Betriebsausgaben
Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG
von Steuerberater Hans Günter Christoffel, Brühl
Der Gesetzgeber hat die Abziehbarkeit von Schuldzinsen nach dem Zwei- und Mehrkontenmodell im Steuerbereinigungsgesetz 1999 neu geregelt. Die Finanzverwaltung hat mit BMF- Schreiben vom 22.5.2000 (Beilage GStB 6/2000, R 28) zu der Auslegung des § 4 Abs. 4a EStG Stellung genommen. Nachfolgend wird das Wichtigste für den Praktiker aus diesem BMF- Schreiben dargestellt und anhand zahlreicher Beispiele erläutert.
1. Betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen
§ 4 Abs. 4a EStG betrifft Schuldzinsen, die ertragsteuerlich als Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Schuldzinsen, die von Anfang an als privat veranlasst anzusehen sind, dürfen bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht aufwandsmäßig berücksichtigt werden; § 4 Abs. 4a EStG kommt hier nicht zur Anwendung. Die Finanzverwaltung fordert daher in dem oben angeführten BMF- Schreiben, dass die Schuldzinsen anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Darlehensmittel der betrieblichen oder privaten Sphäre zuzuordnen sind. Hierzu hat sie folgende Grundsätze aufgestellt:
1.1 Darlehen dient außerbetrieblichen Zwecken
Dient ein Darlehen zur Finanzierung außerbetrieblicher Zwecke, zum Beispiel zur Finanzierung des privaten Hausbaus, sind die angefallenen Schuldzinsen nicht betrieblich veranlasst.
Beispiel
A benötigt zur Finanzierung seines selbstgenutzten Einfamilienhauses ein Darlehen in Höhe von 200.000 DM. Dieses Darlehen sichert er über ein Betriebsgrundstück ab.
Bei dem Darlehen handelt es sich um eine privat veranlasste Schuld; die Zinsen sind daher nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Soweit das Darlehen über das betriebliche Bankkonto ausgezahlt und anschließend entnommen wurde, liegt ertragsteuerlich keine Entnahme vor, die bei der Ermittlung der Überentnahme zu berücksichtigen ist.
Entsprechend will die Finanzverwaltung in den Fällen verfahren, in denen ein eindeutig dem Privatbereich zuzuordnender Vermögensgegenstand mit Mitteln des Betriebs angeschafft wird, ohne dass der Betrieb über ausreichende Liquidität verfügt. Nimmt der Steuerpflichtige einen „betrieblichen Privatkredit“ auf und lässt die Auszahlung über das betriebliche Girokonto verbuchen, so ist bei Entnahme der Mittel eine betriebliche Veranlassung dieses Kredits zu verneinen.
Hinweis: In diesem Fall ist darauf zu achten, dass der für private Zwecke „verbrauchte“ Kreditbetrag nicht noch zusätzlich bei der Ermittlung der Überentnahme angesetzt wird. Denn sonst käme es einerseits zu einer Verbuchung der Zinsen als Privatentnahme und andererseits zum Ansatz der Darlehensentnahme bei der Ermittlung der Überentnahme.
1.2 Gemischtes Kontokorrentkonto
Unterhält der Steuerpflichtige für den betrieblichen und den privat veranlassten Zahlungsverkehr ein gemischtes Kontokorrentkonto, sind die Schuldzinsen in einen privat und einen betrieblich veranlassten Anteil aufzuteilen (vgl. BMF 10.11.93, BStBl I, 930 Tz 11 - 18). Zur Bestimmung des anteiligen betrieblich veranlassten Sollsaldos ist das Kontokorrentkonto rechnerisch in ein betriebliches und ein privates Unterkonto aufzuteilen. Auf dem betrieblichen Unterkonto sind die betrieblich veranlassten und auf dem privaten Unterkonto die privat veranlassten Sollbuchungen zu erfassen. Habenbuchungen sind vorab dem privaten Unterkonto bis zu dessen Tilgung gutzuschreiben; nur darüber hinausgehende Beträge sind dem betrieblichen Unterkonto zuzurechnen. Dabei werden Betriebseinnahmen nicht vorrangig mit Betriebsausgaben des gleichen Tages saldiert. Schuldzinsen sind als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie durch Sollsalden des betrieblichen Unterkontos veranlasst sind. Die Berechnung erfolgt grundsätzlich nach der Zinsstaffelmethode.
Hinweis: Die Unterteilung des gemischten Kontokorrentkontos in Unterkonten und die Entwicklung dieser Unterkonten kann auch nachträglich erfolgen. Lässt sich dies nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Verwaltungsaufwand rekonstruieren, so kann im Rahmen einer Außenprüfung eine sachgerechte Schätzung erfolgen. Dabei muss ein Ergebnis angestrebt werden, dass sich bei einer Aufteilung des gemischten Kontokorrentkontos in ein betriebliches und ein privates Unterkonto unter Anwendung der Zinsstaffelmethode ergeben würde. Im Einzelfall kann eine Schätzung nach dem Verhältnis der Summe der betrieblich und privat veranlassten Sollbeträge in Betracht kommen, soweit diese zu einem Sollsaldo führen.
1.3 Zwei- oder Mehrkontenmodell
Beim Zwei- oder Mehrkonten-Modell unterhält der Betrieb zwei getrennte Kontokorrentkonten. Über das erste der beiden Konten, das sogenannte Guthabenkonto, sind die Betriebseinnahmen und die privaten Aufwendungen zu verbuchen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass dieses Konto stets einen positiven Saldo aufweist. Im Ergebnis können über dieses Konto die gesamten Betriebseinnahmen für private Zwecke entnommen werden. Über das zweite Konto, das sogenannte Schuldkonto, sind alle Betriebsausgaben zu verbuchen. Der dadurch bedingte negative Saldo führt dann zu Schuldzinsen, die in vollem Umfang als betrieblich veranlasst anzusehen sind.
Hinweis 1: Vereinbart der Betrieb mit der Bank, dass die beiden Konten zum Zweck der Zinsberechnung zusammengefasst werden, um die Differenz zwischen Haben- und Sollzins möglichst gering zu halten, führt dies nicht zur Einschränkung des Zweikonten-Modells (BFH 19.3.98, BStBl II, 513).
