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  • 27.09.2013 · IWW-Abrufnummer 133059

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 19.02.2013 – 4 U 96/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Karlsruhe
    19.02.2013
    4 U 96/12
    Tenor:
    I.
    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 21.03.2012 (5 O 37/11 KfH) wird zurückgewiesen.
    II.
    Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 21.03.2012 im Kostenpunkt aufgehoben und hinsichtlich Ziff. 2 wie folgt abgeändert:
    Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin weitere 4.308,32 € zu zahlen.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    III.
    Im Übrigen wird die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.
    IV.
    Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
    V.
    Das Urteil und die angefochtene Entscheidung unter 1) sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckbaren Betrags leistet.
    Gründe
    1
    I.
    Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
    2
    Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben, hinsichtlich geltend gemachter Verzugszinsen die Klage teilweise abgewiesen. Im Umfang ihrer Beschwer greifen die Parteien das Urteil mit Berufung und Anschlussberufung an.
    3
    Das Landgericht ist von einem restlichen Werklohnanspruch der Klägerin in Höhe von 45.298,05 € ausgegangen. Der im Rahmen der Skontoabrede vereinbarte Preisnachlass greife nicht, da die Beklagte bei den Abschlagsrechnungen zu hohe Skontobetrag vorgenommen habe. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, von den Abschlagsrechnungen die vertraglich vorgesehene Bauumlage von 1 % abzuziehen. Der Vertrag enthalte auch keine Grundlage dafür, den jeweiligen Leistungsstand als Berechnungsgrundlage für das Skonto zugrundezulegen. Die Beklagte Ziff. 1 hätte vielmehr das Skonto aus den Abschlagszahlungen von 90 % des Leistungsstandes errechnen müssen.
    4
    Aus der bloßen Hinnahme der Kürzungen könne nicht auf eine entsprechende stillschweigende Änderung der Skontoabrede geschlossen werden. Die Klägerin verhalte sich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf die fehlerhafte Abrechnung der Beklagten Ziff. 1 berufe. Es sei das eigene Risiko des Schuldners, ob er den Skontoabzug richtig berechne oder nicht. Die Höhe des zuviel abgezogenen Skontos sei auch nicht so geringfügig, dass die Klägerin sich hierauf nicht berufen dürfe.
    5
    Die geltend gemachten Verzugszinsen für die Zeit bis zum 09.12.2010 stünden der Klägerin allerdings nicht zu, das es an einer qualifizierten Mahnung nach § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B fehle. Im übrigen würden die Voraussetzungen der §§ 286 Abs. 4, 242 BGB vorliegen.
    6
    Mit der Berufung rügen die Beklagten, dass Rechnungsbetrag im Sinne der Skontovereinbarung der jeweilige Leistungsstand von 100 % und nicht der um die Sicherheitsleistung von 10 % reduzierte Betrag der Abschlagszahlungen sei. Im Übrigen habe das Landgericht selbst bei einem unberechtigten Skontoabzug der Beklagten Ziff. 1 die Erheblichkeitsschwelle nicht ausreichend berücksichtigt. Wenn der Auftraggeber den weitaus größten Teil der Gesamtforderung rechtzeitig zahle und nur wegen eines geringen Teils die Zahlungen zurückbehalte, dürfe er bei objektiver Betrachtung davon ausgehen, dass der jeweilige Skontoabzug auch die Akzeptanz des Auftragnehmers finde. Vorliegend sei es nur zu entsprechend unerheblichen Abweichungen gekommen. Die Ausführungen des Landgerichts zur Bauumlage von 1 % seien unverständlich, da die Klägerin durch die betreffende Berechnung keinen wirtschaftlichen Nachteil erlitten habe. Die Bauumlage sei vertraglich vereinbart und geschuldet gewesen. Durch die gleichförmige Skontoberechnung bei den 22 Abschlagsrechnungen ergebe sich aus dem fehlenden Widerspruch der Klägerin eine stillschweigende Änderung des Vertrags. Diese folge aus § 362 HGB oder aus § 242 BGB.
