21.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131577
Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 18.04.2013 – 7 U 180/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln
7 U 180/12
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 06.07.2012 – 8 O 540/11 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Die Parteien streiten über die Pflichten aus einem unter dem 05.08.2004 geschlossenen Bierlieferungsvertrag. In erster Linie unter Verweis auf die in § 3 des Vertrages vorgesehene Deckungsbeitragsklausel (in zweiter Linie als vertraglichen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 ff. BGB) macht die Klägerin im Hinblick auf einen „Minderbezug“ durch die Beklagte für die Jahre 2008 – 2010 einen Zahlungsbetrag in Höhe von 22.872,00 € geltend. Hilfsweise begehrt sie im Rahmen einer Stufenklage Auskunft, gegebenenfalls eidesstattliche Versicherung bzw. Schadensersatzzahlung nach Erteilung der Auskunft im Hinblick auf einen angeblichen Drittbezug durch die Beklagte. Die Beklagte, die zu jener Zeit die Gaststätte „B“ in M betrieb, beruft sich auf die Unwirksamkeit der Klauseln des Bierlieferungsvertrages.
Die Klägerin hat beantragt,
1 die Beklagte zu verurteilen, an sie 22.872,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2011 zu zahlen;
2 hilfsweise die Beklagte zu verurteilen,
a ihr Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Hektoliter Fremdbier sie seit dem 01.09.2004 auf dem nicht vertragsgemäß vorgeschriebenen Bezugsweg bezogen hat und hierüber Rechnungsunterlagen vorzulegen,
b erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,
c an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 06.07.2007, auf das wegen der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen Bezug genommen wird, dem Hauptantrag der Klägerin bis auf einen geringen Teil der geltend gemachten Verzugszinsen stattgegeben und die Beklagte – unter Klageabweisung im Übrigen – verurteilt, an die Klägerin 22.872,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2011 zu zahlen.
Hiergegen hat die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und begründet.
Die Beklagte führt an, zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Getränkelieferungsvertrages sei als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam. Soweit das Landgericht darauf abstelle, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Malus-Regelung wirksam sei, wenn die Bezugsmenge Kalkulationsgrundlage geworden sei, dies müsse auch dann – so das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung weiter - gelten, wenn der Bezug als Verpflichtung des Gastwirtes ausgestalten sei, so verkenne dies, dass eine vertragliche Verpflichtung keine Geschäftsgrundlage sein könne. Wenn den Schuldner ein gesteigertes Pflichtenheft treffe, so sei für seine Haftung das Korrektiv der Verschuldensabhängigkeit einzubeziehen. Bei Anlegung der maßgeblichen Auslegungsgrundsätze lasse sich § 3 Abs. 1 nur so verstehen, dass ein Verschulden nicht tatbestandliche Voraussetzung der Schadensersatzpauschale sein solle. Entgegen der Ansicht des Landgerichts halte § 3 Abs. 1 auch nicht dem Maßstab der §§ 307, 309 Nr. 5 b BGB stand. Zwar treffe es zu, dass anders als im Verbraucherverkehr eine Schadensersatzpauschalisierung im hier vorliegenden Falle des Unternehmertums nicht ausdrücklich die Möglichkeit des Gegenbeweises eröffnen müsse. Auch im Unternehmerverkehr müsse aber nach der Formulierung der Klausel zumindest die Möglichkeit belassen bleiben, einen geringeren Schaden zu beweisen. Wenn also eine Klausel so formuliert sei, wie vorliegend, dass sie den Eindruck erwecke, der Gegenbeweis sei ausgeschlossen, sei dies auch im Unternehmerverkehr unwirksam. Schließlich habe sich das Landgericht auch nicht mit dem Kumulationseffekt gemäß § 3 Abs. 4 des Vertrages auseinandergesetzt, was gleichfalls zur Unwirksamkeit der Klausel führe. § 3 Abs. 1 sei jedenfalls deswegen unwirksam, weil der nach der Klausel geschuldete pauschale Schadensersatz von 35,70 € den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteige. Im Übrigen könne die Klage auch nicht auf einen Anspruch gemäß § 280 BGB gestützt werden, die Beklagte treffe kein Verschulden. Ursache dafür, dass die Beklagte die vereinbarte Bezugsmenge nicht abgenommen habe, sei, dass die Abnahmeverpflichtung derart hoch bemessen sei, dass sie objektiv nicht erreichbar sei, wie der Sachverständige im Verfahren Landgericht Köln 21 O 95/10 - Oberlandesgericht Köln 7 O 65/11 - festgestellt habe. Jedenfalls sei der von der Klägerin zu Grunde gelegte Schadensersatzbetrag von 30,00 €/hl übersetzt.
