10.03.2020 · IWW-Abrufnummer 214688
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 20.01.2020 – 19 W 158/19
1. Wird der Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und trotz Gelegenheit zur Stellungnahme nicht bestritten, ist er entsprechend § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig und damit beachtlich.
2. Die Berücksichtigung des Erfüllungseinwands im Kostenfestsetzungsverfahren setzt nicht voraus, dass der gesamte zur Festsetzung beantragte Betrag einschließlich Zinsen bezahlt wurde. Auch unstreitige Teilzahlungen sind von der Festsetzung auszunehmen.
3. Erfüllt der Kostenschuldner im laufenden Kostenfestsetzungsverfahren nur die Hauptforderung, nicht aber die Zinsforderung, beschränkt sich der Kostenfestsetzungsbeschluss auf den Zinsausspruch.
Kammergericht Berlin
In dem Rechtsstreit
der ############################
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der #########
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Antragsgegner und Beschwerdeführer,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ##########
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g e g e n
Herrn #######
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Antragsteller und Beschwerdegegner,
- Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ########
############,-
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 4.6.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
In Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 1.2.2019 sind von den Antragsgegnern an den Antragsteller Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 243,79 EUR seit dem 24.12.2018 bis zum 11.1.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 440 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Sache hinsichtlich des gestellten Rückfestsetzungsantrags an das Landgericht zur Entscheidung zurückgegeben.
Gründe
I.
Am 24.12.2018 beantragte der im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht obsiegende Antragsteller die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten in Höhe von 374,44 EUR, bezogen auf einen Streitwert von 4.000 EUR.
Der Antragsteller machte mit Anwaltsschreiben vom selben Tag außergerichtlich gegenüber den Antragsgegnern Kosten in Höhe von 612,80 EUR geltend, wobei darin eine 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 7.200 EUR enthalten war.
Mit Anwaltsschreiben vom 8.1.2019 erklärten die Antragsgegner, dass sie die Kosten aus einem Streitwert von 4.800 EUR wie folgt zahlen werden:
1,3-Geschäftsgebühr: 393,90 EUR
1,3-Verfahrensgebühr: 393,90 EUR
abzügl. Anrechnung - 196,95 EUR
1,3 Geschäftsgebühr 393,90 EUR
Pauschale 60,00 EUR
MWSt 198,50 EUR
Gesamt: 1.243,25 EUR
Der Antragsteller antwortete mit Anwaltsschreiben vom 10.1.2019. Dabei legte er für die Geschäftsgebühr einen Streitwert von 6.000 EUR an, für die Geschäftsgebühr für das Abschlussschreiben einen Streitwert von 7.000 EUR und errechnete so Kosten von insgesamt 1.587,51 EUR, zahlbar bis 18.1.2019.
Zugleich korrigierte der Antragsteller mit Antrag vom 10.1.2019 den Festsetzungsantrag gegenüber dem Gericht, ausgehend von einem Streitwert von 4.800 EUR, auf insgesamt 440,74 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 18.1.2019 wiesen die Antragsgegner die Berechnung vom 10.1.2019 zurück, hielten an ihrer Berechnung der 1.243,25 EUR fest und berücksichtigten darüber hinaus Auslagen für eine EMA-Anfrage und Gerichtsvollzieher-Zustellkosten in Höhe von 28,67 EUR. Der Betrag von 1.243,25 EUR sei bereits überwiesen, es würden nun noch die 28,67 EUR folgen.
Den zuletzt beantragten Betrag von 440,74 EUR setzte das Landgericht mit Beschluss vom 1.2.2019 antragsgemäß gegen die Antragsgegner fest, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 24.12.2018. Darin enthalten ist eine 1,3-Verfahrensgebühr in Höhe von 393,90 EUR netto.
Der Beschluss wurde den Antragsgegnern am 18.2.2019 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 5.3.2019 legten sie gegen den Beschluss Rechtsmittel ein. Sie machten geltend, dass die festgesetzten Gebühren bereits bezahlt worden seien. Diese seien abzusetzen.
Der Antragsteller erklärte, die vom Gericht zuvor mitgeteilte Ansicht, dass die Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen sei, sei zutreffend. Die Zahlung sei nach Stellung des Kostenfestsetzungsantrags erfolgt und habe sich also überschnitten.
Mit Beschluss vom 4.6.2019 half das Landgericht der Erinnerung der Antragsgegner vom 5.3.2019 dahingehend ab, dass der Erstattungsbetrag auf 243,79 EUR nebst Zinsen korrigiert wurde. Da die Geschäftsgebühr in Höhe von 393,90 EUR bezahlt worden sei, sei deren Anrechnung zur Hälfte vorzunehmen, so dass nur eine 0,65-Verfahrensgebühr in Höhe von 196,95 EUR festzusetzen sei.
Der Beschluss ist den Antragsgegnern am 14.6.2019 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 14.6.2019 (Eingang bei Gericht am selben Tag) haben sie sofortige Beschwerde dagegen eingelegt. Sie machen geltend, dass auch die festgesetzte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG bereits bezahlt sei. Es gehe nicht um die Frage, ob eine Geschäftsgebühr anzurechnen sei, sondern es werde der Erfüllungseinwand erhoben, da alle festgesetzten Gebühren vollständig bezahlt worden seien. Für die erfolgte Festsetzung bestehe aufgrund der Zahlung kein Rechtsschutzbedürfnis.
Da der festgesetzte Betrag zudem zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung unter Vorbehalt am 19.3.2019 noch einmal bezahlt worden sei, werde Rückfestsetzung nebst Zinsen ab dem 24.12.2018 beantragt.
Mit Beschluss vom 23.10.2019 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt. Materiell-rechtliche Einwendungen seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ein Ausnahmefall liege hier nicht vor, da mangels Reaktion des Antragstellers auf gerichtliche Schreiben nicht von einer unstreitigen Erfüllung auszugehen sei. Jedenfalls aber seien Zinsen vom Antragsgegner vom Eingang des Antrags bis zum Zeitpunkt der Erfüllung geschuldet, so dass der Anspruch auf Titulierung fortbestehe.