Hinweis 2: Nach Tz 4 des o.a. BMF- Schreibens „funktioniert“ das Zweikonten-Modell nicht, wenn ein Darlehen tatsächlich zur Finanzierung einer Entnahme verwendet wird. Dies ist der Fall, wenn der Betrieb keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung hat und die Entnahme von Barmitteln erst dadurch möglich wird, dass Darlehensmittel in das Unternehmen fließen.
Beispiel
B will 100.000 DM aus seinem Unternehmen für private Zwecke abziehen. Sein betriebliches Girokonto weist einen Negativbestand von 20.000 DM auf. Er erhält von der Bank einen Kredit in Höhe von 120.000 DM, den er auf seinem Girokonto verbucht und im Anschluss daran 100.000 DM entnimmt.
Das Darlehen ist in Höhe von 100.000 DM privat veranlasst, da es tatsächlich zur Finanzierung einer Entnahme verwendet wurde und dem Betrieb keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung standen. Der Betrag von 100.000 DM ist nicht bei der Ermittlung der Überentnahme zu berücksichtigen.
2. Begriffe: Gewinn, Entnahme und Einlage
Eine Überentnahme liegt vor, wenn die Entnahmen höher sind als die Summe aus Gewinn und Einlagen des betreffenden Wirtschaftsjahres. Die Begriffe bestimmen sich nach § 4 Abs. 1 EStG.
2.1 Gewinnbegriff
Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um Entnahmen und Einlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach Tz 8 des o.a. BMF- Schreibens ist auf den steuerlichen Gewinn unter Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen vor Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG abzustellen. Die nichtabziehbaren Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 5 bis 7 EStG sind demnach bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns zu berücksichtigen. Steuerfreie Gewinne sowie Veräußerungs- oder Aufgabegewinne sind ebenfalls einzubeziehen.
Hinweis: Kommt es zum Beispiel im Zusammenhang mit einer eigengenutzten Wohnung zur Entnahme des Grund und Bodens, bleibt der Entnahmegewinn unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei (§ 13 Abs. 5 und § 15 Abs. 1 Satz 3 EStG). Wird der steuerfreie Entnahmegewinn bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für § 4 Abs. 4a EStG angesetzt, muss korrespondierend die Entnahme mit dem Teilwert erfasst werden. Aus Vereinfachungsgründen lässt die Finanzverwaltung es zu, die Entnahme mit dem Buchwert zu berücksichtigen, wenn die darauf beruhende Gewinnerhöhung bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns außer Ansatz bleibt.
Unter den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG fällt auch ein Verlust. Würde dies ohne Einschränkung auch für § 4 Abs. 4a EStG gelten, so ergäbe sich für den Fall, dass überhaupt keine Entnahmen und Einlagen in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr getätigt worden sind, allein auf Grund des Verlustes eine Überentnahme, die dann eine Hinzurechnung von 6 v.H. auslösen würde. Diesem Ergebnis kann nicht zugestimmt werden. Die Finanzverwaltung hat sich unter Tz 11 f. des o.a. BMF- Schreibens teilweise den Bedenken gegen die Berücksichtigung von Verlusten angeschlossen. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist, so die Finanzverwaltung, in einem Verlustjahr die Überentnahme nur mit dem Betrag anzusetzen, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen („Entnahmeüberschuss“); der Verlust wird bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt.
Beispiel
Der Einzelunternehmer C hat im Wirtschaftsjahr 1999 einen Verlust von 20.000 DM erlitten. In diesem Wirtschaftsjahr sind Entnahmen von 50.000 DM und Einlagen von 30.000 DM getätigt worden.
Der Verlust bleibt bei der Ermittlung der Überentnahme außer Ansatz. Durch die Gegenüberstellung der Entnahmen von 50.000 DM und der Einlagen von 30.000 DM ergibt sich ein Entnahmeüberschuss von 20.000 DM.
Hinweis: Hinsichtlich der Verlustberücksichtigung in dem Wirtschaftsjahr, in dem die Überentnahme zu ermitteln ist, verfährt die Finanzverwaltung wie bei § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG, der die Überentnahme als schädliches Ereignis für die Gewährung des Freibetrags von 500.000 DM und des Bewertungsabschlags von 40 v.H. bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen regelt. Die Vorschrift im Erbschaftsteuergesetz bestimmt ausdrücklich, dass bei der Ermittlung der Überentnahmen Verluste unberücksichtigt bleiben; in § 4 Abs. 4a EStG fehlt eine solche Regelung. Hier hat der Gesetzgeber, als er § 4 Abs. 4a EStG in Anlehnung an § 13a ErbStG formuliert hat, nicht aufgepasst. Eine Bereinigung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 wäre in diesem Punkt unbedingt erforderlich, um eine gesicherte Rechtsgrundlage zu erhalten. Zurzeit ist man in diesem Punkt von der großzügigen Rechtsauslegung der Finanzverwaltung abhängig.
Diese großzügige Rechtsauslegung beschränkt sich jedoch nur auf die Nichtberücksichtigung des Verlustes bei der Ermittlung der Überentnahme für das Verlustentstehungsjahr. Dagegen sieht Tz 11 des o.a. BMF- Schreibens eine Saldierung des Verlustes mit Überentnahmen vergangener und künftiger Wirtschaftsjahre vor. Auch ein Einlageüberschuss im Verlustentstehungsjahr soll mit dem Verlust ausgeglichen werden, so dass dieser Einlageüberschuss nicht oder zumindest nicht in voller Höhe als Unterentnahme für künftige Wirtschaftsjahre zur Verfügung steht.
Beispiel
D hat im Wirtschaftsjahr 01 einen Gewinn von 20.000 DM erzielt. In diesem Wirtschaftsjahr sind Entnahmen von 50.000 DM und Einlagen von 100.000 DM angefallen. Im Wirtschaftsjahr 02 hat der Betrieb einen Verlust von 70.000 DM erlitten. Die Entnahmen betrugen 0 DM und die Einlagen 50.000 DM. Für das Wirtschaftsjahr 03 ergibt sich ein Gewinn von 80.000 DM. In diesem Wirtschaftsjahr wurden Einlagen von 20.000 DM und Entnahmen von 170.000 DM getätigt.