Wegen aller weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 10.10.2012 nebst Anlagen (Bl. 111 - 128 GA) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 06.07.2012 - 8 O 540/11 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Berufung unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung entgegengetreten. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 12.11.2012 nebst Anlagen (Bl. 133 - 148 GA) Bezug genommen.
Im Übrigen wird auf die beidseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die prozessual bedenkenfreie Berufung ist begründet. Die Klage ist sowohl in Hinblick auf den Hauptantrag als auch in Hinblick auf die Hilfsanträge abzuweisen, da Ansprüche nicht bestehen.
1 Zum Hauptantrag:
Festzuhalten ist zunächst, dass § 3 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages eine von der Klägerin gestellte allgemeine Geschäftsbedingung darstellt. Dies hat das Landgericht zu Recht angenommen und dies ist jedenfalls im Berufungsrechtszug außer Streit. Im Schriftsatz vom 26.03.2012 (Bl. 29 ff. GA) hat die Klägerin im Übrigen noch selbst betont, dass die Klausel einer von der E-Brauerei verwendeten Klausel nachgebildet ist. Für den AGB-Charakter spricht auch der erste Anschein des Vertrages, der sich als Formularvertrag darstellt. Dass die Klägerin der Beklagten bei der Wahl der Biermarke eine Wahlfreiheit eingeräumt hat, lässt den Charakter von § 3 Abs. 1 als Allgemeine Geschäftsbedingung unberührt, dies schon deswegen, weil Inhalt und Rechtsfolge dieser Vorschrift von der Auswahl der Biermarke unberührt bleiben. Abgesehen davon führt die Einräumung von Wahlmöglichkeiten nur zu einer Klausel mit verschiedenen vorgegebenen Inhalten, ohne an der Eigenschaft als Allgemeine Geschäftsbedingung irgendetwas zu ändern (BGH NJW 1996, 1676).
Ob diese Klausel wirksam ist, insbesondere in Hinblick auf den hier zu prüfenden § 307 BGB, da beiden Vertragspartner Kaufmannseigenschaft zukommt, sie also als Unternehmer im Sinne von § 310 BGB anzusehen sind, ist zweifelhaft und im Ergebnis zu verneinen.
Der Senat vermag der Begründung des Landgerichtes nicht zu folgen.
Der Bundesgerichtshof hat zwar im Urteil vom 06.12.1989 – VIII ZR 310/88 – eine formularmäßig festgelegte „Pachtentschädigung“ bei Unterschreitung der der Pachtzinsbemessung in individueller Vereinbarung zugrundegelegten Jahresbezugsmenge an Bier (also wegen der Individualvereinbarung schon in einem Sonderfall) für wirksam erachtet, da nicht gegen § 138 BGB bzw. § 9 AGBG (§ 307 BGB n.F) verstoßend. Hierauf will offenkundig auch die Klägerin abstellen, wenn sie ausführt, bei der Vertragsklausel (§ 3) handele es sich um eine Regelung „sui generis“. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war eine Mindestbezugspflicht nicht vereinbart (vgl. BGH og Rdnr. 16). Bei einer „unangemessen hohen Pflicht“ zur Mindestabnahme kann deren Auferlegung jedoch gegen § 9 AGBG (§ 307 BGB n.F.) verstoßen (so ausdrücklich BGH og Rdnr. 26). Hier ist aber eine Mindestbezugspflicht ausdrücklich in § 2 („Bezugsverpflichtung“ „mindestens jedoch zur Abnahme“) vereinbart, so dass schon dies eine AGB-rechtliche Überprüfung in Hinblick auf § 9 AGBG bzw. § 307 BGB n.F. – auch nach der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs - eröffnet bzw. erfordert.
