08.09.2021 · IWW-Abrufnummer 224566
Oberlandesgericht Jena: Urteil vom 30.10.2020 – 4 U 196/20
1. Keine Anwendbarkeit des § 215 VVG auf andere Personen als den Versicherungsnehmer trotz Abtretung des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag durch den berechtigten Insolvenzverwalter.
2. Folgen des fehlenden Gerichtsstand für hilfsweise geltend gemachten Anspruch.
3. Keine Abtrennung eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs, der auch einen anderen Streitgegenstand als den des Hauptantrags betrifft.
Oberlandesgericht Jena
Tenor:
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 17.02.2020, Az. 4 O 2015/18, abgeändert:
Die Klägerin ist des Rechtsmittels im Hinblick auf den von ihr aus eigenem Recht geltend gemachten Direktanspruch (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG) verlustig.
Die Sache wird im Übrigen, also hinsichtlich des von der Klägerin als Zessionarin geltend gemachten Anspruchs aus Versicherungsvertrag, gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das zuständige Landgericht ... verwiesen.
2.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt dem Endurteil vorbehalten.
3.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Versicherer mit Sitz in ..., im Wege eines Direktanspruchs bzw. hilfsweise aus abgetretenem Recht aus einem Vermögensschadenshaftpflichtversicherungsvertrag in Anspruch.
I.
2
Versicherungsnehmerin der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung war die ...AG, vormals ..., mit Sitz in ... (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Diese trat als Vermittlerin von Beteiligungen an der ... eG, vormals ... eG, auf.
3
Die Klägerin behauptet, sich auf Vermittlung der Versicherungsnehmerin am 30.04.2010 mit einer Zeichnungssumme von nominal 13.000 EUR an der ... e.G. beteiligt und hierfür eine Abschlussgebühr von 2.377 EUR gezahlt zu haben. Sie sei dabei nicht über die bestehenden Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden.
4
Für den Sachstand, für die von den Parteien in erster Instanz gestellten Anträge und für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
5
Mit Urteil vom 17.02.2020 hat das Landgericht Gera die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des geltend gemachten Direktanspruchs würde zwar die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera bestehen, jedoch stehe der Klägerin dieser gesetzliche Anspruch gegen die Beklagte nicht zu. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag sei nicht zulässig, da das Landgericht für diese Klage örtlich nicht zuständig sei. Eine Verweisung des Hilfsantrags komme nicht in Betracht.
6
Das Urteil des Landgerichts wurde der Klägerin am 21.02.2020 zugestellt. Die Berufung der Klägerin ist am 25.02.2020 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangen. Nach einer Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis zum 22.05.2020 ist die Berufungsbegründung am 20.05.2020 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangen.
7
Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, dass das Landgericht fehlerhaft das Bestehen des Direktanspruchs aus § 115 VVG verneint habe. Ferner habe das Landgericht die Klage, soweit damit der vom Insolvenzverwalter an die Klägerin abgetretene Anspruch geltend gemacht werde, nicht als unzulässig abweisen dürfen.
8
Die Klägerin hat zunächst die Abänderung des Urteils des Landgerichts Gera vom 17.02.2020, Az.: 4 O 2015/18, beantragt:
9
1. Die Beklagte wird als Gesamtschuldnerin neben der ... AG verurteilt, an die Klägerin 15.377,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.06.2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens gegen die ... ... e.G. i.L.
10
2. Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2018 zu zahlen.
11
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
12
4. Hilfsweise beantragt die Klägerin, den Rechtsstreit an das Landgericht Gera zurückverwiesen.
13
Die Beklagte beantragt:
14
Die Berufung wird zurückgewiesen.
15
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
16
Im Termin vom 17.09.2020 hat die Klägerin die Rücknahme der Berufung erklärt, soweit sie mit dem Hauptantrag einen Anspruch aus eigenem Recht (Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG, § 113 Abs. 1 VVG) verfolgt habe. Den aus abgetretenem Recht geltend gemachten Anspruch will sie nicht mehr nur hilfsweise geltend machen und beantragt dessen Verweisung an das Landgericht ....
