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  • 14.05.2024 · IWW-Abrufnummer 241498

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Beschluss vom 27.09.2023 – 7 U 49/23

    1. Zur Geltendmachung eines Verzögerungsschadens gehört bei unbestimmter vertraglicher Leistungszeit das Erfordernis einer Mahnung. Der Vertragspartner soll dadurch gewarnt und auf einen möglichen Schadenersatzanspruch bei schuldhafter Verzögerung hingewiesen werden.

    2. Die vertragliche Leistungszeit ist aus den Umständen, namentlich aus dem Inhalt des Vertrages und seiner Auslegung zu bestimmen. Durch das eigene wirtschaftliche Interesse des Vertragspartners an einem zügigen Volllastbetrieb der geplanten Windenergieanlagen war hier ausreichend sichergestellt, dass er den Vertrag möglichst zügig umsetzen und den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen möglichst nicht voll ausschöpfen wird. Anderenfalls wäre typischerweise die Vereinbarung eines konkreten Zeitplans oder / und einer Vertragsstrafe zu erwarten gewesen.

    3. Wenn der Vertrag für die Umsetzung einen zeitlichen Spielraum vorsieht, genügt es für die Annahme einer schuldhaften Nebenpflichtverletzung des Vertragspartners nicht, wenn dieser lediglich faktisch mehr hätte tun können, um das Vertragsziel früher zu erreichen.


    Oberlandesgericht Schleswig 

    Beschluss vom 27.09.2023

    7 U 49/23

    Zur Geltendmachung eines Verzögerungsschadens (hier verspäteter Volllastbetrieb von Windenergieanlagen) gehört bei unbestimmter vertraglicher Leistungszeit das Erfordernis einer Mahnung

    In dem Rechtsstreit
    - Kläger und Berufungskläger -
    Prozessbevollmächtigte:
    gegen
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte:

    hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 27.09.2023 einstimmig beschlossen:

    Tenor:
    1. Der Kläger wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
    2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.
    3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 27.445,76 € festzusetzen.

    Gründe

    I.

    Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Vertrag über die Regelung des Betriebs von Windenergieanlagen.

    Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in S. , Gemarkung S., Flur X, Flurstück xx. Die Beklagte betreibt Windenergieanlagen. Im Jahr 2013 beabsichtigte die Beklagte, im Gebiet der Gemeinde N. - in der Nähe des klägerischen Grundstücks - neue Windenergieanlagen (= "WEA") zu errichten. Sie schloss mit dem Kläger am 07.02.2013 einen Vertrag (mit Änderungsvereinbarung vom 19.01.2015), wonach dieser die Nutzung seines Grundstücks zu Wohnzwecken aufgibt, damit die geplanten WEA nachts mit einem höheren Schallleistungspegel betrieben werden können. Im Gegenzug sollte der Kläger dafür 27% der dadurch zusätzlich erzielten Einspeisevergütung erhalten. Hierzu heißt es in der Änderungsvereinbarung vom 19.01.2015 wie folgt:

    "§ 3 Nutzungsentschädigung

    Für die Aufgabe der Wohnnutzung der beiden Objekte erhält D. 27 % der in den Nachtstunden (22.00 - 6.00 h) zusätzlich erzielten Einspeiseleistung, die zwischen 1.000 kW/h Nennleistung = 100,0 dB(A) und dem final genehmigten Schallleistungspegel für 2 x E-92 im Teilgebiet 2 (Schallprognose: WEA 05 mit 105,0 dB und WEA 06 mit 104,0 dB) liegt. Die Berechnung erfolgt über den technischen Betriebsführer des BWP Norddeich. Dies gilt ebenso für eine Direktvermarktungsprämie, Einspeisemanagement-Einsätze und alle weiteren Schaltungen die vergütet werden."

    Zur Vertragsdauer heißt es in § 2 Abs. 3 des Vertrags vom 07.02.2013 des Weiteren:

    "3) Die Parteien sind sich darüber einig, dass eine Pflicht des Nutzungsberechtigten zur Zahlung nur besteht, solange überhaupt eine Einspeisevergütung erzielt wird."

    Schließlich hat sich der Kläger in § 5 Abs. 1 des Vertrags vom 07.02.2013 noch ein vertragliches Rücktrittsrecht vorbehalten. Dies für den Fall, dass

    "bis zum 31.12.2020 die erforderliche Entwidmung der Wohnhäuser nicht erfolgt ist oder die WEA nicht mit einer erhöhten Leistung (über 1.000 kW/h) betrieben werden können."