Dies kann unter zwei Gesichtspunkten erfolgen.
Bei der streitgegenständlichen vertraglichen Klausel des § 3 Abs. 1 kann es sich entweder um eine Schadensersatzpauschalierung oder um ein Vertragsstrafenversprechen handeln.
Was gewollt ist, ist grundsätzlich im Wege der Auslegung zu ermitteln. Während die Schadenspauschalierung allein die Schadensregulierung erleichtern und den Schadensbeweis ersparen soll, hat die Vertragsstrafe einen doppelten Zweck: Erstens besteht ihr Zweck darin, die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit als „Druckmittel“ zu sichern. Sie soll dem Gläubiger zweitens im Falle einer Leistungsstörung den Schadensbeweis ersparen. Insofern besteht zur Schadensersatzpauschalierung Zweckidentität (vgl. Bühler, Brauerei- und Gaststättenrecht, 13. Aufl. Rn. 1050).
In Übereinstimmung mit der Entscheidung des 3. Zivilsenats Oberlandesgerichts Köln - 3 U 148/05 - zitiert nach juris Rn. 22, ist hier von einer Schadensersatzpauschale auszugehen. Hierfür spricht, dass gemäß § 3 der vertraglichen Regelung von einer „Deckungsbeitragsausgleichszahlung“ die Rede ist. Die Abrechnung über die Minderabnahme wird dabei jeweils zum Ende eines Kalenderjahres vorgenommen, die sich daraus ergebenden Rechnungsbeträge sind sofort zur Zahlung fällig. Auch soll der tatsächlich entgangene Gewinn deutlich höher als der vertraglich vereinbarte Betrag von 30,-- € netto sein (vgl. nach Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 14.06.2012, Bl. 48 ff., Bl. 52 GA: „79,00 €“), was gleichfalls für eine pauschalisierte Schadenspauschale und gegen eine Vertragsstrafe spricht (vgl. Bühler og. Rdnr. 1054)
Die strittige Klausel ist als Regelung eines pauschalisierten Schadensersatzes gemäß §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 310 BGB (beide Parteien sind Unternehmer) unwirksam, da sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. So stellt sie nicht auf ein Verschuldenserfordernis ab, welches jedoch zum Kernbestand des in §§ 280 ff. BGB geregelten Schadensersatzrechtes gehört. Denn es heißt dort ausdrücklich, dass die Abrechnung über die Minderabnahme jeweils zum Ende eines Kalenderjahres vorgenommen wird. Die sich daraus ergebenden Rechnungsbeträge sind sofort zur Zahlung fällig. Nicht ausreichend ist daher, wenn die Klausel einen Nachweis fehlenden Verschuldens nicht ausdrücklich ausschließt (vgl. Bühler, oben genannt, Rn. 1042). Im Übrigen verstößt die streitgegenständliche Klausel auch deswegen gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil mit ihr auch auf das Erfordernis des § 281 BGB verzichtet wird, der für den Schadensersatzanspruch „Schadensersatz statt Leistung“ eine erfolglose Fristsetzung voraussetzt. Denn die Klausel sieht nur vor, dass die Minderabnahmen zum Ende des Jahres abzurechnen sind und die sich daraus ergebenden Rechnungsbeträge sofort zur Zahlung fällig sein sollen. Dem Getränkelieferanten ist es aber im Allgemeinen zuzumuten, entsprechend § 281 Abs. 1 BGB zu verfahren, die Obliegenheit zur Mahnung kann auch im Unternehmerverkehr nicht formularmäßig abbedungen werden. Gleiches gilt für das Erfordernis der Fristsetzung (vgl. Bühler, oben genannt, Rn. 1041).