Für das Wirtschaftsjahr 01 ergibt sich eine Unterentnahme von
Gewinn: 20.000 DM
Einlagen: + 100.000 DM
Entnahmen: ./. 50.000 DM
Unterentnahme: 70.000 DM
Für das Wirtschaftsjahr 02 ergibt sich unter Ansatz des Verlustes von
70.000 DM eine Überentnahme von
Verlust: ./.70.000 DM
Einlage: + 50.000 DM
Überentnahme: 20.000 DM
Die Überentnahme führt jedoch nicht zum Ansatz eines Hinzurechnungsbetrags, da sich kein Überschuss der Entnahmen über die Einlagen ergibt. Allerdings soll die Überentnahme nach Auffassung der Finanzverwaltung, nachdem sie bereits die Einlagen des Wirtschaftsjahres 02 für die Berechnung einer Unterentnahme gemindert hat, mit dem verbleibenden Betrag von 20.000 DM mit Unterentnahmen vergangener und künftiger Wirtschaftsjahre saldiert werden. Dies bedeutet, dass die Überentnahme von 20.000 DM zu einer Kürzung der Unterentnahme des Wirtschaftsjahres 01 führt, so dass im Wirtschaftsjahr 03 als Unterentnahmen aus den Vorjahren nur 50.000 DM zur Verfügung stehen.
Im Wirtschaftsjahr 03 ergibt sich auf Grund des Gewinns von 80.000 DM und der Einlagen von 20.000 DM, den Entnahmen von 170.000 DM gegenübergestellt, eine Überentnahme von 70.000 DM. Diese Überentnahme ist um die verbliebene Unterentnahme des Wirtschaftsjahres 01 von 50.000 DM zu kürzen, so dass als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Hinzurechnungsbetrags von 70.000 DM ./. 50.000 DM = 20.000 DM auszugehen ist.
Beispiel
Im Wirtschaftsjahr 01 ergibt sich für das Unternehmen des E eine Überentnahme von 50.000 DM. Im Wirtschaftsjahr 02 ist ein Verlust von 20.000 DM eingetreten. Entnahmen und Einlagen sind in diesem Wirtschaftsjahr nicht getätigt worden. Im Wirtschaftsjahr 03 ergibt sich auf Grund des Gewinns von 100.000 DM nach Berücksichtigung von Einlagen und Entnahmen eine Unterentnahme von 30.000 DM.
Die Unterentnahme im Wirtschaftsjahr 03 ist mit dem Verlust des Wirtschaftsjahres 02 zu saldieren; es verbleibt danach eine Unterentnahme von 10.000 DM. Im Anschluss daran ist die Überentnahme des Wirtschaftsjahres 01 von 50.000 DM zu berücksichtigen, so dass im Ergebnis als Bemessungsgrundlage für die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG ein Betrag von 40.000 DM anzusetzen ist. Hier stellt sich m.E. die Frage, ob § 4 Abs. 4a EStG im Wirtschaftsjahr 03 überhaupt anzuwenden ist. Denn Satz 4 dieser Vorschrift sieht eine Hinzurechnung nur bei einer Überentnahme vor, dann allerdings unter Berücksichtigung der Über- und Unterentnahmen aus den Vorjahren.
2.2 Entnahme- und Einlagebegriff
Der Begriff „Entnahme“ ist in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG definiert. Darunter fallen Barentnahmen, Entnahmen von Waren und Erzeugnissen sowie die Entnahme von Nutzungen und Leistungen, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres „abzweigt“. Gegenstand der Entnahme sind vorrangig materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter, unabhängig davon, ob sie abnutzbar oder nicht abnutzbar sind. Auch Nutzungsrechte können Gegenstand einer Entnahme sein. Hierbei kann es sich um dingliche und obligatorische Ansprüche auf Nutzungsgewährung auf Grund einer gesicherten Rechtsposition handeln. Nicht rechtlich gesicherte, jederzeit entziehbare Ansprüche auf die Überlassung eines Wirtschaftsguts sind dagegen nicht entnehmbar.
Ebenfalls zu den Entnahmen rechnet die private Pkw- und Telefonnutzung; sie wird mit dem „entnommenen“ Nutzungsaufwand angesetzt. Schließlich rechnen zu den Entnahmen auch Leistungsentnahmen, zum Beispiel die Entnahme eines Gebäudes, das im Betriebsvermögen hergestellt worden ist und nach Fertigstellung privaten Zwecken des Unternehmers dient. Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen ein Bauunternehmer von Anfang an für private Zwecke ein Gebäude herstellt. In diesem Fall fließt in die Entnahme die eigene Arbeitsleistung des Bauunternehmers nicht ein; vielmehr beschränkt sich die Entnahme auf das, was an Wirtschaftsgütern für die Errichtung des Gebäudes sowie an Leistungen durch Arbeitskräfte des Unternehmers für private Zwecke erbracht wurde.
Nichtabziehbare Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 und 7 EStG) rechnen nicht zu den Entnahmen.
Die Finanzverwaltung hat in Tz 9 des o.a. BMF- Schreibens klargestellt, dass Überführungen von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in das Privatvermögen anlässlich einer Betriebsaufgabe ebenso zu den Entnahmen gehören wie der Erlös aus der Veräußerung eines Betriebs, soweit er in das Privatvermögen überführt wird. Auch die Überführung oder Übertragung von Wirtschaftsgütern aus einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen ist als Entnahme aus dem abgebenden Betriebsvermögen zu behandeln, auch wenn diese Entnahme mit dem Buchwert erfolgt (§ 6 Abs. 5 EStG). Bei dem aufnehmenden Betriebsvermögen liegt eine entsprechende Einlage vor.