Die Antragsgegner haben vorgetragen und mittels Screenshots belegt, dass sie an dieGegenseite am 11.1.2019 einmal 1.243,25 EUR und einmal 28,67 EUR bezahlt haben.
Der Antragsteller hat im weiteren Verfahren keine Erklärungen mehr abgegeben.
II.
Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 ZPO zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache weitestgehend Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbeschluss war wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern und auf einen Ausspruch der Verzinsung zu beschränken, da der Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers bereits vor Titulierung erfüllt worden ist.
1.
Aufgrund der Kostengrundentscheidung stand dem Antragsteller ein Anspruch auf Festsetzung der ihm entstandenen Prozesskosten zu. Sein darauf gerichteter Antrag war auch zunächst begründet (dazu a). Der Erstattungsanspruch ist jedoch nach Antragstellung und vor Festsetzung erfüllt worden (dazu b). Dieser materiell-rechtliche Einwand ist vorliegend entgegen der Meinung des Landgerichts beachtlich (dazu c). Er führt zum Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs, unabhängig von eventuell noch zu erstattenden Zinsen (dazu d).
a)
Mit dem Antrag vom 24.12.2018 (korrigiert bezüglich des Streitwerts am 10.1.2019) hat der Antragsteller folgende Gebühren geltend gemacht, die das Landgericht zunächst auch entsprechend festgesetzt hat:
1,3 Verfahrensgebühr nach Ziff. 3100 VV RVG 393,90 EUR
Pauschale nach Ziff. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Auslage EMA 9,62 EUR
Gerichtsvollzieher-Zustellkosten 26,84 EUR
Gesamt: 440,74 EUR
Sodann hat das Landgericht zu Recht und mit Billigung des Antragstellers eine Anrechnung der bezahlten Geschäftsgebühr vorgenommen und deshalb nur noch eine 0,65-Verfahrensgebühr festgesetzt, woraus der mit Beschluss vom 4.6.2019 festgesetzte Betrag von 243,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten ab dem 24.12.2018 resultiert.
b)
Diese Kosten haben die Antragsgegner jedoch nach Antragstellung beglichen. Sie haben vorgetragen und durch entsprechenden Screenshot substantiell unterfüttert, dass sie am 11.1.2019 Beträge in Höhe von 1.243,25 EUR und 28,67 EUR an den Antragsteller überwiesen haben. Darin enthalten sind alle vom Antragsteller zur Festsetzung beantragten Kosten. Aufgrund dieser Tilgungsbestimmung ist der Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers insoweit unzweifelhaft durch Erfüllung erloschen.
c)
Der Erfüllungseinwand ist vorliegend im Kostenfestsetzungsverfahren beachtlich.
Zwar sind im Kostenfestsetzungsverfahren materiell-rechtliche Einwände grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Einwendungen keiner Tatsachenaufklärung bedürfen und unstreitig sind oder sich unproblematisch der Akte entnehmen lassen; in diesen Fällen sind die Einwände aus prozessökonomischen Gründen auch im Kostenfestsetzungsverfahren beachtlich und zu bescheiden, um dem Schuldner die ansonsten notwendige Vollstreckungsgegenklage zu ersparen (vgl. grundsätzlich BGH v. 14.5.2014, XII ZB 548/11).
Diese Ausnahme ist hier gegeben: Die Antragsgegner haben die Erfüllung durch Zahlung substantiiert vorgetragen und belegt. Der Antragsteller hat diese Zahlungen nicht bestritten und damit zumindest gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig gestellt; § 138 Abs. 1 bis 3 ZPO sind auch im Kostenfestsetzungsverfahren - zumindest entsprechend - anwendbar (OLG Koblenz v. 15.7.2015, 14 W 446/15 Rn. 3 f.; KG v. 4.7.1975, 1 W 498/75; MüKo-Schulz, ZPO 5. A., § 104 Rn. 36; BeckOK-Jaspersen, ZPO Stand 1.9.2019, § 104 Rn. 29; Zöller-Herget, ZPO 33.A., § 104 ZPO, Rn. 21.56). Der Antragsteller hat die Zahlungen bei genauer Betrachtung sogar durch Schreiben vom 18.5.2019 eingeräumt, da er dort vorgetragen hat, dass "die Zahlung" nach Stellung des Kostenfestsetzungsantrags erfolgt sei und sich damit überschnitten habe. Da die Antragsgegner zuvor vorgetragen hatten, was wann gezahlt wurde, kann sich "die Zahlung" nur auf die vom Antragsgegner eingewandten Zahlungen vom 11.1.2019 beziehen.
Damit aber durfte das Landgericht den Erfüllungseinwand nicht unberücksichtigt lassen und war eine Festsetzung in Höhe der Erfüllung ausgeschlossen.
d)
Daran ändert sich nichts aufgrund des Umstandes, dass die Antragsgegner den Zinsanspruch aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO bislang unstreitig nicht erfüllt haben.
Der materiell-rechtliche Einwand muss sich regelmäßig nicht auf den gesamten zur Festsetzung beantragten Betrag beziehen, sondern kann auch nur Teilzahlungen betreffen. Auch solche Teilzahlungen wären dann, wenn sie unstreitig sind, von den zu erstattenden Kosten abzuziehen (vgl. MüKo-Schulz, ZPO 5. A., § 104 Rn. 36), da insoweit der Kostenerstattungsanspruch durch Erfüllung erloschen ist. Nichts anderes kann dann aber für die Erfüllung des Hauptanspruchs und ein Offenbleiben des Zinsanspruchs gelten: durch die Zahlung erlischt der Kostenerstattungsanspruch in der Hauptsache und kann deshalb, sofern der Einwand unstreitig ist, nicht mehr festgesetzt werden.