Im Ergebnis folgt daher aus § 306 Abs. 1 BGB, dass die strittige Klausel unwirksam ist, der Vertrag im Übrigen ist wirksam. Weiter gilt gemäß § 306 Abs. 2 BGB, dass sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften richtet.
Dementsprechend stützt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren hilfsweise auf einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung vertraglicher Pflichten (vgl. Replik vom 26.03.2012, Bl. 29 ff., 32 GA; soweit dort auf Bl. 33 noch ein Schadensersatzanspruch wegen vertragswidrigen Drittbezugs äußerst hilfsweise geltend gemacht sein soll, so soll dies nur für den Fall geschehen, dass der Nachweis des „Nichtvertretenmüssen“ der Beklagten gelingt, was jedoch im Ergebnis nicht entscheidungserheblich ist – siehe hierzu sogleich). Dies geschieht ohne Erfolg.
Gemäß § 281 Abs. 1 i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB ist im hier geltend gemachten Fall „Schadensersatz statt Leistung“ (entgangener Gewinn) im Grundsatz erforderlich, dass dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt worden ist. Dies ist hier unstreitig nicht erfolgt.
Gemäß § 281 Abs. 2 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beidseitigen Interesse die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruches rechtfertigen. Davon, dass angesichts dessen die Fristsetzung hier entbehrlich war, kann nach den Umständen nicht ausgegangen werden.
Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Beklagte im Jahr 2008 im Verfahren 21 O 95/10 Landgericht Köln (Oberlandesgericht Köln 7 U 65/11) die Feststellung dahingehend begehrt hat, dass der zwischen den Parteien bestehende Bierlieferungsvertrag vom 05.08.2004 nichtig sei, bzw. hilfsweise, dass sie nicht verpflichtet sei, von der Beklagten aufgrund des Bierlieferungsvertrages vom 05.08.2004 Biere und alkoholfreie Getränke zu beziehen. An das Vorliegen einer § 281 Abs. 2 BGB entsprechenden Erfüllungsverweigerung sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein (vgl. Palandt-Grüneberg BGB, 71. Aufl. § 281 Rn. 14). Dies kann hier nicht bejaht werden. Denn in jenem Verfahren waren dem PKH-Antrag bzw. der Klage der hiesigen Beklagten deren Schreiben vom 21.11.2008 (Bl. 60/61 und Bl. 62/63 Beiakte) an die hiesige Klägerin und an deren Prozessbevollmächtigten vorangegangen, in denen sie jeweils darauf hinwies, in den nächsten Tagen ein gerichtliches Verfahren einleiten zu wollen, um die Rechtsbeständigkeit des geschlossenen Bierbezugsvertrages gerichtlich prüfen zu lassen. In diesen Schreiben heißt es aber ausdrücklich weiter, dass sie „bis auf Weiteres wie gewohnt ...Getränke beziehen“ werde.
Eine endgültige und ernsthafte Leistungsverweigerung lässt sich auch nicht daraus herleiten, die Beklagte habe immer wieder deutlich zu verstehen gegeben, sie sei nicht in der Lage, die vereinbarte Mindestabnahmemenge (in ihrer Gaststätte) zu erfüllen. Es ist nämlich in diesem Zusammenhang auch denkbar, dass die Beklagte Bier abnimmt, ohne sie in der eigenen Gaststätte zu verbrauchen. Im Übrigen muss sich die Klägerin an ihr Schreiben vom 26.02.2007 (Anlage K 6, Bl. 39 AH) festhalten lassen, in der sie eine Abmahnung bezüglich des Fremdbezuges ausgesprochen hatte. Dieses Schreiben endet mit der Formulierung, dass aufgrund der „bislang positiven Zusammenarbeit“ die Hoffnung bestehe, dass es nicht zu weiteren Fremdbezügen komme.
