27.10.2021 · IWW-Abrufnummer 225500
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 147/20
1. Die in den Hessischen Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus im Frühjahr 2020 angeordneten Beschränkungen für Gaststätten begründen auch im Pachtverhältnis keinen zur Minderung führenden Mangel der gepachteten Gewerberäume und keine Unmöglichkeit der von dem Verpächter geschuldeten Leistung. Das Fruchtziehungsrecht des Pächters führt zu keiner abweichenden Beurteilung.
2. Durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie kann die Geschäftsgrundlage auch eines Pachtvertrages schwerwiegend gestört sein, wenn die Vertragsparteien sie bei Abschluss des Vertrages nicht bedacht haben. Der Pächter ist aber nicht berechtigt, den Vertrag außerordentlich zu kündigen.
3. Gibt der Pächter den Geschäftsbetrieb auf, bevor die Betriebsbeschränkungen Auswirkungen auf seine Geschäfte zeigen konnten, ist eine Anpassung der Pacht über § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig nicht möglich.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Wiesbaden vom 12.11.2020, Az. 9 O 721/20, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 21.600,- Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 Euro nebst Zinsen aus 2.085,95 Euro in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.05.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 70 % und die Beklagte 30 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die jeweilige Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für die erste Instanz sowie für die zweite Instanz bis zum 07.05.2021 auf 76.320,- € und ab dem 08.05.2021 auf 24.300,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit der Klage begehrte die Klägerin Zahlung von Pachtzins für April 2020 und Betriebskostenvorauszahlung für das zweite Quartal 2020 sowie zunächst Feststellung, dass die Beklagte bis zum vertraglichen Ende des Pachtverhältnisses zur Entrichtung des Pachtzinses und der Vorauszahlungen auf die Nebenkosten verpflichtet ist; im Rahmen der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen und begehrt nun noch Zahlung der vereinbarten Pacht nebst Nebenkostenvorauszahlungen bis zum 31.12.2020.
Unter dem 31.8.2017 (Bl. 8 ff. der Akten) schlossen die Klägerin als Verpächterin und die Beklagte als Pächterin einen Pachtvertrag über die Nutzung der Gaststätte „X“ in Ort1.Pachtbeginn war der 1.3.2018. Das Pachtverhältnis wurde zunächst auf die Dauer von fünf Jahren begründet und sollte sich um jeweils ein Jahr verlängern, sofern nicht von einer der Parteien spätestens zwölf Monate vor Ablauf des Enddatums (1.3.2023) eine schriftliche Kündigung erklärt wird. Als Pachtsumme waren monatlich 2.250,- € vereinbart, wobei sich der Mietpreis ab dem zweiten Jahr (gerechnet ab dem 1.3.2018) um den vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland des Vorjahres erhöhen oder vermindern sollte.Weiter enthält der Vertrag die Regelung, dass bauliche Veränderungen nur mit der Genehmigung der Verpächterin vorgenommen werden dürfen, die jährliche Instandsetzung des Restaurationsgartens, der Toilettenanlagen und Schönheitsreparaturen aller Art des Pachtobjekts sollten zulasten der Pächterin gehen. Für die Nebenkosten war ein vierteljährlicher Abschlag i.H.v. 1.350,- € je Quartal vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten des Pachtvertrages wird vollumfänglich auf Bl. 8 ff. der Akten Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 24.3.2020 (Bl. 10 der Akten) kündigte die Beklagte das Pachtverhältnis unter Berufung auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB außerordentlich, da durch die behördliche Untersagung der Bewirtung im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie die gepachteten Räume nicht mehr zum vertraglich vereinbarten Zweck zur Verfügung stünden. Diese Kündigung wies die Klägerin mit Schreiben vom 27.3.2020 (Bl. 11 ff. der Akten) zurück unter Bezugnahme darauf, dass bereits über eine Vertragsanpassung gesprochen worden sei, die Klägerin habe zudem Stundung bzw. Herabsetzung der Pachtzinsen angeboten. Die Beklagte hielt an der Kündigung fest, räumte die Gaststätte aus und teilte mit Schreiben vom 1.4.2020 (Bl. 17 der Akten) mit, dass die Schlüssel zu den Gaststättenräumen in den Briefkasten der Stadt1er Wohnung der Klägerin eingeworfen worden seien; Energiebelieferung und Müllabfuhr seien abgemeldet worden. In welchem Zustand die Beklagte die Pachtsache hinterlassen hat und wann die Schlüssel zurückgegeben wurden, ist zwischen den Parteien streitig.
Nachdem die Beklagte den Besitz an den Räumlichkeiten aufgegeben hatte, führte die Klägerin in der Gaststätte Renovierungs- bzw. Sanierungsarbeiten durch.Der genaue Umfang der Arbeiten der Klägerin ist zwischen den Parteien streitig.
Im Rahmen der Klageerwiderung vom 9.6.2020 (Bl. 34 ff. der Akte) kündigte die Beklagte das Mietverhältnis nochmals außerordentlich und bezog sich dabei auf den sich aus den Sanierungsarbeiten der Klägerin ergebenden Zustand der Gaststättenräume und die damit verbundene Nichtbenutzbarkeit. Dieser Schriftsatz wurde der Klägerseite ausweislich Empfangsbekenntnis am 17.6.2020 zugestellt (Bl. 49 der Akte). Die Klägerin wies die Kündigung vom 9.6.2020 unter Berufung auf die fehlende Originalvollmacht mit Schreiben vom 19.6.2020 (Bl. 59 der Akte) zurück. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 24.6.2020 (Bl. 87 der Akte) unter Berufung auf die Sanierungsarbeiten in der Gaststätte erneut die fristlose Kündigung.
Mit Schreiben vom 10.7.2020 forderte die Klägerin die Beklagte (Bl. 95 der Akte) auf, bis zum 24.7.2020 zu erklären, dass sie das Pachtverhältnis fortsetzen wolle, und kündigte an, dass die Räumlichkeiten innerhalb von einer Woche so zur Verfügung gestellt werden würden, dass diese für den Vertragszweck nutzbar seien. Darauf hat die Beklagte nicht reagiert.
Zahlungen leistete die Beklagte seit April 2020 nicht mehr.
Mit Schreiben vom 11.12.2020 (Bl. 226 f. der Akte) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 31.12.2020 außerordentlich wegen Zahlungsverzugs.
Die Klägerin erwarb das Nachbargrundstück zum streitgegenständlichen Pachtobjekt und schloss unter dem 08.03.2021 zwei Mietvorverträge über beide Objekte, die zukünftig gemeinsam geführt werden sollen (Bl. 280 ff., 288 ff. der Akte). Zur Vorbereitung der gemeinsamen Nutzung führte sie umfangreiche Sanierungsarbeiten aus.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Pachtverhältnis sei nicht beendet. Insbesondere sei die Beklagte nicht zur Kündigung wegen der behördlichen Schließungsanordnungen im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie berechtigt gewesen.
Auch die Sanierungsarbeiten im Pachtobjekt hätten keine fristlose Kündigung gestützt. Die Beklagte habe die Pachtsache nicht genutzt und auch nicht wieder nutzen wollen, so dass die Klägerin darin Arbeiten habe durchführen können. Hätte sie erklärt, dass sie den Gaststättenbetrieb wiederaufnehmen wolle, hätte ihr die Pachtsache innerhalb kürzester Zeit wieder zur Verfügung gestellt werden können.