17
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der in erster Instanz hilfsweise gestellte Antrag in der Berufungsbegründung nicht gestellt worden sei, es sich daher um eine Klageerweiterung handele, der sie nicht zustimme und die auch nicht sachdienlich sei.
II.
18
Die zulässige Berufung der Klägerin führt nach der Teilrücknahme der Berufung dazu, dass der zunächst hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus abgetretenem Recht nun als unbedingt geltend gemachter Klageantrag gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das zuständige Gericht zu verweisen ist.
19
1. Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Anspruchs in der konkreten Prozesssituation zu Recht verneint und ihn zutreffend mit Prozessurteil abgewiesen, weil die Klägerin beide Ansprüche bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag geltend gemacht hat.
20
a) Das hilfsweise Vorgehen der Klägerin aus abgetretenem Recht stellt eine zulässige Klageänderung in Form der nachträglichen objektiven Eventualklagehäufung dar, auf die die §§ 263, 264 ZPO entsprechend anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13 - Rn. 13;Beschluss vom 17. Mai 1989 - I ARZ 254/89 - Rn. 9, juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 263 ZPO Rn. 2, 7). Außerdem ist § 260 ZPO zu beachten. Die mit Haupt- und Hilfsantrag verfolgten Ansprüche betreffen unterschiedliche Streitgegenstände, nämlich zum einen den von der Klägerin geltend gemachten Direktanspruch aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG und zum anderen den an sie abgetretenen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 1).
21
Die Beklagte hat in der ersten Instanz nicht ausdrücklich in die Klageänderung eingewilligt. Sie hat vielmehr die örtliche Zuständigkeit des Gerichts für diesen Streitgegenstand und die Verspätung gerügt und damit zu erkennen gegeben, dass sie der Verhandlung über den Hilfsantrag nicht zustimmt. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit durch das Landgericht hat das Berufungsgericht an sich nach § 268 ZPO nur daraufhin zu prüfen, ob die Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 - III ZR 93/83 -, Rn. 22, juris). Das Landgericht hat diese Frage nicht ausdrücklich geprüft, weil es aus der damaligen Prozesssituation heraus bereits zutreffend eine Sachurteilsvoraussetzung für den Hilfsanspruch verneint hatte. Von der Sachdienlichkeit der Klageänderung ist hier gleichwohl auszugehen.
22
Für die Prüfung kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Es berührt die Zulässigkeit einer Klageänderung nicht, dass aufgrund ihrer Zulassung neue Parteierklärungen und Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert wird. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist hingegen im Allgemeinen zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, a.a.O.).
23
Nach diesen Maßstäben ist hier von der Sachdienlichkeit auszugehen, denn der Prozessstoff bleibt im Wesentlichen derselbe, nämlich, ob der Klägerin - nunmehr nur auf Grundlage der behaupteten Abtretung - ein Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen der von ihr behaupteten Falschberatung zusteht. Es handelt sich insoweit nicht um einen völlig neuen Streitstoff. Eine etwaige Beweisaufnahme hinsichtlich der Wirksamkeit der Abtretung steht der Sachdienlichkeit nicht entgegen.
