31.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121651
Oberlandesgericht Naumburg: Beschluss vom 29.12.2011 – 2 W 51/11
Betreibt der Antragsteller in einem Mahnverfahren dieses nach Zugang des Widerspruchs des Antragsgegners nicht weiter und zahlt statt dessen der Antragsgegner den Kostenvorschuss, beantragt Abgabe an das Gericht des streitigen Verfahrens und stellt, anwaltlich vertreten, nach weiterem erfolglosen Zuwarten einen Antrag nach § 697 Abs. 3 ZPO, so entsteht eine Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG i. V. m. VV Nr. 3100 RVG.
2 W 51/11
In dem Rechtsstreit
...
hier: wegen Kostenfestsetzung in erster Instanz
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann als Einzelrichter am 29. Dezember 2011 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Magdeburg vom 14. April 2011 in der Fassung der teilweisen Änderung durch Beschluss vom 28. Juni 2011 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die auf Grund des 1. Versäumnisurteils des Landgerichts Magdeburg vom 01. März 2011 von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 2.493,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. März 2011 festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.004,50 € festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin hat die Beklagte wegen einer Werklohnforderung in Höhe von 30.464,11 € im Wege des Mahnverfahrens in Anspruch genommen. Die Beklagte hat nach ihrem Widerspruch gegen den Mahnbescheid und Untätigkeit der Klägerin einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens und nach Abgabe des Verfahrens an das Landgericht Magdeburg einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Im Termin ist die Klägerin säumig geblieben. Das Landgericht Magdeburg hat der Klägerin mit seinem am 01. März 2011 verkündeten 1. Versäumnisurteil die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit ihrem Beschluss vom 14. April 2011 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten in Höhe von 1.452,00 € festgesetzt. Gegen diesen, ihr am 19. Mai 2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 01. Juni 2011. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes Bezug genommen.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 28. Juni 2011 teilweise abgeholfen und die zu erstattenden Kosten nunmehr auf 1.509,20 € festgesetzt. Wegen der weiter gehenden sofortigen Beschwerde, der sie nicht abgeholfen hat, hat sie die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
B. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
I. Die für die Durchführung des Mahnverfahrens geltend gemachten Kosten in Höhe von 435,00 € sind antragsgemäß festgesetzt worden; hierauf bezieht sich das Rechtsmittel nicht.
II. Als Kosten des streitigen Verfahrens sind insgesamt 1.136,20 € festzusetzen.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist eine Verfahrensgebühr nach VV Nr. 3100 RVG zum Kostenwert des streitigen Verfahrens begründet worden, auf die jedoch die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens nach VV Nr. 3307 Satz 2 RVG anzurechnen ist. Diese Gebühr beträgt 664,00 € (1.079,00 € - 415,00 €).
Die Beklagte hat nicht nur Widerspruch eingelegt und den Gerichtskostenvorschuss gezahlt. Sie hat auch ausdrücklich die Abgabe an das Streitgericht beantragt und damit deutlich gemacht, dass sie die Rechtshängigkeit des im Mahnverfahren geltend gemachten Anspruchs herbeiführen will. Die Klägerin hätte noch ausreichend Gelegenheit gehabt, ihren Antrag zurückzunehmen und so eine Entstehung weiterer Gerichts- und Anwaltskosten zu vermeiden; dies hat sie nicht getan. Mit dem Antrag auf Anberaumung eines Termins der mündlichen Verhandlung nach § 697 Abs. 3 ZPO hat die Beklagte eine Prozesshandlung im streitigen (rechtshängigen) Verfahren vorgenommen; diese Prozesshandlung begründet einen Anspruch auf eine Verfahrensgebühr nach VV Nr. 3100 RVG.
2. Zu Unrecht hat das Landgericht die Terminsgebühr nach einem geringeren Streitwert bemessen. Die Beklagte hat einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt. Damit sind die Voraussetzungen für die Begründung einer Terminsgebühr in der Sache erfüllt. Allerdings hat die Klägerin zu Recht darauf verwiesen, dass lediglich eine ermäßigte Gebühr nach VV Nr. 3105 in Höhe einer 0,5-fachen Gebühr angefallen ist, weil die Klägerin im Termin säumig geblieben ist. Hieraus ergibt sich ein Betrag von 415,00 €.
3. Die Auslagen der Prozessbevollmächtigten (Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für den Termin am 01. März 2011) sind durch die teilweise Abhilfe des Landgerichts Magdeburg nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens; sie sind mit 57,20 € zu berücksichtigen.
4. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, soweit für das streitige Verfahren nochmals ein Pauschalentgelt für Post und Telekommunikation nach VV Nr. 7002 RVG begehrt werden. Das Mahnverfahren und das anschließende streitige Verfahren bilden dieselbe Angelegenheit i.S. des Kostenrechts (vgl. nur Hartmann, KostG, 40. Aufl. 2010, § 15 RVG Rn. 34 m.w.N.).
III. Zutreffend hat die Kostenrechtspflegerin den von der Beklagten eingezahlten Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 922,50 € hinzugesetzt.
IV. Aus der Summe der Einzelbeträge ergibt sich der im Beschlusstenor genannte Gesamtbetrag.
C. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts für die Gebührenberechnung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.