21.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238415
Bundesgerichtshof: Urteil vom 27.09.2023 – VIII ZR 249/22
a) Ersetzt der Fernwärmeversorger während des laufenden Fernwärmelieferungsverhältnisses eine unwirksame Preisänderungsklausel für die Zukunft in - nach Maßgabe der Rechtsprechung des Senats - zulässiger Weise einseitig durch eine angepasste Preisänderungsklausel, kommt ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu (Bestätigung von Senatsurteil vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 46 ff., 53).
b) Dabei ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Versorger als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement das der Einführung der angepassten Klausel vorausgehende Jahr wählt.
c) Ebenso hält sich der Fernwärmeversorger grundsätzlich innerhalb seines Gestaltungsspielraums, wenn er - mit Rücksicht darauf, dass es sich bei Energieversorgung, auch im Fernwärmebereich, um ein Massengeschäft handelt - im Fall der zulässigen einseitigen Anpassung einer unwirksamen Preisänderungsklausel den Ausgangspreis pauschalierend unter Orientierung an der Dreijahreslösung des Senats bestimmt.
d) Zudem ist es nicht erforderlich, die im laufenden Vertragsverhältnis angepasste Preisänderungsklausel so auszugestalten, dass sich bei ihrer Anwendung für einzelne oder alle Kunden stets der denkbar günstigste Preis ergibt, sofern der Fernwärmeversorger sachliche und nachvollziehbare Anknüpfungspunkte für die jeweiligen Preisänderungsparameter zur Wahrung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung gewählt hat und nicht greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Versorger gewählte Pauschalierung einseitig der Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen dient.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2023 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger sowie die Richter Kosziol, Dr. Schmidt, Dr. Reichelt und Messing
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 2 - vom 19. Oktober 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe eines Betrags von 16,52 € nebst Zinsen und hinsichtlich der Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die in ihrem Schreiben vom 24. April 2019 enthaltene Preisanpassungsklausel des Arbeitspreises in den Wärmelieferungsvertrag der Parteien vom 19. / 24. Juni 2013 einzuführen, zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang dieser Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 21. Juli 2021 teilweise abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen. Die weitergehende Berufung bleibt zurückgewiesen.
Außerdem wird auf die Revision der Beklagten das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts aufgehoben, soweit die Beklagte auf die zweitinstanzlich erfolgte Klageerweiterung hin zur Zahlung in Höhe von 27,86 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt worden ist, und die Klage auch insoweit abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6 zu tragen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1
Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen, das im Wohngebiet "Neues Schweizer Viertel" in Berlin Kunden mit Fernwärme beliefert. Sie bezieht die Fernwärme ihrerseits von der V. AG (ab 2018 umfirmiert in V. AG; nachfolgend: V. AG).
2
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung im vorgenannten Wohngebiet und wurde auf der Grundlage eines mit der Beklagten am 19. / 24. Juni 2013 geschlossenen Wärmelieferungsvertrags von dieser mit Fernwärme versorgt. Die jährlichen Abrechnungen für die von der Klägerin abgenommene Fernwärme erstellte die Beklagte unter Zugrundelegung der in § 7 des Wärmelieferungsvertrags enthaltenen Preisbestimmung ("Wärmepreis"), die in Absatz 1 - neben Bereitstellungs- und Messpreisen, die für das Revisionsverfahren nicht mehr von Interesse sind - als Arbeitspreis einen auf das Jahr 2005 bezogenen Basistarif für die gelieferte Wärme in Höhe von 0,0681 € pro kWh zuzüglich Mehrwertsteuer vorsah. Nach § 7 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags war der Preis für die gelieferte Wärme nach Maßgabe der folgenden Vorschriften veränderlich:
3
Mit Schreiben vom 24. April 2019 kündigte die Beklagte ihren Endkunden und auch der Klägerin folgende ab 1. Mai 2019 geltende Änderung der Preisanpassungsformel des Arbeitspreises der Wärmelieferungsverträge im Tarifgebiet "Neues Schweizer Viertel" an, die sie am 30. April 2019 öffentlich bekannt machte:
4
Die Klägerin zahlte für die von ihr abgenommene Fernwärme die ihr von der Beklagten jährlich in Rechnung gestellten - nach Maßgabe der jeweiligen Preisänderungsklausel angepassten - Entgelte.
5
Durch anwaltliches Schreiben vom 12. Januar 2021 rügte die Klägerin unter Hinweis auf eine - ebenfalls Preisänderungen bei Fernwärmelieferungen in dem besagten Wohngebiet betreffende - Entscheidung des Kammergerichts vom 10. Januar 2019 (20 U 146/17, juris) die Unwirksamkeit der jeweiligen Preisänderungsklauseln und forderte die Rückzahlung des in den Abrechnungsjahren 2017 bis 2019 aus ihrer Sicht überzahlten Wärmeentgelts.
6
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten im Wesentlichen die Rückerstattung der ihrer Ansicht nach für die Jahre 2017 bis 2019 überzahlten Fernwärmeentgelte - ausgehend von den im Vertrag genannten Basisarbeitsund Basisbereitstellungspreisen - in Höhe von insgesamt 1.362,20 € nebst Zinsen, die (Zwischen-)Feststellung der Unwirksamkeit der in § 7 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags enthaltenen Preisänderungsklausel sowie die Feststellung begehrt, dass auch die (angepasste) Preisänderungsklausel gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 24. April 2019 unwirksam sei.
7
Das Amtsgericht hat die Unwirksamkeit der in § 7 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags enthaltenen (ursprünglichen) Preisänderungsklausel lediglich insoweit festgestellt, als sie den Arbeitspreis betrifft. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die geänderte Preisanpassungsformel gemäß ihrem Schreiben vom 24. April 2019 durch einseitige Erklärung einzuführen. Dem Zahlungsbegehren hat es in Höhe von 16,52 € nebst Zinsen - bezogen auf den Abrechnungszeitraum von Mai bis Dezember 2019 - stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen.