Im Einzelnen hat die Klägerin die Arbeiten in den Pachträumen betreffend zunächst mit Schriftsatz vom 9.7.2020 vorgetragen, dass die Gaststättenräume nutzbar seien. Der Bautenstand könne innerhalb von zwei Wochen so verändert werden, dass die Beklagte die Pachträumlichkeiten sofort wieder weiter nutzen könne. Nach Ablauf der Frist im Schreiben vom 10.07.2020 seien zwar weitere Sanierungsarbeiten begonnen worden, auch insoweit sei aber jederzeit erklärt worden, dass sie der Beklagten die Räumlichkeiten wie vertraglich vereinbart innerhalb kürzester Frist wieder zur Verfügung stellen werde, wenn diese ihre Weiterführungsabsicht entsprechend festlege. Aus diesen Gründen bestehe ein Anspruch auf Zahlung von Pachtzinsen für April 2020 sowie auf die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten für das zweite Quartal 2020. Zahlung der zukünftigen Pachtzinsen sowie Vorauszahlungen auf die Betriebskosten bis zum Ende des Pachtverhältnisses am 1.3.2023 könnten im Rahmen des Feststellungsantrags verlangt werden, insoweit bestünden sowohl Feststellungsanspruch als auch Feststellungsinteresse, da sie keine Vorschusspachtzinsen für die Zukunft fordern könne.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.600,- Euro nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.04.2020 und sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2020 zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 05.05.2020 bis zum vertraglichen Ende des Pachtvertrages am 01.03.2023 über die Gaststätte „X“ in Stadt1, Straße1, monatlich zahlbar zum 4. Werktag eines Monats, einen Betrag in Höhe von mindestens 2.250,- Euro Mietzinszahlung und eine Betriebskostenvorauszahlung von 1.350,- Euro vierteljährlich ab dem 01.07.2020 bis zum Ende des Pachtvertrages am 01.03.2023 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe das Pachtverhältnis wirksam fristlos kündigen können, da ihr die Nutzung der Pachtsache zu dem vertraglich vereinbarten Zweck durch behördliches Verbot untersagt worden sei; die Verpächterin hafte der Beklagten gegenüber verschuldensunabhängig dafür, dass die von ihr verpachteten Räume zu dem vertraglichen Zweck genutzt werden könnten. Zudem begründeten die behördlichen Beschränkungen einen Mangel der Pachtsache, weil sie die Tauglichkeit der Pachtsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch minderten bzw. beseitigten. Dementsprechend sei unerheblich, ob insoweit eine Stundungsabrede oder eine Vertragsanpassung angeboten worden sei. Darüber hinaus könne die Klägerin keine Zahlungen verlangen, da sie alsbald nach Rückgabe der Schlüssel mit umfangreichen Sanierungsarbeiten in der Pachtsache begonnen habe, die bis heute andauerten. Die Pachtsache sei mithin für die Beklagte gar nicht nutzbar gewesen, was die Beklagte ebenfalls zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigt habe.
Darüber hinaus hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Feststellungsantrag sei unzulässig, da kein beachtliches Feststellungsinteresse vorliege. Auch für die nach Ansicht der Klägerin bis zum 1.3.2023 fällig werdenden Beträge sei eine Leistungsklage möglich und damit das prozessökonomischere Mittel.
Mit Urteil vom 12.11.2020 (Bl. 192 ff. der Akten) hat das Landgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Zahlungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf die von ihr veranlassten Sanierungsarbeiten jedenfalls einredebehaftet und die weitergehende Feststellungsklage unzulässig sei. Zwar sei die Beklagte nicht unter den Voraussetzungen des § 536 Abs. 1 S. 1 BGB von der Verpflichtung zur Zahlung des Pachtzinses befreit oder gemäß § 536 Abs. 1 S. 2 BGB berechtigt, den Pachtzins zu mindern. Denn die landesrechtlich angeordneten Schließungsmaßnahmen stellten keinen Mangel der Pachtsache dar. Dies sei nur dann der Fall, wenn der tatsächliche Zustand der Pachtsache von dem nach dem Vertrag vorausgesetzten abweichen würde. Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkungen könnten nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Pachtsache in Zusammenhang stünden. Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Pächters beeinträchtigten, fielen in dessen Risikobereich. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichte den Verpächter nur, die Pachtsache in einem Zustand zu erhalten, der dem Pächter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermögliche, das Verwendungsrisiko trage hingegen der Pächter alleine.Nach diesen Ausführungen stellten die Maßnahmen der hessischen Landesregierung zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie keinen Mangel der Pachtsache dar. Diese hoheitlichen Maßnahmen dienten dem Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren. Der Anknüpfungspunkt sei mithin nicht die Pachtsache selbst, sondern der Umstand, dass die bestimmungsgemäße Nutzung der Pachtflächen notwendig mit Publikumsverkehr einhergehe und dieser wiederum das Risiko einer Infektion ansteigen lasse.
Das Landgericht führt weiter aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Fortentrichtung des Pachtzinses auch nicht unter den Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfallen sei. Durch die staatlich verordnete Schließung sei es der Klägerin nicht unmöglich geworden, der Beklagten den Gebrauch der Pachtsache zu überlassen. Auch insoweit sei zu konstatieren, dass die staatlichen Schließungsanordnungen ihrer Natur nach dem mit dem Betrieb einer Gaststätte notwendig einhergehenden Publikumsverkehr gälten, nicht aber der Pachtsache selbst. Auch insoweit treffe das Verwendungsrisiko den Pächter.
Indessen halte die Beklagte dem Zahlungsanspruch der Klägerin zu Recht entgegen, dass die Klägerin, indem sie auf der Erfüllung des Pachtzinsanspruchs für April 2020 und des Betriebskostenvorauszahlungsanspruchs für das zweite Quartal 2020 beharre, etwas fordere, was sie sogleich wieder zurückerstatten müsse (§ 242 BGB). Denn es entspreche unbestritten gebliebenem Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin alsbald nach der Aufgabe der Pachtsache durch die Beklagte in der Pachtsache mit umfangreichen Sanierungsarbeiten begonnen habe, die auch noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung andauerten. Auch wenn der Umfang der Sanierungsarbeiten zwischen den Parteien umstritten sei, sei unstreitig, dass diese tatsächlich stattgefunden hätten und nach wie vor stattfänden, so dass die Klägerin in dieser Zeit der Beklagten den Gebrauch der Pachtsache nicht habe gewähren können. Insbesondere könne die Klägerin, sofern unterstellt werde, dass das Pachtverhältnis erst am 1.3.2023 ende, nicht mit der Pachtsache nach Belieben verfahren und umfangreiche Sanierungsarbeiten anstoßen, während sie gleichzeitig für die Dauer eben dieser Arbeiten von der Beklagten den Pachtzins samt Betriebskostenvorauszahlung fordere. Durch die Sanierungsarbeiten werde der Beklagten die Pachtsache faktisch vorenthalten.