Die Fristsetzung ist hier auch nicht wegen besonderer Umstände gemäß § 281 Abs. 2 2. Alternative BGB als entbehrlich anzusehen. Nach der vertraglich vereinbarten Regelung gilt zwar, dass sich die Beklagte zu einer jährlichen Mindestabnahmemenge verpflichtet hat, die Leistungsverpflichtung war danach kalendermäßig bestimmt, ohne dass dies eine Fristsetzung entbehrlich machen würde. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien hierdurch ein sogenanntes absolutes Fixgeschäft vereinbart hätten. Ein absolutes Fixgeschäft liegt nur dann vor, wenn die Einhaltung der Leistungszeit nach dem Zweck des Vertrages und der gegebenen Interessenlage für den Gläubiger derart wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt (beispielsweise Saisongeschäft –vgl. Palandt-Grüneberg BGB 71. Aufl. § 271 Rdnr. 17).
Ob durch die Regelung jedenfalls ein relatives Fixgeschäft zwischen den Parteien vereinbart war, was voraussetzt, dass die Einhaltung der Leistungszeit so wesentlich war, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft „stehen und fallen“ sollte (vgl. Palandt-Grüneberg BGB 71. Aufl. § 271 Rdnr. 18), kann dahinstehen. Beim relativen Fixgeschäft würde der Klägerin als Gläubigerin nur gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein sofortiges Rücktrittsrecht zustehen, aber kein sofortiger Schadensersatzanspruch ohne Nachfristsetzung (vgl. Münchner Kommentar, 6. Aufl., Bearbeiter Ernst § 281 Rn. 59 zitiert nach Beck online sowie Palandt oben genannt § 281 Rn. 15).
2 Zum Hilfsantrag:
Da der Hauptantrag der Klageabweisung unterliegt, war über die hilfsweise gestellte Stufenklage zu entscheiden.
Die Stufenklage war insgesamt als unbegründet abzuweisen, weil die Klägerin vom Beklagten die hilfsweise begehrte Leistung nicht verlangen kann. Ausweislich des zwischen den Parteien geschlossenen Bierlieferungsvertrages vom 05.08.2004 ist als von der Klägerin gestellte allgemeine Geschäftsbedingung unter § 3 Abs. 4 vorgesehen, dass für jeden über Dritte bezogenen Hektoliter Bier eine Entschädigung von 30 % des jeweiligen Biereinkaufpreises geschuldet sei. Bei dieser Klausel, die entsprechend den obigen Ausführungen der AGB-rechtlichen Kontrolle des § 307 BGB (beide Parteien sind Kaufleute) zu unterziehen ist, handelt es sich um eine Regelung über eine Vertragsstrafe und nicht über einen pauschalisierten Schadensersatz. Auch wenn in der Klausel der Begriff der „Entschädigung“ verwendet wird, so ist hier doch von einer Vertragsstrafe deswegen auszugehen, weil ein der Klägerin durch den Fremdbezug über die Nichtabnahme hinaus entstehender Schaden schon nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die zitierte Klausel nach ihrem Sinn allein dazu dienen soll, die Beklagte durch Androhung einer Vertragsstrafe als Sanktion zu zwingen, nicht bei Dritten Getränke zu beziehen. Dabei sieht die streitgegenständliche Klausel die Verpflichtung zur Zahlung vor, ohne dass ein Verschulden vorausgesetzt wird. Zwar heißt es in der Klausel, dass für jeden vertragswidrig bezogenen Hektoliter die Entschädigung zu zahlen ist. Ob hiermit auch ein Verschulden vorausgesetzt wird, bleibt jedoch nach dem Wortlaut „vertragswidrig“ zumindest im Unklaren, was gemäß § 305 c BGB zu Lasten der Klägerin als Verwenderin gehen muss. Eine Regelung über die Vertragsstrafe, die verschuldensunabhängig ausgestaltet ist, ist jedoch unwirksam im Hinblick auf § 307 Abs. 2 Nr. 1, §§ 339 ff. BGB.
Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 28.03.2013 (Bl. 164 – 165 GA) und der Beklagten in den Schriftsätzen vom 28.03.2013 (B. 166 GA) und vom 12.04.2013 (Bl. 167 – 168 GA) – allesamt nach Schluss der mündlichen Verhandlung, nicht nachgelassen, eingegangen (§ 296a ZPO) - veranlassen nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.
Streitwert für die Berufung: 22.872,00 €