8
Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Auf die in der Berufungsinstanz erfolgte Klageerweiterung, mit welcher die Klägerin die Rückerstattung ihrer Ansicht nach auch für das Jahr 2020 überzahlten Fernwärmeentgelts in Höhe weiterer 461,94 € nebst Zinsen verlangt hat, hat es die Beklagte zur Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von 27,86 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen auch diese Zahlungsklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
9
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit es die Berufung der Beklagten wegen der von ihm angenommenen Unwirksamkeit der zum 1. Mai 2019 geänderten Preisanpassungsklausel zurückgewiesen und daraus resultierend Rückzahlungsansprüche der Klägerin angenommen hat.
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Mit der in diesem Umfang eingelegten Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung des Begehrens auf Feststellung der Unwirksamkeit der Einbeziehung der geänderten Preisanpassungsklausel zum Arbeitspreis sowie die vollständige Abweisung der Zahlungsklage.
Entscheidungsgründe
11
Die Revision hat Erfolg.
I.
12
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
13
Zu Recht begehre die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die in ihrem Schreiben vom 24. April 2019 enthaltene, den Arbeitspreis betreffende Preisänderungsklausel durch einseitige Erklärung in den zwischen den Parteien bestehenden Wärmelieferungsvertrag einzuführen. Zwar sei ein Fernwärmeversorgungsunternehmen gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV grundsätzlich berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordere - verpflichtet, eine von ihm gegenüber den Endkunden verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt werde, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspreche.
14
Die bislang in § 7 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags enthaltene Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis sei wegen inhaltlicher Unangemessenheit nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam. Auch habe die Beklagte die neue Preisänderungsklausel mit Wirkung ab Mai 2019 öffentlich bekannt gemacht. Diese genüge auch dem Transparenzgebot des § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV.
15
Die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel sei jedoch wegen inhaltlicher Unangemessenheit nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam. Zwar weise die neue Anpassungsklausel sowohl ein Markt- als auch ein Kostenelement auf, die in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Es sei aber willkürlich, dass die Beklagte bei der neuen Preisänderungsklausel zum einen als Bezugsjahr für den Basisarbeitspreis das Jahr 2015 wähle, zum anderen aber als Basisjahre für den Wärmepreisindex (B0) und für den V. -Tarif (BI0) abweichend hiervon das Jahr 2018 heranziehe. Denn könnte die Beklagte den Basisarbeitspreis aus einem Bezugsjahr beliebig mit dem Basis-Wärmepreisindex und dem BasisV. tarif aus anderen Bezugsjahren kombinieren, stünde es ihr zu Lasten der Wärmekunden frei, diese Bezugsjahre so zu wählen, dass sich ein möglichst hoher Arbeitspreis errechne. Hätte die Beklagte vorliegend für alle Basisindizes einheitlich das Jahr 2015 festgelegt, würde sich ein deutlich günstigerer Wärmepreis ergeben, weshalb die Kunden unangemessen benachteiligt würden.
16
Da somit die neue Preisänderungsklausel wegen inhaltlicher Unangemessenheit unwirksam sei und daher die alte, in Bezug auf den Arbeitspreis ebenfalls unwirksame Preisänderungsklausel in § 7 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags nicht ersetzt habe, stehe der Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung überhöhten Entgelts für die Wärmelieferung für den Abrechnungszeitraum Mai bis Dezember 2019 nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Insoweit sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB auf das Preisniveau abzustellen, das vor der Jahresabrechnung gegolten habe, welche noch innerhalb von drei Jahren nach ihrem Zugang beanstandet worden sei. Da die Klägerin den Preisen erstmals mit Schreiben vom 12. Januar 2021 widersprochen habe, sei im Streitfall der Arbeitspreis des Jahres 2016 (0,0833 €/kWh netto) maßgeblich. Die Beklagte habe unter Zugrundelegung der mit Schreiben vom 24. April 2019 mitgeteilten Preisänderungsklausel einen Arbeitspreis von 0,0861 €/kWh netto und damit einen um 0,0028 €/kWh höheren als den für das Jahr 2016 geltenden Arbeitspreis angesetzt. Dies ergebe eine Überzahlung in Höhe von 16,52 €.
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Aus den gleichen Gründen habe die in der Berufungsinstanz vorgenommene zulässige Klageerweiterung betreffend das Abrechnungsjahr 2020 nur teilweise Erfolg. Hier habe die Beklagte - wiederum unter Zugrundelegung der mit Schreiben vom 24. April 2019 mitgeteilten Preisänderungsklausel - einen Arbeitspreis von 0,0856 €/kWh netto und damit einen um 0,0023 €/kWh höheren Arbeitspreis als den für das Jahr 2016 geltenden Arbeitspreis angesetzt. Dies ergebe eine Überzahlung in Höhe von 27,86 €.
II.
18
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung, soweit sie aufgrund des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung eröffnet ist, in entscheidenden Punkten nicht stand.
19
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die von der Beklagten ab 1. Mai 2019 verwendete Preisanpassungsklausel zum Arbeitspreis wegen inhaltlicher Unangemessenheit nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam sei, weil die Beklagte für verschiedene Berechnungsfaktoren des Arbeitspreises in der Klausel ohne sachlichen Grund ("willkürlich") unterschiedliche Referenzjahre gewählt habe, nämlich für den Basisarbeitspreis (APW0) das Jahr 2015 und für das Marktelement (B0) sowie das Kostenelement (BI0) jeweils das Jahr 2018.
20
Aus diesem Grund kann auch die damit zusammenhängende - den Zeitraum von Mai 2019 bis Dezember 2020 betreffende - Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung von Fernwärmeentgelt in Höhe von insgesamt 44,38 € nebst Zinsen keinen Bestand haben.