    7
    Die Beklagten beantragen:
    Das am 21.03.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Offenburg vom 21.03.2012 (5 O 37/11 KfH) wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
    8
    Die Klägerin beantragt,
    die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
    9
    Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin,
    die Beklagte zur Zahlung weiterer 4.316,17 € zu verurteilen.
    10
    Die Beklagten beantragen,
    die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
    11
    Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit der Klage stattgegeben wurde und wiederholt im Wesentlichen ihren Vortrag erster Instanz. Ziff. 6 a) des Verhandlungsprotokolls vom 28.09.2009 halte schon einer AGB-Inhaltskontrolle nicht Stand. Das Landgericht sei zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte Ziff. 1 in erheblicher Weise ungerechtfertigt Abzüge von den Abschlagsrechnungen vorgenommen habe. Einer Abänderung der Skontovereinbarung stehe schon die doppelte Schriftformklausel im Vertrag entgegen. Auf einen etwaigen Verstoß gegen § 307 BGB dürfe sich die Beklagte Ziff. 1 als Verwenderin der Klausel nicht berufen.
    12
    Auf § 242 BGB könne sich die Beklagte Ziff. 1 schon deshalb nicht berufen, weil sich die Klägerin erst bei Abfassung der Schlussrechnung mit den Skontoabzügen näher befasst habe. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sie realisiert, dass die Beklagte Ziff. 1 zuvor vertragswidrig abgerechnet habe.
    13
    Soweit das Landgericht die Klage abgewiesen habe, beruhe die Entscheidung auf Rechtsfehlern. § 16 Ziff. 5 Abs. 3 VOB/B sei nicht anwendbar, da die Klausel isoliert betrachtet gegen § 307 BGB verstoße. Im Hinblick auf Ziff. 6.a des Verhandlungsprotokolls vom 28.09.2009 sei eine Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich gewesen.
    14
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
    15
    II.
    Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussberufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.
    16
    A Berufung:
    17
    Der Klägerin steht der ausgeurteilte Werklohnanspruch nach den §§ 631 Abs. 1, 641 Abs. 1 BGB zu.
    18
    1.
    Zu dem durch die Skontoabrede vereinbarten Teilerlass der Werklohnforderung nach den §§ 397 Abs. 1, 158 Abs. 1 BGB ist es nicht gekommen, da die Beklagte Ziff. 1 die berechtigten Forderungen der Klägerin auf Abschlagszahlungen unter Berücksichtigung der getroffenen Skontovereinbarung nicht in vollem Umfang befriedigt hat.
    19
    Zur Begründung kann auf die zutreffenden Ausführungen der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen werden. Die vertragliche Regelung in Ziff. 6.a und c des Verhandlungsprotokolls vom 28.09.2009 ist vom Wortlaut und der vertraglichen Systematik dahin zu verstehen, dass sich der Skontoabzug von 4 % auf den Abschlagszahlungsbetrag von 90 % der erbrachten Leistungen bezieht.
    20
    Für eine andere Auslegung der vertraglichen Regelung fehlen nach dem Zweck einer entsprechenden Skontovereinbarung jegliche Anhaltspunkte. Für den in einer Skontovereinbarung liegenden Teilerlass erhält der Auftragnehmer als Ausgleich schnelle und gegenüber der vertraglichen Regelung vorfällige Zahlungen. Ihm wird damit rasch Liquidität gewährt (vgl. OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2012, 10 U 102/11, zitiert nach [...]). Schon aus dieser Zwecksetzung folgt, dass eine Skontovereinbarung sich - jedenfalls bei nicht ausdrücklich abweichender Regelung - auf den entsprechenden Rechnungsbetrag und nicht auf den Leistungsstand allgemein bezieht.
    21
    Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Abzug der Bauumlage von 1 % im Rahmen der Abschlagsrechnungen vertraglich nicht vorgesehen war. Entgegen der Einschätzung der Beklagten ist dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung auch nicht belanglos, weil hieraus ein weiterer unberechtigter Abzug von den Abschlagsrechnungen folgte, der dazu führte, dass der Klägerin nicht im Rahmen der getroffenen vertraglichen Vereinbarung Liquidität zugeführt wurde.
    22
    2.