Soweit das OLG Celle (Beschluss v. 18.4.2012, 2 W 101/12; ihm folgend wohl SG Berlin v. 18.5.2015, S 133 SF 2613/15 E) offenbar die Auffassung vertritt, dass der Erfüllungseinwand dann nicht zu berücksichtigen sei, wenn nicht auch die Zinsen ausgeglichen werden, vermag der Senat dem aus den obigen Gründen nicht zu folgen. Die Entscheidung des OLG Celle überzeugt auch deshalb nicht, weil es den materiell-rechtlichen Einwand als einen Unterfall des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ansieht (so auch OLG Celle v. 26.11.2018, 2 W 221/18; MüKo-Schulz, ZPO 5. A., § 103 ZPO Rn. 36; OLG Düsseldorf v. 11.2.2004, 10 WF 23/03) und anscheinend meint, dass bei einer nicht vollständigen Zahlung das gesamte Titulierungsinteresse fortbesteht. Der materiell-rechtliche Einwand ist jedoch kein Unterfall des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern lässt - im Falle des Erfüllungseinwands - als rechtsvernichtender Einwand den prozessualen Kostenerstattungsanspruch und damit die Begründetheit des Antrags entfallen, so dass dieser nicht mehr festgesetzt werden kann (so auch BeckOK-Jaspersen, ZPO Stand 1.9.2019, Rn. 37 und aaO § 103 Rn. 35). Die Frage, ob der materiell-rechtliche Einwand im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren zuzulassen ist oder nicht, hat nichts mit dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis zu tun. Auch bei einem Klageverfahren würde der Erfüllungseinwand nicht dazu führen, dass der Klageantrag wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig anzusehen wäre, sondern wäre die Klage als unbegründet abzuweisen.
2.
Auch wenn aus den genannten Gründen kein Raum mehr für eine Festsetzung des Kostenerstattungsbetrags war, blieb jedoch der Zinsanspruch des Antragstellers aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestehen. Dieser ist auch mangels Erfüllung nicht erloschen, so dass der Kostenfestsetzungsbeschluss sich hierauf zu beschränken hatte.
a)
Was mit dem Zinsanspruch geschieht, wenn der Kostenschuldner nach Stellung des Kostenfestsetzungsantragsund vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses die entstandenen Kosten ausgleicht,ist streitig.
aa)
Veröffentlichte Entscheidungen aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit hierzu sind nicht ersichtlich. Lediglich das OLG Celle hatte sich mit dieser Konstellation in der oben zitierten Entscheidung vom 18.4.2012 befasst und hat dieses Problem wie dargestellt so gelöst, dass der Erfüllungseinwand komplett unbeachtet blieb, so dass der festzusetzende Betrag natürlich nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verzinsen war.
bb)
Erstaunlicherweise gibt es in der Sozialgerichtsbarkeit zahlreiche Entscheidungen zu diesem Problem, möglicherweise deshalb, weil die an den Verfahren beteiligten Behörden die Begleichung von Prozesskosten so lange wie möglich herauszögern und es deshalb häufig zu Zahlungen erst kurz vor Festsetzung kommt.
Ein Teil der Sozialgerichte vertritt dabei die Auffassung, dass dann, wenn aufgrund von Erfüllung keine Kostenfestsetzung in der Hauptsache erfolgt, eine Verzinsung nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ausscheide, da nach dem Wortlaut Zinsen nur für "festgesetzte Kosten" festzusetzen sind und es an festgesetzten Kosten aufgrund der Zahlung fehle (so SG Würzburg v. 5.6.2014, S 6 R 594/10; SG Halle v. 24.11.2014, S 6 R 37/13; SG Dresden v. 15.1.2015, S 42 RS 904/13; SG Berlin v. 15.4.2015, S 21 R 2223/14).
Lediglich das SG Frankfurt vertritt die Auffassung, dass im Falle einer wegen Erfüllung unterbliebenen Festsetzung der Kosten dennoch ein Anspruch auf die Zinsen bestehe (Beschluss v. 12.5.2015, S 7 SF 374/14 E). Allerdings handelt es sich bei den dortigen Ausführungen nur um Hilfserwägungen, denn das SG Frankfurt hat die festgesetzten Kosten trotz Erfüllung unberührt gelassen, so dass bereits deshalb eine Verzinsung auszusprechen war. Gleiches gilt für ähnliche Hilfserwägungen in der oben zitierten Entscheidung des SG Berlin v. 18.5.2015 (aaO).
cc)
In den Kommentaren wird das geschilderte Problem kaum erörtert. Jaspersen (in BeckOK, ZPO Stand 1.9.2019, § 104 Rn. 50) vertritt unter Verweis auf die Entscheidung des SG Frankfurt die Auffassung, dass die Zinszahlungspflicht trotz Zahlung der Kosten bestehen bleibe. Auch Hansens (in ZfSch 2015, 646 ff.) schließt sich dieser Auffassung an. Gierl (in Saenger, ZPO 8. A., § 104 Rn. 15) hält eine isolierte Festsetzung von Zinsen trotz des Wortlautes des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO für möglich und verweist auf die Entscheidung des SG Berlin v. 18.5.2015 (aaO). Dabei übersieht er, dass das SG Berlin in seiner Entscheidung tatsächlich trotz Erfüllung die Kosten festgesetzt hatte und schon deshalb zur Verzinsung kam.
b)
Der Senat schließt sich den überzeugenden Hilfserwägungen des SG Frankfurt an. Zinsen für den Kostenerstattungsanspruch sind zumindest in analoger Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO für den Zeitraum von Antragseingang bis zum Erfüllungszeitpunkt geschuldet. Dies ergibt sich aus prozessökonomischen Gründen und dem Sinn und Zweck des § 104 ZPO.
Der unstreitige materiell-rechtliche Einwand wird von der Rechtsprechung zugelassen, um den Schuldner nicht völlig unnötig und kostenaufwändig in eine Vollstreckungsgegenklage zu treiben. Diese dem Schuldner günstige Rechtsanwendung darf nun nicht ohne zwingenden Grund zu einem Nachteil für den Gläubiger führen. Dies wäre aber der Fall, wenn man zwar den Erfüllungseinwand zuließe, dann aber die Verzinsung komplett entfallen ließe. Denn würde man, wie auch sonst im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren, materiell-rechtliche Einwände unberücksichtigt lassen, wäre der Kostenfestsetzungsbeschluss über die volle Höhe und dann gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit Zinsen erlassen worden und müsste der Schuldner dann Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben. Dort aber könnte der Schuldner die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nur erfolgreich hinsichtlich der Hauptforderung, nicht jedoch hinsichtlich der Zinsforderung bewirken. Eine nur auf einen Teil des titulierten Anspruchs gestützte Vollstreckungsabwehrklage ist dabei grundsätzlich zulässig (vgl. nur BGH v. 21.10.2016, V ZR 230/15 Rn. 8). Die Vollstreckung hinsichtlich der titulierten, aber nicht gezahlten Zinsen bliebe bei diesem Weg über § 767 ZPO bestehen. Im vorliegenden Fall würden demnach die Antragsgegner bei Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage die Zinsforderung vom 24.12.2018 bis zur Erfüllung am 11.1.2019 nicht beseitigen können.