21
1. Zu Recht rügt die Revision, dass die von dem Berufungsgericht ausgesprochene Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO), die Beklagte sei nicht berechtigt, die in ihrem Schreiben vom 24. April 2019 enthaltene Preisanpassungsklausel des Arbeitspreises in den Wärmelieferungsvertrag der Parteien vom 19. / 24. Juni 2013 einzuführen, rechtsfehlerhaft ist.
22
a) Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen ist gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - sogar verpflichtet, eine von ihm gegenüber Endkunden verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht. Denn nur auf diesem Wege kann die mit dieser Vorschrift bezweckte kosten- und marktorientierte Preisbemessung und damit ein angemessener Ausgleich der Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags erreicht werden (ausführlich zum Ganzen Senatsurteile vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 30 ff.; vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 64 ff.; siehe auch Senatsurteil vom 28. September 2022 - VIII ZR 91/21, juris Rn. 31 mwN).
23
Die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV führen dazu, dass diese "Heilungsmöglichkeit" des Fernwärmeversorgers nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nicht in seinem Ermessen steht, sondern davon abhängt, dass - wofür das Fernwärmeversorgungsunternehmen nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet ist - die im betreffenden Versorgungsverhältnis bislang zugrunde gelegte Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam (geworden) ist, die angepasste Preisänderungsklausel unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt ihrer Einführung aktuellen Verhältnisse ihrerseits den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV - namentlich bezüglich Transparenz sowie Kosten- und Marktorientierung - genügt und die Änderung zudem entsprechend § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV vorab öffentlich bekanntgegeben wird (vgl. Senatsurteile vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, aaO Rn. 63 ff.; vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, aaO Rn. 68 ff.; vom 28. September 2022 - VIII ZR 91/21, aaO Rn. 32).
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b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV die in ihrem Schreiben vom 24. April 2019 enthaltene von ihr ab dem 1. Mai 2019 verwendete Preisanpassungsklausel - anders als das Berufungsgericht meint - wirksam in den Wärmelieferungsvertrag der Parteien vom 19. / 24. Juni 2013 eingeführt.
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aa) Der Wärmeversorgungsvertrag der Parteien und damit auch die von der Klägerin beanstandeten Preisänderungsklauseln unterfallen dem Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV (vgl. hierzu im Einzelnen Senatsurteile vom 6. Juli 2022 - VIII ZR 28/21, ZIP 2022, 2279 Rn. 21, und VIII ZR 155/21, juris Rn. 29; vom 31. August 2022 - VIII ZR 232/21, juris Rn. 27; vom 28. September 2022 - VIII ZR 358/21, juris Rn. 29; jeweils mwN). Dementsprechend ist auch die von der Beklagten ab dem 1. Mai 2019 verwendete Preisänderungsklausel an den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in der vom 12. November 2010 bis zum 4. Oktober 2021 gültigen Fassung zu messen (vgl. Senatsurteile vom 31. August 2022 - VIII ZR 232/21, aaO; vom 28. September 2022 - VIII ZR 91/21, juris Rn. 30).
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bb) Das Berufungsgericht hat vorliegend ohne Rechtsfehler angenommen, dass die ursprüngliche Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis in § 7 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags wegen inhaltlicher Unangemessenheit nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam war (siehe hierzu im Einzelnen Senatsurteil vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 20 ff., 27 ff. mwN; siehe auch Senatsurteil vom 16. November 2022 - VIII ZR 133/21, juris Rn. 26) und die Beklagte zur einseitigen Anpassung dieser Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses grundsätzlich berechtigt war (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2022 - VIII ZR 133/21, aaO Rn. 44; vom 10. Mai 2023 - VIII ZR 197/21, juris Rn. 59).
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cc) Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass die von der Beklagten gegenüber der Klägerin und den übrigen Endkunden ab Mai 2019 verwendete und den Vorgaben des § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV entsprechend öffentlich bekanntgemachte Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis den Anforderungen des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV nicht entspreche und inhaltlich unangemessen sei, weil in der Formel einerseits der für das Jahr 2015 von der Beklagten ihren Kunden in Rechnung gestellte Basisarbeitspreis (APW0) und andererseits als Referenzjahr für den Wärmepreisindex als Marktelement (B0) und für den V. -Tarif als Kostenelement (BI0) jeweils das Jahr 2018 vorgesehen ist. Vielmehr entspricht die Klausel - auf der Grundlage der insoweit rechtsfehlerfreien und nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV, da sie ein geeignetes Marktelement enthält, unmittelbar auf die Wärmebezugskosten der Beklagten Bezug nimmt und beide Parameter in ein angemessenes Verhältnis stellt.
28
(1) Um den gesetzlichen Anforderungen nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV zu genügen, müssen Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme durch das Unternehmen (Kostenelement) als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt (Marktelement) angemessen berücksichtigen. Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet werden, zum anderen aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise "nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann" (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF]). Mit diesen Vorgaben wollte der Verordnungsgeber den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen und zugleich die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden in einen angemessenen Ausgleich bringen (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 Rn. 33; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 19 ff.; vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 44; vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 28). Diesen zwei Bemessungsfaktoren weist § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV an sich den gleichen Rang zu und lässt Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu (Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, aaO Rn. 44 mwN; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, aaO Rn. 21; vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 27; vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 22).
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Versorgungsunternehmen bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln ein eigener Gestaltungsspielraum zukommt, denn § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV legt die für eine Preisanpassung maßgeblichen Berechnungsfaktoren nicht selbst fest, sondern überlässt es den Versorgungsunternehmen - unter Einhaltung von Transparenzerfordernissen, Kosten- und Marktorientierung - entsprechende Preisänderungsklauseln zu entwickeln und zu verwenden. Für das Bestehen beziehungsweise die Reichweite einer diesbezüglichen Anpassungsbefugnis nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV im laufenden Versorgungsverhältnis ist deshalb entscheidend, ob und inwieweit dies mit den Vorgaben der AVBFernwärmeV und dabei maßgeblich mit den Anforderungen und dem Regelungszweck des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu vereinbaren ist (Senatsurteil vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 53).
