältnissen festlegen kann. Auch wenn man einen solchen Eingriff als verfassungsrechtlich zulässig erachtet, muss die eigentumsrechtliche Beschränkung besonders gerechtfertigt werden. Die Begründung muss nachprüfbare Tatsachen liefern, warum die jeweilige Gemeinde gerade in die Verordnung aufgenommen wurde.

    Der Adressat der Verordnung, im vorliegenden Fall der Vermieter, muss nach der Lektüre der Begründung wissen, warum eine bestimmte Gemeinde gerade in die Verordnung aufgenommen wurde (vgl. LG München, Urteil vom 06.12.2017, Az. 14 S 10058/17, zit. nach juris; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 13. Auflage, § 556d Rn. 39). Nach alledem muss eine Begründung erfolgen.

    Zwar schreibt § 556d BGB nicht vor, ob die Begründung in der Verordnung oder an anderer Stelle zu erfolgen hat. Jedoch kann die Begründung in einem Entwurf keinesfalls als ausreichend angesehen werden. Der Verordnungstext der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen 2015, Nr. 26, S 397 veröffentlicht. Mit oder nach Erlass der Verordnung wurde lediglich ein Entwurf der Begründung, von dem sich auch eine Kopie in der Akte befindet (Anlage K 7, Bl. 230ff der Akte), öffentlich zugänglich gemacht. Dass es sich um einen Entwurf handelt, ist dadurch deutlich gemacht, dass jede Seite quer dick mit dem Wort "Entwurf" gekennzeichnet ist. Dies stellt keine ausreichende Begründung im Sinne von § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB dar.

    Die offizielle Begründung wurde nach Auskunft des zuständigen Ministeriums frühestens 2017 als pfd-Download auf der Homepage des Ministeriums öffentlich zugänglich gemacht. Dabei ist bereits fraglich, ob ein öffentliches Zugänglichmachen ausreicht oder ob nicht eine förmliche Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Hessen erforderlich gewesen wäre. Jedenfalls heilt eine nachträgliche Begründung den Mangel der Verordnung nicht. Ein Mangel im Normsetzungsverfahren kann nicht rückwirkend dadurch geheilt werden, dass fehlende Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung nachträglich geschaffen werden (vgl. AG Hamburg-Altona, Urteil vom 09.10.2017 - 316 C 206/17, zit. nach juris). Die Begründung ist gemäß § 556d Abs. 2 BGB Wirksamkeitsvoraussetzung der Verordnung und kann daher nicht nachgeschoben werden. Der Adressat der Verordnung muss ihre Wirksamkeit zum Zeitpunkt seines Handelns beurteilen können. Es muss für Vermieter und Mieter bei Abschluss des Mietvertrages überprüfbar sein, ob die Wiedervermietungsmiete begrenzt ist oder nicht. Bei einer nicht veröffentlichten Begründung weiß man nicht, ob es sie überhaupt gibt und ob der Inhalt den gesetzlichen Vorgaben entspricht (vgl. Börstinghaus, jurisPR-MietR 23/2017 Anm. 1 zu AG Frankfurt, Urteil vom 20.09.2017 - 33 C 3490/16 (98), zitiert nach juris).

    Die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung leidet daher an einem Begründungsmangel, der dazu führt, dass sie von Anfang rechtswidrig und damit unwirksam ist.

    Damit war die Beklagte bei der Neufestsetzung der Miete nicht an die Vorgaben der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung gebunden, so dass die zwischen den Parteien im Mietvertrag vereinbarte Miete wirksam und der Feststellungsantrag unbegründet ist.

    Daraus folgt auch, dass dem Kläger kein Anspruch auf Rückzahlung zu viel entrichteter Miete für den Monat November 2016 zusteht.

    Auf die Berufung der Beklagten war daher das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Eine Auseinandersetzung mit den weiteren Streitpunkten war nicht erforderlich.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr.10, 711 ZPO.

    Die Revision war im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

    Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG, 9 ZPO.

    RechtsgebietMietrechtVorschriften§ 556d BGB