Des Weiteren führt das Landgericht aus, dass die auf Feststellung gerichtete Klage bereits unzulässig sei, da die Klägerin kein unabdingbares Feststellungsinteresse vorweisen könne. Insbesondere könne die Klägerin das von ihr in der Hauptsache verfolgte Ziel effektiver mit einer auf Leistung gerichteten Klage erreichen, namentlich der Klage auf künftig fällig werdende Leistungen. Insbesondere sei davon auszugehen, dass die Beklagte, die das Pachtverhältnis aufgrund der von ihr ausgesprochenen fristlosen Kündigungen für beendet erachte, sich durch ein stattgebendes Feststellungsurteil ebenfalls nicht beeindrucken lassen würde mit der Folge, dass die Klägerin auf eine weitere Titulierung durch Erhebung einer Zahlungsklage angewiesen wäre. Dies sei nicht prozessökonomisch. Zudem habe die Klägerin durch ihre Sanierungsarbeiten selbst dazu beigetragen, Zweifel an der berechtigten Höhe der von ihr behaupteten Zahlungsansprüche entstehen zu lassen, welche auszuräumen im Zweifel einer Leistungsklage vorzubehalten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird vollumfänglich auf das Urteil vom 12.11.2020 Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin spätestens am 13.11.2020 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 30.11.2020, bei Gericht eingegangen am 1.12.2020, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4.2.2021 an diesem Tag begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Im Einzelnen rügt sie, dass das Gericht zwar zu Recht die Kündigung der Beklagten vom 24.3.2020 als rechtsunwirksam angesehen, indessen unbeachtet gelassen habe, dass die Beklagte mit dieser Kündigung eindeutig und unmissverständlich erklärt habe, dass sie nicht bereit sei, den Vertrag in irgendeiner Weise weiterzuführen, und damit einen Zustand geschaffen habe, der nach den gesetzlichen Grundsätzen, insbesondere aber auch nach § 242 BGB der Beklagten verboten habe, in ihren späteren Handlungen entgegen diesen eindeutigen Fakten zu handeln. Sie habe davon ausgehen müssen, dass die Beklagte das Pachtobjekt niemals wieder betreiben wollte. Das habe die Beklagte ja auch dokumentiert, indem sie auf die mehrfachen Aufforderungen auf Übernahme der Räumlichkeiten nicht reagiert habe. Sie habe die Klägerin vor vollendete Tatsachen gestellt, die Räumlichkeiten komplett geräumt, die Bestuhlung und weitere Gegenstände aus den Räumlichkeiten entfernt und veräußert und den Schlüssel in den Briefkasten eingeworfen, wobei immer noch nicht alle Schlüssel zurückgegeben seien. Daher habe sie Dispositionen für die Zukunft treffen müssen und zunächst einzelne Renovierungsarbeiten vorgenommen. Dadurch, dass die Beklagte die mehrfachen Aufforderungen zur Übernahme der Räumlichkeiten nicht genutzt habe, habe sie belegt, die Räume nicht mehr nutzen zu wollen.
Ferner ergebe sich aus dem Pachtvertrag, dass es ihr zu keinem Zeitpunkt untersagt gewesen sei, Sanierungs-, Renovierungs- und andere Arbeiten an dem Pachtobjekt vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin nicht vertragswidrig gehandelt, als sie wegen der fehlenden Reaktion der Beklagten auf ihre mehrfachen Schreiben mit Renovierungsarbeiten im Toiletten- und Küchenbereich begonnen habe. Nachdem die Beklagte Ende Mai 2020 Klageabweisung beantragt und damit zum wiederholten Male dokumentiert habe, dass sie unter keinen Umständen in das Pachtobjekt zurückkehren wolle, sei dann mit umfangreicheren Sanierungsmaßnahmen begonnen worden. Dies sei nach der vertraglichen Vereinbarung in keiner Weise verboten. Darüber hinaus habe sie der Beklagten immer wieder angeboten mitzuteilen, wann sie zurückkommen wolle, die Klägerin hätte dann sofort die Arbeiten beendet und so schnell wie möglich die Räumlichkeiten in einen benutzbaren Zustand zurückversetzt, was innerhalb kürzester Zeit hätte geschehen können.
Im Einzelnen trägt die Klägerin im Rahmen der Berufungsinstanz vor, die Arbeiten hätten sich nach der ersten Kündigung der Beklagten zunächst auf eine Renovierung, insbesondere Säuberung und Streichen, der Toilettenräume beschränkt; eine Sanierung habe es zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben. Zudem seien die von der Beklagten hinterlassenen Schäden kosmetisch bearbeitet und die Räumlichkeiten teilweise neu gestrichen worden. Der Küchenbereich sei in einem sehr verschmutzen Zustand hinterlassen worden, und es sei erforderlich gewesen, die Abluftanlagen einer Grundreinigung zu unterziehen und eine funktionstüchtige Abluftleitung einzubauen. Zudem seien am Zugang zu den Außentoiletten die dort vorhandenen drei Treppenstufen entfernt worden, um den Zugang behindertengerecht zu gestalten. Die weiteren Baumaßnahmen hätten ausschließlich die Privaträumlichkeiten der Klägerin betroffen. Die Außenterrasse sei lediglich für die Zwischenlagerung von Material bzw. Abbruch genutzt worden. Dementsprechend wäre es möglich gewesen, die Arbeiten in der Küche und den Toiletten in zwei Tage fertigzustellen, den Biergarten bzw. die Außenterrasse in zwei bis drei Tagen funktionstüchtig wiederherzustellen und den Zugang zu den Außentoiletten innerhalb von maximal zwei Wochen herzurichten.
Es sei folglich nicht ausreichend, dass das Landgericht Wiesbaden meine, es erschließe sich dem Gericht nicht, auf welche Weise die Klägerin ihrer Ankündigung habe Folge leisten wollen. Dies sei keine Frage der Vorstellungskraft des Gerichtes, sondern der Leistungsfähigkeit der Klägerin.
Die Sanierung in größerem Umfang sei erst Ende 2020/Anfang 2021 erfolgt, nachdem die Beklagte auch vor Gericht erklärt habe, nicht mehr in die Räumlichkeiten zurückkehren zu wollen, und nachdem das Pachtverhältnis bereits beendet gewesen sei. Die Lichtbilder aus dem Jahre 2021 seien folglich für die Entscheidung nicht relevant.
Ein weiterer Irrtum des Landgerichts ergebe sich daraus, dass es tatsächlich so gewesen sei, dass die Beklagte sofort nach ihrer Kündigung im März 2020 sämtliche Bestuhlung und sämtliches Mobiliar etc. geräumt und dieses sodann verkauft habe. Aus diesem Umstand ergebe sich offenkundig, dass die Beklagte gar nicht bereit und fähig gewesen wäre, die Gaststätte zu betreiben. Sie habe offensichtlich aus wirtschaftlicher Not alles, was ihr gehörte, so schnell wie möglich veräußert und wäre damit gar nicht in der Lage gewesen, von heute auf morgen die Räumlichkeiten wieder zu beziehen und die Gaststätte weiterzuführen.Zudem sei im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt worden, dass sie vermögenslos sei und ihr keine finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, um den Gaststättenbetrieb aufzunehmen. All diese Aussagen habe das Landgericht nicht beachtet. Bei Beachtung wäre die vorgenommene einseitige Abwägung nach § 242 BGB nicht erfolgt. Denn die erste Ursache für die Störung des Vertragsverhältnisses habe die Beklagte gesetzt, sie habe zu erkennen gegeben, dass sie unter keinen Umständen das Mietverhältnis über März 2020 hinaus habe weiterführen wollen. Damit könnten die weiteren Erwägungen, nämlich, dass die Klägerin etwas zu zurückerstatten müsse, was sie zunächst eingenommen habe, nicht für die Beurteilung herangezogen werden, dies bedinge nämlich, dass die Beklagte überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt den Willen oder die Möglichkeit gehabt hätte, das Pachtverhältnis weiterzuführen, und auch die erste Ursache nicht gesetzt hätte.
Zudem habe die Beklagte sich bei ihrer Kündigung zunächst lediglich auf die COVID-19-Pandemie und die dortigen behördlichen Auflagen bezogen, so dass sie für die Monate April, Mai und Juni 2020 die Zahlung sowieso schulde. Mit ihrer außerordentlichen Kündigung wegen der Renovierungs- und späteren Sanierungsmaßnahmen könne sie ebenfalls nicht durchdringen, da diese vertraglich sogar vorgesehen seien, die Maßnahmen seien lediglich der Beklagten untersagt, nicht der Klägerin.
