11.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208273
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 10.12.2018 – 29 U 123/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 10.12.2018
Az.: 29 U 123/17
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 30.6.2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsrechtszuges an das Landgericht Wiesbaden zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt die beklagte städtische Wohnungsbaugesellschaft auf Nachbesserung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum, Schadensersatz und Übernahme der Kosten eines vorgerichtlichen Sachverständigen in Anspruch. In der Sache geht es um Wassereintritt und Schimmelbildung wegen fehlerhafter Abdichtung von (Reihen-) Hausdächern und aufgrund fehlerhafter Abdichtung von Fugen zwischen Innen- und Außenwänden. Die Gebäude sind in Form mehrerer Ketten errichtet (Anl. K0). Die Fassaden sind unterschiedlich farblich angelegt. Die Sanierung der "blauen Häuser" ist abgeschlossen, die Sanierung der roten, gelben und grünen Häuser ist streitgegenständlich.Dem liegen notariell beurkundete Bauträgerverträge mit Herstellungsverpflichtung aus dem Jahr 1998 zu Grunde. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte am 24.7.1998 wirksam durch die Ersterwerber. Am 26.11.2002 leiteten die Wohnungseigentümer gegen die Beklagte ein selbstständiges Beweisverfahren vor dem LG Wiesbaden ein (Az. …). Dort wurde der hiesigen Streithelferin der Beklagten von dieser der Streit verkündet. Nach dem Sachverständigengutachten SV1 vom 7.9.2005 sollen die gemeinschaftlichen Dächer aller Häuserzeilen nicht mit der erforderlichen Abdichtung ausgerüstet sein (streitig). Gemäß Gutachten vom 8.10.2005 handele es sich nicht um einzelne handwerkliche Fehlleistungen, sondern um Systemfehler (streitig). Die Beklagte bot eine Sanierung gemäß Gutachten SV2 aus dem Jahr 2009 an, die in Angriff genommen wurde. Die blauen Häuser wurden saniert (Warmdach statt Kaltdach). In der Folgezeit entstand erneut Streit darüber, wie die Mängel der übrigen Häuser fachgerecht zu beheben seien. Nach dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten SV3 vom 8.10.2015 (Anlage K 38) weist der Bestand zwar Mängel auf, deren Behebung aus technischen Gründen aber nicht geboten sei (streitig). Die Beklagte lehnte daher am 12.4.2016 (K 39) weitere Sanierungsarbeiten an den roten, grünen, und gelben Gebäuden ab.
Über die Durchführung des streitigen Verfahrens lagen erstinstanzlich zwei Beschlüsse der WEG vor:
Der Beschluss vom 14.12.2011, Bl. 184, lautet, "Die Eigentümergemeinschaft wird die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme vor Durchführung der Mangelbeseitigung im Wege der Vorschussklage gegenüber der A GmbH geltend machen".
Der Beschluss vom 16.3.2017, K 55, lautet, "Die WEG sollte die den einzelnen Eigentümern zustehenden Ansprüche auf Bevorschussung der erforderlichen Mangelbeseitigungskosten im Wege der Vorschussklage geltend machen können. Die Wohnungseigentümer genehmigen rückwirkend sämtliche Rechtshandlungen und Willenserklärungen und übertragen die Befugnis zur außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung ihrer Mängelansprüche in Ansehung der nachstehend aufgeführten Mängel gemäß § 10 Abs. 6 WEG an die WEG zur Geltendmachung durch diese." Es folgt eine stichwortartige Aufzählung der Mängel.
Im Rechtszug vor dem Landgericht hat die Beklagte den mit der Objektplanung und Bauüberwachung beauftragten Architekten den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Verjährung sei durch das von den einzelnen Eigentümern eingeleitete selbstständige Beweisverfahren gehemmt worden. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur Mangelbeseitigung wiederholt anerkannt. Der unzureichende Dachaufbau und die technisch fehlerhafte Abdichtung der Fugen führe zu Schäden an der Bausubstanz durch Feuchtigkeitseinwirkung und Schimmelbildung. Derartige Schäden seien an verschiedenen Häusern seit 2012 immer wieder aufgetreten (Bl. 24 ff.). Die Mängel an der Abdichtung führten zu einer Wertminderung des jeweiligen Wohnungseigentumsanteils um 50.000 €.
Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, die gewählte Konstruktion führe zu keiner Funktionsbeeinträchtigung der Gebäude. Die begehrte Nachbesserung sei unverhältnismäßig im Sinne von § 635 Abs. 3 BGB. Sie werde Kosten i.H.v. mehreren 100.000 € verursachen. Die erstmals 10 Jahre nach Abnahme neu gerügten Mängel (Bl. 67, 68) seien verjährt. Die durchgeführte Beweisaufnahme sei nicht ausreichend, weil der Sachverständige SV1 höchstens 25 % der Dächer untersucht habe und deshalb nicht feststehe, dass auch an den anderen Gebäuden ein gleichartiger Mangel bestehe. Letzteres hat die Beklagte bestritten.
Die Streithelfer haben vorgetragen, dass der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 14.12.2011 nicht ausreichend, sondern nichtig sei (Bl. 235 ff.) und durch den Beschluss vom 16.3.2017 nach Klageerhebung keine Heilung mehr habe eintreten können. Außerdem haben sie Unschlüssigkeit des Vortrags und fehlende Bestimmtheit der Anträge gerügt (Bl. 98 ff.). Sie haben die Identität der Erwerbsverträge bestritten (Bl. 106) und die Beschreibung der Mängel als nicht ausreichend bezeichnet (Bl. 106 ff.). Ein Systemmangel sei nicht nachgewiesen, weil der Sachverständige SV1 lediglich an sechs Häusern punktuelle Bauteilöffnungen vorgenommen habe (Bl. 111). Gemäß Privatgutachten SV3 vom 8.10.2015 (K 38) liege kein beseitigungspflichtiger Mangel vor. Deshalb bestehe kein Anspruch der WEG auf Beseitigung und Schadensersatz.