24
b) Für den hilfsweise verfolgten Anspruch aus abgetretenem Recht war aber kein Gerichtsstand beim erstinstanzlichen Gericht begründet. Dieser besteht nach § 17 ZPO am Sitz der Beklagten (...) und nach § 29 ZPO am Erfüllungsort des geltend gemachten Versicherungsanspruchs, d.h. ebenfalls am Sitz der Beklagten (vgl. von Rintelen, in: Beckmann, Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 3). Der Klägerin steht der besondere Gerichtsstand nach § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG nicht zur Verfügung, da sie nicht Versicherungsnehmerin des behaupteten Versicherungsvertrags ist. Sie kann sich selbst dann nicht auf § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG berufen, wenn ihr der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag durch den berechtigten Insolvenzverwalter wirksam abgetreten worden wäre. Denn der Zessionar ist nicht in dem gleichen Maße schutzwürdig wie der Versicherungsnehmer, so dass eine prozessuale Besserstellung durch eine analoge Anwendung des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG im Verhältnis zum Versicherer nicht gerechtfertigt ist (vgl. Klimke, in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 215 VVG Rn. 21; Rixecker, in: Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 215 VVG Rn. 4; Looschelders, in: Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 215 VVG Rn. 24: eingeschränkte analoge Anwendung: Klage am Sitz des Versicherungsnehmers). Die Klägerin ist auch nicht Versicherte oder Bezugsberechtigte des Versicherungsvertrags, so dass insoweit eine entsprechende Anwendung des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG ausscheidet. § 32 ZPO findet in dem Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer, der die unerlaubte Handlung gegenüber einem Dritten begangen haben soll, und dem Versicherer keine Anwendung. Die Beklagte hat sich ferner nicht rügelos auf die Klage eingelassen (§ 39 ZPO). Schließlich kann sich die Klägerin nicht nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die Bindungswirkung der Verweisung durch das Landgericht S__ im Beschluss vom 10.12.2018 berufen. Denn das Landgericht S__ hat sich lediglich auf den von der Klägerin zunächst allein geltend gemachten Direktanspruch nach § 115 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG gestützt. Nur dieser Anspruch war der zu diesem Zeitpunkt klageweise geltend gemachte Streitgegenstand. Die Bindungswirkung einer Verweisung erfasst keine Klageänderung nach einer Verweisung, wenn nunmehr ein anderes Gericht zuständig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1989 - I ARZ 254/89 - Rn. 8, juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 19a; Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 14). Für den zunächst mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch der Klägerin ist nach alledem keine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera gegeben.
25
c) Die Abtrennung eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs nach § 145 ZPO, der - wie hier - auch einen anderen Streitgegenstand als den des Hauptantrags betrifft, ist nicht zulässig (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 6a; Fritsche, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 145 ZPO Rn. 10). In diesem Fall würde der so entstehende Hauptanspruch des abgetrennten Verfahrens von einer außerprozessualen Bedingung abhängen. Diese Klage müsste als unzulässig abgewiesen werden, auch wenn die Bedingung später eintritt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2015 - X ARZ 61/15 - Rn. 13; Urteil vom 06. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 -, Rn. 9 ff., juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 6a). Es bestünde ferner die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Hinblick auf den Eintritt der Bedingung, die der Abtrennung und Verweisung ebenfalls entgegensteht.
26
In diesem Fall durfte das Landgericht die hilfsweise erhobene Klage nicht abtrennen und an das zuständige Gericht verweisen, sondern musste die Klage insoweit als unzulässig abweisen.
27
2. Diese prozessuale Situation hat sich jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verändert, weil die Klägerin ihre Berufung hinsichtlich des Direktanspruchs aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG im Termin vom 17.09.2020 zurückgenommen und erklärt hat, den Hilfsantrag nunmehr als unbedingten Hauptantrag zu stellen.
28
a) In der Berufungsbegründung der Klägerin ist der Hilfsantrag unter den angekündigten Berufungsanträgen nicht ausformuliert. Aus der weiteren Begründung ergibt sich jedoch, dass der hilfsweise geltend Anspruch aus abgetretenem Recht der Sache nach weiterhin verfolgt wird und die insoweit erfolgte Abweisung der Klage zum Gegenstand der Berufung gemacht wird. Der Prozessbevollmächtigte hat diese Vorgehensweise im Termin vom 17.09.2020 ausdrücklich klargestellt. Damit ist nicht von einer neuerlichen Klageerweiterung in der Berufung, die § 533 ZPO unterliegen würde, auszugehen. Lediglich die Umstellung von einem Hilfsantrag auf einen unbedingten Hauptantrag im Termin vom 17.09.2020 stellt eine - in der konkreten Prozesssituation sachdienliche - Klageänderung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2015 - X ARZ 61/15 - Rn. 13, juris).