Insbesondere sei es richtig und geschickt gewesen, genau in dieser Zeit die Renovierungsarbeiten, die ja jährlich anfielen und vereinbart waren, durchzuführen. Die Klägerin sei gerade nicht nach Belieben verfahren, sondern habe durch ihre Handlungen versucht, den wirtschaftlichen Schaden möglichst gering zu halten. Zu diesen Maßnahmen gehörten die Renovierungs- und auch die späteren Sanierungsarbeiten. Selbst wenn ein Ersatzpächter hätte gesucht werden sollen, wären die Räumlichkeiten zu renovieren und zu sanieren gewesen, diese Kosten wären dann zulasten der Beklagten zu veranlagen gewesen. Das Urteil unterstelle quasi, dass die Klägerin als Verpächterin den gesamten Zeitraum der Laufzeit des Vertrages hätte abwarten müssen und hier nichts hätte tun dürfen, was mit der Realität wenig zu tun habe. Schon die Tatsache, dass der Gesetzgeber einem Verpächter eine Schadensminderungspflicht auferlege, indem er einen Nachpächter zu besorgen und diesem diese Räumlichkeiten dann gegen einen möglichst guten Pachtzins zu überlassen habe, spreche gegen die Auffassung des Gerichts. Das Gericht gehe fehlerhaft davon aus, dass es der Klägerseite einerseits angesichts des unmissverständlich kommunizierten Aufgabewillens aufzuerlegen sei, einen Ersatzpächter zu suchen, es ihr andererseits aber faktisch untersagt sei, zur Vorbereitung der Suche nach einem Ersatzpächter überhaupt Renovierungen oder Sanierungen durchzuführen.
Weiter rügt die Klägerin, dass das Landgericht gegen seine Hinweispflichten gemäß § 139 ZPO verstoßen habe, da es weder schriftlich noch im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Hinweis dahingehend gegeben habe, dass der Feststellungsantrag unzulässig sei. Darüber hinaus greife der Grundsatz, dass die Klägerin das Ziel effektiver mit einer auf Leistung gerichteten Klage hätte erreichen können, vorliegend nicht ein. Denn das Leistungsverhältnis sei unsicher und die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, im Hinblick auf die Pandemie Vertragsanpassungen zu erwirken, so dass die Höhe der Pachtzahlung nicht unumstößlich festgeschrieben und mit Leistungsanträgen einzuklagen gewesen wäre. Dementsprechend greife hier der Vorrang der Leistungsklage nicht, die Erhebung der Feststellungsklage sei der richtige Weg gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird vollumfänglich auf die Berufungsbegründung vom 4.2.2020 (Bl. 172 ff. der Akte) sowie auf die Schriftsätze vom 08.04.2020 (Bl. 205 ff. der Akte), 03.05.2020 (Bl. 222 ff. der Akte), 26.06.2021 (Bl. 258 f. der Akte), 01.07.2020 (Bl. 275 ff. der Akte), 06.08.2020 (Bl. 339 ff. der Akte) und 20.08.2021 (Bl. 349 f. der Akte) Bezug genommen.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 12.11.2020, Az. 9 O 721/20, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.600,- Euro nebst neun Prozent Jahreszinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.04.2020 und außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 Euro außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten nebst fünf Prozentpunkte Jahreszinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 05.05.2020 bis zum vertraglichen Ende des Pachtvertrages am 01.03.2023 über die Gaststätte „X“ in Stadt1, Straße1 - monatlich zahlbar zum 4. Werktag eines Monats - einen Betrag in Höhe von mindestens 2.250,- Euro Pachtzahlung und eine Betriebskostenvorauszahlung von 1.350,- Euro vierteljährlich ab dem 01.07.2020 bis zum Ende des Pachtvertrages am 01.03.2023 zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 03.05.2021 hat die Klägerin die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags teilweise zurückgenommen; in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den übrigen Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag geändert und beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.600,- Euro nebst neun Prozent Jahreszinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.04.2020 und außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 Euro nebst fünf Prozentpunkte Jahreszinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen;
die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin vom 05.05.2020 bis zum 31.12.2020 hinsichtlich der Gaststätte „X“ in Stadt1, Straße1 - monatlich jeweils fällig zum 4. Werktag eines Monats - einen Betrag in Höhe von 2.250,- Euro Pachtzahlung sowie vierteljährlich fällig am 1. eines Quartals, also erstmals am 01.07.2020, eine Betriebskostenvorausleistung in Höhe von 1.350,- Euro bis zum 31.12.2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme sowie der Klageänderung zugestimmt und beantragt im Übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, das Urteil des Landgerichts Wiesbaden sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landgericht weise zu Recht auf § 535 Abs. 1 BGB hin, wonach der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren. Da die Klägerin unstreitig umfangreiche Sanierungsmaßnahmen eingeleitet habe, die im Übrigen immer noch nicht beendet, sondern sogar erweitert worden seien, hätten die von der Klägerin vermieteten Räume zum vertraglich vereinbarten Zweck nicht genutzt werden können, so dass auch kein Anspruch auf Zahlung der vereinbaren Pacht bestehe. Zwar dürfe die Klägerin das ihr gehörende Objekt sanieren, für die Zeit, in welcher wegen der Sanierungsarbeiten die Räume nicht für den Betrieb einer Gaststätte genutzt werden könnten, könne jedoch keine Pacht verlangt werden. Daher komme es auch nicht darauf an, dass die Klägerin angekündigt habe, die Gaststättenräume schnellstmöglich wieder herstellen zu können.
Soweit die Klägerin darauf abstelle, sie habe der ihr obliegenden Schadensminderungspflicht nachkommen müssen und die Räumlichkeiten für einen Nachpächter sanieren dürfen, sei dem entgegenzuhalten, dass sie entgegen ihrer Behauptung gerade nichts unternommen habe, um den Schaden zu mindern. Sie habe die Gaststättenräume vielmehr in eine Baustelle verwandelt und an diesem Zustand bis heute nichts geändert.
In der Berufungsinstanz bestreitet sie in diesem Zusammenhang den Vortrag der Klägerin zu den Baumaßnahmen und behauptet, die Klägerin habe die Zeit seit dem Auszug der Beklagten genutzt, um das Pachtobjekt umfassend zu sanieren und zu vergrößern. Insbesondere habe die Klägerin die gesamte Gaststättenanlage einer umfassenden Sanierung unterzogen. Die Gaststättenräume seien nicht zugänglich gewesen, die Fassade sei teilweise entfernt worden, die Toilettenanlage sei insgesamt entfernt worden, der Außenbereich sei aufgrund von Lagerung von Baumaterialien und Bauschutt ebenso wenig nutzbar gewesen wie der Innenbereich. Die Angebote, die Räumlichkeiten wieder zu übergeben, seien Scheinangebote und rein hypothetischer Natur. Vielmehr habe die Klägerin nie vorgehabt, der Beklagten die Räumlichkeiten wieder zu überlassen, sondern geplant, durch die Zusammenlegung der beiden Gaststätten einen wesentlich höheren Pachtzins zu erzielen. Daher habe sie für die Zeit, in der sie das Pachtobjekt zum eigenen Vorteil von Grund auf saniert und es daher auch nicht als Gaststätte zur Verfügung gestellt habe, keinen Anspruch auf Pacht.
Nicht zugestimmt werde den Ausführungen des Landgerichts, soweit es die von ihr ausgesprochene Kündigung wegen der behördlichen Verbote aufgrund der COVID-19-Pandemie für unwirksam halte. Mit der in der Klageerwiderung vorgebrachten Argumentation, sie habe die außerordentliche Kündigung deswegen aussprechen dürfen, weil ihr durch das behördlich ausgesprochene Verbot der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt., BGB wieder entzogen worden sei, habe sich das Landgericht gar nicht auseinandergesetzt. Bei Berücksichtigung der in der Vorschrift getroffenen Regelung hätte das Landgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Beklagte den Mietvertrag zu Recht außerordentlich habe kündigen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird vollumfänglich auf die Berufungserwiderung vom 9.3.2021 (Bl. 192 ff. der Akten) sowie die Schriftsätze vom 18.05.2021 (Bl. 253 ff. der Akte), 28.05.2021 (Bl. 260 der Akte), 08.06.2021 (Bl. 267 ff. der Akte), 14.07.2021 (Bl. 304 ff. der Akte), 16.08.2021 (Bl. 345 f. der Akte) und 01.09.2021 (Bl. 351 f. der Akte) Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO).