Überdies seien solche Ansprüche verjährt, weil die streitgegenständlichen Mängel zuletzt im 2. Ergänzungsgutachten des Sachverständigen SV1 im selbstständigen Beweisverfahren vom 14.11.2007 begutachtet worden seien; die Verjährung laufe für jeden Mangel separat und ende nach dessen Begutachtung (BGH VII ZR 86/92, BauR 1993, 221).
Das Landgericht Wiesbaden hat die Klage mit Urteil vom 30.6.2017, Bl. 333 ff., mit der Begründung abgewiesen, es fehle an der Aktivlegitimation der WEG, weil der Beschluss vom 14.12.2011 über die Geltendmachung der Rechte wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum unbestimmt und daher nichtig sei; der Beschluss lasse die geltend zu machenden zahlreichen Mängel an verschiedenen Gebäuden nicht aus sich heraus erkennen. Auch die Bezugnahme auf das hierüber anhängige selbstständige Beweisverfahren sei nicht ausreichend. Der Beschluss vom 14.12.2011 decke nur eine Vorschussklage, nicht aber eine solche auf Mangelbeseitigung. Der nichtige Beschluss vom 14.12.2011 sei auch nicht durch den Beschluss vom 16.3.2017 wirksam geheilt oder ersetzt worden. Ein solcher Beschluss wirke nur für die Zukunft. Im Übrigen sei auch der Beschluss vom 16.3.2017 (K 55,56) in seiner Reichweite zweifelhaft. Die Mängel seien auch dort nicht ausreichend individualisiert. Die Frage des Bestehens oder der Verjährung der geltend gemachten Ansprüche könne daher offen bleiben. Auf das Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Die Zustellung des Urteils an die Klägerin erfolgte am 7.7.2017, Bl. 355.
Die Klägerin legte dagegen am 7.8.2017 Berufung ein, Bl. 365. Nach Fristverlängerung zu Begründung der Berufung bis Montag, den 9.10.2017 ging die Berufungsbegründung am 6.10.2017 bei dem Berufungsgericht ein, Bl. 379 ff.
Mit der Berufungsbegründung vom 6.10.2017 (Bl. 423 ff.) macht die Klägerin geltend, der Beschluss vom 14.12.2011 genüge den Anforderungen des § 10 Abs. 6 WEG und sei daher nicht nichtig. Bei der Auslegung des Beschlusses habe das Landgericht die ständige Rechtsprechung des BGH übergangen, wonach ein Mehrheitsbeschluss über gemeinschaftsbezogene Individualansprüche der Wohnungseigentümer im Zweifel im Sinne einer Klagebefugnis der WEG auszulegen sei (BGH vom 10.7.2015, V ZR 169/14, zitiert nach juris Rn. 5, NJW 2016, 53 ff.). Die Berufung der Beklagten auf eine Nichtigkeit des Beschlusses sei außerdem treuwidrig, weil sie mit der Klägerin mehrere Vereinbarungen über eine Sanierung des Gemeinschaftseigentums geschlossen habe, nachdem die Klägerin für die Wohnungseigentümer aufgetreten sei. Das Landgericht habe sich mit diesem Einwand nicht befasst. Auf die beabsichtigte Abweisung der Klage wegen der vom Landgericht angenommenen Unzulänglichkeit der Beschlüsse vom 14.12.2011 und 16.3.2017 habe das Landgericht trotz ausdrücklicher Bitte der Klägerin weder vorab noch im 2. Verhandlungstermin am 24.3.2017 hingewiesen. Der Beschluss vom 16.3.2017 sei in der zweiten mündlichen Verhandlung nicht einmal Gegenstand der Erörterung gewesen. Es handele sich daher um eine Überraschungsentscheidung. Bei rechtzeitigem Hinweis hätte die Klägerin sogleich den mit der Berufung eingeführten Beschluss vom 8.11.2010 vorgelegt (Anlage K 61, Bl. 443), welcher ausreichend sei. Außerdem habe die Wohnungseigentümergemeinschaft am 28.8.2017 einen weiteren Beschluss darüber gefasst, dass sie die Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum an sich ziehe (Anlage K 67, Bl. 462 ff.). Die Klage sei materiell-rechtlich aus den erstinstanzlich dargelegten Gründen begründet und der Anspruch nicht verjährt. Eine erneute Beseitigungsaufforderung sei entbehrlich, weil die Beklagte mit Schreiben vom 12.4.2016 jede weitere Nachbesserung abgelehnt habe. Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 6.10.2017 Bezug genommen.
Die Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 30.6.2017, Az. 5 O 126/16 abzuändern und
1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.307,86 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.6.2014 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, folgende Mängel an den Einfamilienhäusern in Stadt1, Straße1 (rote Häuserzeile), 2 (Grüne Häuserzeile), 3 (gelbe Häuserzeile) durch geeignete Maßnahmen so zu beheben, dass die Ausführung nach der Mängelbeseitigung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht:
a)
Undichtigkeit der Dampfsperre Anschluss Fassade an Flachdach über 1. OG,
b)
Undichtigkeit Dampfsperre Anschluss Gartenfassade an Flachdach 2. OG,
c)
Undichtigkeit Dampfsperre Übergang Pultdach an Flachdach,
d)
Undichtigkeit Dampfsperre Anschluss Fassade (Eingang) an Pultdach,
e)
Undichtigkeit Dampfsperre im Treppenhaus,
f)
Fehlende Dämmlage/Dämmung verschoben im Dachaufbau,
g)
Undichtigkeiten im Anschluss der Holzfassade an Stahlbetonbauteile vertikal und horizontal (Deckensfuge);
hilfsweise zu Ziffer 2 a) bis g)
die Beklagte zu verurteilen, die fehlende Dampfdiffusionsdichtigkeit der Gemeinschaftsdächer der roten Häuserzeile (Hausnummern Straße1), der grünen Häuserzeile (Hausnummern 2) und der gelben Häuserzeile (Hausnummern 3) und die Anschlüsse der Holzfassade an die Stahlbetonteile durch geeignete Maßnahmen so zu beheben, dass nach der Mängelbeseitigung die Dampfdiffusionsdichtigkeit der jeweiligen gemeinschaftlichen Dächer der Häuserzeilen und die Anschlüsse der Holzfassade an die Stahlbetonbauteile horizontal und vertikal den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
3.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Aufwendungen zu erstatten, die der Klägerin durch die Einschaltung des Sachverständigen SV4 in der Vergangenheit bereits entstanden sind.
hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Wiesbaden zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Streithelferin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil.