Hinweis: Nicht nur die Verlagerung von Bargeld, sondern auch die Verlagerung von Wirtschaftsgütern kann bei mehreren Betrieben dazu genutzt werden, Überentnahmen zu vermeiden oder zumindest „abzubauen“. Solche Überlegungen lohnen sich jedoch nur dann, wenn dadurch bei dem abgebenden Betrieb keine Überentnahmen entstehen.
Das, was für die Entnahme gilt, ist entsprechend bei der Einlage zu beachten. Der Aufwand für ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens ist bei betrieblicher Nutzung als Aufwandseinlage zu behandeln.
3.Korrektur durch Einlagen und Entnahmen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres
§ 4 Abs. 4a Satz 3 EStG schreibt vor, dass Entnahmen und Einlagen, die in den letzten drei Monaten eines Wirtschaftsjahres getätigt wurden, nicht zu berücksichtigen sind, soweit sie in der Summe in den nächsten drei Monaten des Folgejahres wieder rückgängig gemacht werden. Durch diese Regelung will der Gesetzgeber Missbräuche in den Fällen vermeiden, in denen der Steuerpflichtige kurzfristig vor dem Bilanzstichtag eine Einlage leistet, die er kurze Zeit nach dem Bilanzstichtag wieder entnimmt.
Beispiel
Der Steuerberater des A hat kurz vor Ablauf des Wirtschaftsjahres 01 einen vorläufigen Gewinn für dieses Wirtschaftsjahr von 200.000 DM ermittelt. In diesem Wirtschaftsjahr sind Entnahmen von 400.000 DM und Einlagen von 50.000 DM getätigt worden. Hieraus ergäbe sich ein Entnahmeüberschuss von 150.000 DM.
Würde es die Regelung des § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG nicht geben, so könnte A kurz vor dem Bilanzstichtag eine Einlage in Höhe von 150.000 DM leisten, um auf diese Weise einen Entnahmeüberschuss zu vermeiden. Den in das Betriebsvermögen eingelegten Geldbetrag könnte er dann kurz nach dem Bilanzstichtag wieder entnehmen. Damit liefe die Regelung in § 4 Abs. 4a EStG ins Leere. Hier ordnet § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG an, dass die Einlage kurz vor dem Bilanzstichtag mit der Entnahme kurz nach dem Bilanzstichtag zu saldieren ist. Im Ergebnis bleibt dadurch der Entnahmeüberschuss von 150.000 DM für die Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen erhalten.
In diesem Zusammenhang sind zwei Fragen klärungsbedürftig, und zwar:
- Erfolgt eine Doppelberücksichtigung von Entnahmen und Einlagen im 1. Quartal des folgenden Wirtschaftsjahres?
- Erfolgt eine Einzelbetrachtung oder eine Saldierung von Entnahmen und Einlagen in den jeweiligen Drei-Monats-Zeiträumen?
Zu der Frage der Doppelberücksichtigung vertritt die Finanzverwaltung unter Tz 16 des o.a. BMF- Schreibens die Auffassung, dass Entnahmen bzw. Einlagen des 1. Quartals des folgenden Wirtschaftsjahres, die zu einer Korrektur der Einlagen bzw. Entnahmen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres geführt haben, bei der Berechnung der Überentnahme des folgenden Wirtschaftsjahres nicht nochmals angesetzt werden dürfen (gl. A. Schmidt, EStG, 19. Auflage, § 4 Rz 524).
Beispiel
A hat im Wirtschaftsjahr 01 einen Gewinn von 600.000 DM erzielt. In diesem Wirtschaftsjahr hat er Einlagen in Höhe von 200.000 DM getätigt, davon 50.000 DM innerhalb des letzten Kalendervierteljahres. Die im Wirtschaftsjahr 01 vorgenommenen Entnahmen beliefen sich insgesamt auf 900.000 DM; hiervon wurden 200.000 DM in den letzten drei Monaten des Wirtschaftsjahres entnommen. In den ersten drei Monaten des folgenden Wirtschaftsjahres hat B nur Einlagen getätigt, und zwar in Höhe von 40.000 DM.
In einem ersten Schritt sind die im letzten Quartal des Wirtschaftsjahres 01 angefallenen Entnahmen in Höhe von 200.000 DM um die in den ersten drei Monaten des folgenden Wirtschaftsjahres getätigten Einlagen von 40.000 DM zu kürzen. Für die Berechnung der Überentnahmen sind somit dem Gewinn von 600.000 DM und den Einlagen von 200.000 DM Entnahmen in Höhe von 900.000 DM ./. 40.000 DM = 860.000 DM gegenüberzustellen. Der Entnahmeüberschuss beträgt somit 60.000 DM.
Die Finanzverwaltung will die gegengerechneten Einlagen des Wirtschaftsjahres 02 bei der Berechnung der Überentnahme für dieses Wirtschaftsjahr nicht berücksichtigen. M.E. deckt sich diese Gesetzesauslegung nicht mit dem Gesetzeswortlaut, mag sie noch so sinnvoll sein. Denn § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG bestimmt lediglich, dass Entnahmen und Einlagen in den letzten drei Monaten eines Wirtschaftsjahres bei der Ermittlung der Überentnahme dieses Wirtschaftsjahres nicht berücksichtigt werden, soweit sie in der Summe in den nächsten drei Monaten des Folgejahres wieder rückgängig gemacht werden.
Im Gesetz fehlt eine Aussage darüber, was mit den Entnahmen und Einlagen in den ersten drei Monaten des folgenden Wirtschaftsjahres zu geschehen hat, die zur Rückgängigmachung von Entnahmen und Einlagen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr führen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, für Klarheit zu sorgen. Bis dahin sollte der Steuerpflichtige die für ihn günstigere Rechtsauffassung vertreten, zumindest in den Fällen, in denen es durch Einlagen im 1. Quartal des folgenden Wirtschaftsjahres zur Rückgängigmachung von Entnahmen im 4. Quartal des abgelaufenen Wirtschaftsjahres kommt – also Ansatz der Einlagen zur Saldierung der Entnahmen und Ansatz der Einlagen zur Ermittlung der Überentnahme im Wirtschaftsjahr der Einlage. In den umgekehrten Fällen, Rückgängigmachung von Einlagen durch Entnahmen in der Folgezeit, kann der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt werden.