Warum nun der Gläubiger diesen Zinsanspruch verlieren sollte, nur weil man aus guten Gründen den Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren zulässt, lässt sich nicht sinnvoll begründen. Würde man den Zinsanspruch des Gläubigers aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO wegfallen lassen, müsste der Gläubiger seinen materiell-rechtlichen Zinsanspruch klageweise geltend machen; auch dies würde den Gedanken der Prozessökonomie und der prozessualen Gleichbehandlung (dazu BGH v. 23.3.2006, V ZB 189/05 Rn. 4), der zur Zulässigkeit des Erfüllungseinwands führt, konterkarieren. Zudem müsste dann jede Partei vorsorglich, um sich einen materiell-rechtlichen Zinsanspruch zu verschaffen, den Kostenschuldner außergerichtlich wegen der Kosten in Verzug setzen (vgl. dazu OLG Frankfurt v. 28.4.2017, 29 U 166/16, Rn. 74). Dies widerspräche dem Sinn und Zweck des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, dem Kostengläubiger entsprechend § 291 BGB einen Zinsanspruch ohne Verzug im vereinfachten Verfahren verschaffen zu wollen.
Um dieses offensichtlich unbillige Ergebnis zu vermeiden, könnte man in den Fällen, in denen der Schuldner zwar die Kosten bezahlt, nicht jedoch die Zinsen, den Erfüllungseinwand ganz unberücksichtigt lassen, so wie es das OLG Celle (aaO) getan hat. Dadurch aber würde nun wiederum der Schuldner unbillig belastet werden und würden die zwingend für die Zulassung des Erfüllungseinwands sprechenden Gründe der Prozessökonomie und prozessualen Gleichheit ignoriert. Auch hat der Schuldner möglicherweise in dem Zeitpunkt der Erfüllung noch gar keine Kenntnis von dem gestellten Kostenfestsetzungsantrag und könnte damit auch gar nicht den Umfang der Zinsen berechnen. Dass er die Zinsen nicht sogleich bezahlt, muss deshalb nicht Ausdruck einer Erfüllungsverweigerung sein, die ansonsten für eine Bevorzugung des Gläubigers sprechen könnte.
Dieses Problem lässt sich sinnvoll und für beide Seiten gerecht nur dahingehend auflösen, dass man auch in diesen Fällen der Kostenzahlung zwischen Antrag und Kostenfestsetzung die Zinspflicht bestehen lässt.
Der Zinsanspruch entsteht nach dem Gesetz bereits grundsätzlich mit der Einreichung des Festsetzungsantrags. Ein überzeugender Grund, warum dieser bereits entstandene Zinsanspruch dann wegen einer erst danach erfolgten Erfüllung vollständig erlöschen sollte, ist nicht ersichtlich (so auch SG Frankfurt aaO). Dies wäre aus den genannten Gründen eine nicht nachvollziehbare und nicht gerechtfertigte Privilegierung des Kostenschuldners.
Allerdings ist der titulierte Zinsanspruch auf den Zeitraum vom Antragseingang bis zur Erfüllung zu begrenzen (so auch SG Frankfurt aaO; Brandenburgisches OLG v. 19.5.2008, 6 W 83/08, Rn. 17). Der Kostenantrag ist am 24.12.2018 bei Gericht eingegangen, die Erfüllung ist am 11.1.2019 erfolgt.
Damit schulden die Antragsgegner rechnerisch rund 0,41 EUR an Zinsen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die obigen Ausführungen eher akademischer Natur. Zumeist ist es auch so, dass ein Gläubiger nach Erfüllung der Hauptforderung den Kostenfestsetzungsantrag insgesamt zurücknimmt und damit auf Zinsen verzichtet (so beispielhaft in dem Fall von OLG Düsseldorf v. 11.2.2004, 10 WF 23/03). Es mag allerdings auch Fälle geben, in denen hohe Prozesskosten anfallen und diese erst spät erfüllt und noch später festgesetzt werden. In diesen Fällen würde sich das beschriebene Rechtsproblem auch wirtschaftlich spürbar auswirken.
3.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 91 ZPO.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 47 GKG, 3 ZPO. Dabei war der mit Beschluss vom 1.2.2019 festgesetzte Betrag anzusetzen, da tatsächlich bereits das dagegen eingelegte Rechtsmittel eine sofortige Beschwerde und nicht, wie es das Landgericht annahm, eine Erinnerung war, so dass das Beschwerdeverfahren durch den dort festgesetzten Wert bestimmt wird. Bei dem Beschluss vom 4.6.2019 handelt es sich deshalb nicht um eine Entscheidung über die Erinnerung, sondern um einen (ersten) Abhilfebeschluss. Die in dem Beschluss getroffene Kostenentscheidung ist durch die hier ausgesprochene Abänderung hinfällig und wird durch die Kostenentscheidung für das gesamte Beschwerdeverfahren ersetzt.
4.
Hinsichtlich des darüber hinaus gestellten Antrags auf Rückfestsetzung der auf den Kostenfestsetzungsantrag unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen ist dieser zwar grundsätzlich statthaft (vgl. beispielhaft OLG Düsseldorf v. 7.6.2005, 10 W 15/05). Da jedoch erst durch die vorliegende Entscheidung der Kostenfestsetzungsbeschluss abgeändert wird, hatte der Antragsteller bislang keinen Anlass, sich zu dem Rückfestsetzungsantrag zu äußern und ggf. - auch materiell-rechtliche - Einwände geltend zu machen oder überhaupt sich zu der behaupteten Zahlung zu erklären. Insoweit war deshalb im Rahmen des Beschwerdeverfahrens dieser Antrag nicht zu bescheiden, sondern die Sache an das Landgericht zurückzugeben. Dies wird nunmehr über den Antrag zu entscheiden haben.