Sie ist auch überwiegend begründet, soweit die Klage noch aufrechterhalten ist.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Pacht sowie Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Mai bis Dezember 2021 in Höhe von insgesamt 21.600,- Euro zu, §§ 535 Abs. 2, 581 Abs. 2 BGB.
Das Pachtverhältnis dauerte für diesen Zeitraum fort. Es wurde weder durch die Kündigung der Beklagten vom 24.03.2020 noch durch die Kündigungen der Beklagten vom 09.06.2020 bzw. vom 24.06.2020 beendet.
Die Kündigung vom 24.03.2020 ist unwirksam, denn es fehlt am Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Ein Pächter darf einen Pachtvertrag, bei dem gegenwärtig kein Recht zur ordentlichen Kündigung besteht, vorzeitig nur aus wichtigem Grund gem. §§ 543, 581 Abs. 2 BGB außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt demnach grundsätzlich vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Pachtverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Pachtverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Zudem sieht das Gesetz unter anderem in § 543 Absatz Abs. 2 BGB wichtige Gründe vor. Die vorzeitige Beendigung eines Mietvertrags kommt dementsprechend nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Alle zu einer Kündigung berechtigenden Tatbestände setzen gravierende und nachhaltige Störungen voraus. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung aller für die Fortsetzung wesentlicher Umstände.
Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze scheidet eine außerordentliche Kündigung allein wegen der pandemiebedingten allgemeinen hoheitlichen Maßnahmen aus.
Insbesondere greift § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht ein. Dazu müsste der Vermieter dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen haben. Zwar kommt es hierbei nicht darauf an, dass weder Vermieter noch Mieter die Covid-19-Pandemie zu vertreten haben. Dieser konkrete Kündigungstatbestand setzt ein Verschulden des Vermieters gerade nicht voraus: Die Kündigung kann selbst dann zulässig sein, wenn der Vermieter auf die Umstände, die zur Gebrauchsentziehung oder -einschränkung führen, keinen Einfluss hat.
Jedoch fehlt es an der Voraussetzung der Nichtgewährung bzw. Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs durch den Vermieter. Entsprechend der Bewertung, ob ein Mangel der Mietsache vorliegt, sind hoheitliche Anordnungen auch hier nur dann relevant, wenn diese unmittelbar auf den konkreten Zustand und die Beschaffenheit der Mietsache zurückzuführen sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (s. nur BGH NZM 2011, 727 ff. (Rauchverbot als Mangel einer verpachteter Gaststätte); BGH NJW 1981, 2405 ff. (von Kunden wenig angenommenes Einkaufszentrum)) zur Mangelhaftigkeit eines Mietobjekts gefährden öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, den vom Vermieter geschuldeten Leistungserfolg nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Miet- (oder Pacht-)sache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Pächters ihre Ursache haben; letzteres betrifft ausschließlich das dem Mieter in § 537 Abs. 1 BGB auferlegte Verwendungsrisiko. Diese Rechtsprechung ist auf die Frage nach einer Mangelhaftigkeit oder eines persönlichen Hinderungsgrundes gem. § 537 Abs. 1 BGB zu übertragen. Denn sowohl der Mangelbegriff als auch die Unmöglichkeit oder die persönliche Verhinderung erfordern dieselbe Abgrenzung von Vermieter- und Mieterrisiko.
Ein Teil der Literatur (BeckOGK BGB/Bieder, Stand 1.7.2020, § 536 Rn. 9 ff;) weist in Präzisierung dieser Rechtsprechung das Risiko der Mietzahlungspflicht sowohl für individuelle als auch für allgemeine Nutzungshindernisses dem Mieter zu; der Vermieter habe lediglich das Risiko für sachbezogene Hindernisse zu tragen.
Ein anderer Teil der Literatur (Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 537 Rn. 26. Im Ergebnis auch Sentek/Ludley NZM 2020, 406 ff.; wohl auch Leo/Götz NZM 2020, 402 ff.) möchte insbesondere das Risiko für allgemeine Hindernisse anders verteilen und verneint ein persönliches Hindernis des Mieters i.S.v. § 537 BGB, wenn die konkret vereinbarte Nutzung für jedermann unmöglich ist; dann wurzele es nicht in der Person des Mieters. Nach dieser Meinung wäre ein Corona-bedingtes Betriebsverbot ein Fall der Unmöglichkeit bzw. - nach Überlassung der Mietsache - ein Mangel gem. § 536 BGB.
Die unterschiedlichen Ansätze beruhen auf einer unterschiedlichen Bestimmung des vom Vermieter geschuldeten Leistungserfolgs. Dessen Bestimmung ist deshalb essenziell und im Grunde eine Frage der Vertragsauslegung. Sind konkrete Absprachen hierzu nicht vorhanden, kommt es maßgeblich darauf an, was für die Vermieterleistung vertragstypisch ist.
Hier gilt zunächst, dass der Vermieter dem Mieter grundsätzlich nur die Möglichkeit des Gebrauchs zu verschaffen und hierzu die Mietsache in einem dem Verwendungszweck entsprechenden Zustand zu halten hat. Der Vermieter will und soll dem Mieter die beabsichtigte Nutzung ermöglichen. Er schuldet aber nicht die Überlassung des Betriebs selbst, sondern nur die Überlassung der dazu notwendigen Räume. Nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, gehören zum Leistungserfolg des Vermieters. Alles andere betrifft eine erfolgreiche Nutzung des Mieters und damit sein Verwendungsrisiko. Ganz deutlich wird dies im Übrigen, wenn vertraglich nicht eine konkrete Nutzung vorgesehen ist (etwa als Restaurant), sondern ein allgemeiner Zweck („Ladenlokal“, „zur gewerblichen Nutzung“).
Die Betriebsuntersagungen oder -erschwerungen aufgrund der Corona-Krise betreffen mithin das Verwendungsrisiko des Mieters, da hierfür die baulichen Gegebenheiten des Mietobjekts unerheblich sind, sondern es allein auf die Art der Nutzung der Räumlichkeiten und den dort stattfindenden Publikumsverkehr ankommt; die durch die Corona-Krise bedingten Betriebsuntersagungen oder -erschwerungen betreffen in der Regel das Verwendungsrisiko und nicht die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters (vgl. allgemein zum Verwendungsrisiko OLG Frankfurt am Main, NZM 2021, 395 ff., m.w.N.; Streyl, Pandemiebedingte Risikotragung im Mietverhältnis, NZM 2020, 817 ff.).
Der Umstand, dass es sich hier um einen Pachtvertrag handelt, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung hinsichtlich des Verwendungsrisikos. Zwar schuldet der Verpächter nicht nur die reine Überlassung von Räumen, sondern auch die Möglichkeit der Fruchtziehung (§ 581 Abs. 1 S. 1 BGB), was sich häufig in der Gestellung einer zur Fruchtziehung erforderlichen Ausstattung zeigt. Im vorliegenden Fall war die Gaststätte möbliert und mit einer Theke versehen.
Allerdings ist die Abgrenzung zum Mietvertrag - reine Gebrauchsüberlassung zum Zweck des Betriebs einer Gaststätte - fließend, so dass sich der Senat der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung anschließt, dass der Verpächter dem Pächter die Nutzung und die Fruchtziehung abstrakt zu gewähren hat und diese Eignung zur Fruchtziehung auch im Falle der hier vorliegenden behördlichen Eingriffe grundsätzlich erhalten bleibt. Das Risiko, tatsächlich Früchte zu ziehen (Verwendungsrisiko), ist demzufolge dem Pächter zuzuordnen (vgl. hierzu nur BeckOGK/Schlinker, 1.2.2021, BGB § 581 Rn. 97-115).