Beispiel
Im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 sind Entnahmen in Höhe von 100.000 DM angefallen. Dem stehen Einlagen im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 02 in Höhe von 80.000 DM gegenüber.
Die Einlagen in Höhe von 80.000 DM führen zur Rückgängigmachung der Entnahmen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01. Von diesen Entnahmen sind bei der Ermittlung der Überentnahme lediglich 20.000 DM anzusetzen. Hier sollte man die Auffassung vertreten, dass die Einlagen von 80.000 DM auch bei der Ermittlung der Überentnahme des Wirtschaftsjahres 02 anzusetzen sind. Dies wird von der Finanzverwaltung im o.g. BMF- Schreiben bestritten.
Beispiel
Im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 1 sind von dem Betriebsinhaber Einlagen in Höhe von 50.000 DM getätigt worden. Im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 02 hat der Unternehmer 70.000 DM entnommen.
Die Entnahmen von 70.000 DM sind mit den Einlagen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 von 50.000 DM zu saldieren. Für die Ermittlung der Überentnahme des Wirtschaftsjahres 01 sind somit von diesen Einlagen 0 DM anzusetzen. Für das Wirtschaftsjahr 02 sind nach Auffassung der Finanzverwaltung durch die Saldierung nur noch 20.000 DM als Entnahmen für die Ermittlung der Überentnahme anzusetzen. Diese Auffassung wirkt sich für den Steuerpflichtigen günstig aus; ihr sollte daher gefolgt werden.
Nun zu der zweiten Frage: Einzelbetrachtungsweise von Entnahmen und Einlagen oder saldierende Betrachtungsweise? Hierzu vertritt die Finanzverwaltung unter Tz 16 des o.a. BMF- Schreibens die Auffassung, dass die Entnahmen und Einlagen im jeweiligen Quartal des Wirtschaftsjahres vor Verrechnung zu einem Entnahme- bzw. Einlageüberschuss zu saldieren sind. Auch dies entspricht nicht dem Wortlaut des Gesetzes. Denn § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG spricht von Entnahmen und Einlagen, soweit sie in der Summe in den nächsten drei Monaten des Folgejahres wieder rückgängig gemacht werden. Rückgängig gemacht werden sollen die Entnahmen im 4. Quartal des abgelaufenen Wirtschaftsjahres durch die Summe der Einlagen im 1. Quartal des folgenden Wirtschaftsjahres. Ebenfalls rückgängig gemacht werden sollen die Einlagen im 4. Quartal des abgelaufenen Wirtschaftsjahres durch die Summe der Entnahmen im 1. Quartal des folgenden Wirtschaftsjahres. Hätten Entnahmen und Einlagen im jeweiligen Wirtschaftsjahr vor einer Verrechnung saldiert werden sollen, so hätte der Gesetzgeber dies dadurch zum Ausdruck bringen müssen, dass er nicht auf die Summe der Entnahmen oder Einlagen abstellt, sondern auf den Saldo von Entnahmen oder Einlagen. Das Ergebnis der Finanzverwaltung ließe sich nur durch eine Gesetzesänderung erreichen.
Beispiel
Im Wirtschaftsjahr 01 hat der Unternehmer A einen Gewinn von 500.000 DM erwirtschaftet. In diesem Wirtschaftsjahr hat er Einlagen in Höhe von 200.000 DM getätigt, davon 50.000 DM innerhalb des letzten Quartals. Die Entnahmen beliefen sich in diesem Wirtschaftsjahr auf 800.000 DM, davon sind 200.000 DM in den letzten drei Monaten des Wirtschaftsjahres angefallen. In den ersten drei Monaten des Wirtschaftsjahres 02 hat A 60.000 DM entnommen und 100.000 DM eingelegt.
Bevor es zur Verrechnung von Entnahmen und Einlagen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 mit Einlagen und Entnahmen im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 02 kommt, will die Finanzverwaltung im jeweiligen Quartal die Entnahmen und Einlagen saldieren. Für das 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 ergibt sich demnach ein Entnahmeüberschuss von
Entnahmen: 200.000 DM
Einlagen: ./.50.000 DM
150.000 DM
Dem steht im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 02 ein Einlageüberschuss gegenüber von
Einlagen: 100.000 DM
Entnahmen: ./.60.000 DM
40.000 DM
Nun soll der Entnahmeüberschuss des 4. Quartals von 150.000 DM um den Einlageüberschuss des 1. Quartals des Wirtschaftsjahres 02 in Höhe von 40.000 DM gekürzt werden, so dass für die Ermittlung der Überentnahme des Wirtschaftsjahres 01 nur 110.000 DM als Entnahmeüberschuss angesetzt werden. Diesem Entnahmeüberschuss sind der Gewinn und die Einlagen in den ersten neun Monaten des Wirtschaftsjahres 01 gegenzurechnen; er erhöht sich um die Entnahmen in den ersten neun Monaten des Wirtschaftsjahres 01. Nach Auffassung der Finanzverwaltung müssen sowohl Einlagen als auch Entnahmen in den ersten neun Monaten des Wirtschaftsjahres 01 um die Entnahmen und Einlagen korrigiert werden, die im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 zur Verrechnung von Entnahmen und Einlagen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 00 geführt haben.
Bei einer Einzelbetrachtung sind die Entnahmen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 von 200.000 DM um die Einlagen im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 02 von 100.000 DM zu kürzen, so dass für die Ermittlung der Überentnahme des Wirtschaftsjahres 01 ein Betrag von 100.000 DM übrig bleibt. Die Einlagen im 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01 von 50.000 DM sind mit den Entnahmen im 1. Quartal des Wirtschaftsjahres 02 von 60.000 DM zu verrechnen; es verbleiben dann keine Einlagen aus dem 4. Quartal des Wirtschaftsjahres 01, die bei der Berechnung der Überentnahme anzusetzen sind. Im Ergebnis sind bei der Ermittlung der Überentnahme des Wirtschaftsjahres 01 nur Entnahmen aus dem 4. Quartal des Wirtschaftsjahres mit 100.000 DM zu erfassen. Bei einer saldierenden Betrachtungsweise ergab sich dagegen ein Entnahmeansatz von 110.000 DM.