    Die Höhe der zu Unrecht erfolgten Abzüge von den Abschlagsrechnungen war nicht so unerheblich, dass sich die Klägerin hierauf nach § 242 BGB nicht berufen darf (vgl. auch OLG Stuttgart, a.a.O.). Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (MDR 1980, 933 ff.) betrifft eine abweichende Fallgestaltung, bei der es um die Geltendmachung von streitigen Gegenrechten ging. Die betreffenden Ausführungen lassen sich auf die vorliegende Konstellation, bei der eine Partei sich bei der Abrechnung nicht vertragstreu verhält, nicht übertragen.
    23
    3.
    Eine vom ursprünglichen Vertrag abweichende Vereinbarung zwischen den Parteien ist nicht zustande gekommen. Schon ein entsprechendes Vertragsangebot lässt sich aus den Zahlungsfreigaben der Beklagten Ziff. 1 nicht ableiten. Das Schweigen eines Vertragspartners kommt jedenfalls dann als Annahmeerklärung nicht in Betracht, wenn eine für den Erklärungsempfänger ungünstige Abänderung erstrebt wird (Oberlandesgericht Hamm, NJW-RR 1994, 1474 ff. [OLG Hamm 14.03.1994 - 17 U 200/93]).
    24
    Es ist auch nicht treuwidrig, dass sich die Klägerin trotz der aus den ersten vier Zahlungsfreigaben ersichtlichen Abrechnungsweise der Beklagten Ziff. 1 auf die vertragswidrige Abrechnung der Beklagten Ziff. 1 beruft. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Die in der Berufungsbegründung zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 14.08.2003, 8 U 24/03, zitiert nach [...]) lässt sich auf den vorliegenden Fall schon deswegen nicht übertragen, weil es bei dem dort zur Entscheidung stehenden Sachverhalt um eine mehrjährige, intensive und umfangreiche Geschäftsbeziehung ging und nicht um ein einzelnes Vertragsverhältnis. Im Übrigen dürfte sich der Vortrag der Klägerin, die Abrechnung der Beklagten erst bei Erstellung der Schlussrechnung auf die jeweilige Berechnung des Skontos hin überprüft zu haben, auch nicht widerlegen lassen. Aber auch ohne diesen Gesichtspunkt liegt kein Verstoß der Klägerin gegen Treu und Glauben vor.
    25
    B Anschlussberufung:
    26
    Die betreffenden Ansprüche stehen der Klägerin nach den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 Abs. 2 BGB zu.
    27
    Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass vorliegend die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart wurde. § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B hält einer isolierten Inhaltskontrolle nicht Stand, sondern ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zur Verzinsung der Werklohnforderung nicht vereinbar, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGH, NJW 2009, 3717 [BGH 20.08.2009 - VII ZR 212/07]). Die Beklagte Ziff. 1 ist daher nach Ziff. 6 a des Verhandlungsprotokolls vom 28.09.2009 mit Ablauf von 18 Werktagen nach Eingang der jeweiligen Abschlagsrechnung in Verzug geraten (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dass der Zugang einer Rechnung ein entsprechendes Ereignis darstellen kann, ist allgemein anerkannt (vgl. Münchener Kommentar-Ernst, BGB, 6. Aufl. 2012, § 286 Rdnr. 58).
    28
    Im Hinblick auf die Angaben der Beklagten zum jeweiligen Zugang der Abschlagsrechnungen in der Klagerwiderung vom 30.08.2011 ergibt sich zum Teil ein geringfügig abweichender Verzugsbeginn gegenüber der Darstellung in der Klageschrift. Insgesamt errechnen sich aufgelaufene Verzugszinsen von 4.308,32 €.
    29
    Aus §§ 286 Abs. 4, 242 BGB folgt nicht, dass die Klägerin die aufgelaufenen Verzugszinsen nicht verlangen darf. Die Beklagte Ziff. 1 hat sich vielmehr bei den Abzügen von den Abschlagsrechnungen selbst in erheblicher Weise vertragsuntreu verhalten. Für eine Anwendung von § 242 BGB ist daher kein Raum.
    30
    III.
    Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
    31
    Anlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    RechtsgebieteVOB/B, BGBVorschriften§ 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB § 397 Abs. 1 BGB