Gründe aus der Risikosphäre des Kündigenden rechtfertigen eine außerordentliche Kündigung jedoch in der Regel nicht, so dass nach den obigen Ausführungen eine Kündigung ausscheidet.
Aus diesem Grund greift auch der Auffangtatbestand des § 543 Abs. 1 BGB nicht. Dieser wäre gegeben, wenn eine Vertragspartei ihre Pflichten so nachhaltig verletzt, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietvertrags nicht mehr zugemutet werden kann. In den allgemeinen hoheitlichen Maßnahmen und der Covid-19-Pandemie liegt schon keine Pflichtverletzung des Vermieters. Erst recht hat er sie nicht zu vertreten. Zwar ist ein Verschulden des Kündigungsempfängers nicht zwingend erforderlich, jedoch zeigt § 543 Abs. 1 BGB mit der Erwähnung des Verschuldens, dass die Anforderungen an eine Kündigung bei Nichtvorliegen eines Verschuldens noch erheblich höher sind als ohnehin schon.
Zu beachten ist hier zudem, dass der Beklagten im Hinblick auf die Pandemie zwar behördlich untersagt wurde, den Betrieb der Gaststätte ohne Einschränkungen aufrecht zu erhalten; sie hat jedoch bereits zu Beginn der Untersagung der Bewirtung in Innenräumen, die Mitte März 2020 ausgesprochen wurde, zunächst bis Juni 2020 galt und sodann ab November 2020 erneut ausgesprochen wurde - in der Zwischenzeit bestanden Einschränkungen für den Gaststättenbereich im Hinblick auf die Anzahl der Gäste pro m² Fläche - die fristlose Kündigung ausgesprochen. Gerade mit Blick darauf, dass die Covid-19-Pandemie, wie zu erwarten, nur von temporärer Natur ist, wäre eine Kündigung, die zu einer dauerhaften Regelung führen würde, für den Vermieter nicht zumutbar und würde sich nur einseitig an den Interessen des Mieters orientieren. Auch wäre bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen im Sinne des § 543 Abs. 1 S. 2 BGB das in § 537 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommende gesetzliche Leitbild zu beachten (vgl. hierzu Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169 ff.; ZehleinCOVID-19, Miete in Zeiten von Corona, 1. Auflage 2020, Rn. 36 f.).
Auch durch die Kündigung der Beklagten vom 09.06.2020 bzw. 24.06.2020 wurde das Pachtverhältnis nicht beendet. Denn auch insoweit fehlt es am Vorliegen eines Kündigungsgrundes im Sinne des § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift liegt, wie oben ausgeführt, vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann; nach Abs. 2 Nr. 1 liegt ein solcher wichtiger Grund insbesondere dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird. So kann zum Beispiel ein Kündigungsgrund vorliegen, wenn der Vermieter die Mietsache umfänglich sanieren und modernisieren will und die geplanten Arbeiten zur Folge haben, dass der Mieter die Räume nicht mehr vertragsgemäß nutzen kann (vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 543 Rn. 19; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. 2020, BGB § 543 Rn. 85).
Hier kann zur Überzeugung des Senats der Umstand, dass die Klägerin unstreitig in den Pachträumlichkeiten Renovierungsarbeiten durchgeführt hat, unabhängig von der Frage, ob der Betrieb der Gaststätte neben diesen Arbeiten möglich gewesen wäre, nicht als Entzug des Gebrauchs der Mietsache gewertet werden. Denn die Klägerin hat erst mit den Arbeiten begonnen, nachdem die Beklagte den Besitz an den Räumlichkeiten bereits aufgegeben hatte und sich dementsprechend im Annahmeverzug befand, was nicht mit einem Entzug der Mietsache im obigen Sinne gleichgesetzt werden kann (vgl. hierzu BGH,Urteil vom 28.11.1962 - VIII ZR 77/61, NJW 1963, 34).
Zudem ist außer beim Verzug mit der Mietzahlung (Abs. 2 S. 1 Nr. 3) die Kündigung aus wichtigem Grund wegen der „Verletzung einer Pflicht aus dem Mietverhältnis“ im Regelfall nur zulässig, wenn dem anderen Teil erfolglos eine angemessene Frist zur Abhilfe bestimmt oder eine Abmahnung erklärt worden ist (Abs. 3 S. 1). Dies entspricht dem in § 314 Abs. 2 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. Zwar wird dies im Zusammenhang mit Arbeiten an der Mietsache als entbehrlich angesehen, wenn feststeht, dass der Vermieter die geplanten Maßnahmen auf jeden Fall durchführen wird (MüKoBGB/Bieber, 8. Aufl. 2020, BGB § 543 Rn. 60). Diese Situation ist hier indessen nicht gegeben. Vielmehr hat die Klägerin unstreitig immer mitgeteilt, dass Arbeiten durchgeführt werden und angekündigt, die Räume umgehend bzw. in einem überschaubaren Zeitrahmen wieder zur Verfügung zu stellen, wenn die Beklagte mitteilt, die Sache wieder in Besitz nehmen zu wollen. Dementsprechend ist die Kündigung der Beklagten auch mangels Abmahnung unwirksam.
Indessen wurde das Pachtverhältnis durch die Kündigung der Klägerin vom 11.12.2020 zum 31.12.2020 wirksam beendet. Unstreitig hat die Beklagte seit April 2020 keine Pacht und Nebenkostenvorauszahlungen mehr geleistet, so dass die Voraussetzungen des §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorlagen und die Klägerin wegen Zahlungsverzugs kündigen konnte.
Der Klägerin steht für die Zeit von Mai bis Dezember 2020 der Höhe nach ein Anspruch auf Zahlung von 18.000,- Euro an Pacht sowie auf Zahlung von 3.600,- Euro an Nebenkostenvorauszahlungen zu. Für April 2020 steht ihr kein Anspruch zu.
Der von der Beklagten zu zahlende Pachtzins ist nicht aufgrund der Einschränkungen durch die behördlichen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie wegen Mangelhaftigkeit gemindert (§ 536 Abs. 1 BGB); der Verpächter ist - wie oben ausgeführt - lediglich für die Eignung des Pachtobjekts zur Fruchtziehung verantwortlich ist. Zwar war die Nutzbarkeit des Pachtobjekts durch behördliche Verfügungen ab etwa Mitte März 2020 eingeschränkt. Die auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes erfolgten Anordnungen haben sich indessen gegen die Form der Geschäftsausübung gerichtet, nicht gegen das Pachtobjekt selbst. Das Pachtobjekt selbst war nach Mitte März 2020 weiterhin ebenso grundsätzlich zur Nutzung geeignet wie vor Mitte März 2020. Beschränkungen des Gebrauchs aufgrund öffentlich-rechtlicher Anordnungen können aber nur dann als Mangel betrachtet werden, wenn sie unmittelbar auf der spezifischen Beschaffenheit des Objekts beruhen. Die konkrete Beschaffenheit des Pachtobjekts, dessen Zustand oder Lage sind aber während der COVID-19-bedingten Einschränkungen unverändert geblieben. Tatsächlich kam und kommt es auf Zustand und Lage des Pachtobjekts grundsätzlich nicht an. Die hoheitliche Maßnahme ist nicht durch den spezifischen Zustand des Pachtobjekts veranlasst worden, sondern beruht auf der betrieblichen Nutzung durch den Pächter und dem damit verbundenen Publikumsverkehr. Die behördlichen Anordnungen richteten und richten sich also nicht gegen das konkrete Pachtobjekt, sondern dienten und dienen dem Ziel, bundesweit den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Sie betrafen und betreffen daher alle Betriebe bestimmter Branchen. Im Übrigen ist die Nutzbarkeit von Gaststätten mit Einschränkungen tatsächlich erhalten geblieben; Gaststätten war der Verkauf außer Haus und ein Lieferservice von Speisen und Getränken erlaubt.