29
b) Nach der Teilrücknahme der Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 ist die Klageabweisung hinsichtlich des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Direktanspruchs aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG in materielle Rechtskraft erwachsen. Die Erfolglosigkeit des Hauptantrags steht damit für beide Parteien bindend fest. Es ist dann über den zunächst mit Hilfsantrag begehrten Anspruch aus abgetretenem Recht zu entscheiden, der nun nicht mehr von einer innerprozessualen Bedingung abhängt und für den keine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts besteht. Eine Verweisung eines solchen Hilfsantrags kann nach abweisender Entscheidung über den Hauptanspruch erfolgen, wenn zuvor keine unzulässige Verbindung vorgelegen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 05. März1980 - IV ARZ 5/80 - Rn. 5, juris; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 260 ZPO Rn. 34). Zudem hat die Klägerin nach Teilrücknahme der Berufung den zunächst mit Hilfsantrag geltend gemachten Anspruch aus abgetretenem Recht als unbedingten Hauptklageantrag gestellt. Die hierin liegende Klageerweiterung ist als sachdienlich anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2015 - X ARZ 61/15 - Rn. 13, juris) und auch in der Berufungsinstanz - anders als in der Revision (vgl. BGH, Urteil vom 06. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 - Rn. 15, juris) - noch statthaft (vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 260 ZPO Rn. 28). Damit ist der vormalige Hilfsantrag abtrennbar und verweisbar geworden. Dies gilt erst recht für den nunmehr unbedingt gestellten Antrag.
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In dieser Lage ist das Prozessurteil der ersten Instanz hinsichtlich der Abweisung des Hilfsantrags abzuändern und der Rechtsstreit nach § 281 Abs. 1 ZPO an das zuständige erstinstanzliche Gericht zu verweisen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 9). Da für den verbliebenen Klageantrag die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera nicht besteht, ist die Klage nach § 281 Abs. 1 ZPO an das örtlich zuständige Gericht zu verweisen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 6b).
31
c) Eine Verweisung an das zuständige Berufungsgericht ist nicht zulässig (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 5). Daher war die Klage unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils an das zuständige Gericht - hier das Landgericht ... zu verweisen (vgl. Greger, a.a.O.).
III.
32
1. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen. Dies ergibt sich zum einen aus § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO und zum anderen daraus, dass die Klägerin den Hilfsanspruch vor dem unzuständigen Gericht erhoben hat (vgl. Theimer/Theimer, Mustertexte zum Zivilprozess, 8. Aufl. 2018, S. 322).
33
2. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
34
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, etwaige Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
Urteil vom 30.10.2020
4 U 196/20
Tenor:
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 17.02.2020, Az. 4 O 2015/18, abgeändert:
Die Klägerin ist des Rechtsmittels im Hinblick auf den von ihr aus eigenem Recht geltend gemachten Direktanspruch (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG) verlustig.
Die Sache wird im Übrigen, also hinsichtlich des von der Klägerin als Zessionarin geltend gemachten Anspruchs aus Versicherungsvertrag, gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das zuständige Landgericht ... verwiesen.
2.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt dem Endurteil vorbehalten.
3.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Versicherer mit Sitz in ..., im Wege eines Direktanspruchs bzw. hilfsweise aus abgetretenem Recht aus einem Vermögensschadenshaftpflichtversicherungsvertrag in Anspruch.
I.
2
Versicherungsnehmerin der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung war die ...AG, vormals ..., mit Sitz in ... (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Diese trat als Vermittlerin von Beteiligungen an der ... eG, vormals ... eG, auf.
3
Die Klägerin behauptet, sich auf Vermittlung der Versicherungsnehmerin am 30.04.2010 mit einer Zeichnungssumme von nominal 13.000 EUR an der ... e.G. beteiligt und hierfür eine Abschlussgebühr von 2.377 EUR gezahlt zu haben. Sie sei dabei nicht über die bestehenden Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden.
4
Für den Sachstand, für die von den Parteien in erster Instanz gestellten Anträge und für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
5
Mit Urteil vom 17.02.2020 hat das Landgericht Gera die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des geltend gemachten Direktanspruchs würde zwar die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera bestehen, jedoch stehe der Klägerin dieser gesetzliche Anspruch gegen die Beklagte nicht zu. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag sei nicht zulässig, da das Landgericht für diese Klage örtlich nicht zuständig sei. Eine Verweisung des Hilfsantrags komme nicht in Betracht.