Dem Steuerpflichtigen sollte daher im Beispielsfall empfohlen werden, sich auf den Gesetzeswortlaut zu berufen, um so zu einer günstigeren Bemessungsgrundlage für die Überentnahmen des Wirtschaftsjahres 01 zu kommen.
Unabhängig davon, wie bei der Ermittlung der Überentnahme mit den Entnahmen und Einlagen im 1. Quartal des folgenden Wirtschaftsjahres verfahren wird, bedeutet die Regelung in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG für den Praktiker, dass er die Entnahmen und Einlagen eines Wirtschaftsjahres in drei Zeitabschnitte aufteilen muss, und zwar in
- Entnahmen und Einlagen für das 1. Quartal des Wirtschaftsjahres, die zur Verrechnung der Entnahmen und Einlagen des vorangegangenen Wirtschaftsjahres benötigt werden,
- Entnahmen und Einlagen im 2. und 3. Quartal des Wirtschaftsjahres, die „unangetastet“ bleiben, und
- Entnahmen und Einlagen im letzten Quartal des Wirtschaftsjahres, die wiederum mit Entnahmen und Einlagen im 1. Quartal des folgenden Wirtschaftsjahres zu verrechnen sind.
4. Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a S. 4, 5 EStG
Nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG ist der Betrag, dessen Zinsen dem Gewinn mit 6 v.H. der Überentnahme hinzuzurechnen sind, auf die im Wirtschaftsjahr angefallenen Zinsen, gekürzt um einen „Sockelbetrag“ von 4.000 DM zu begrenzen. Dabei sind Zinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bei der Ermittlung des Höchstbetrags auszuscheiden (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG); solche Zinsen sind stets als Betriebsausgaben abziehbar.
Bei der Ermittlung des Höchstbetrags, auf den der Hinzurechnungsbetrag zu begrenzen ist, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung auch ein Damnum zu berücksichtigen, soweit es den steuerlichen Gewinn des Wirtschaftsjahres gemindert hat. Geldbeschaffungskosten gehören nicht dazu – so Tz 22 des o.a. BMF- Schreibens (a.A. Schmidt, EStG, 19. Auflage, § 4 Rz 523).
Die tatsächlichen Schuldzinsen sind für die Berechnung des Höchstbetrags um einen „Sockelbetrag“ von 4.000 DM zu kürzen. Insoweit sieht der Gesetzgeber die Schuldzinsen stets als betrieblich veranlasst an. Gehen die Schuldzinsen nicht über den Betrag von 4.000 DM hinaus, ergibt sich stets durch die Begrenzung der Hinzurechnung ein voller Abzug der Schuldzinsen als Betriebsausgaben. Daher ist die Ermittlung einer Überentnahme für ein Wirtschaftsjahr entbehrlich, in dem die Schuldzinsen nicht mehr als 4.000 DM betragen. Allerdings kann sich in den Folgejahren die Notwendigkeit einer solchen Ermittlung ergeben, weil bei der Berechnung der Überentnahme des Folgejahres auch Überentnahmen aus den Vorjahren zu berücksichtigen sind. Gehen die Schuldzinsen über 4.000 DM hinaus, kommt es zum Ansatz eines Höchstbetrags, auf den der Hinzurechnungsbetrag zu begrenzen ist.
Der „Sockelbetrag“ von 4.000 DM ist betriebsbezogen. Hat der Steuerpflichtige mehrere Betriebe, so steht ihm dieser Betrag bei der Ermittlung der Überentnahme für jeden Betrieb zu. Bei Beteiligungen an Personengesellschaften ist der „Sockelbetrag“ nicht für jeden Mitunternehmer, sondern insgesamt für die Personengesellschaft anzusetzen (vgl. Tz 25 des o.a. BMF- Schreibens).
Beispiel
Für den Unternehmer A ergibt sich im Wirtschaftsjahr 01 eine Überentnahme von 20.000 DM. Die tatsächlich angefallenen Zinsen betragen 8.000 DM.
Auf Grund der Überentnahme errechnet sich ein Hinzurechnungsbetrag
von 20.000 DM x 6 v.H. = 1.200 DM. Dem steht ein Höchstbetrag von 4.000 DM gegenüber. Berechnung:
Tatsächliche Zinsen 8.000 DM
„Sockelbetrag“: ./.4.000 DM
verbleiben: 4.000 DM
Da der Hinzurechnungsbetrag den Höchstbetrag nicht übersteigt, ist er bei der steuerlichen Gewinnermittlung mit 1.200 DM außerhalb der Gewinnermittlung hinzuzurechnen.
Hinweis 1: Der Hinzurechnungsbetrag führt auch zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer wiederum beeinflusst den Gewinn, der Berechnungsgröße für die Ermittlung der Überentnahme und somit auch für die Höhe des Hinzurechnungsbetrags ist. Die Finanzverwaltung setzt sich über diese Abhängigkeit von Hinzurechnungsbetrag und Gewerbesteuer in Tz 21 des o.a. BMF- Schreibens hinweg. Sie hält eine Neuberechnung der Gewerbesteuerrückstellung wegen des Ansatzes des Hinzurechnungsbetrags nicht für erforderlich. Anders ausgedrückt: Die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist ohne Berücksichtigung des Hinzurechnungsbetrags zu ermitteln.
Hinweis 2: Zu einer Hinzurechnung fiktiver Schuldzinsen kommt es auch dann, wenn sich die Überentnahme aus Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre – nach Saldierung um Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und gegebenenfalls des laufenden Wirtschaftsjahres – ergibt (Tz 23 des o.a. BMF- Schreibens). M.E. entspricht dies nicht dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG (siehe Beispiel auf Seite238).