II.
A. Zulässigkeit
Die Berufung ist unbedenklich zulässig gemäß der §§ 511, 517, 520 ZPO. Die gesetzlichen Fristen sind gewahrt. Die Klägerin ist durch die Abweisung der Klage mit mehr als 20.000 € beschwert. Die Berufung enthält die notwendigen Angriffe im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO.
B. Begründetheit
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerhaft im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO. Die Abweisung der Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der WEG steht mit der materiellen Rechtslage nicht im Einklang. Die Begründung durch das Landgericht lässt erkennen, dass die entscheidungserhebliche Frage, ob die WEG trotz der fehlenden Aktivlegitimation Prozessführungsbefugnis hatte, nicht geprüft wurde. Bei fehlender Prozessführungsbefugnis ist die Klage unzulässig. Hierauf hätte das Landgericht nach seiner materiellen Rechtsansicht hinweisen müssen. Da es sich über die prozessuale Frage hinaus ausdrücklich nicht mit der Begründetheit der Klage befasst hat, liegt ein Fall von § 538 Abs. 2 Nummer 3 ZPO vor. Dieser ist entsprechend anwendbar, wenn eine Klage unrichtigerweise als unbegründet abgewiesen wurde, obwohl die Begründung eine Abweisung als unzulässig erfordert hätte (BGH V ZR 287/81, NJW 1984, 126 ff. [BGH 11.03.1983 - V ZR 287/81][BGH 11.03.1983 - V ZR 287/81], zitiert nach juris Rn. 33).
Da sich das Landgericht aufgrund seiner fehlerhaften Rechtsauffassung mit der Sache inhaltlich gar nicht befasst hat und die Klägerin dies beantragt, ist eine Aufhebung und Zurückverweisung geboten.
Das Berufungsgericht hat von seiner grundsätzlichen Kompetenz zur eigenen Sachentscheidung gemäß § 538 Abs. 1 ZPO ausnahmsweise keinen Gebrauch gemacht, weil erstinstanzlich keinerlei Sachaufklärung erfolgt ist und beiden Parteien bei einer erstmaligen Aufklärung durch das Berufungsgericht keine Möglichkeit zur Überprüfung der dann getroffenen tatsächlichen Feststellungen verbliebe.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
1. Anspruch auf Mangelbeseitigung aus § 633 Abs. 2 BGB aF (Anträge 2. a) bis g))
a) anwendbares Recht
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist das BGB in seiner bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung anzuwenden, weil die Wohnungseigentümer ihre Rechte aus Verträgen herleiten, welche im Jahr 1997 geschlossen wurden. Die Fortgeltung des damals gültigen materiellen Rechts ergibt sich aus Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.
Bei den Erwerbsverträgen handelt sich um Bauträgerverträge, welche hinsichtlich der Herstellungsverpflichtung und der zugehörigen Mängelhaftung werkvertraglichen Regelungen folgen. Vorliegend traf die Beklagte eine solche Herstellungsverpflichtung. Dies ergibt sich für den Senat hinreichend deutlich aus den zu den Akten gereichten notariellen Verträgen. Eine darüber hinaus gehende Identität sämtlicher Erwerbsverträge ist nicht erforderlich.
b) Aktivlegitimation
Die materielle Berechtigung aus dem jeweils geschlossenen Vertrag steht den einzelnen Erwerbern zu. Diese sind und bleiben auch dann selbst aktiv legitimiert, wenn sie die - inzwischen anders als damals - teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft zur Rechtsverfolgung einschließlich Prozessführung ermächtigen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 471).
c) Prozessführungsbefugnis
Davon zu unterscheiden ist die Prozessführungsbefugnis der WEG aufgrund Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer zur Einforderung gemeinschaftsbezogener Ansprüche gegenüber dem Auftragnehmer. Dabei handelt es sich inzwischen um eine gesetzlich normierte Prozessstandschaft gemäß § 10 Abs. 6 WEG für gemeinschaftsbezogene Rechte.
Der BGH hat dazu bereits vor der Einführung von § 10 Abs. 6 WEG in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die Eigentümergemeinschaft diese Rechte mit Zustimmung der Wohnungseigentümer an sich ziehen kann (BGH VII ZR 9/80 BGHZ 81, 35 = NJW 1981, 1841 = BauR 1981, 467).
Dazu bedarf es einer Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentümer.
Daran hat der BGH später festgehalten und ausgesprochen, dass die Wohnungseigentümer auch die Gesamtheit aller Eigentümer zur Prozessführung ermächtigen können (BGH VII ZR 233/95, BauR 1997, 488 juris Rn. 11). Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Teilrechtsfähigkeit der WEG noch nicht anerkannt. Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der WEG hat der BGH im Urteil vom 12.4.2007 (VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 = BauR 2007, 1221) entschieden, dass die gemeinschaftsbezogenen Rechte auf Vorschuss und Nachbesserung durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümer auf die WEG übertragen werden können. Zugleich hat der BGH Ausführungen zur Beschaffenheit und Notwendigkeit eines solchen Beschlusses gemacht.
Mit Urteil vom 10.7.2015 (V ZR 169/14, NJW 2016, 53 f.) hat der BGH darüber hinaus ausgesprochen, dass Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft im Zweifel eine Ausübungsbefugnis des Verbandes begründen sollen (juris Rn. 5). Außerdem hat der BGH in diesem Zusammenhang wiederholend klargestellt, dass die Voraussetzungen der Zulässigkeit immer bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz und ausnahmsweise auch noch in der Revisionsinstanz begründet werden können, wenn sie von den Tatsacheninstanzen verkannt wurden (juris Rn. 7).