30
Die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sind dabei darauf angelegt, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und über das so zu wahrende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden angemessen auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 53; vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, aaO Rn. 46, 56, 62; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 35 ff.; siehe auch BR-Drucks. 90/80, S. 56).
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(2) Diesen sich aus § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV ergebenden Anforderungen wird die von der Beklagten ab Mai 2019 verwendete Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - gerecht. Die von der Beklagten gewählte Ausgestaltung der vorbezeichneten Preisänderungsklausel bewegt sich innerhalb des ihr eröffneten Gestaltungsspielraums.
32
(a) Nach den insoweit rechtsfehlerfreien und nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts enthält die neue Preisanpassungsklausel mit dem Wärmepreisindex des Statistischen Bundesamtes (B0und B) das erforderliche Marktelement. Der Wärmepreisindex des Statistischen Bundesamts setzt sich aus den Positionen "Betriebskosten für eine Gaszentralheizung", "Betriebskosten für eine Ölzentralheizung" sowie "Fernwärme" zusammen. Er bildet damit hinreichend den Wärmemarkt in seiner Gesamtheit ab. Davon sind auch die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgegangen (zur Zusammensetzung des Wärmepreisindexes des Statistischen Bundesamts vgl. auch Wessling/Stopfer, EnWZ 2022, 353, 355). Auf diese Weise wird dem Willen des Verordnungsgebers Rechnung getragen, dass sich das Marktelement nicht lediglich auf einen örtlichen oder auf das Marktsegment der Fernwärme verengten Wärmemarkt beziehen, sondern auch auf andere Energieträger erstrecken soll (Senatsurteile vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 58; vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 339/10, NJW 2011, 3222 Rn. 21).
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(b) Die neue Preisänderungsklausel enthält auch das nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV erforderliche Kostenelement.
34
(aa) Der Grundsatz der Kostenorientierung erfordert grundsätzlich, dass als Bemessungsgröße ein Indikator gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten des bei der Wärmeerzeugung überwiegend eingesetzten Energieträgers anknüpft. Damit soll sichergestellt werden, dass der in der Preisanpassungsklausel eingesetzte Bezugsfaktor sich im Wesentlichen - wenn auch mit gewissen Spielräumen - in gleicher Weise entwickelt wie die konkreten Energiebezugskosten des Versorgers (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 Rn. 41; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 24; vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 34 f.; vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 24). In Fällen, in denen ein Fernwärmeversorgungsunternehmen - wie hier - die für die Versorgung seiner Kunden eingesetzte Wärme bereits "fertig" von einem anderen Fernwärmeerzeuger bezieht, muss das Unternehmen seine gegenüber den Kunden verwendete Preisänderungsklausel so ausgestalten, dass sie die Entwicklung seiner Wärmebezugskosten, mithin die Kosten für den Einkauf der Fernwärme, angemessen berücksichtigt (Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, aaO Rn. 36 bis 40; siehe auch Senatsurteil vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 49).
35
(bb) Diesen Anforderungen genügt das in der neuen Preisänderungsklausel verwendete Kostenelement (BI0und BI). Das Berufungsgericht hat - auch insoweit rechtsfehlerfrei und unangegriffen - festgestellt, dass damit unmittelbar die Kosten abgebildet werden, welche die Beklagte an ihren eigenen Energielieferanten für den Bezug der Fernwärme abführt. Dadurch, dass die Beklagte in ihrer Preisänderungsklausel die Preisentwicklung unmittelbar an eine Veränderung ihrer eigenen Bezugskosten angeknüpft hat, wird sichergestellt, dass sich die ihren Endkunden gegenüber abzurechnenden Preise stets im Verhältnis zu ihren eigenen Bezugskosten, mithin zu den Kosten für den Einkauf der Fernwärme, entwickeln.
36
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte hierdurch Kostensteigerungen weitergäbe, die sie unter Berücksichtigung des ihr zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Preiserhöhung gegenüber ihren Kunden aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, aaO Rn. 49), sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
37
(c) Das Marktelement und das Kostenelement stehen entsprechend den insoweit rechtsfehlerfreien und nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts durch ihre jeweils hälftige Gewichtung in der Preisänderungsformel auch in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Anhaltspunkte dafür, dass die Gewichtung im vorliegenden Fall nicht sachgerecht sein und sich die Preise für den Wärmebezug hierdurch nicht kostenorientiert oder losgelöst vom Wärmemarkt entwickeln könnten (siehe hierzu oben unter II 1 b cc (1)), sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
38
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Preisänderungsformel im vorliegenden Einzelfall nicht deshalb unangemessen, weil für den Ausgangspreis (APW0) einerseits und für das Markt- und Kostenelement (B0und BI0) andererseits unterschiedliche Bezugsjahre, nämlich das Jahr 2015 für den Ausgangspreis und das Jahr 2018 für das Markt- und Kostenelement, gewählt wurden.
39
(a) Die Wahl des Jahres 2018 als Bezugsjahr für das Marktelement (B0) sowie für das Kostenelement (BI0) ist unter dem Gesichtspunkt der angemessenen Berücksichtigung der Kostenentwicklung und der jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt nicht zu beanstanden.
40
(aa) Wie der Senat bereits entschieden hat, muss die angepasste Preisänderungsklausel unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt ihrer Einführung aktuellen Verhältnisse den Anforderungen der Vorschrift von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügen (vgl. hierzu nur Senatsurteile vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 67; vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 70). Diesem Erfordernis und dem zukunftsgerichteten Zweck der Klausel entsprechend ist es in der Regel sachgerecht, Referenzjahre für das Marktund das Kostenelement zu bestimmen, die grundsätzlich möglichst nahe an dem Zeitpunkt der Einführung der angepassten Preisänderungsklausel liegen.