6
Das Urteil des Landgerichts wurde der Klägerin am 21.02.2020 zugestellt. Die Berufung der Klägerin ist am 25.02.2020 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangen. Nach einer Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis zum 22.05.2020 ist die Berufungsbegründung am 20.05.2020 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangen.
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Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, dass das Landgericht fehlerhaft das Bestehen des Direktanspruchs aus § 115 VVG verneint habe. Ferner habe das Landgericht die Klage, soweit damit der vom Insolvenzverwalter an die Klägerin abgetretene Anspruch geltend gemacht werde, nicht als unzulässig abweisen dürfen.
8
Die Klägerin hat zunächst die Abänderung des Urteils des Landgerichts Gera vom 17.02.2020, Az.: 4 O 2015/18, beantragt:
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1. Die Beklagte wird als Gesamtschuldnerin neben der ... AG verurteilt, an die Klägerin 15.377,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.06.2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens gegen die ... ... e.G. i.L.
10
2. Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2018 zu zahlen.
11
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
12
4. Hilfsweise beantragt die Klägerin, den Rechtsstreit an das Landgericht Gera zurückverwiesen.
13
Die Beklagte beantragt:
14
Die Berufung wird zurückgewiesen.
15
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
16
Im Termin vom 17.09.2020 hat die Klägerin die Rücknahme der Berufung erklärt, soweit sie mit dem Hauptantrag einen Anspruch aus eigenem Recht (Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG, § 113 Abs. 1 VVG) verfolgt habe. Den aus abgetretenem Recht geltend gemachten Anspruch will sie nicht mehr nur hilfsweise geltend machen und beantragt dessen Verweisung an das Landgericht ....
17
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der in erster Instanz hilfsweise gestellte Antrag in der Berufungsbegründung nicht gestellt worden sei, es sich daher um eine Klageerweiterung handele, der sie nicht zustimme und die auch nicht sachdienlich sei.
II.
18
Die zulässige Berufung der Klägerin führt nach der Teilrücknahme der Berufung dazu, dass der zunächst hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus abgetretenem Recht nun als unbedingt geltend gemachter Klageantrag gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das zuständige Gericht zu verweisen ist.
19
1. Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Anspruchs in der konkreten Prozesssituation zu Recht verneint und ihn zutreffend mit Prozessurteil abgewiesen, weil die Klägerin beide Ansprüche bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag geltend gemacht hat.
20
a) Das hilfsweise Vorgehen der Klägerin aus abgetretenem Recht stellt eine zulässige Klageänderung in Form der nachträglichen objektiven Eventualklagehäufung dar, auf die die §§ 263, 264 ZPO entsprechend anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13 - Rn. 13;Beschluss vom 17. Mai 1989 - I ARZ 254/89 - Rn. 9, juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 263 ZPO Rn. 2, 7). Außerdem ist § 260 ZPO zu beachten. Die mit Haupt- und Hilfsantrag verfolgten Ansprüche betreffen unterschiedliche Streitgegenstände, nämlich zum einen den von der Klägerin geltend gemachten Direktanspruch aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG und zum anderen den an sie abgetretenen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 1).
21
Die Beklagte hat in der ersten Instanz nicht ausdrücklich in die Klageänderung eingewilligt. Sie hat vielmehr die örtliche Zuständigkeit des Gerichts für diesen Streitgegenstand und die Verspätung gerügt und damit zu erkennen gegeben, dass sie der Verhandlung über den Hilfsantrag nicht zustimmt. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit durch das Landgericht hat das Berufungsgericht an sich nach § 268 ZPO nur daraufhin zu prüfen, ob die Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 - III ZR 93/83 -, Rn. 22, juris). Das Landgericht hat diese Frage nicht ausdrücklich geprüft, weil es aus der damaligen Prozesssituation heraus bereits zutreffend eine Sachurteilsvoraussetzung für den Hilfsanspruch verneint hatte. Von der Sachdienlichkeit der Klageänderung ist hier gleichwohl auszugehen.