5. Schuldzinsen für Investitionskredite
Schuldzinsen für Investitionskredite sind von der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a EStG ausgenommen (Satz 6 der Vorschrift). Investitionskredite sind Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Für die Zuordnung des Darlehens zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten kommt es auf den wirtschaftlichen Zusammenhang an; dieser muss unmittelbar zwischen den Kreditmitteln einerseits und den „finanzierten“ Wirtschaftsgütern andererseits bestehen. Dies fordert auch die Finanzverwaltung unter Tz 27 des o.a. BMF- Schreibens. Dort wird ausgeführt, dass die Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens durch Belastung des Kontokorrentkontos nicht ausreicht, um die Abziehbarkeit der Schuldzinsen von der Überentnahmeregelung auszunehmen.
Werden mit einem gesondert aufgenommenen Darlehen sowohl Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens als auch sonstiger betrieblicher Aufwand oder die Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens finanziert, können die Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG nur insoweit ohne Beachtung der Überentnahmeregelung als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie nachweislich auf die Investitionskredite für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entfallen. Nachweispflichtig soll der Steuerpflichtige sein (vgl. Tz 28 des o.a. BMF- Schreibens).
Vorsicht ist geboten, wenn ein betriebliches Kontokorrentkonto in ein langfristiges Darlehen umgeschuldet wird und der Negativsaldo des betrieblichen Kontokorrentkontos durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu Stande gekommen ist. Hier verneint die Finanzverwaltung den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Darlehen und der begünstigten Investition (vgl. Tz 29 des o.a. BMF- Schreibens).
Beispiel
Unternehmer A hat die Anschaffungskosten für eine Maschine über sein Kontokorrentkonto verbucht. Danach verblieb auf diesem Kontokorrentkonto noch ein positiver Betrag von 1.000 DM. Im Anschluss daran hat er Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens ebenfalls über das Kontokorrentkonto finanziert; es ergab sich dadurch ein Negativbetrag auf dem Kontokorrentkonto von 50.000 DM. Diesen Negativbetrag hat er durch ein langfristiges Darlehen abgelöst.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung besteht zwischen dem „Ablösungsdarlehen“ und der Finanzierung der Anschaffungskosten für die Maschine kein wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Darlehenszinsen sind demnach nicht bei der Ermittlung der Überentnahme auszuscheiden.
Hinweis: Der Steuerpflichtige sollte daher stets darauf achten, dass er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens durch Einzeldarlehen finanziert. Damit stellt er sicher, dass zwischen den Darlehen und den Investitionen ein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Die Zinsen für diesen Investitionskredit sind dann bei der Ermittlung des Höchstbetrags für die Hinzurechnung nichtabziehbarer Schuldzinsen auszuscheiden.
6. Besonderheiten bei Personengesellschaften
Nach Tz 30 des o.a. BMF- Schreibens ist die Überentnahmeregelung bei Personengesellschaften auf die Gesellschaft und nicht auf den einzelnen Gesellschafter bezogen anzuwenden. In die Betrachtung sind somit nicht nur das Gesamthandsvermögen, sondern auch das Sonderbetriebsvermögen und die Mehrwerte aus den Ergänzungsbilanzen einzubeziehen. Dabei ist der Gewinn der Personengesellschaft unter Berücksichtigung der Vorwegzurechnungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusetzen.
Hinzuzurechnen sind die Einlagen aller Gesellschafter, auch wenn sie in das Sonderbetriebsvermögen erfolgt sind. Gegenzurechnen sind sämtliche Entnahmen, auch die aus dem Sonderbetriebsvermögen. Selbst die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen desselben Gesellschafters bei einer anderen Personengesellschaft oder in das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens ist bei der „abgebenden“ Personengesellschaft als Entnahme zu erfassen. Unter Berücksichtigung des steuerlichen Gewinns, aller Entnahmen und Einlagen und unter Ansatz eines Zinssatzes von 6 v.H. ist der Hinzurechnungsbetrag zu berechnen; dieser ist begrenzt auf die tatsächlich bei der Personengesellschaft angefallenen Zinsen, wobei auch die Zinsen aus den Sonderbilanzen zu berücksichtigen sind. Diese Zinsen sind um die Zinsen auf Investitionskredite zu bereinigen und danach um einen „Sockelbetrag“ von 4.000 DM zu kürzen. Dieser Sockelbetrag ist ebenfalls gesellschafts- und nicht gesellschafterbezogen anzusetzen.
Beispiel
An der A-OHG sind die Gesellschafter B, C und D zu je 1/3 beteiligt. Im Wirtschaftsjahr 01 hat der Gewinn der OHG 240.000 DM betragen, die insgesamt vorgenommenen Entnahmen beliefen sich auf 360.000 DM.
Die Entnahmen verteilen sich auf die Mitunternehmer wie folgt: B = 40.000 DM, C = 160.000 DM und D = 160.000 DM. Die tatsächlichen Schuldzinsen unter Bereinigung der Schuldzinsen für Investitionskredite haben sich im Wirtschaftsjahr 01 auf 20.000 DM belaufen.
Bei der A-OHG sind Überentnahmen in Höhe von
Entnahmen insgesamt: 360.000 DM
Gewinn: ./. 240.000 DM
120.000 DM
anzusetzen. Der Hinzurechnungsbetrag beläuft sich somit auf 6 v.H. von 120.000 DM = 7.200 DM. Dieser Hinzurechnungsbetrag geht nicht über den Höchstbetrag von 16.000 DM hinaus (tatsächlich gezahlte Schuldzinsen 20.000 DM minus „Sockelbetrag“ von 4.000 DM und ohne Berücksichtigung der Schuldzinsen für Investitionskredite).
Beträgt der Gewinn der OHG 200.000 DM, so ist dieser Gewinn um die nichtabziehbaren Schuldzinsen in Höhe von 7.200 DM zu erhöhen, so dass für die Gewinnverteilung von einem Gewinn in Höhe von 207.200 DM auszugehen ist.