41
Demgegenüber stünde einer Anknüpfung an weit zurückliegende Zeiträume für die Bestimmung der Markt- und Kostenentwicklung, mit der lediglich solche Entwicklungen aus der Vergangenheit nachgezeichnet würden, der maßgebliche Gesichtspunkt der Zukunftsgerichtetheit der Vorschriften des § 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV ("zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen") und des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV ("Kostenentwicklung"; vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, aaO Rn. 68 mwN) entgegen.
42
(bb) Die von der Beklagten ab Mai 2019 verwendete Preisanpassungsklausel wird dieser Maßgabe gerecht, indem sie das unmittelbar vor der Einführung der Klausel liegende Jahr 2018 als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement vorsieht. Dies bewirkt, dass eine Preisveränderung ab Mai 2019 nur in dem Umfang erfolgt, wie sich die Kosten für die Bereitstellung und Erzeugung der Wärme sowie die Verhältnisse am Wärmemarkt im Vergleich zum Vorjahr verändert haben. Die aktuelle Entwicklung der Kosten und der Verhältnisse am Wärmemarkt wird auf diese Weise in dem neuen Arbeitspreis im Rahmen des dem Versorger zukommenden Gestaltungsspielraums angemessen nachgezeichnet.
43
(cc) Der Gestaltungsspielraum der Beklagten war auch nicht in der Weise verengt, dass sie zur Vermeidung einer unangemessenen Ausgestaltung der Klausel als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement das Jahr der Einführung - vorliegend das Jahr 2019 - hätte wählen müssen. Eine etwaige unzulässige rückwirkende Preiserhöhung vermag die Wahl des Jahres 2018 schon deshalb nicht auszulösen, weil die am 30. April 2019 öffentlich bekannt gemachte Preisänderungsklausel erst ab dem 1. Mai 2019 Anwendung finden sollte.
44
Die in der Rechtsprechung der Instanzgerichte teilweise vertretene gegenteilige Sichtweise (vgl. KG, Urteil vom 23. Mai 2023 - 9 U 19/20, juris Rn. 37 [beim Senat in der Revision anhängig unter VIII ZR 122/23, zuvor beim Senat anhängig gewesen unter VIII ZR 295/20]) nimmt nicht in den Blick, dass durch die Wahl des Jahres 2019 als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement nicht nur eine Preiserhöhung, sondern jegliche Preisänderung - und damit auch eine Preissenkung ab dem Wirksamwerden der Klausel für das erste Jahr ihrer Anwendbarkeit - ausgeschlossen wäre. Die Beklagte konnte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Klausel im April 2019 jedoch nicht voraussehen, ob die maßgeblichen Parameter für das Markt- und das Kostenelement im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr 2018 zu einer Preiserhöhung oder -senkung führen würden, da jedenfalls der von dem Statistischen Bundesamt veröffentlichte Wärmepreisindex erst nach Ablauf des jeweiligen Betrachtungszeitraums, mithin erst im Jahr 2020 ermittelt wurde.
45
(b) Die Wahl des Arbeitspreises des Jahres 2015 als Ausgangspreis (APW0) in der von der Beklagten angepassten Preisänderungsklausel ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
46
(aa) Der Ausgangspreis in der Preisänderungsformel beeinflusst - im Gegensatz zu dem Markt- und Kostenelement - nicht die künftige Entwicklung des Wärmepreises, sondern ist vielmehr Gegenstand des durch das Markt- und Kostenelement geprägten Preisänderungsmechanismus und bestimmt maßgeblich die Höhe des für die Wärmelieferung des Fernwärmeversorgungsunternehmens von seinen Kunden jeweils geschuldeten Preises. Bei der Bestimmung dieses Ausgangspreises im hier vorliegenden Fall der einseitigen Änderung einer Preisanpassungsklausel im laufenden Vertragsverhältnis auf der Grundlage der Vorschriften des § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV ist - anders als bei einer vertraglichen Vereinbarung des Anfangspreises (vgl. hierzu Senatsurteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 19 mwN; Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: Mai 2014, § 24 AVBFernwärmeV Rn. 52, 56 f.; MünchKommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 433 Rn. 16) - das vom Verordnungsgeber angestrebte Ziel des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu berücksichtigen, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und ein entsprechendes Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags unter angemessenem Ausgleich der beiderseitigen Interessen zu wahren (Senatsurteile vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 46, 56, 62; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 35; siehe bereits oben II 1 b) cc) (1)). Insofern hat ein Energieversorger in dieser besonderen Konstellation, in welcher der Ausgangspreis nicht auf einer vertraglichen Einigung zu Vertragsbeginn beruht, einen Ausgangspreis zu bestimmen, welcher den aktuellen vertraglichen Verhältnissen im Versorgungsgebiet Rechnung trägt und auf diese Weise das zwischen den Parteien ursprünglich vereinbarte Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung auch in der neuen Preisänderungsklausel und damit während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags angemessen berücksichtigt.
47
(bb) Gemessen daran und unter Berücksichtigung des dem Fernwärmeversorger insoweit zustehenden Gestaltungsspielraums begegnet es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte sich bei der Bestimmung des Ausgangspreises (APW0) in ihrer angepassten Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis an der Dreijahreslösung des Senats orientiert hat. Die Orientierung an der Dreijahreslösung eröffnet weder unangemessene Preisgestaltungsspielräume für den Energieversorger noch wird hierdurch das vertragliche Gleichgewicht beeinträchtigt. Denn die Dreijahreslösung bezweckt gerade, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bei langfristigen Energieversorgungsverträgen über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten und ein gravierendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu vermeiden (vgl. Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 26 ff.; vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 28; vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 72).