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden wird auch nicht von dem von ihm zitierten Urteil des BGH vom 27.7.2006, VII ZR 276/05, BauR 2006, 1747 getragen. Dort hatte sich der BGH mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Erwerber auch dann noch großen Schadensersatz oder Wandlung beanspruchen kann, wenn die Wohnungseigentümer die Durchsetzung eines Vorschussanspruchs zur Mangelbeseitigung auf die WEG übertragen haben und hat dies bejaht. In der Umsetzung dieser Entscheidung hat das Landgericht rechtsirrig verkannt, dass die Klägerin vorliegend nicht großen Schadensersatz oder Wandlung beansprucht, wozu sie in der Tat nicht berechtigt wäre, sondern den Herstellungsanspruch und den Begleitschaden aus positiver Vertragsverletzung.
Im Falle der Wirksamkeit eines solchen Beschlusses besteht die Prozessführungsbefugnis der WEG aufgrund Ermächtigung auch bei Fortbestehen der Rechtsinhaberschaft der Eigentümer. Da es sich bei der Prozessführungsbefugnis um eine Prozessvoraussetzung handelt, ist es ausreichend, wenn diese bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegt (BGH XII ZR 181/08, BGHZ 187, 10 juris Rn. 7).
Anderenfalls ist die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. BGH NJW 2000, 738 [BGH 10.11.1999 - VIII ZR 78/98]).
Die von der Streithelferin zu Unrecht auf die Kommentierung von Koeble im Kompendium des Baurechts (4. Aufl. 2014, 11. Teil, Rn. 448) gestützte Auffassung, der Beschluss könne nicht wirksam nachgeholt werden, ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Es bedarf vielmehr einer differenzierten Betrachtung. Für die von Amts wegen zu beachtende Frage der Prozessführungsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung reicht das Vorliegen eines wirksamen Beschlusses der WEG über die Durchsetzung der Mängel am Gemeinschaftseigentum bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz aus. Im Hinblick auf die Einrede der Verjährung kommt einem erst nach Vollendung derselben gefassten Beschluss hingegen keine Hemmungs- oder Unterbrechungswirkung mehr zu.
d) Beschlusswirksamkeit
Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft sollte zum Ausdruck bringen, welche Ansprüche diese zur Durchsetzung an sich zieht. Dies kann auf einzelne Ansprüche wie z.B. die Durchsetzung eines Vorschussanspruchs beschränkt werden. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Durchsetzung der auf Mängelbeseitigung gerichteten Ansprüche nicht zwingend an sich gezogen wird, wenn die Gemeinschaft beschließt, den Bauträger auf Vorschuss zu verklagen (BGH VII ZR 276/05). Diese Entscheidung ist in der Sache allerdings beschränkt auf Fälle, in denen der Mangelbeseitigungsanspruch mit dem Ziel geltend gemacht wird, nach dessen Nichterfüllung den großen Schadensersatz oder Rücktritt geltend zu machen. Dagegen wird man grundsätzlich davon ausgehen müssen, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die sich für Vorschuss entscheidet, auch die Möglichkeiten der Erfüllung und Nacherfüllung nicht mehr in die Hände des einzelnen Erwerbers legen will (Kniffka ibrOK BauVertrR/Pause/Vogel, 20. Ed. 12.3.2018, BGB § 650u Rn. 92).
Der Beschluss vom 14.12.2011 bezieht sich seinem Wortlaut nach in der Tat nur auf Vorschussansprüche und beschreibt die Mängel gar nicht.
Der Beschluss vom 16.3.2017 bezieht sich wiederum nur auf Vorschussansprüche und beschreibt die Mängel nunmehr stichwortartig ausreichend.
Zu beiden Beschlüssen lässt sich ohne weiteres die Auffassung vertreten, dass der Herstellungsanspruch, dessen Bestehen Voraussetzung für einen Kostenvorschussanspruch ist, davon umfasst war.
Die Frage musste der Senat letztlich nicht tragend entscheiden, weil sich die Prozessführungsbefugnis der Klägerin aus einem früheren Beschluss ergibt.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat bereits mit Beschluss vom 8.11.2010 (Bl. 443) hinreichend konkret und eindeutig entschieden, die Ansprüche der Erwerber auf Mangelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen zu lassen (Beschluss zum TOP 2.0). Der Beschluss ist eindeutig und umfassend, weil die WEG demnach die Ausübung der gemeinschaftsbezogenen Rechte hinsichtlich aller Mängel aus dem selbstständigen Beweisverfahren und den parallel verlaufenden Verhandlungen mit der Beklagten umfasst.
Dieser erst im Berufungsrechtszug vorgelegte Beschluss ist berücksichtigungsfähig, weil die Beschlussfassung an sich unstreitig ist und die Berufungsklägerin hinreichend dargelegt hat, dass sie diesen Beschluss bereits im Rechtszug vor dem Landgericht vorgelegt hätte, wenn dieses vor Erlass des angefochtenen Urteils pflichtgemäß auf seine Zweifel an der Zulässigkeit der Klage hingewiesen hätte.
Der am 28.8.2017 gefasste weitere Beschluss, dass die WEG mit Zustimmung der Mehrheit der Eigentümer die Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum an sich ziehe (Anlage K 67, Bl. 462 ff), ist ebenfalls ohne die Beschränkungen von § 531 Abs. 2 ZPO zulässig, weil es sich um ein echtes Novum handelt und sich daraus die Prozessführungsbefugnis der Klägerin zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz völlig hinreichend ergibt.
e) Zwischenergebnis
Damit steht zugleich als Zwischenergebnis fest, dass das Landgericht die Klage zu Unrecht wegen fehlender Prozessführungsbefugnis abgewiesen hat. Das Landgericht hat es zugleich unterlassen, die Anspruchsvoraussetzungen von § 633 Abs. 2 BGB aF zu prüfen, was nachzuholen war. Dabei hat sich ergeben, dass die Sache nicht entscheidungsreif ist. Die Herbeiführung der sachlichen Entscheidungsreife wird das Landgericht durch die erforderliche Aufklärung zu bewirken haben.
f) Mangel der Werkleistung
Die Beklagte schuldete nach der Baubeschreibung eine dauerhafte Abdichtung gegen eindringende Feuchte und eine Wärmedämmung, die eine Ansiedlung von Schimmel in den Wohnräumen verhindert.