5.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht. Die Relevanz des Streites in anderen Fällen und seine weitere Entwicklung in der Rechtsprechung bleiben zunächst abzuwarten.
Beschluss vom 20.01.2020
Az.: 19 W 158/19
In dem Rechtsstreit
der ############################
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Antragsgegner und Beschwerdeführer,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ##########
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Antragsteller und Beschwerdegegner,
- Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ########
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hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am KammergerichtSchumacher als Einzelrichter am 20.1.2020 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 4.6.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
In Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 1.2.2019 sind von den Antragsgegnern an den Antragsteller Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 243,79 EUR seit dem 24.12.2018 bis zum 11.1.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 440 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Sache hinsichtlich des gestellten Rückfestsetzungsantrags an das Landgericht zur Entscheidung zurückgegeben.
Gründe
I.
Am 24.12.2018 beantragte der im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht obsiegende Antragsteller die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten in Höhe von 374,44 EUR, bezogen auf einen Streitwert von 4.000 EUR.
Der Antragsteller machte mit Anwaltsschreiben vom selben Tag außergerichtlich gegenüber den Antragsgegnern Kosten in Höhe von 612,80 EUR geltend, wobei darin eine 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 7.200 EUR enthalten war.
Mit Anwaltsschreiben vom 8.1.2019 erklärten die Antragsgegner, dass sie die Kosten aus einem Streitwert von 4.800 EUR wie folgt zahlen werden:
1,3-Geschäftsgebühr: 393,90 EUR
1,3-Verfahrensgebühr: 393,90 EUR
abzügl. Anrechnung - 196,95 EUR
1,3 Geschäftsgebühr 393,90 EUR
Pauschale 60,00 EUR
MWSt 198,50 EUR
Gesamt: 1.243,25 EUR
Der Antragsteller antwortete mit Anwaltsschreiben vom 10.1.2019. Dabei legte er für die Geschäftsgebühr einen Streitwert von 6.000 EUR an, für die Geschäftsgebühr für das Abschlussschreiben einen Streitwert von 7.000 EUR und errechnete so Kosten von insgesamt 1.587,51 EUR, zahlbar bis 18.1.2019.
Zugleich korrigierte der Antragsteller mit Antrag vom 10.1.2019 den Festsetzungsantrag gegenüber dem Gericht, ausgehend von einem Streitwert von 4.800 EUR, auf insgesamt 440,74 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 18.1.2019 wiesen die Antragsgegner die Berechnung vom 10.1.2019 zurück, hielten an ihrer Berechnung der 1.243,25 EUR fest und berücksichtigten darüber hinaus Auslagen für eine EMA-Anfrage und Gerichtsvollzieher-Zustellkosten in Höhe von 28,67 EUR. Der Betrag von 1.243,25 EUR sei bereits überwiesen, es würden nun noch die 28,67 EUR folgen.
Den zuletzt beantragten Betrag von 440,74 EUR setzte das Landgericht mit Beschluss vom 1.2.2019 antragsgemäß gegen die Antragsgegner fest, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 24.12.2018. Darin enthalten ist eine 1,3-Verfahrensgebühr in Höhe von 393,90 EUR netto.
Der Beschluss wurde den Antragsgegnern am 18.2.2019 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 5.3.2019 legten sie gegen den Beschluss Rechtsmittel ein. Sie machten geltend, dass die festgesetzten Gebühren bereits bezahlt worden seien. Diese seien abzusetzen.
Der Antragsteller erklärte, die vom Gericht zuvor mitgeteilte Ansicht, dass die Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen sei, sei zutreffend. Die Zahlung sei nach Stellung des Kostenfestsetzungsantrags erfolgt und habe sich also überschnitten.
Mit Beschluss vom 4.6.2019 half das Landgericht der Erinnerung der Antragsgegner vom 5.3.2019 dahingehend ab, dass der Erstattungsbetrag auf 243,79 EUR nebst Zinsen korrigiert wurde. Da die Geschäftsgebühr in Höhe von 393,90 EUR bezahlt worden sei, sei deren Anrechnung zur Hälfte vorzunehmen, so dass nur eine 0,65-Verfahrensgebühr in Höhe von 196,95 EUR festzusetzen sei.
Der Beschluss ist den Antragsgegnern am 14.6.2019 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 14.6.2019 (Eingang bei Gericht am selben Tag) haben sie sofortige Beschwerde dagegen eingelegt. Sie machen geltend, dass auch die festgesetzte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG bereits bezahlt sei. Es gehe nicht um die Frage, ob eine Geschäftsgebühr anzurechnen sei, sondern es werde der Erfüllungseinwand erhoben, da alle festgesetzten Gebühren vollständig bezahlt worden seien. Für die erfolgte Festsetzung bestehe aufgrund der Zahlung kein Rechtsschutzbedürfnis.
Da der festgesetzte Betrag zudem zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung unter Vorbehalt am 19.3.2019 noch einmal bezahlt worden sei, werde Rückfestsetzung nebst Zinsen ab dem 24.12.2018 beantragt.
Mit Beschluss vom 23.10.2019 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt. Materiell-rechtliche Einwendungen seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ein Ausnahmefall liege hier nicht vor, da mangels Reaktion des Antragstellers auf gerichtliche Schreiben nicht von einer unstreitigen Erfüllung auszugehen sei. Jedenfalls aber seien Zinsen vom Antragsgegner vom Eingang des Antrags bis zum Zeitpunkt der Erfüllung geschuldet, so dass der Anspruch auf Titulierung fortbestehe.
Die Antragsgegner haben vorgetragen und mittels Screenshots belegt, dass sie an dieGegenseite am 11.1.2019 einmal 1.243,25 EUR und einmal 28,67 EUR bezahlt haben.
Der Antragsteller hat im weiteren Verfahren keine Erklärungen mehr abgegeben.
II.
Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 ZPO zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache weitestgehend Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbeschluss war wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern und auf einen Ausspruch der Verzinsung zu beschränken, da der Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers bereits vor Titulierung erfüllt worden ist.