48
(aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist auch bei Fernwärmelieferungsverträgen, bei denen der Kunde längere Zeit Preiserhöhungen unbeanstandet hingenommen hat und nun auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht, die infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB entstandene planwidrige Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) dahingehend zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (siehe hierzu etwa Senatsurteile vom 24. September 2014 - VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 16; vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 40; vom 10. März 2021 - VIII ZR 200/18, NJW-RR 2021, 626 Rn. 28 f.; vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 26; vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 42 ff. [auch zur Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95, S. 29)]). Der nach der Dreijahreslösung geltende Preis tritt endgültig an die Stelle des Anfangspreises und ist rechtlich wie ein zwischen den Parteien vereinbarter Preis zu behandeln (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 31; vom 6. Juli 2022 - VIII ZR 155/21, ZNER 2022, 446 Rn. 38). Dabei sind spätere Preissenkungen dem Kunden zugute zu bringen und kann der Energieversorger anschließend Preiserhöhungen bis zur Höhe des nach der Dreijahreslösung geltenden Preises vornehmen (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 2022 - VIII ZR 155/21, aaO Rn. 38 f.; vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 27; vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 40).
49
(bbb) Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich bei der Bestimmung des Ausgangspreises (APW0) in ihrer ab dem 1. Mai 2019 verwendeten Preisanpassungsklausel - im Rahmen des ihr zukommenden Gestaltungsspielraums - an einem sich aus der Dreijahreslösung ergebenden Arbeitspreis orientiert hat. Denn dieser wäre ohne die Einführung einer neuen Preisänderungsklausel - auch zukünftig - von maßgeblicher Bedeutung gewesen und stellt daher im Grundsatz ein sachgerechtes Kriterium für die Bestimmung des Arbeitspreises (APW0) in der neuen Klausel dar.
50
Der Orientierung an der Dreijahreslösung steht auch nicht der Umstand entgegen, dass in einigen Vertragsverhältnissen die jeweiligen Kunden zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung der geänderten Preisanpassungsklausel einen Widerspruch (noch) nicht erhoben hatten. Denn auch in diesen Fällen war die bisherige Preisänderungsklausel unwirksam und hat den vertraglich vereinbarten Anfangspreis nicht wirksam verändert. Gleichwohl schulden die Kunden in solchen Fällen deshalb aber nicht lediglich den vertraglich vereinbarten Anfangspreis. Vielmehr käme - im Falle eines Widerspruchs des Kunden - auch in diesen Vertragsverhältnissen wegen der unwirksamen Preisanpassungsklausel zur Wahrung des bei Vertragsschluss bestehenden Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Dreijahreslösung zur Anwendung.
51
(ccc) Hierbei begegnet es - anders als die Revisionserwiderung meint auch keinen revisionsrechtlich beachtlichen Bedenken, dass die Beklagte einheitlich für sämtliche von ihr mit Wärme belieferten Kunden dieselbe neue Preisänderungsklausel verwendet und damit einheitlich das Jahr 2015 für den Ausgangspreis (APW0) zugrunde legt. Dies ist auch vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass nicht in jedem einzelnen Fall des Kundenwiderspruchs der Arbeitspreis des Jahres 2015 der nach der Dreijahreslösung maßgebliche Preis war, da die einzelnen Kunden zu unterschiedlichen Zeitpunkten den auf der Grundlage der ursprünglichen Preisanpassungsklausel gebildeten Preisen in den Abrechnungen der Beklagten widersprochen haben.
52
α) Bei einer einseitigen Änderung einer Preisänderungsklausel während laufender Vertragsverhältnisse im Wege der öffentlichen Bekanntmachung nach § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV können - worauf die Revision zu Recht hinweist die individuellen Vertragsverhältnisse nicht in jedem Einzelfall berücksichtigt werden; vielmehr muss in gewissen Grenzen - jedenfalls hinsichtlich der Bestimmung des Ausgangspreises im Falle der Orientierung an der Dreijahreslösung - eine Pauschalierung zulässig sein, weil es sich bei der Energieversorgung - auch im Fernwärmebereich - um ein Massengeschäft handelt (Senatsurteil vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 72). Da Preisänderungsklauseln als Teil Allgemeiner Versorgungsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (vgl. § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV), müssen sie so gestaltet sein, dass sie im Grundsatz auf alle gleich gelagerten Bezugsverhältnisse Anwendung finden können. Soweit mit einer solchen Pauschalierung für bestimmte Kunden gewisse Vor- oder Nachteile - wie von der Klägerin in ihrem Fall geltend gemacht - verbunden sind, ist dies im Interesse der notwendigerweise vereinfachten Abwicklung des hier vorliegenden Massengeschäfts hinzunehmen, sofern nicht greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Versorger gewählte Pauschalierung einseitig der Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen dient.
53
β) Die Grenzen einer solchen zulässigen Pauschalierung bei der Bestimmung des nach der Dreijahreslösung maßgeblichen Ausgangspreises hat die Beklagte im vorliegenden Fall gewahrt, indem sie ausgehend vom Jahr 2019 den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen Preis bestimmt hat. Sie hat insofern wie die Revision zutreffend geltend macht - nachvollziehbar vorgetragen, dass aufgrund des Urteils des Kammergerichts vom 10. Januar 2019 (20 U 146/17, juris), in welchem die ursprüngliche Preisanpassungsklausel für unwirksam erklärt wurde, die überwiegende Zahl der Widersprüche der Fernwärmekunden im Jahr 2019 erhoben wurde und daher - abhängig vom genauen Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs im Jahr 2019 - der nach der Dreijahreslösung maßgebliche Preis derjenige des Jahres 2014 oder des Jahres 2015 war. Außerdem hat die Beklagte aus diesem Anlass mit Schreiben vom 24. April 2019 alle Kunden über die Unwirksamkeit der alten Preisanpassungsklausel informiert und die Einführung der neuen Klausel bekannt gegeben, was diesen ebenfalls Anlass für die Erhebung eines Widerspruchs gegen die bisherigen Preisanpassungen gab. Die Beklagte hat damit anhand sachlich nachvollziehbarer Kriterien einen tauglichen Zeitpunkt für die Pauschalierung bestimmt. Dass sie sich innerhalb der insofern in Betracht kommenden Arbeitspreise des Jahres 2014 (0,0838 €/kWh) und 2015 (0,0836 €/kWh) zugunsten des für die Kunden niedrigeren Preises entschieden hat, spricht zudem gegen einen von ihr hierbei verfolgten Zweck, mit der Pauschalierung einseitig ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu wahren. Auch im Übrigen lassen sich solche greifbaren Anhaltspunkte hierfür weder den Feststellungen des Berufungsgerichts entnehmen noch sind sie sonst erkennbar.