Auch ein Fall der Unmöglichkeit mit der Folge des Wegfalls der Gegenleistungspflicht liegt nicht vor. Die Beklagte ist nicht deshalb von ihrer Pflicht zur Zahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung der Überlassung der Pachtsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand und der Erhaltung der Pachtsache in diesem Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§ 326 Abs. 1, § 275 Abs. 1 BGB). Diese Regelungen sind nach Überlassung an die Beklagte nicht mehr anwendbar und werden von den speziellen Regelungen des Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt. Im Übrigen war es der Klägerin entsprechend den oben genannten Gründen nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Räumlichkeiten zu gewähren und sie während der Vertragslaufzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten Hierzu kann auf die obigen Ausführungen zur Zuweisung des Verwendungsrisikos an den Pächter Bezug genommen werden.
Die Beklagte kann schließlich auch nicht wegen einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages für die relevanten Zeiträume Herabsetzung des Mietzinses verlangen (§ 313 Abs. 1 BGB). Allerdings ist die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages der Parteien durch die Folgen der Naturkatastrophe der COVID-19-Pandemie schwerwiegend gestört. Das Ausbleiben einer solchen Pandemie weltweiten Ausmaßes, welche grundsätzlich die gesamte Bevölkerung ernsthaft bedroht, war gemeinsame Vorstellung beider Parteien bei Vertragsschluss, die nicht Vertragsinhalt geworden ist, auf der sich aber der Geschäftswille beider aufbaute (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main, NZM 2021, 395 ff; allgemein zur Geschäftsgrundlage BGH, NJW 2012, 1718 ff.). Beide Parteien sind jedenfalls davon ausgegangen, dass während der Vertragslaufzeit Folgen einer solchen Pandemie, insbesondere behördliche Einschränkungen, die den in den Mieträumen geführten Geschäftsbetrieb in dieser Weise beschränken und zeitweise sogar unmöglich machen, nicht eintreten.
Durch den Eintritt der Pandemie und die ganz erheblichen pandemiebedingten Beschränkungen, hat sich die Geschäftsgrundlage des Pachtvertrages, dass eine derartige Pandemie mit ihren Folgen für den Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht eintritt, schwerwiegend verändert im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB (vgl. hierzu im einzelnen OLG Frankfurt am Main, NZM 2021, 395 ff., m.w.N.).
Davon, dass die Parteien den Vertrag mit anderem Inhalt geschlossen, insbesondere für den Fall einer solchen Pandemie eine zeitweise Herabsetzung der Miete oder jedenfalls ihre zeitweise Stundung vereinbart hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann ausgegangen werden. Die Folgen einer solchen Pandemie greifen ganz erheblich in den Geschäftsbetrieb der Beklagten ein und beseitigen die Nutzbarkeit der Mieträume für sie zeitweise nahezu vollständig, so dass in Kenntnis dieser Umstände auch die Klägerin einer besonderen Regelung für diesen Fall voraussichtlich zugestimmt hätte. Dem steht nicht entgegen, dass nicht eindeutig bestimmbar ist, welche von verschiedenen möglichen Regelungen die Parteien getroffen hätten.
Die Beklagte kann jedoch nicht aufgrund der erheblichen Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages eine Anpassung dieses Vertrages verlangen.
Denn eine Anpassung der Geschäftsgrundlage setzt zum einen ein Anpassungsverlangen voraus, welches hier nicht vorliegt.
Zum anderen müsste die Beklagte auch darlegen, dass ihr gerade aufgrund der Pandemie die unveränderte Fortführung des Pachtvertrages zu der geschuldeten Pachthöhe unzumutbar wäre. Dies würde nach der Rechtsprechung des Senats voraussetzen, dass sie zu den Auswirkungen auf ihren Geschäftsbetrieb vorträgt, also Umsatzeinbußen, etwaige Einsparungen, etwaige staatliche Hilfen oder sonstige relevante Umstände (vgl. hierzu im einzelnen OLG Frankfurt am Main, NZM 2021, 395 ff., m.w.N.). Dem steht indessen entgegen, dass sie selbst den Betrieb eingestellt hat, bevor die Betriebsbeschränkungen Auswirkungen auf ihre Geschäfte zeigen konnten. Dementsprechend hat die Beklagte auch trotz Hinweises des Senats nicht ergänzend vorgetragen.
Indessen ist die Beklagte gemäß § 537 Abs. 2 BGB von der Zahlung der Monatspacht für April in Höhe von 2.250,- Euro zuzüglich anteiliger Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 450,- Euro befreit, da der Rückbau der in diesem Zeitraum des Annahmeverzuges der Beklagten durchgeführten Renovierungsarbeiten unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin und der als Anlage zum Schriftsatz vom 09.06.2020 eingereichten Lichtbilder (Bl. 40 ff. der Akte) diesen Zeitraum in Anspruch genommen hätte und der Beklagten mithin die Pachtsache für diesen Zeitraum nicht hätte zur Verfügung gestellt werden können.
Nach den obigen Ausführungen waren sämtliche Kündigungen der Beklagten unwirksam mit der Folge, dass das Pachtverhältnis bis zum 31.12.2020 weiterhin Bestand hatte. Unstreitig hat die Klägerin, nachdem die Beklagte von sich aus die Gaststätte geräumt und die Schlüssel zurückgegeben hat, der Beklagten mehrfach angeboten, ihr den Gebrauch der Pachtsache wieder einzuräumen. Demzufolge befand sich die Beklagte weiterhin in Annahmeverzug. Unter diesen Umständen sind die unstreitig durchgeführten Arbeiten an der Pachtsache einem Entzug der Pachtsache im Sinne des § 537 Abs. 2 BGB nicht gleichzusetzen, so dass allein der Umstand, dass Arbeiten durchgeführt wurden, nicht - wie oben ausgeführt - zu einem Kündigungsgrund und dementsprechend gleichfalls nicht zum Wegfall der Gegenleistungspflicht führt.
Lediglich in dem Zeitraum, den die Klägerin für die Beendigung der Arbeiten benötigt hätte - eine Aufforderung der Beklagten zur Übergabe der Pachtsache unterstellt -, wäre sie nicht in der Lage gewesen, der Beklagten die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, was zu einem Entzug der Pachtsache für diesen Zeitraum gemäß § 537 Abs. 2 BGB führt.
§ 537 Abs. 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung über den Wortlaut hinaus auch auf eine, wie hier, Selbstnutzung der Mietsache durch den Vermieter anwendbar (vgl. hierzu BGH,Urteil vom 28.11.1962 - VIII ZR 77/61, NJW 1963, 341; Schmitt-Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 537 Rn. 52).
Indessen führt nicht jede Gebrauchsüberlassung an Dritte bzw. Selbstnutzung zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Miete. Vielmehr ist hierfür erforderlich, dass der Vermieter zur Gebrauchsgewährung an den Mieter außerstande ist. Dabei ist zu unterscheiden, „ob die vorübergehende Unmöglichkeit den Gläubiger am Mietgebrauch hindert oder ob der Gläubiger bereits vorher einen Gebrauch der Mietsache nicht machen konnte oder wollte“ (so BGH,Urteil vom 28.11.1962 - VIII ZR 77/61, NJW 1963, 34). Denn wenn der Mieter den Gebrauch schon aufgegeben hat, kann durch die Maßnahmen der Vertragszweck nicht mehr gefährdet werden. Hierbei ist angelehnt an die Regelung des § 299 BGB zu berücksichtigen, dass in dem Fall, in dem der Mieter die Sache nicht nutzt, es für den Vermieter nicht absehbar ist, ob und wann er mit der Aufforderung konfrontiert wird, die Mietsache wieder zu überlassen, so dass es ihm nicht zumutbar ist, stets leistungsbereit zu sein. Vielmehr ist ihm eine von den Umständen des Einzelfalles abhängende Reaktionszeit zuzubilligen (vgl. hierzu insgesamt Schmitt-Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 537 Rn. 53 f.).