1.
Aufgrund der Kostengrundentscheidung stand dem Antragsteller ein Anspruch auf Festsetzung der ihm entstandenen Prozesskosten zu. Sein darauf gerichteter Antrag war auch zunächst begründet (dazu a). Der Erstattungsanspruch ist jedoch nach Antragstellung und vor Festsetzung erfüllt worden (dazu b). Dieser materiell-rechtliche Einwand ist vorliegend entgegen der Meinung des Landgerichts beachtlich (dazu c). Er führt zum Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs, unabhängig von eventuell noch zu erstattenden Zinsen (dazu d).
a)
Mit dem Antrag vom 24.12.2018 (korrigiert bezüglich des Streitwerts am 10.1.2019) hat der Antragsteller folgende Gebühren geltend gemacht, die das Landgericht zunächst auch entsprechend festgesetzt hat:
1,3 Verfahrensgebühr nach Ziff. 3100 VV RVG 393,90 EUR
Pauschale nach Ziff. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Auslage EMA 9,62 EUR
Gerichtsvollzieher-Zustellkosten 26,84 EUR
Gesamt: 440,74 EUR
Sodann hat das Landgericht zu Recht und mit Billigung des Antragstellers eine Anrechnung der bezahlten Geschäftsgebühr vorgenommen und deshalb nur noch eine 0,65-Verfahrensgebühr festgesetzt, woraus der mit Beschluss vom 4.6.2019 festgesetzte Betrag von 243,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten ab dem 24.12.2018 resultiert.
b)
Diese Kosten haben die Antragsgegner jedoch nach Antragstellung beglichen. Sie haben vorgetragen und durch entsprechenden Screenshot substantiell unterfüttert, dass sie am 11.1.2019 Beträge in Höhe von 1.243,25 EUR und 28,67 EUR an den Antragsteller überwiesen haben. Darin enthalten sind alle vom Antragsteller zur Festsetzung beantragten Kosten. Aufgrund dieser Tilgungsbestimmung ist der Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers insoweit unzweifelhaft durch Erfüllung erloschen.
c)
Der Erfüllungseinwand ist vorliegend im Kostenfestsetzungsverfahren beachtlich.
Zwar sind im Kostenfestsetzungsverfahren materiell-rechtliche Einwände grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Einwendungen keiner Tatsachenaufklärung bedürfen und unstreitig sind oder sich unproblematisch der Akte entnehmen lassen; in diesen Fällen sind die Einwände aus prozessökonomischen Gründen auch im Kostenfestsetzungsverfahren beachtlich und zu bescheiden, um dem Schuldner die ansonsten notwendige Vollstreckungsgegenklage zu ersparen (vgl. grundsätzlich BGH v. 14.5.2014, XII ZB 548/11).
Diese Ausnahme ist hier gegeben: Die Antragsgegner haben die Erfüllung durch Zahlung substantiiert vorgetragen und belegt. Der Antragsteller hat diese Zahlungen nicht bestritten und damit zumindest gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig gestellt; § 138 Abs. 1 bis 3 ZPO sind auch im Kostenfestsetzungsverfahren - zumindest entsprechend - anwendbar (OLG Koblenz v. 15.7.2015, 14 W 446/15 Rn. 3 f.; KG v. 4.7.1975, 1 W 498/75; MüKo-Schulz, ZPO 5. A., § 104 Rn. 36; BeckOK-Jaspersen, ZPO Stand 1.9.2019, § 104 Rn. 29; Zöller-Herget, ZPO 33.A., § 104 ZPO, Rn. 21.56). Der Antragsteller hat die Zahlungen bei genauer Betrachtung sogar durch Schreiben vom 18.5.2019 eingeräumt, da er dort vorgetragen hat, dass "die Zahlung" nach Stellung des Kostenfestsetzungsantrags erfolgt sei und sich damit überschnitten habe. Da die Antragsgegner zuvor vorgetragen hatten, was wann gezahlt wurde, kann sich "die Zahlung" nur auf die vom Antragsgegner eingewandten Zahlungen vom 11.1.2019 beziehen.
Damit aber durfte das Landgericht den Erfüllungseinwand nicht unberücksichtigt lassen und war eine Festsetzung in Höhe der Erfüllung ausgeschlossen.
d)
Daran ändert sich nichts aufgrund des Umstandes, dass die Antragsgegner den Zinsanspruch aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO bislang unstreitig nicht erfüllt haben.
Der materiell-rechtliche Einwand muss sich regelmäßig nicht auf den gesamten zur Festsetzung beantragten Betrag beziehen, sondern kann auch nur Teilzahlungen betreffen. Auch solche Teilzahlungen wären dann, wenn sie unstreitig sind, von den zu erstattenden Kosten abzuziehen (vgl. MüKo-Schulz, ZPO 5. A., § 104 Rn. 36), da insoweit der Kostenerstattungsanspruch durch Erfüllung erloschen ist. Nichts anderes kann dann aber für die Erfüllung des Hauptanspruchs und ein Offenbleiben des Zinsanspruchs gelten: durch die Zahlung erlischt der Kostenerstattungsanspruch in der Hauptsache und kann deshalb, sofern der Einwand unstreitig ist, nicht mehr festgesetzt werden.
Soweit das OLG Celle (Beschluss v. 18.4.2012, 2 W 101/12; ihm folgend wohl SG Berlin v. 18.5.2015, S 133 SF 2613/15 E) offenbar die Auffassung vertritt, dass der Erfüllungseinwand dann nicht zu berücksichtigen sei, wenn nicht auch die Zinsen ausgeglichen werden, vermag der Senat dem aus den obigen Gründen nicht zu folgen. Die Entscheidung des OLG Celle überzeugt auch deshalb nicht, weil es den materiell-rechtlichen Einwand als einen Unterfall des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ansieht (so auch OLG Celle v. 26.11.2018, 2 W 221/18; MüKo-Schulz, ZPO 5. A., § 103 ZPO Rn. 36; OLG Düsseldorf v. 11.2.2004, 10 WF 23/03) und anscheinend meint, dass bei einer nicht vollständigen Zahlung das gesamte Titulierungsinteresse fortbesteht. Der materiell-rechtliche Einwand ist jedoch kein Unterfall des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern lässt - im Falle des Erfüllungseinwands - als rechtsvernichtender Einwand den prozessualen Kostenerstattungsanspruch und damit die Begründetheit des Antrags entfallen, so dass dieser nicht mehr festgesetzt werden kann (so auch BeckOK-Jaspersen, ZPO Stand 1.9.2019, Rn. 37 und aaO § 103 Rn. 35). Die Frage, ob der materiell-rechtliche Einwand im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren zuzulassen ist oder nicht, hat nichts mit dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis zu tun. Auch bei einem Klageverfahren würde der Erfüllungseinwand nicht dazu führen, dass der Klageantrag wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig anzusehen wäre, sondern wäre die Klage als unbegründet abzuweisen.