54
γ) Soweit die Revisionserwiderung hiergegen maßgeblich darauf verweist, es hätte sich für die Klägerin bei der Wahl eines jüngeren Bezugsjahrs als 2015 für den Parameter APW0 ein günstigerer Preis ergeben, verkennt sie, dass ein Fernwärmeversorger bei einer einseitigen Änderung einer Preisanpassungsklausel diese grundsätzlich nicht so auszugestalten hat, dass sich bei ihrer Anwendung für einzelne oder alle Kunden stets der denkbar günstigste Preis ergibt, sofern - wie hier - sachliche und nachvollziehbare Anknüpfungspunkte für die jeweiligen Preisänderungsparameter zur Wahrung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung gewählt wurden und nicht greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Versorger gewählte Pauschalierung einseitig der Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen dient. Denn wäre der Fernwärmeversorger verpflichtet, die Preisänderungsklausel so zu gestalten, dass sie den für den einzelnen oder für alle Kunden günstigsten Preis ergibt, hätte er - anders als vom Verordnungsgeber im Grundsatz vorausgesetzt (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 56) - gerade keinen Spielraum bei der Gestaltung der Klausel. Mit einem solchen Gestaltungsspielraum geht indes einher, dass es verschiedene zulässige Lösungen für die Gestaltung einer Preisänderungsklausel gibt, die jeweils mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen für Energieversorger und einzelne Kunden verbunden sein können.
55
Dementsprechend kommt es nicht entscheidend darauf an, dass im vorliegenden Fall der Klägerin aufgrund ihres - fast zwei Jahre nach öffentlicher Bekanntmachung der neuen Preisanpassungsklausel erhobenen - Widerspruchs vom 12. Januar 2021 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der für das Jahr 2016 von der Beklagten verlangte Arbeitspreis in Höhe von 0,0833 €/kWh den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen Preis darstellt. Im Übrigen ist die sich hieraus ergebende Abweichung in Höhe von lediglich 0,0003 €/kWh zum Arbeitspreis des Jahres 2015 äußerst geringfügig; gleiches gälte für den von der Revisionserwiderung angeführten Arbeitspreis des Jahres 2017 (0,0830 €/kWh).
56
δ) Die Revisionserwiderung vermag auch keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken aufzuzeigen, soweit sie darauf verweist, die Beklagte hätte den von ihr für das Jahr 2018 beziehungsweise in den ersten Monaten des Jahres 2019 abgerechneten Arbeitspreis in Höhe von 0,0803 €/kWh heranziehen müssen, da dieser deutlich niedriger gewesen sei als derjenige des Jahres 2015. Hierbei übersieht sie schon - worauf die Revision zutreffend hingewiesen hat -, dass die Beklagte bei dieser Abrechnung im Falle der Klägerin den Arbeitspreis nicht unter Anwendung der ursprünglichen Preisanpassungsklausel bestimmt hat, da zum Zeitpunkt der Abrechnung des Jahres 2018 im Jahr 2019 deren Unwirksamkeit bereits festgestellt war. Eine Abrechnung nach der im Energieversorgungsvertrag vereinbarten Klausel hätte - nach den Ausführungen der Revision - einen Arbeitspreis in Höhe von 0,0845 €/kWh zur Folge gehabt. Vielmehr hat die Beklagte mit der Abrechnung - zugunsten der Klägerin - den günstigeren Arbeitspreis des Jahres 2010 verlangt und auch nicht - was zulässig gewesen wäre - die Dreijahreslösung angewandt.
57
Es kann vorliegend dahinstehen, ob auch dieser Arbeitspreis des Jahres 2010 der neuen Preisanpassungsklausel hätte zugrunde gelegt werden können. Sachliche Gründe, weshalb dieser Arbeitspreis zwingend demjenigen des Jahres 2015 vorzuziehen wäre und die Beklagte deshalb ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte, vermag auch die Revisionserwiderung nicht aufzuzeigen. Allein dass es sich um einen günstigeren Preis gehandelt hat, stellt für sich genommen noch keinen zwingenden Grund dar (siehe hierzu oben unter γ).
58
(cc) Dass für den Ausgangspreis (APW0) einerseits und das Markt- (B0) und das Kostenelement (BI0) andererseits in der Folge unterschiedliche Bezugsjahre Anwendung finden, führt jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen noch nicht zur Unangemessenheit der Preisänderungsklausel.
