27.10.2021 · IWW-Abrufnummer 225501
Amtsgericht Stuttgart: Urteil vom 22.06.2021 – 3 C 22/21
1.
Keine Schadensersatz für unterbliebene Rücksendung eines Mietgeräts (§ 281 BGB) bei Nachfristsetzung vor Vertragsende.
2.
Ein Anspruch auf Mahngebühren für per E-Mail versandte Mahnungen besteht grundsätzlich nicht.
In dem Rechtsstreit
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
wegen Telekommunikationsleistungen
hat das Amtsgericht Stuttgart durch den Richter am Amtsgericht Dr. am 22.06.2021 aufgrund des Sachstands vom 27.05.2021 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 64,59 € nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2020 sowie 2,50 Mahnkosten und 40,95 Inkassokosten zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Streitwert: 174,53 €
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
1.
Danach kann die Klägerin auf Grundlage ihres Vortrags (§ 138 Abs. 3 ZPO) in Verbindung mit dem zwischen der Zedentin und dem Beklagten geschlossenen Vertrag Zahlung des vereinbarten Entgelts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen (§§ 611, 398 BGB). Dabei betrug das vertraglich vereinbarte Entgelt für den Festnetz und DSL-Vertrag entgegen der Auffassung des Beklagten bis zuletzt 34,99 €. Denn aus den von ihm selbst vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass ein Behalten des ursprünglichen Preises von 29,99 € vorausgesetzt hätte, dass der Beklagte nach Ablauf der ersten 12 Vertragsmonate die Tarifoption 16.000 hätte ausüben müssen, was er nach Aktenlage nicht getan hat und auch nicht behauptet. Dabei berührte der spätere, in Abstimmung mit der Zedentin ausgeführte Anbieterwechsel die hier streitgegenständlichen Rechnungen nicht, da dieser erst zum 07.05.2020 vollzogen wurde (vgl. E-Mail vom 24.04.2020), so dass die bis dahin fälligen Beträge weiter - und in dem mit der Zedentin vereinbarten Umfang - an diese zu entrichten waren. Die aus dem Kundenkonto ersichtliche Differenz zwischen und vertraglicher Grundgebühr und den erhaltenen Zahlungen kann die Klägerin folglich beanspruchen (§ 611 BGB).
2.
Abzuweisen war die Klage, soweit die Klägerin meint, sie könnte von dem Beklagten gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3; 281 BGB Schadensersatz beanspruchen, weil dieser den ihm mietweise überlassenen W-Lan Router nicht fristgerecht zurückgesandt habe. Die Klägerin irrt, wenn sie meint, dass in der Kündigungsbestätigung vom 08.10.2018 - mit welcher die Zedentin aufforderte, das Gerät binnen 14 Tage nach dem für den 23.06.2020 bestätigten Vertragsende zurückschicken - eine wirksame Fristsetzung im Sinne des § 281 BGB liege. Dies scheitert schon daran, dass eine wirksame Fristsetzung nach ganz h.M. erst nach Fälligkeit der Leistungspflicht erfolgen kann (vgl. nur Staudinger/Löwitsch, BGB, Neubearb. 2019, § 281 Rn. B 30; MünchKomm-BGB/Ernst, 8. Aufl., § 281 Rn. 28 sowie - zur parallelen Frage i.R.d. § 323 BGB - BGHZ 193, 315 Rn. 16 jew. mwN). Die Zedentin hätte dem Beklagten folglich nach Eintritt der Fälligkeit der Rückgabepflicht eine Nachfrist setzen müssen, die vorherige Fristsetzung ist mit Blick auf § 281 BGB unbeachtlich. Eine Fristsetzung war im Streitfall auch schon deshalb nicht entbehrlich (§ 281 Abs. 2 BGB), weil der Beklagte sogar versucht hat, den W-Lan Router an die Zedentin zurückzusenden, die Zedentin den Router aber wegen Überschreitung der Rückgabefrist an den Beklagten zurücksendete (Bl. 90 d.A.). Da ein Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht gegeben ist, kann auf sich beruhen, dass er auch der Höhe nach offensichtlich übersetzt wäre, da er den gebotenen Abzug neu für alt nicht berücksichtigt.
3.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderungen beruht hinsichtlich Zinsen, Mahn- und Inkassokosten auf §§ 280 Abs. 2, 286, 249, 288 BGB.
Abzuweisen war die Klage, soweit die Klägerin damit Mahnkosten für per E-Mail versandte Mahnungen begehrte. Denn ersatzfähig und durch AGB pauschalierbar ist grundsätzlich nur derjenige Verzugsschaden, der nicht im - grundsätzlich nicht zu erstattenden - Zeit- und Arbeitsaufwand des Geschädigten liegt (st. Rspr., zuletzt: BGH, MDR 2019, 1118 Rn. 19 ff.; vgl. auch OLG München, Urteil vom 28. Juli 2011 - 29 U 634/11, juris Rn. 53ff. jew. mwN). Für das Entstehen erstattungsfähiger Sachkosten, etwa in Form von Druck und Portokosten, bei einem Versand der Mahnung per E-Mail ist nichts ersichtlich (§ 287 ZPO). Danach waren der Klägerin lediglich für die nach Verzugseintritt per Post übersandte Mahnung vom 08.05.2020 (Anl. K 5, Bl. 50 d.A.) Schadensersatz zuzusprechen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO und berücksichtigt auch das Teilunterliegen hinsichtlich der Nebenforderungen (BGH, NVerwZ 2014, 967 juris Rn. 20; BGH, NJW 1988, 2173 juris Rn. 28; BeckOK-ZPO/Jaspersen, § 92 Rn. 26; MünchKomm-ZPO/Schulz, 5. Aufl., § 92 Rn. 4; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 92 Rn. 1 und 8). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
RechtsgebietMahnkosten Vorschriften§§ 280, 286, 249 BGB