Das Ergebnis der Begutachtung durch die Sachverständigen SV1 und SV2 im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens und danach spricht dafür, dass auch an der Abdichtung der roten, der grünen und der gelben Häuser Mängel der Bauleistung vorliegen, zu deren Sanierung diese beiden Sachverständigen quantitativ und qualitativ voneinander abweichende Vorschläge gemacht haben.
Im Gutachten SV2 vom 5.11.2009 (Anl. K3) sind Ausführungsfehler in den Treppenhausbereichen festgestellt worden (Seite 44 ff.). Die Fuge zwischen dem unteren Rahmenholz und der Stahlbetondecke ist nicht ausgeschäumt. Es besteht eine Wärmebrücke. Darin liegt eine fehlerhafte Ausführung mit Risiken für eine dauerhafte Nutzbarkeit des Objekts (Seite 46). Der Sachverständige hat angeregt, einen rechnerischen Nachweis zu führen, dass es auch ohne eine Sanierung nicht zu einer Anreicherung der Luftfeuchtigkeit im Bauteil kommt (Seite 50). Diese Feststellungen gelten nur für die roten Häuser. Für die gelben und die grünen Häuser ist die Ausführung unbekannt (Seite 56). Nach dem Gutachten SV1, auf das SV2 Bezug nimmt, liegen Anhaltspunkte für eine mangelhafte Ausführung vor (zu geringe Überdeckung der Bahnen der Dampfsperre, Stöße nicht verklebt [Seite 53]). Die Ausführung bei den gelben Häusern hat der Sachverständige als mangelhaft eingestuft (Seite 58). Für die grünen Häuser fehlt es an Feststellungen (Seite 61). Außerdem liegen nach den Feststellungen des Sachverständigen SV1, die SV2 teilt (Seite 62 ff.), Fehler an der Abdichtung der Außenkanten zumindest eines Teils der Dächer (Seite 63) vor. Die Dampfsperre sollte durchgehend eingebaut werden (Seite 67), endet aber mit der Oberkante des Fassadenelements (Seite 66). Auch hier hält der Sachverständige SV2 einen rechnerischen Nachweis der Tauwassersicherheit für möglich (Seite 69). Für Dachflächen über Treppenaufgängen mit Warmdach forderte der Sachverständige einen Nachweis einer vollflächig verklebten Dampfsperre (Seite 74). Die weiter nachgewiesenen Fehler in der Dachfläche (Z. 2.2) betreffen ausschließlich die blauen Häuser, die anschließend saniert wurden. Es liegen auch technische Fehler beim Anschluss der Dachfläche an aufgehende Bauteile vor (Z. 2.3.2, Seite 114). Zusammenfassend ergeben sich die bemängelten Punkte aus Seite 125 des Gutachtens SV2.
Darüber hinaus liegt ein Ergänzungsgutachten SV2 vom 31.8.2010 vor (Anlage StV 2 im Anlagenband II).Die Gutachten SV1 liegen ebenfalls vor (Anlage-StV 1, StV 6 und StV 15 im Anlagenband II).
Die Abweichungen zwischen den Gutachten betreffen die Art der Sanierung genauso wie die Höhe der dafür voraussichtlich anfallenden Kosten. Uneinig sind diese beiden Sachverständigen auch darüber, ob es sich um sogenannte Systemmängel aufgrund fehlerhafter Planung handelt (so SV1) oder um einzelne handwerkliche oder bauaufsichtliche Fehlleistungen (so wohl SV2).
Demgegenüber geht der von der Beklagten beauftragte Privatsachverständige SV3 in seiner nur unvollständig vorgelegten Stellungnahme vom 8.10.2015 (Anlage K 38) davon aus, das selbst bei Vorliegen der festgestellten Abdichtungsmängel eine Sanierung nicht erforderlich sei. Er führt dazu Berechnungen nach dem System X durch und gelangt zu dem Ergebnis, dass rechnerisch im Sommer rund doppelt so viel Feuchtigkeit verdunsten könne wie im Winter durch die fehlerhafte Abdichtung aufgenommen werde. Bei diesem Nachweis handelt es sich um ein seit Jahrzehnten anerkanntes Bewertungsverfahren. Dessen Zuverlässigkeit hängt allerdings neben der korrekten Anwendung (heutzutage über EDV) von der zutreffenden Eingabe der verwendeten Dämmstoffe, Abdichtungsbahnen und deren Materialeigenschaften ab. Diese sind nach den Gutachten SV2 und SV1 teilweise aber unbekannt. Diese technische Frage, welches Ergebnis der Gutachten zutreffend ist, kann nicht ohne Obergutachten entscheiden werden. Hierauf hat sich das Landgericht den Blick verstellt, in dem es die Klage mangels Aktivlegitimation abgewiesen hat.
Nach vorläufiger Einschätzung durch den Senat sind die Ergebnisse der Begutachtung durch den Sachverständigen SV3 von rechtlicher Bedeutung.
Er hat allerdings auf Normen abgestellt, die ab dem Jahre 2002 galten. Maßgeblich sind hingegen die zum Zeitpunkt der Abnahme des Gemeinschaftseigentums gültigen technischen Normen. Es erscheint als gleichwohl nicht ausgeschlossen, dass trotz der unzureichenden Abdichtung der Bauteile gemäß der Gutachten SV1 und SV2 weder in Hinsicht auf den Wärmeschutz noch in Hinblick auf den Tauwasserschutz ein Nachbesserungsbedarf besteht. Das wäre allerdings nur der Fall, wenn positiv feststünde, dass trotz eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik bei der Ausführung der Abdichtung und der Wärmedämmung die bei Abnahme gültigen Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz im Ergebnis auch mit der gewählten Ausführung dauerhaft eingehalten würden und die Nachbesserung der Abdichtung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass trotz eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik ausnahmsweise kein Nachbesserungsanspruch besteht, hat die Beklagte zu tragen.
Nicht abschließend entscheiden kann das Berufungsgericht derzeit die Rechtsfrage, ob ein Nachbesserungsanspruch wegen Verstoßes gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik bei Abnahme 1998 - einschlägig war seit 1.1.1995 bis 31.1.2002 die dritte Wärmeschutzverordnung mit Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 - bestehen kann, wenn die gewählte Ausführung gemäß Einzelnachweis keinen Bedenken im Hinblick auf die dauerhafte Funktionsfähigkeit begegnet.