22
Für die Prüfung kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Es berührt die Zulässigkeit einer Klageänderung nicht, dass aufgrund ihrer Zulassung neue Parteierklärungen und Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert wird. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist hingegen im Allgemeinen zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, a.a.O.).
23
Nach diesen Maßstäben ist hier von der Sachdienlichkeit auszugehen, denn der Prozessstoff bleibt im Wesentlichen derselbe, nämlich, ob der Klägerin - nunmehr nur auf Grundlage der behaupteten Abtretung - ein Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen der von ihr behaupteten Falschberatung zusteht. Es handelt sich insoweit nicht um einen völlig neuen Streitstoff. Eine etwaige Beweisaufnahme hinsichtlich der Wirksamkeit der Abtretung steht der Sachdienlichkeit nicht entgegen.
24
b) Für den hilfsweise verfolgten Anspruch aus abgetretenem Recht war aber kein Gerichtsstand beim erstinstanzlichen Gericht begründet. Dieser besteht nach § 17 ZPO am Sitz der Beklagten (...) und nach § 29 ZPO am Erfüllungsort des geltend gemachten Versicherungsanspruchs, d.h. ebenfalls am Sitz der Beklagten (vgl. von Rintelen, in: Beckmann, Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 3). Der Klägerin steht der besondere Gerichtsstand nach § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG nicht zur Verfügung, da sie nicht Versicherungsnehmerin des behaupteten Versicherungsvertrags ist. Sie kann sich selbst dann nicht auf § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG berufen, wenn ihr der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag durch den berechtigten Insolvenzverwalter wirksam abgetreten worden wäre. Denn der Zessionar ist nicht in dem gleichen Maße schutzwürdig wie der Versicherungsnehmer, so dass eine prozessuale Besserstellung durch eine analoge Anwendung des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG im Verhältnis zum Versicherer nicht gerechtfertigt ist (vgl. Klimke, in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 215 VVG Rn. 21; Rixecker, in: Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 215 VVG Rn. 4; Looschelders, in: Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 215 VVG Rn. 24: eingeschränkte analoge Anwendung: Klage am Sitz des Versicherungsnehmers). Die Klägerin ist auch nicht Versicherte oder Bezugsberechtigte des Versicherungsvertrags, so dass insoweit eine entsprechende Anwendung des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG ausscheidet. § 32 ZPO findet in dem Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer, der die unerlaubte Handlung gegenüber einem Dritten begangen haben soll, und dem Versicherer keine Anwendung. Die Beklagte hat sich ferner nicht rügelos auf die Klage eingelassen (§ 39 ZPO). Schließlich kann sich die Klägerin nicht nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die Bindungswirkung der Verweisung durch das Landgericht S__ im Beschluss vom 10.12.2018 berufen. Denn das Landgericht S__ hat sich lediglich auf den von der Klägerin zunächst allein geltend gemachten Direktanspruch nach § 115 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG gestützt. Nur dieser Anspruch war der zu diesem Zeitpunkt klageweise geltend gemachte Streitgegenstand. Die Bindungswirkung einer Verweisung erfasst keine Klageänderung nach einer Verweisung, wenn nunmehr ein anderes Gericht zuständig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1989 - I ARZ 254/89 - Rn. 8, juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 19a; Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 14). Für den zunächst mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch der Klägerin ist nach alledem keine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera gegeben.
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c) Die Abtrennung eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs nach § 145 ZPO, der - wie hier - auch einen anderen Streitgegenstand als den des Hauptantrags betrifft, ist nicht zulässig (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 6a; Fritsche, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 145 ZPO Rn. 10). In diesem Fall würde der so entstehende Hauptanspruch des abgetrennten Verfahrens von einer außerprozessualen Bedingung abhängen. Diese Klage müsste als unzulässig abgewiesen werden, auch wenn die Bedingung später eintritt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2015 - X ARZ 61/15 - Rn. 13; Urteil vom 06. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 -, Rn. 9 ff., juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 6a). Es bestünde ferner die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Hinblick auf den Eintritt der Bedingung, die der Abtrennung und Verweisung ebenfalls entgegensteht.