2.
Auch wenn aus den genannten Gründen kein Raum mehr für eine Festsetzung des Kostenerstattungsbetrags war, blieb jedoch der Zinsanspruch des Antragstellers aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestehen. Dieser ist auch mangels Erfüllung nicht erloschen, so dass der Kostenfestsetzungsbeschluss sich hierauf zu beschränken hatte.
a)
Was mit dem Zinsanspruch geschieht, wenn der Kostenschuldner nach Stellung des Kostenfestsetzungsantragsund vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses die entstandenen Kosten ausgleicht,ist streitig.
aa)
Veröffentlichte Entscheidungen aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit hierzu sind nicht ersichtlich. Lediglich das OLG Celle hatte sich mit dieser Konstellation in der oben zitierten Entscheidung vom 18.4.2012 befasst und hat dieses Problem wie dargestellt so gelöst, dass der Erfüllungseinwand komplett unbeachtet blieb, so dass der festzusetzende Betrag natürlich nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verzinsen war.
bb)
Erstaunlicherweise gibt es in der Sozialgerichtsbarkeit zahlreiche Entscheidungen zu diesem Problem, möglicherweise deshalb, weil die an den Verfahren beteiligten Behörden die Begleichung von Prozesskosten so lange wie möglich herauszögern und es deshalb häufig zu Zahlungen erst kurz vor Festsetzung kommt.
Ein Teil der Sozialgerichte vertritt dabei die Auffassung, dass dann, wenn aufgrund von Erfüllung keine Kostenfestsetzung in der Hauptsache erfolgt, eine Verzinsung nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ausscheide, da nach dem Wortlaut Zinsen nur für "festgesetzte Kosten" festzusetzen sind und es an festgesetzten Kosten aufgrund der Zahlung fehle (so SG Würzburg v. 5.6.2014, S 6 R 594/10; SG Halle v. 24.11.2014, S 6 R 37/13; SG Dresden v. 15.1.2015, S 42 RS 904/13; SG Berlin v. 15.4.2015, S 21 R 2223/14).
Lediglich das SG Frankfurt vertritt die Auffassung, dass im Falle einer wegen Erfüllung unterbliebenen Festsetzung der Kosten dennoch ein Anspruch auf die Zinsen bestehe (Beschluss v. 12.5.2015, S 7 SF 374/14 E). Allerdings handelt es sich bei den dortigen Ausführungen nur um Hilfserwägungen, denn das SG Frankfurt hat die festgesetzten Kosten trotz Erfüllung unberührt gelassen, so dass bereits deshalb eine Verzinsung auszusprechen war. Gleiches gilt für ähnliche Hilfserwägungen in der oben zitierten Entscheidung des SG Berlin v. 18.5.2015 (aaO).
cc)
In den Kommentaren wird das geschilderte Problem kaum erörtert. Jaspersen (in BeckOK, ZPO Stand 1.9.2019, § 104 Rn. 50) vertritt unter Verweis auf die Entscheidung des SG Frankfurt die Auffassung, dass die Zinszahlungspflicht trotz Zahlung der Kosten bestehen bleibe. Auch Hansens (in ZfSch 2015, 646 ff.) schließt sich dieser Auffassung an. Gierl (in Saenger, ZPO 8. A., § 104 Rn. 15) hält eine isolierte Festsetzung von Zinsen trotz des Wortlautes des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO für möglich und verweist auf die Entscheidung des SG Berlin v. 18.5.2015 (aaO). Dabei übersieht er, dass das SG Berlin in seiner Entscheidung tatsächlich trotz Erfüllung die Kosten festgesetzt hatte und schon deshalb zur Verzinsung kam.
b)
Der Senat schließt sich den überzeugenden Hilfserwägungen des SG Frankfurt an. Zinsen für den Kostenerstattungsanspruch sind zumindest in analoger Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO für den Zeitraum von Antragseingang bis zum Erfüllungszeitpunkt geschuldet. Dies ergibt sich aus prozessökonomischen Gründen und dem Sinn und Zweck des § 104 ZPO.
Der unstreitige materiell-rechtliche Einwand wird von der Rechtsprechung zugelassen, um den Schuldner nicht völlig unnötig und kostenaufwändig in eine Vollstreckungsgegenklage zu treiben. Diese dem Schuldner günstige Rechtsanwendung darf nun nicht ohne zwingenden Grund zu einem Nachteil für den Gläubiger führen. Dies wäre aber der Fall, wenn man zwar den Erfüllungseinwand zuließe, dann aber die Verzinsung komplett entfallen ließe. Denn würde man, wie auch sonst im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren, materiell-rechtliche Einwände unberücksichtigt lassen, wäre der Kostenfestsetzungsbeschluss über die volle Höhe und dann gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit Zinsen erlassen worden und müsste der Schuldner dann Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben. Dort aber könnte der Schuldner die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nur erfolgreich hinsichtlich der Hauptforderung, nicht jedoch hinsichtlich der Zinsforderung bewirken. Eine nur auf einen Teil des titulierten Anspruchs gestützte Vollstreckungsabwehrklage ist dabei grundsätzlich zulässig (vgl. nur BGH v. 21.10.2016, V ZR 230/15 Rn. 8). Die Vollstreckung hinsichtlich der titulierten, aber nicht gezahlten Zinsen bliebe bei diesem Weg über § 767 ZPO bestehen. Im vorliegenden Fall würden demnach die Antragsgegner bei Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage die Zinsforderung vom 24.12.2018 bis zur Erfüllung am 11.1.2019 nicht beseitigen können.