Nach der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, besteht jedenfalls ein Mangel der Werkleistung.
Gemäß Urteil des BGH vom 7.3.2013 (- Holztreppe - VII ZR 134/12, BauR 2013, 952) ist die Werkleistung bereits dann mangelhaft, wenn sie gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt, selbst wenn der Verstoß im Einzelfall keine negativen Folgen hat.
Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, wonach der Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik regelmäßig für die Annahme eines Baumangels ausreicht (BGH VII ZR 40/80, BauR 1981, 577; BGH vom 21.4.2011, VII ZR 130/10, NZBau 2011, 415).
g) Einwand der Unverhältnismäßigkeit
Die Beklagte hat den Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung gemäß § 633 Abs. 2 S. 2 BGB aF erhoben. Nach der damals gültigen Fassung des Gesetzes konnte die Mangelbeseitigung verweigert werden, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erforderte.
Dies vertritt die Beklagte unter Hinweis auf das Gutachten SV3, wonach eine Sanierung nicht geboten sei, weil auch die fehlerhafte Ausführung weder in wärmeschutztechnischer Hinsicht unzureichend sei noch in punkto Feuchteschutz Schäden befürchten lasse. Dem stünden Beseitigungskosten von bis zu 1,3 Millionen € nach dem Gutachten SV1 gegenüber.
Der hinreichend konkretisierte Einwand der Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht als rechtlich unerheblich zurückweisen. Sollte sich der notwendige Wärmeschutz und der Feuchteschutz trotz der fehlerhaften Ausführung als ausreichend erweisen, ist die Rechtsfrage zu beantworten, ob die Klägerin hierfür bis zu 1,3 Millionen € an Beseitigungskosten aufwenden muss.
Für die Prüfung der Unverhältnismäßigkeit geht das Berufungsgericht von folgenden Grundsätzen der Rechtsprechung aus:
"Nach § 633 II 3 BGB kann der Unternehmer die Beseitigung eines Mangels verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, NJW 1996, 3269 = LM H. 1/1997 § 633 BGB Nr. 96 m.w. Nachw. = BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313) der Fall, wenn mit der Nachbesserung der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Aufwandes steht. Unverhältnismäßigkeit ist danach in aller Regel nur anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen vertraglichen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung, kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Nachbesserung verweigert werden. Die danach anzustellenden Abwägungen haben nichts mit dem Preis/Leistungsverhältnis des Vertrags zu tun. Ohne Bedeutung ist auch das Verhältnis von Nachbesserungsaufwand zum Vertragspreis (Senat, NJW 1995, 1836 = LM H. 11/1995 § 633 BGB Nr. 89 = BauR 1995, 540 = ZfBR 1995, 197 [BGH 23.02.1995 - VII ZR 235/93]). (BGH VII ZR 110/96, NJW-RR 1997, 1106, beck-online)
"Eine Nachbesserung ist unverhältnismäßig, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes steht (BGHZ 59, 365 [367] = NJW 1973, 138 = LM § 633 BGB Nr. 21 = BauR 1973, 112; BGH, NJW 1996, 3269 = LM H. 1/1997 § 633 BGB Nr. 96 = BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313 [BGH 26.10.1972 - VII ZR 181/71]; NJW-RR 1997, 1106 = LM H. 10/1997 § 633 BGB Nr. 99 = BauR 1997, 638 = ZfBR 1997, 249 [BGH 24.04.1997 - VII ZR 110/96]). Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist (BGH, NJW 1996, 3269 = LM H. 1/1997 § 633 BGB Nr. 96 = BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313 m.w. Nachw.)."
"Im Rahmen der Abwägung ist zu Lasten des Auftragnehmers auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (BGH, NJW 1995, 1836 = LM H. 11/1995 § 633 BGB Nr. 89 = BauR 1995, 540 = ZfBR 1995,197 [BGH 23.02.1995 - VII ZR 235/93]; NJW 1996, 3269 = LM H. 1/1997 § 633 BGB Nr. 96 = BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313)." (BGH VII ZR 241/00, NJW-RR 2002, 661, beck-online)
Im Fall einer geschuldeten, aber fehlenden Dämmung einer Bodenplatte hat das OLG Düsseldorf (BauR 2012, 1238) zu einem VOB-Vertrag entschieden, dass eine nachträgliche Beseitigung des Mangels mit Kosten von rund 64.000 € unverhältnismäßig ist, wenn die fehlende Dämmung jährliche Mehrkosten von Energie von hochgerechnet 140 € verursacht. Der dortige Senat hat dazu unter anderem ausgeführt (juris Rn. 35), die klägerische Leistung habe auch ohne den Einbau der zusätzlichen Dämmung den anerkannten Regeln der Technik entsprochen, weil kein Mangel im wärmeschutztechnischen Sinne vorliege und die Funktionsfähigkeit des Gebäudes nicht spürbar beeinträchtigt sei. Damit bestand dort die Nachbesserungspflicht grundsätzlich nur wegen der Abweichung zwischen der vereinbarten und der erbrachten Leistung, während sich hier auch die noch offene Frage eines Verstoßes gegen technische Regelungen stellt.Bei der Abwägung anhand der oben dargestellten Kriterien kann sich ergeben, dass der Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung berechtigt sein könnte, wenn die Beseitigungskosten feststehen (was derzeit nicht der Fall ist) und hohe 6-stellige Beträge erreichen und wenn festgestellt werden sollte, dass der baulichen Anlage auch ohne weitere Sanierung keine Schäden in wärmetechnischer und feuchtetechnischer Hinsicht drohen. Anhaltspunkte für ein schwerwiegendes Verschulden der Beklagten fehlen voraussichtlich, weil nach dem Gutachten SV2 keine Systemfehler vorliegen.
Auf der Grundlage dieser Auffassung ist eine Beweisaufnahme erforderlich, weil das Gutachten SV3 bestritten und unvollständig vorgelegt wurde.