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In diesem Fall durfte das Landgericht die hilfsweise erhobene Klage nicht abtrennen und an das zuständige Gericht verweisen, sondern musste die Klage insoweit als unzulässig abweisen.
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2. Diese prozessuale Situation hat sich jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verändert, weil die Klägerin ihre Berufung hinsichtlich des Direktanspruchs aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG im Termin vom 17.09.2020 zurückgenommen und erklärt hat, den Hilfsantrag nunmehr als unbedingten Hauptantrag zu stellen.
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a) In der Berufungsbegründung der Klägerin ist der Hilfsantrag unter den angekündigten Berufungsanträgen nicht ausformuliert. Aus der weiteren Begründung ergibt sich jedoch, dass der hilfsweise geltend Anspruch aus abgetretenem Recht der Sache nach weiterhin verfolgt wird und die insoweit erfolgte Abweisung der Klage zum Gegenstand der Berufung gemacht wird. Der Prozessbevollmächtigte hat diese Vorgehensweise im Termin vom 17.09.2020 ausdrücklich klargestellt. Damit ist nicht von einer neuerlichen Klageerweiterung in der Berufung, die § 533 ZPO unterliegen würde, auszugehen. Lediglich die Umstellung von einem Hilfsantrag auf einen unbedingten Hauptantrag im Termin vom 17.09.2020 stellt eine - in der konkreten Prozesssituation sachdienliche - Klageänderung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2015 - X ARZ 61/15 - Rn. 13, juris).
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b) Nach der Teilrücknahme der Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 ist die Klageabweisung hinsichtlich des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Direktanspruchs aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG in materielle Rechtskraft erwachsen. Die Erfolglosigkeit des Hauptantrags steht damit für beide Parteien bindend fest. Es ist dann über den zunächst mit Hilfsantrag begehrten Anspruch aus abgetretenem Recht zu entscheiden, der nun nicht mehr von einer innerprozessualen Bedingung abhängt und für den keine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts besteht. Eine Verweisung eines solchen Hilfsantrags kann nach abweisender Entscheidung über den Hauptanspruch erfolgen, wenn zuvor keine unzulässige Verbindung vorgelegen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 05. März1980 - IV ARZ 5/80 - Rn. 5, juris; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 260 ZPO Rn. 34). Zudem hat die Klägerin nach Teilrücknahme der Berufung den zunächst mit Hilfsantrag geltend gemachten Anspruch aus abgetretenem Recht als unbedingten Hauptklageantrag gestellt. Die hierin liegende Klageerweiterung ist als sachdienlich anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2015 - X ARZ 61/15 - Rn. 13, juris) und auch in der Berufungsinstanz - anders als in der Revision (vgl. BGH, Urteil vom 06. Dezember 2006 - XII ZR 190/06 - Rn. 15, juris) - noch statthaft (vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 260 ZPO Rn. 28). Damit ist der vormalige Hilfsantrag abtrennbar und verweisbar geworden. Dies gilt erst recht für den nunmehr unbedingt gestellten Antrag.
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In dieser Lage ist das Prozessurteil der ersten Instanz hinsichtlich der Abweisung des Hilfsantrags abzuändern und der Rechtsstreit nach § 281 Abs. 1 ZPO an das zuständige erstinstanzliche Gericht zu verweisen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 9). Da für den verbliebenen Klageantrag die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera nicht besteht, ist die Klage nach § 281 Abs. 1 ZPO an das örtlich zuständige Gericht zu verweisen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 ZPO Rn. 6b).
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c) Eine Verweisung an das zuständige Berufungsgericht ist nicht zulässig (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 ZPO Rn. 5). Daher war die Klage unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils an das zuständige Gericht - hier das Landgericht ... zu verweisen (vgl. Greger, a.a.O.).
III.
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1. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen. Dies ergibt sich zum einen aus § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO und zum anderen daraus, dass die Klägerin den Hilfsanspruch vor dem unzuständigen Gericht erhoben hat (vgl. Theimer/Theimer, Mustertexte zum Zivilprozess, 8. Aufl. 2018, S. 322).
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2. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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3. Die Revision ist nicht zuzulassen, etwaige Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
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