    Am 11.03.2015 ließ der Kläger eine Baulast über die dauerhafte Aufgabe des Wohnrechts auf seinem Grundstück eintragen. Mit Bescheiden vom 01.06.2015 wurde der Beklagten die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb zweier WEA erteilt. Am 17.03.2016 wurde die WEA 9xxxx7 mit einer Nennleistung von 2.350 kW/h und am 22.03.2016 die WEA 9xxxx4 mit einer Nennleistung von 2.000 kW/h in Betrieb genommen. Die Abnahme der beiden WEA sowie die Schlüsselübergabe erfolgte am 31.05.2016. Da zunächst die Genehmigung zum Betrieb unter Volllast jeweils noch nicht vorlag, wurde die Leistung ab dem 17.03.2016 (WEA 9xxxx7) bzw. 08.04.2016 (WEA 9xxx4) bis zum 28.04.2017 schrittweise abgesenkt, so dass beide Anlagen in dem vorgenannten Zeitraum nur begrenzt betrieben und abgerechnet wurden.

    Am 02.05.2016 beauftragte die Beklagte die Fa. G. GmbH mit der Schallvermessung. Die Vermessung wurde am 01.03.2017 durchgeführt, das entsprechende Gutachten wurde am 30.03.2017 erstellt. Auf dieser Grundlage wurde am 30.04.2017 die Genehmigung zum Betrieb unter Volllast erteilt. Die WEA 9xxxx4 verfügt über eine Nennleistung von 2 MW/h und die WEA 9xxxx7 über 2,35 MW/h.

    Der Kläger verlangt entgangenen Gewinn als Schadensersatz wegen des zunächst reduzierten Betriebes der Windenergieanlagen. Er hat behauptet, die Anlagen hätten zeitnah - jedenfalls innerhalb weniger Wochen - nach Errichtung und Inbetriebnahme unter Volllast betrieben werden können, wenn die Beklagte die Schallvermessung frühzeitig beauftragt und sich um ihre zügige Durchführung bemüht hätte. Dadurch sei ihm für das Jahr 2016 ein Schaden in Höhe von 10.889,78 € und für das Jahr 2017 in Höhe von 16.555,98 € entstanden. Der Kläger meint, die Verzögerung der Schallvermessung beruhe auf einer Pflichtverletzung i.S.d. § 280 BGB.

    Der Kläger hat beantragt,

    1.
    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.445,76 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2019 zu zahlen;

    2.
    die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn für außergerichtliche Anwaltstätigkeit einen Betrag in Höhe von 1.141,90 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.04.2019 zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat behauptet, eine frühere Schallvermessung sei aus verschiedenen organisatorischen und witterungsbedingten Umständen nicht möglich gewesen; ein Zeitraum von bis zu einem Jahr sei hierfür durchaus üblich. Sie hat eine Pflichtverletzung in Abrede gestellt und gemeint, bei der Bestimmung der Leistungszeit i.S.d. § 271 BGB seien das Rücktrittsrecht zum 31.12.2020 bzw. die Frist aus der Genehmigung von einem Jahr ab Inbetriebnahnme heranzuziehen.

    Das Landgericht hat gemäß § 144 Abs. 1 S. 2., 2. Alt. ZPO einen Sachverständigen hinzugezogen und fernmündlich befragt.

    Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch wegen einer Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglichen Leistungspflicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB bestehe nicht, weil es insoweit an einer Pflichtverletzung fehle. Auch auf eine Verzögerung der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB könne der geltend gemachte Anspruch nicht gestützt werden. Die Leistung - Einholung der Genehmigung zum Betrieb unter Volllast und Einleitung der dafür erforderlichen Maßnahmen wie etwa die Schallvermessung - sei nicht fällig gewesen, weil sie nach den Umständen nicht sofort habe verlangt werden können. Zudem habe der Kläger die Beklagte nicht in Verzug gesetzt. Schließlich ergebe sich ein Anspruch auch nicht aus einer Nebenpflichtverletzung gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Danach habe die Beklagte die Erreichung des Vertragszweckes - also den Betrieb der Windenergieanlagen nachts unter Volllast - zu fördern gehabt. Dieser Pflicht sei sie indes hinreichend nachgekommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der konkret für die Schallvermessung in Anspruch genommene Zeitraum von rund 10 Monaten für eine derartige Untersuchung absolut üblich sei. Der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, die Schallvermessung nicht früher beauftragt oder ein schnelleres Vorgehen nicht gefördert zu haben.

    Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines dortigen Vorbringens weiter. Das Landgericht habe einen Anspruch wegen Verletzung einer Nebenpflicht gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB fehlerhaft zurückgewiesen. Die Angaben des Sachverständigen seien nicht haltbar und zu allgemein, zudem hätten sie allenfalls für Niedersachsen, nicht aber für Schleswig-Holstein gegolten. Letztlich hätte das Landgericht diese lediglich auf einer fernmündlichen Befragung des Sachverständigen beruhende Ermittlung nicht zugrunde legen dürfen und vielmehr ein konkret zu erstellendes Sachverständigengutachten - wie beantragt - einholen müssen. Zudem hätte der angebotene Beweis darüber erhoben werden müssen, dass eine Schallvermessung an bestimmten Tagen früher möglich gewesen wäre. Der Kläger rügt insoweit die Verletzung rechtlichen Gehörs.

    Der Kläger beantragt,

    das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.445,76 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.141,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.04.2019 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil ihrerseits unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

    II.

    Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Gemäß § 513 ZPO kann eine Berufung nur auf eine Rechtsverletzung oder darauf gestützt werden, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen ein anderes als das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen. Beides liegt für die Berufung der Beklagten letztlich nicht vor. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte im Zusammenhang mit dem zwischenzeitlich bis Ende April 2017 gedrosselten Betrieb der beiden Windenergieanlagen.

    Der Kläger macht insoweit einen Verzögerungsschaden geltend, der unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB steht. Denn er verlangt Schadensersatz neben der Leistung (nicht etwa statt der Leistung, § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB) und stützt diesen Anspruch allein auf die Verzögerungen bei der Beauftragung und Umsetzung der Schallvermessung und der damit verbundenen späteren Genehmigung des Volllastbetriebes. Auch die etwaige Verletzung einer Nebenpflicht i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB, wie sie das Landgericht in Betracht gezogen hat, steht im Falle einer verzögerten Leistung unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Denn die Rechtsfolgen einer Nebenpflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB ergeben sich aus den allgemeinen Regeln, zu denen neben § 280 Abs. 1 BGB eben auch §§ 280 Abs. 2, 286 BGB gehören. Erforderlich für einen Schadensersatzanspruch wegen einer Leistungsverzögerung ist deshalb grundsätzlich ein Schuldnerverzug. Hieran fehlt es vorliegend. Es handelt sich nicht um ein Fixgeschäft. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, dass der Kläger die Beklagte gemahnt hat. Offenbar hat der Kläger die Beklagte erstmals im Februar 2019 zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert, ohne sie zuvor jemals zur Umsetzung des angestrebten Volllastbetriebes aufgefordert zu haben. Eine Entbehrlichkeit der Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 BGB scheidet aus.

    Zum gleichen Ergebnis kommt man über §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB, wenn man für den Zeitraum bis zum Volllastbetrieb einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB annehmen wollte; in diesem Fall wäre eine vorherige Aufforderung zur Leistung erforderlich gewesen, an der es vorliegend ebenfalls fehlt.

    Danach ist es unerheblich und kann dahinstehen, wann die Leistung i.S.d. § 271 Abs. 1 BGB zu bewirken war und ob eine entsprechende Nebenpflichtverletzung der Beklagten überhaupt vorliegt. Selbst wenn die Leistung "sofort" zu bewirken gewesen wäre, würde dies lediglich die Fälligkeit begründen, nicht aber den Verzug. Denn § 271 Abs. 1 BGB bestimmt nur, wann der Gläubiger die Leistung verlangen kann, d.h. wann Fälligkeit eintritt. Da die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch danach nicht vorliegen, kommt es auch nicht darauf an, ob eine frühere Schallmessung und damit letztlich ein früherer Volllastbetrieb möglich gewesen wären. Es kann damit mangels Beweiserheblichkeit gleichsam offenbleiben, ob die vom Landgericht gewählte Art und Weise der Beweiserhebung gemäß § 144 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. ZPO vollständig den prozessualen Anforderungen genügt oder ob nicht konsequenterweise die Einholung eines - von beiden Parteien beantragten - Sachverständigengutachtens gemäß §§ 402 ff. ZPO geboten gewesen wäre.

    Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen zum Verzug vermag der Senat außerdem eine haftungsbegründende Pflichtverletzung i.S.d. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB nicht zu erkennen. Die Leistungszeit ist aus den Umständen, namentlich aus dem Inhalt des Vertrages und seiner Auslegung, dahin gehend zu entnehmen, dass ein Volllastbetrieb (bzw. eine erhöhte Leistung von > 1.000 kW/h) spätestens bis zum 31.12.2020 ermöglicht werden sollte. Eine frühere Leistung war seitens der Beklagten nicht geschuldet. Der Vertrag verhält sich nicht dazu, wann welche einzelnen Schritte hin zum angestrebten Volllastbetrieb unternommen werden sollten. Der Vertrag wurde noch vor Beantragung der Errichtungs- und Betriebsgenehmigung geschlossen. Die Windenergieanlagen waren also zuvor noch zu planen, zu errichten und in Betrieb zu nehmen. Es war vertraglich lediglich ein Endzeitpunkt vorgesehen, bis wann der Volllastbetrieb umgesetzt sein sollte (der Kläger hatte sich insoweit bis zum 31.12.2020 ein vertragliches Rücktrittsrecht vorbehalten). Innerhalb der danach zur Verfügung stehenden Gesamtzeit war es der Beklagten überlassen, wann genau sie welche konkreten Schritte unternimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie selbst kein dem Kläger entgegengesetztes Interesse an einer möglichst späten Umsetzung hatte; vielmehr hatte sie ein gleichgerichtetes, eigenes wirtschaftliches Interesse an einem zügigen Volllastbetrieb. Durch dieses eigene Interesse war ausreichend sichergestellt, dass die Beklagte den Vertrag möglichst zeitnah umsetzen und sie die Zeit bis Ende 2020 - wie geschehen - möglichst nicht voll ausschöpfen würde. Anderenfalls wäre typischerweise die Vereinbarung eines konkreten Zeitplans oder / und einer Vertragsstrafe zu erwarten gewesen. Die sich so ergebende Leistungszeit ist auch nicht gleichzusetzen mit einer von vornherein "entschädigungslosen Zeit" für den Kläger. Denn es war zu erwarten, dass diese Zeit nicht voll ausgeschöpft wird, sondern es zu einem deutlich früheren Volllastbetrieb kommt, so dass es sich lediglich um eine "längstens entschädigungslos hinzunehmende Zeit" handelt. Zu berücksichtigen ist weiter, dass nach dem Vertrag selbst für den Fall des Rücktritts einer Partei nach Ablauf des 31.12.2020 keine Schadensersatzansprüche bestehen sollten (§ 5 Ziff. 3. des Vertrages, Anlage K1); dies spricht dafür, dass nach dem Vertrag selbst für den Fall einer bloß verzögerten Genehmigung des Volllastbetriebes keine Schadensersatzpflicht der Beklagten begründet werden sollte.

    Und schließlich ist eine Pflichtverletzung der Beklagten auch unter der (hypothetischen) Annahme, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger eine generelle Pflicht zur früheren Umsetzung des Vertrages traf, nicht ohne weiteres ersichtlich. Denn dass die Beklagte ggf. mehr hätte tun können, um das Vertragsziel früher zu erreichen, genügt alleine nicht für die Annahme einer Pflichtverletzung i.S.d. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Der Beklagten stand insoweit vielmehr ein gewisser zeitlicher Spielraum zu. Dieser Spielraum wurde maßgeblich mitgeprägt durch die Vorgabe aus der Errichtungs- und Betriebsgenehmigung, innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme eine Schallvermessung vorzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der vertragliche Spielraum gegenüber dem Kläger kürzer anzunehmen sein sollte als von der Genehmigungsbehörde vorgegeben. Aus dem Vertrag ergibt sich insoweit keine frühere Handlungspflicht. Die nach § 241 Abs. 2 BGB gebotene Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen des anderen Teils enthält keine Verpflichtung, den Vertrag im Interesse des anderen so schnell wie irgend möglich umzusetzen. Die Beklagte war jedenfalls nicht verpflichtet, ein anderes Unternehmen anzufragen hinsichtlich einer früheren Schallvermessung oder sonst auf eine schnellere Vermessung zu drängen. Auch war sie nicht verpflichtet, die Schallvermessung wegen eines etwaigen "Abarbeitungsstaus" bereits vor der Errichtung, der Inbetriebnahme oder der förmlichen Übergabe der Windenergieanlagen zu beauftragen.

    Die vorstehenden, ergänzenden Erwägungen machen deutlich, dass hier auf das Erfordernis der Inverzugsetzung gemäß § 286 Abs. 1 BGB (bzw. einer Leistungsaufforderung gemäß § 281 Abs. 1 BGB) nicht verzichtet werden kann. Die Beklagte war nicht "gewarnt", dass der Kläger einen möglichst schnellen Volllastbetrieb als verpflichtend ansieht und eine Verzögerung mit einem Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte verknüpfen würde. Der Kläger hat der Beklagten keine Gelegenheit gegeben, ihr Vorgehen hiernach auszurichten. Stattdessen hat er - nach Aktenlage - zunächst untätig abgewartet, um nach Aufnahme des Volllastbetriebes seine Schadensersatzforderung zu erheben.

    Nach allem hat die Berufung nach einstimmiger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg.

    RechtsgebietVerzugVorschriften§ 286 BGB