Rechtsfolge hieraus ist zur Überzeugung des Senats, dass die hypothetische Leistungsfähigkeit des Vermieters zu ermitteln ist und die Zahlungspflicht nur für den Zeitraum, in dem diese fehlt, wegfällt. Der Umfang der Baumaßnahmen ist für die Bemessung dieses Zeitraumes ein gewichtiges Indiz. Vorliegend hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, bis zur Beendigung des Pachtverhältnisses ab April 2020 zunächst kleinere Arbeiten an den Toiletten und in der Küche vorgenommen zu haben sowie im Außenbereich die Treppe zu den Außentoiletten abgerissen und Baumaterialen gelagert zu haben. Die weiteren Arbeiten im Sommer 2020 hätten den Privatbereich der Klägerin betroffen. Eine Ausweitung der Arbeiten sei erst nach Beendigung des Pachtvertrages vorgenommen worden.
Dieser Vortrag ist auch unproblematisch mit den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern in Einklang zu bringen. So ist auf den als Anlage zum Schriftsatz vom 09.06.2020 eingereichten Lichtbildern (Bl. 40 ff. der Akte) vornehmlich der Außenbereich mit gelagerten Materialien und Bauschutt zu sehen, im Innenbereich sind lediglich ein Raum und ein Farbeimer zu erkennen. Die im Rahmen der Berufungsinstanz eingereichten Lichtbilder, auf denen der Zustand der Toiletten und des Gastraumes sowie des Außenbereiches zu sehen ist (Anlagen zum Schriftsatz vom 14.07.2021, Bl. 310 ff. der Akte), stammen nach eigenem Vortrag der Beklagten vom 11.07.2021 und sind damit für die Entscheidung nicht relevant. Vor diesem Hintergrund ist auch das bloße Bestreiten der Beklagten den von der Klägerin vorgetragenen Umfang der Arbeiten betreffend sowie die Behauptung, der Umfang der Arbeiten zeige, dass es sich bei den Angeboten zur Übergabe der Räumlichkeiten um bloße Scheinangebote gehandelt habe, nicht ausreichend.
Für die Dauer der fehlenden Leistungsfähigkeit ist der Senat anhand der Lichtbilder zunächst davon ausgegangen, dass die Beendigung der Arbeiten im Außenbereich, insbesondere die Herstellung eines Zugangs zu den Außentoiletten, das Entfernen der Materialien und des Bauschutts sowie das Herrichten des Biergartenbereichs insgesamt einen Zeitraum von ca. drei Wochen in Anspruch genommen hätte. Eine Zeit von je ca. drei Tagen hätte für die Fertigstellung der Arbeiten in der Küche und in den Toiletten, die die Klägerin zugestanden hat, ausgereicht; ferner ist ein Zuschlag für etwaige Verzögerungen einzurechnen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Handwerker beauftragt werden müssen, ergibt sich der geschätzte Zeitraum von einem Monat, für den die Beklagte von der Zahlungspflicht befreit ist.
In zeitlicher Hinsicht hält es der Senat für angemessen, für den maßgeblichen Zeitraum den Beginn der Arbeiten anzusetzen mit der Folge, dass die Zahlungspflicht hinsichtlich Pacht und Nebenkostenvorauszahlung für diesen Zeitraum wegfällt. Denn unstreitig hat die Klägerin in diesem Zeitraum mit den Arbeiten begonnen; zu diesem Zeitpunkt bestand keine durchgreifende Veranlassung anzunehmen, dass die Rückgabe nicht im dargelegten Zeitraum möglich gewesen wäre. Werden die Arbeiten später auf einen größeren Umfang erweitert, was hier substantiiert ohnehin nur für den Zeitraum nach Beendigung des Pachtverhältnisses behauptet wird, liegt dies im Risikobereich der Beklagten, die sich weiterhin in Annahmeverzug befand.
Dementsprechend besteht im Ergebnis ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vereinbarten Pacht in Höhe von 2.250,- Euro monatlich für den Zeitraum Mai bis Dezember 2020, insgesamt 18.000,- Euro, zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 3.600,- Euro (900,- Euro für das zweite Quartal 2020 zuzüglich je 1.350,- Euro für das dritte und vierte Quartal 2020), insgesamt also 21.6000,- Euro.
Nachdem die Klägerin die ursprüngliche Feststellungsklage in einen Zahlungsantrag geändert und den über die begehrte Zahlung bis einschließlich Dezember 2020 hinausgehenden Antrag mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat, war hierüber nicht mehr zu entscheiden, § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beruht auf Verzugsgesichtspunkten, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB; die diesbezügliche Zinsentscheidung beruht auf § 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Dabei waren die Kosten für die teilweise Klagerücknahme der Klägerin aufzuerlegen, da sie sich mit der Klagerücknahme freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat; ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimmt, ist dabei ohne Bedeutung. Vorliegend greift auch die Ausnahmevorschrift des § 269 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 ZPO nicht ein, hiervon erfasst sind nur diejenigen Fälle, in denen aus einem (anderen) prozessualen Grund eine Kostentragungspflicht der Beklagtenseite abweichend von dem Veranlassungsprinzip des § 269 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 gegeben ist; materiell-rechtlich begründete Kostenerstattungsansprüche fallen nicht hierunter. Schließlich liegt kein Fall des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vor. Eine vergleichbare Fallgestaltung ist nicht gegeben; ebenso wenig wird eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Regelungslücke erkennbar. Die Klägerin hätte vielmehr den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklären können, um eine Prüfung der Kostentragung zu erreichen; einer erweiternden Auslegung ist die Vorschrift des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht zugänglich (vgl. hierzu nur BGH,Beschluss vom 6.7.2005 - IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662). Da die Klage erst mit Zustimmung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung wirksam zurückgenommen wurde und zu diesem Zeitpunkt sämtliche Gebühren bereits aus dem ursprünglichen Streitwert angefallen waren, war die Reduzierung des Streitwerts in der Quote nicht zu berücksichtigen. Insbesondere entsteht die Terminsgebühr bereits mit Wahrnehmung des Termins, die Terminsgebühr hat den Charakter einer Anwesenheitsgebühr, so dass auf die Antragstellung nicht ankommt (vgl. hierzu nur Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 8. Auflage 2021, RVG VV 3100, Rn. 34 ff.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war hinsichtlich der im Urteil entschiedenen Fragen hinsichtlich der COVID-19-Pandemie zuzulassen, da die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO). Im Übrigen war sie mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht zuzulassen.
Der Streitwert für die erste Instanz in Höhe von 76.320,- Euro ergibt sich aus der Summe des Zahlungsantrags und dem Wert des Feststellungsantrags, den das Gericht auf 80 % des sich bis zum Ende der vereinbarten Pachtzeit geschuldeten Pachtzins (34 Monate zu je 2.250 Euro) zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen (10 Quartale zu je 1.350,- Euro sowie 2/3 des ersten Quartals für 2023), mithin 72.720,- Euro, schätzt. Für die zweite Instanz war der Streitwert bis zum 07.05.2021 ebenfalls auf 76.320,- Euro festzusetzen, ab dem 08.05.2021 ergibt sich der Streitwert aus der Summe der bezifferten Klageanträge.