59
Zwar hat der Senat für den Fall einer im Fernwärmelieferungsvertrag vereinbarten Preisanpassungsklausel ausgesprochen, dass für alle Berechnungsfaktoren in einer Preisänderungsformel grundsätzlich dieselben Basiszeitpunkte zu wählen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 31). Dies lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres auf den hier gegebenen Fall der einseitigen Einführung einer neuen Preisänderungsklausel an der Stelle einer unwirksamen Klausel übertragen. Hinsichtlich des Ausgangspreises kann es auf der Grundlage sachlich nachvollziehbarer Kriterien im Einzelfall vertretbar sein, ein von den Referenzjahren für das Markt- und Kostenelement in der Preisanpassungsformel abweichendes Basisjahr zu wählen. Solche sachlichen Gründe hat die Beklagte in der vorliegend besonderen Konstellation der einseitigen Änderung einer Preisänderungsklausel im laufenden Versorgungsverhältnis unter Hinweis auf die Dreijahreslösung des Senats zu Recht geltend gemacht. Die Grenzen ihres Gestaltungsspielraums bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln hat die Beklagte mit der Orientierung an diesem Ausgangspreis noch nicht überschritten.
60
Dies ist insbesondere deshalb der Fall, da mit der Orientierung an dem nach der Dreijahreslösung maßgeblichen Preis die zeitlichen Bezugspunkte der neuen Preisanpassungsklausel durch die Anknüpfung an verschiedene Jahre für den Ausgangspreis (APW0) und für das Markt- (B0) und Kostenelement (BI0) nur scheinbar auseinanderfallen. Denn das Berufungsgericht berücksichtigt mit seiner gegenteiligen Sichtweise nicht hinreichend, dass - wie bereits ausgeführt (siehe oben II 1 b cc (3) (b) (bb) (aaa)) - nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der nach der Dreijahreslösung geltende Preis endgültig an die Stelle des Anfangspreises tritt und rechtlich wie ein zwischen den Parteien vereinbarter Preis zu behandeln ist (vgl. etwa Senatsurteile vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 31; vom 6. Juli 2022 - VIII ZR 155/21, juris Rn. 38). Dieser Preis ist damit nicht nur zu einem bestimmten Abrechnungszeitraum in der Vergangenheit maßgeblich gewesen. Vielmehr handelt es sich - bis zur Einführung einer neuen Preisanpassungsklausel - um den in dem jeweiligen Vertragsverhältnis weiterhin gültigen Preis. Durch die Bezugnahme auf den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen Preis und das Bezugsjahr 2018 für das Markt- (B0) und Kostenelement (BI0) hat die Beklagte somit bei der Gestaltung ihrer neuen Preisänderungsklausel insgesamt an den aktuellen Verhältnissen zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung dieser Klausel angeknüpft.
61
Dass aufgrund der Verwendung des Bezugsjahrs 2015 für den Arbeitspreis (APW0) einerseits und des Referenzjahres 2018 für das Kosten- (BI0) und Marktelement (B0) andererseits die von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV geforderte angemessene Berücksichtigung der Kostenentwicklung und der Verhältnisse am Wärmemarkt bei der künftigen Anwendung der Preisanpassungsklausel nicht mehr sichergestellt wäre, hat weder das Berufungsgericht festgestellt noch wird dies von der Revisionserwiderung aufgezeigt und ist vorliegend auch sonst nicht ersichtlich.
62
dd) Rechtsfehlerfrei - und insoweit auch von der Revisionserwiderung nicht beanstandet - hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die neue Preisanpassungsklausel dem Transparenzgebot des § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV genügt.
63
(1) Das Transparenzgebot bestimmt, dass in einer Preisanpassungsklausel die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in verständlicher Form ausgewiesen werden müssen. Damit verlangt diese Regelung, dass der Kunde den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der zu Preisänderungen ermächtigenden Klausel selbst messen kann (Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 66/09, WM 2011, 1042 Rn. 33 mwN; vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 21; vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 21).
64
(2) Diesen Anforderungen wird die geänderte Preisanpassungsklausel gerecht. Die Art und Weise der Berechnung und der periodischen Anpassung des Arbeitspreises ist für den Kunden aus sich heraus hinreichend klar und verständlich. Die maßgeblichen Indizes zur Berechnung der Preisänderung sind allgemein zugänglich, mit einer Fundstelle im Internet versehen und können auf diese Weise durch den Kunden nachvollzogen werden.
65
c) Da somit die von der Beklagten gewählten Bezugsjahre für die Parameter APW0, B0und BI0keinen rechtlichen Bedenken begegnen und die übrigen Voraussetzungen für die Änderung der Preisanpassungsklausel nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegen, ist die von der Beklagten ab dem 1. Mai 2019 verwendete Preisanpassungsklausel wirksam.
66
2. In Anbetracht dessen rügt die Revision ebenfalls zu Recht, dass das Berufungsgericht Rückzahlungsansprüche der Klägerin nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen eines für den Abrechnungszeitraum von Mai bis Dezember 2019 überzahlten Arbeitspreises in Höhe von 16,52 € sowie eines für das Abrechnungsjahr 2020 überzahlten Arbeitspreises in Höhe von 27,86 € bejaht hat. Für diese Zeiträume hat die Beklagte den jeweiligen Abrechnungen die zum 1. Mai 2019 geänderte und nach den obigen Ausführungen wirksam in den Wärmelieferungsvertrag der Parteien eingeführte Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis zugrunde gelegt und auf dieser Grundlage den von der Klägerin geschuldeten Wärmepreis berechnet. Rückzahlungsansprüche stehen ihr somit nicht zu.
III.
67
Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben. Es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet insoweit in der Sache selbst, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Berufung der Beklagten zur Abänderung des Urteils des Amtsgerichts dahingehend, dass die Zahlungsklage in Höhe von 16,52 € nebst Zinsen sowie die auf die Unwirksamkeit der in dem Schreiben der Beklagten vom 24. April 2019 enthaltene Preisanpassungsklausel gerichtete Feststellungsklage abzuweisen ist. Außerdem ist die in zweiter Instanz im Wege der Klageerweiterung erhobene Zahlungsklage in Höhe von 27,86 € nebst Zinsen abzuweisen.
Dr. Bünger Kosziol Dr. Schmidt Dr. Reichelt MessingVon Rechts wegen