Es ist zudem unklar, ob es auf zutreffenden Anknüpfungspunkten basiert. Für die Berechnung des Wärmeschutzes (fehlt im Gutachten SV3 vollständig) und des Feuchteschutzes ist die zutreffende Erfassung der verwendeten Baustoffe von entscheidender Bedeutung. Die vorgelegte Zusammenfassung lässt dies nicht erkennen. Die Anhänge fehlen vollständig. Auch aus den Gutachten SV1 und SV2 ergeben sich nicht alle verwendeten Materialien, auf denen die Berechnung zum Wärmeschutz und zum Feuchteschutz aufbauen muss. Es wird daher zunächst an der Beklagten sein, vorzutragen und gegebenenfalls nachzuweisen, welche Abdichtungssysteme und welche Baustoffe in den einzelnen Bauabschnitten verwendet wurden, um auf dieser Grundlage eine sachverständige Überprüfung dazu vorzunehmen, ob die gewählte Ausführung die damals gültigen Anforderungen an den Feuchte- und Wärmeschutz im Ergebnis trotz Planungs-, Ausführungs- oder Überwachungsfehlern dauerhaft einzuhalten geeignet ist.
h) Anerkenntnis der Verpflichtung zur Mangelbeseitigung
Nicht zutreffend ist die Auffassung der Berufungsklägerin, eine Verpflichtung der Beklagten zur Mangelbeseitigung ergebe sich abschließend und ohne die Notwendigkeit weiterer Aufklärung bereits aus einem Anerkenntnis.
Das Schreiben der Beklagten vom 21.3.2012 (Anl. K8), "dass wir unsere Gewährleistungspflicht für die Beseitigung der in Ihrem Schreiben vom 17.2.2012 genannten Mängel grundsätzlich anerkennen und dies erneut bestätigen" stellt zwar ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Indes erfasst das in Bezug genommene Schreiben der Klägerin vom 17.2.2017 (Anl. K7) nicht alle streitgegenständlichen Mängel, sondern unter Z. 2 nur die Dampfsperren der Fugen zwischen Decke und Wand, unter Z. 3 die inzwischen sanierten blauen Häuser, unter Z. 4 die nicht streitgegenständlichen Carports und unter Z. 5 die nicht streitgegenständlichen Insektenschutzgitter. Der Beweissicherungsantrag war wesentlich umfangreicher (vgl. Anlage StV 18). Hieran schließt der Klage- und Berufungsantrag zu 2) an. Er betrifft verschiedene Anschlüsse an unterschiedlichen Gebäudeteilen, am Treppenhaus, am Übergang der Holzfassade zu Stahl-Betonbauteilen und unzureichende Dämmung im Dachaufbau.
i) Einrede der Verjährung
Die Einrede der Verjährung ist unbegründet, weil diese durch das selbstständige Beweisverfahren und die langjährigen Verhandlungen der Parteien über eine Sanierung und schließlich durch die Klage rechtzeitig gehemmt wurde:
Die Verjährung hat mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums am 24.7.1998 zu laufen begonnen, § 638 Abs. 1 S. 2 BGB aF. Die gesetzliche Verjährungsfrist belief sich auf 5 Jahre (§ 638 Abs. 1 S. 1 BGB aF), die vertragliche aus § 7 verweist hierauf schlicht. Ohne Hemmung oder Unterbrechung wäre die Verjährung folglich am 24.7.2003 vollendet gewesen.
Das selbstständige Beweisverfahren hat Ende des Jahres 2002 zu einer Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB, anwendbar gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB, geführt. Der Umstand, dass der Beweissicherungsantrag von allen Mitgliedern der WEG persönlich und nicht von der Klägerin gestellt wurde, steht dem nicht entgegen. Die teilrechtsfähige WEG nimmt gemeinschaftsbezogene Rechte der einzelnen Erwerber kraft Ermächtigung wahr. Die Hemmung trat mit Zustellung des Beweissicherungsantrages vom 26.11.2002 am 3.12.2002 ein. Die letzte Handlung im Beweisverfahren war nach Vortrag der Streithelferin die am 31.12.2010 abgelaufene Frist zur Stellungnahme auf das 2. Ergänzungsgutachten SV1 vom 14.11.2007 (Bl. 128, Anlage StV 9). Demgemäß wäre die Verjährung nach § 204 Abs. 2 BGB ab dem 1.7.2011 weiter gelaufen.
Die Klägerin hat die Ansprüche auf Mangelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum in unverjährter Zeit durch den Beschluss vom 8.11.2010 nach obigen Feststellungen wirksam an sich gezogen.
Die Klägerin macht darüber hinaus zutreffend weitere Hemmung infolge Verhandlungen gemäß § 203 BGB geltend. Zunächst einigten sich die Wohnungseigentümer und die Beklagte bereits am 13.11.2007 darauf (Anl. K2), dass eine weitere Begutachtung durch den Sachverständigen SV2 stattfinden sollte. Dieser erstattete sein 1. Gutachten am 5.11.2009 und ein Ergänzungsgutachten auf Wunsch der Wohnungseigentümer und der Beklagten am 31.8.2010. Weitere Korrespondenz über die Sanierung fand statt am 28.4.2010, bei einer Besprechung am 13.12.2010 und fortlaufendem Schriftverkehr in den Jahren 2012 und 2013 (Bl. 11 ff.). Mit Schreiben vom 21.3.2012 (Anl. K8) erkannte die Beklagte ausdrücklich die im Schreiben der Klägerin vom 17.2.2012 (Anl. K7) genannten Mängel als von ihr zu beseitigen an. Spätestens am 17.2.2012 trat explizit die jetzige Klägerin anstelle der einzelnen Wohnungseigentümer auf, und die Beklagte setzte die Verhandlungen mit dieser nahtlos fort. Mit Schreiben vom 4.4.2013 (Anlage K 16) kündigte die Beklagte unter Z. 2. die Vorbereitung einer Sanierungsplanung der Dampfdiffusionsdichtigkeit der grünen, gelben und roten Häuser an. Dies wiederholte sie mit E-Mail vom 6.5.2013 (Anlage K 17). Vereinbarungsgemäß ließ die Beklagte einen so genannten Blower-Door-Test durch den von ihr beauftragten Architekten B durchführen. Dadurch wurden Undichtigkeiten festgestellt (Schreiben vom 28.5.2014, Anlage K 25). Am 31.7.2014 teilte die Beklagte dem beauftragten Ansprechpartner Architekt C der Klägerin mit, ihr Architekt B erarbeite einen Sanierungsplan für die Mustersanierung. Sie fragte dazu am 8.10.2014 nach Bauteilöffnungen an (Anlage K 29). Dem stimmte die Klägerin am 17.12.2014 zu (Anlage K 33). Die Bauteilöffnungen wurden dann am 17.3.2015 vorgenommen. Nach weiterer Aufforderung durch die Klägerin teilte die Beklagte am 11.8.2015 mit, sie warte noch das Ergebnis der Untersuchungen durch einen Bauphysiker ab (Anl. K37). Nach Vorlage des Gutachtens SV3 vom 8.10.2015 (Anlage K 38) teilte die Beklagte mit Schreiben vom 12.4.2016 (Anlage K 39) mit, es werde kein Sanierungsvorschlag unterbreitet und die Klägerin möge den Klageweg beschreiten. Die Klage wurde am 6.6.2016 per EGVP eingereicht und am 29.6.2016 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren von der Verjährungsfrist noch rund 8 Monate unverstrichen offen.