Warum nun der Gläubiger diesen Zinsanspruch verlieren sollte, nur weil man aus guten Gründen den Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren zulässt, lässt sich nicht sinnvoll begründen. Würde man den Zinsanspruch des Gläubigers aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO wegfallen lassen, müsste der Gläubiger seinen materiell-rechtlichen Zinsanspruch klageweise geltend machen; auch dies würde den Gedanken der Prozessökonomie und der prozessualen Gleichbehandlung (dazu BGH v. 23.3.2006, V ZB 189/05 Rn. 4), der zur Zulässigkeit des Erfüllungseinwands führt, konterkarieren. Zudem müsste dann jede Partei vorsorglich, um sich einen materiell-rechtlichen Zinsanspruch zu verschaffen, den Kostenschuldner außergerichtlich wegen der Kosten in Verzug setzen (vgl. dazu OLG Frankfurt v. 28.4.2017, 29 U 166/16, Rn. 74). Dies widerspräche dem Sinn und Zweck des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, dem Kostengläubiger entsprechend § 291 BGB einen Zinsanspruch ohne Verzug im vereinfachten Verfahren verschaffen zu wollen.
Um dieses offensichtlich unbillige Ergebnis zu vermeiden, könnte man in den Fällen, in denen der Schuldner zwar die Kosten bezahlt, nicht jedoch die Zinsen, den Erfüllungseinwand ganz unberücksichtigt lassen, so wie es das OLG Celle (aaO) getan hat. Dadurch aber würde nun wiederum der Schuldner unbillig belastet werden und würden die zwingend für die Zulassung des Erfüllungseinwands sprechenden Gründe der Prozessökonomie und prozessualen Gleichheit ignoriert. Auch hat der Schuldner möglicherweise in dem Zeitpunkt der Erfüllung noch gar keine Kenntnis von dem gestellten Kostenfestsetzungsantrag und könnte damit auch gar nicht den Umfang der Zinsen berechnen. Dass er die Zinsen nicht sogleich bezahlt, muss deshalb nicht Ausdruck einer Erfüllungsverweigerung sein, die ansonsten für eine Bevorzugung des Gläubigers sprechen könnte.
Dieses Problem lässt sich sinnvoll und für beide Seiten gerecht nur dahingehend auflösen, dass man auch in diesen Fällen der Kostenzahlung zwischen Antrag und Kostenfestsetzung die Zinspflicht bestehen lässt.
Der Zinsanspruch entsteht nach dem Gesetz bereits grundsätzlich mit der Einreichung des Festsetzungsantrags. Ein überzeugender Grund, warum dieser bereits entstandene Zinsanspruch dann wegen einer erst danach erfolgten Erfüllung vollständig erlöschen sollte, ist nicht ersichtlich (so auch SG Frankfurt aaO). Dies wäre aus den genannten Gründen eine nicht nachvollziehbare und nicht gerechtfertigte Privilegierung des Kostenschuldners.
Allerdings ist der titulierte Zinsanspruch auf den Zeitraum vom Antragseingang bis zur Erfüllung zu begrenzen (so auch SG Frankfurt aaO; Brandenburgisches OLG v. 19.5.2008, 6 W 83/08, Rn. 17). Der Kostenantrag ist am 24.12.2018 bei Gericht eingegangen, die Erfüllung ist am 11.1.2019 erfolgt.
Damit schulden die Antragsgegner rechnerisch rund 0,41 EUR an Zinsen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die obigen Ausführungen eher akademischer Natur. Zumeist ist es auch so, dass ein Gläubiger nach Erfüllung der Hauptforderung den Kostenfestsetzungsantrag insgesamt zurücknimmt und damit auf Zinsen verzichtet (so beispielhaft in dem Fall von OLG Düsseldorf v. 11.2.2004, 10 WF 23/03). Es mag allerdings auch Fälle geben, in denen hohe Prozesskosten anfallen und diese erst spät erfüllt und noch später festgesetzt werden. In diesen Fällen würde sich das beschriebene Rechtsproblem auch wirtschaftlich spürbar auswirken.
3.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 91 ZPO.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 47 GKG, 3 ZPO. Dabei war der mit Beschluss vom 1.2.2019 festgesetzte Betrag anzusetzen, da tatsächlich bereits das dagegen eingelegte Rechtsmittel eine sofortige Beschwerde und nicht, wie es das Landgericht annahm, eine Erinnerung war, so dass das Beschwerdeverfahren durch den dort festgesetzten Wert bestimmt wird. Bei dem Beschluss vom 4.6.2019 handelt es sich deshalb nicht um eine Entscheidung über die Erinnerung, sondern um einen (ersten) Abhilfebeschluss. Die in dem Beschluss getroffene Kostenentscheidung ist durch die hier ausgesprochene Abänderung hinfällig und wird durch die Kostenentscheidung für das gesamte Beschwerdeverfahren ersetzt.
4.
Hinsichtlich des darüber hinaus gestellten Antrags auf Rückfestsetzung der auf den Kostenfestsetzungsantrag unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen ist dieser zwar grundsätzlich statthaft (vgl. beispielhaft OLG Düsseldorf v. 7.6.2005, 10 W 15/05). Da jedoch erst durch die vorliegende Entscheidung der Kostenfestsetzungsbeschluss abgeändert wird, hatte der Antragsteller bislang keinen Anlass, sich zu dem Rückfestsetzungsantrag zu äußern und ggf. - auch materiell-rechtliche - Einwände geltend zu machen oder überhaupt sich zu der behaupteten Zahlung zu erklären. Insoweit war deshalb im Rahmen des Beschwerdeverfahrens dieser Antrag nicht zu bescheiden, sondern die Sache an das Landgericht zurückzugeben. Dies wird nunmehr über den Antrag zu entscheiden haben.
5.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht. Die Relevanz des Streites in anderen Fällen und seine weitere Entwicklung in der Rechtsprechung bleiben zunächst abzuwarten.
RechtsgebietKostenfestsetzungVorschriften§ 138 BGB, § 138 Abs. 3 ZPO