Die nichtabziehbaren Betriebsausgaben sind wie der Gewinn nach dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen. Hiervon kann auf Grund einer gesonderten Vereinbarung unter den Gesellschaftern abgewichen werden (vgl. Tz 30 des o.a. BMF- Schreibens). Die Finanzverwaltung lässt es zu, dass eine solche Vereinbarung über die Aufteilung der nichtabziehbaren Schuldzinsen in den ersten beiden Jahren, in denen § 4 Abs. 4a EStG anzuwenden ist, auch rückwirkend getroffen werden kann. Bei einer Personengesellschaft, die ihren Gewinn für ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr ermittelt, kann also eine solche rückwirkende Vereinbarung für die Wirtschaftsjahre 1999 und 2000 im Nachhinein beschlossen werden.
Nach Tz 32 des o.a. BMF- Schreibens liegen bei einer Personengesellschaft Entnahmen vor, wenn Bargeld, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen in den privaten Bereich des Gesellschafters oder in einen anderen betriebsfremden Bereich überführt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Zahlungen zu behandeln sind, denen ein zivilrechtlich anzuerkennendes Rechtsverhältnis zwischen der Personengesellschaft und dem Gesellschafter zu Grunde liegt. Hierzu vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass bei der Gewinnermittlung bei § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Folgendes zu beachten ist: Solche Zahlungen dürfen bei der Personengesellschaft nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden; vielmehr stellen sie Vorabvergütungen auf den Gewinn dar. Dies hat zur Folge, dass sich Zinsen aus einem Darlehensverhältnis zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter im Rahmen der Gesamtbilanz der Personengesellschaft nicht auswirken; sie stellen einerseits Betriebsausgaben im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft und andererseits Sondervergütungen in der Sonderbilanz des Gesellschafters dar. Da sich auf den Gesamtgewinn durch diese Zinszahlungen keinerlei Auswirkungen ergeben, stellt sich die Frage der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG nicht.
Hinweis: Gewährt der Gesellschafter das Darlehen und führt er die Darlehensvaluta dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft zu, handelt es sich ertragsteuerlich um eine Einlage. Die Rückzahlung des Darlehens an den Gesellschafter stellt andererseits eine Entnahme dar.
Andere Vorabvergütungen sind solange nicht als Entnahme zu erfassen, als eine bloße Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters erfolgt. Fließt das Geld aus dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft ab, zum Beispiel durch Überweisung auf ein privates Konto des Gesellschafters oder auf ein Verrechnungskonto, das verzinst wird und daher kein Kapitalkonto des Gesellschafters darstellt, ist hierin eine Entnahme zu sehen. Diese wird dann bei der Berechnung der Überentnahme berücksichtigt .
7. Schuldzinsenabzug bei Nichtbilanzierenden
Die vorstehenden Grundsätze zur Ermittlung der nichtabziehbaren Schuldzinsen gelten auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), insbesondere für Freiberufler. Dagegen ist die Vorschrift bei Land- und Forstwirten, die ihren Gewinn nach § 13a EStG pauschal ermitteln sowie bei der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG nicht anzuwenden.
Einnahme-Überschussrechner müssen für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG ihre Entnahmen und Einlagen ab 2000 gesondert aufzeichnen (§ 52 Abs. 11 Satz 2 EStG). Steuerpflichtige, die dieser Aufzeichnungspflicht nicht nachkommen, müssen damit rechnen, dass die nichtabziehbaren Schuldzinsen im Schätzungswege ermittelt werden. Hierzu vertritt die Finanzverwaltung unter Tz 34 des o.a. BMF- Schreibens die Auffassung, dass zumindest die Schuldzinsen für Investitionsdarlehen (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG) sowie die tatsächlich entstandenen nicht begünstigten Schuldzinsen bis zur Höhe des „Sockelbetrags“ von 4.000 DM als Betriebsausgaben abziehbar sind. Das, was darüber hinausgeht, dürfte demnach nicht abziehbar sein, wenn die Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt werden.
8. Zeitliche Anwendung
Nach § 52 Abs. 11 Satz 1 EStG ist § 4 Abs. 4a EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.98 enden. Stimmt das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr überein, so gilt die Regelung ab dem Wirtschaftsjahr 1999. Bei abweichendem Wirtschaftsjahr ist sie bereits für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 anzuwenden.
Wichtig: Auf Grund der zeitlichen Anwendungsvorschrift war unklar, ob in die Berechnung der Überentnahme des jeweiligen Wirtschaftsjahres auch Über- und Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren einzubeziehen sind, die vor 1999 geendet haben. Hier hat sich die Finanzverwaltung aus Praktikabilitätserwägungen dafür ausgesprochen, solche Über- und Unterentnahmen nicht zu berücksichtigen. Der Unternehmer mit einem Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr startet somit ab dem 1.1.99 mit einem Anfangsbestand von 0 DM.
Gegen die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist nichts einzuwenden, wenn sich für den Betrieb aus den Jahren vor 1999 insgesamt eine Überentnahme ergibt. Denn dann bleibt diese Überentnahme bei der Berechnung künftiger Überentnahmen unberücksichtigt, sie erhöht also nicht die Bemessungsgrundlage für die nichtabziehbaren Schuldzinsen. Anders verhält es sich dagegen bei einer Unterentnahme aus den Wirtschaftsjahren vor 1999. Diese Unterentnahme würde in den Wirtschaftsjahren ab 1999 eventuelle Überentnahmen kompensieren. Hier sollte man der Auffassung der Finanzverwaltung daher nicht folgen und gegebenenfalls im finanzgerichtlichen Verfahren eine Klärung herbeiführen.
Tz 37 des o.a. BMF- Schreibens enthält noch folgende Billigkeitsregelung: Im Fall der Betriebsaufgabe sind bei der Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen die Buchwerte nicht als Entnahme anzusetzen. Im Fall der Betriebsveräußerung ist nur der Veräußerungsgewinn als Entnahme zu berücksichtigen.
Bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung sind Entnahmen und Einlagen für das Wirtschaftsjahr 1999 zu schätzen, sofern diese nicht gesondert aufgezeichnet sind. Eine Aufzeichnungspflicht bestand für diesen Veranlagungszeitraum nicht. Diese setzt nach § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG erst ab dem 1.1.2000 ein.
Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 07/2000, Seite 234