Die Hemmung aufgrund Verhandlungen dauerte bis zur Leistungsablehnung am 12.4.2016 durchgängig an, und die Verjährungsfrist lief erst 3 Monate später gemäß § 203 S. 2 BGB, also am 12.7.2016 weiter, wurde aber durch die zu diesem Zeitpunkt bereits eingereichte Klage erneut gehemmt.
Unbegründet ist die Einrede auch hinsichtlich ihrer sachlichen Reichweite. Es trifft zwar zu, dass die einzelnen Mangelpositionen selbstständig verjähren können. Sämtliche Mangelpositionen sind aber während der Dauer der Hemmung durch das Beweisverfahren und durch die Verhandlungen, die alles umfasst haben, streitig geblieben. Der von den Parteien einvernehmlich beauftragte Sachverständige SV2 hat alle Punkte aus dem Gutachten SV1 nachuntersucht, Vorschläge zur Sanierung gemacht, und die Beklagte hat die blauen Häuser auch saniert. Aufgrund der langwierigen späteren Verhandlungen über eine Gesamtsanierung ist keine Verjährung einzelner Mangelpositionen eingetreten. Dies gilt auch für die Rügen aus den Jahren 2013 und 2014 (Anlagen K 40 bis K 43), die neu aufgetretene Feuchteschäden und Schimmelbefall betreffen. Denn dabei handelt es sich nach (streitigem) Klagevortrag lediglich um die Symptome desselben Baumangels fehlerhafter Abdichtung.
Im Übrigen wäre es der Beklagten als städtischer Wohnungsbaugesellschaft, die als solche zugleich Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt, unter dem Gesichtspunkt von § 242 BGB versagt, sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung zu berufen, nachdem sie zunächst mit den einzelnen Wohnungseigentümern und später mit der WEG jahrelang über die Beseitigung von Mängeln verhandelt und diese auch teilweise nachgebessert hat (hinsichtlich der blauen Häuser), weil aufgrund dieses Verhaltens und der partiellen Beseitigungszusage bei den Wohnungseigentümern schutzwürdiges Vertrauen darauf entstanden ist, der städtische Bauträger werde die in langwierigen Verfahren festgestellten Mängel seiner Leistung auch beseitigen, wenn sie die dauerhafte Gebrauchsfähigkeit zu beeinträchtigen geeignet sind.
2. Anspruch auf Schadensersatz aus pVV des Werkvertrages (Antrag zu 1) bzw. Verzug mit der Mangelbeseitigung.
Dem Grunde nach setzt dies Feststellungen zur Mangelhaftigkeit der Werkleistung voraus, deren Voraussetzungen oben bereits erörtert wurden und die vom Berufungsgericht mangels jeglicher Feststellungen hierzu durch das Landgericht derzeit nicht getroffen werden können
Die Klägerin bezieht sich für ihren bezifferten Antrag auf Rechnungen über vorgerichtliche Anwaltskosten (Bl. 30, Anlage K 44), Kosten für Bauteilöffnungen (Anlage K 48) und Beratungskosten (Anlage K 49). Die Berechnung ist nicht schlüssig. Die Addition der einzelnen Beträge ergibt 20.420,66 €. Beantragt werden aber nur 19.307,86 €. Eine Begründung für die Abweichung fehlt. Die Klägerin wird Gelegenheit erhalten müssen, diese Unklarheit aufzuklären.3. Feststellungsantrag
Dies betrifft die Aufwendungen der WEG für die begleitende Konsultation durch den Architekten C. Die Beklagte rügt fehlendes Feststellungsinteresse, weil die Forderung bezifferbar sei. Die Rüge geht fehl. Die Klägerin hat vorgetragen (Bl. 31), dass der Architekt C den Auftrag aus gesundheitlichen Gründen weder weiter bearbeiten noch abrechnen könne. Dessen Abrechnung kann die Klägerin naturgemäß nicht selbst erstellen. Aufgrund des mit dem Architekten C geschlossenen Vertrages und der derzeit fehlenden, aber zu erwartenden Abrechnung besteht ein schützenswertes Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht durch die Beklagte.
Die Begründetheit des Feststellungsantrages hängt davon ab, ob ein beseitigungspflichtiger Mangel der Werkleistung der Beklagten vorlag, den die Beklagte trotz Aufforderung nicht beseitigt hat und weshalb die Klägerin zur Wahrnehmung ihrer Rechte auf externe Beratung angewiesen war.
Mithin kann auch über den Feststellungsantrag nicht ohne weitere Begutachtung entschieden werden.C. Nebenentscheidungen
Das aufhebende und zurückverweisende Urteil war gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären ohne Abwendungsbefugnis. Die Kostenentscheidung hat das Landgericht zu treffen. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor.
RechtsgebietVerjährungVorschriften§ 242 BGB