Bilanzierung
Die Wertaufholung
von Dr. Wolf-Dieter Hoffmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Freiburg i. Br.
Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG) wurde ein sogenanntes Wertaufholungsgebot eingeführt. Die Folgen dieser Gesetzesänderung werden nachfolgend anhand von praktischen Beispielen dargestellt. Zudem werden interessante Gestaltungen aufgezeigt.
1. Definition
Wertaufholung bedeutet die Rückgängigmachung einer Teilwertabschreibung (handelsrechtlich: außerplanmäßige Abschreibung) wegen des Wegfalls der früheren Abschreibungsgründe (so § 280 Abs. 1 HGB) oder generell wegen wiedergewonnener Werthaltigkeit (so nunmehr § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG).
Die Wertaufholung ist eine eher schon ältere Bekannte, existiert doch die genannte Vorschrift des § 280 Abs. 1 HGB bereits seit dem 19.12.85. Deutscher Bilanztradition folgend führte sie allerdings in der Praxis eher ein Schattendasein, denn das Wertaufholungsgebot nach der genannten Vorschrift wurde bislang weitestgehend durch § 280 Abs. 2 HGB „ersetzt”. Danach konnte von der Wertaufholung abgesehen werden, wenn der niedrigere Wertansatz bei der steuerlichen Gewinnermittlung beibehalten werden durfte („umgekehrte Maßgeblichkeit“). Eine handelsrechtlich „an sich” gewünschte Wertaufholung – man kann sie auch als Zuschreibung bezeichnen – scheiterte also an der Steuerfolge, denn die Wertaufholung hätte (auch) zu einer steuerlichen Gewinnerhöhung geführt.
Ab 1999 hat sich die Rechtslage durch das StEntlG gedreht. Nunmehr gilt auch steuerlich ein Gebot der Rückgängigmachung einer früheren Teilwertabschreibung, wenn auch mit einer anderen Gesetzestechnik als derjenigen des HGB. In § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG heißt es:
„Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden”.
Von „dauernder Wertminderung” spricht auch der handelsrechtlich einschlägige § 253 Abs. 2 S. 3 HGB. Dann aber heißt es in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG weiter:
„Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, sind in den folgenden Wirtschaftsjahren gemäß Satz 1 (also zu den um regelmäßige Abschreibungen etc. fortgeführten Anschaffungskosten) anzusetzen, es sei denn der Steuerpflichtige weist nach, daß ein niedrigerer Teilwert ... angesetzt werden kann.”
Das bedeutet: Nach einer einmal erfolgten Teilwertabschreibung muß alle Jahre wieder die Berechtigung für die Beibehaltung des gemin derten Wertansatzes dem Finanzamt gegenüber nachgewiesen werden. Das neue EStG kennt also – scheinbar – gar kein Wertaufholungsgebot, dieses folgt mit umgekehrter Logik aus dem Zwang zum Ansatz des fortgeführten Buchwertes, sofern die Wertminderung nicht mehr besteht bzw. nachgewiesen werden kann (wie immer ein solcher Nachweis auch zu führen sein mag). Noch zur Ergänzung sei erwähnt, daß das Wertaufholungsgebot nicht nur für die steuerliche Teilwertabschreibung, sondern auch für die – in der Praxis allerdings eher ein Schattendasein führende – Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) nach § 7 Abs. 1 S. 5 EStG gilt.
2. Praktische Anwendungsbereiche
Durch die Gesetzestechnik des EStG kommt die nahtlose Verknüpfung von (früherer) Teilwertabschreibung und Wertaufholung gut zum Ausdruck. Deshalb kann jetzt der Blick auf die praktischen Anwendungsbereiche des Wertaufholungsgebotes gerichtet werden. Hierzu folgende Skizze:
Das Umlaufvermögen wird in den weiteren Ausführungen nicht mehr gesondert angesprochen, weil bei diesem Bilanzposten der praktische Anwendungsbereich des Wertaufholungsgebots eher gering ist. Zum einen bestehen beim Umlaufvermögen Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit einer Teilwertabschreibung überhaupt, weil eine „dauernde Wertminderung” bei Umlaufvermögen, das gerade nicht „dauernd”dem Betrieb dient, begrifflich nicht ohne weiteres vorstellbar ist. Vor allem aber wird, wenn tatsächlich eine solche Teilwertabschreibung einmal durchgeführt sein sollte, die wiedergewonnene Werthaltigkeit der betroffenen Kundenforderung, des schwerverkäuflichen modischen Artikels oder des ungängigen Ersatzteils gerade durch die Realisation, also Verkauf oder Verbrauch, dargestellt. Dann stellt sich das Wertaufholungsproblem dem Grunde nach nicht mehr.
Für Kaufleute, die nach den §§ 264 bis 289 HGB Rechnung zu legen haben, wird nunmehr die Wertaufholung handels- und steuerrechtlich zwingend. Der § 280 Abs. 2 HGB hat seine praktische Anwendbarkeit verloren, denn nunmehr ist die Steuerfolge nicht von der handelsrechtlichen Behandlung abhängig. Einzelkaufleute, OHG und KG unterliegen allerdings handelsrechtlich nicht dem Zuschreibungsgebot. Für sie bleibt es weiterhin beim Beibehaltungswahlrecht nach § 253 Abs. 5 HGB. Hier können also künftig Handels- und Steuerbilanzansatz auseinanderfallen, nämlich wenn die Option nach § 253 Abs. 5 HGB nicht ausgeübt wird. Steuerlich gilt dagegen auch für diesen Teil der gewerbetreibenden Kaufleute eine Wertaufholungspflicht.
3. Buchungstechnik
Beim Anlagevermögen ist nach abnutzbarem und nicht abnutzbarem zu unterscheiden. Abnutzbar sind Gebäude und Maschinen. Die Wertaufholung ist dabei nicht etwa „nach oben offen”, realisiert also nicht den effektiven, sondern nur den fortgeführten Buchwert. Das sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich aller verrechenbaren Abschreibungen mit Ausnahme der Teilwertabschreibung und der AfaA. Zu den hier zu berücksichtigenden planmäßigen degressiven oder linearen Abschreibungen gehören weiterhin folgende besonderen Abschreibungsvorschriften des EStG:
- Erhöhte Absetzungen (zum Beispiel nach § 7i EStG für Baudenkmale, der frühere § 7b EStG, Umweltschutzmaßnahmen nach § 7d EStG),
- Sonderabschreibungen (zum Beispiel nach § 4 FördG),
- Abzüge nach § 6b EStG,
- Abzüge für Ersatzbeschaffung nach R 35 Abs. 3 EStR.
Danach ist wie folgt zu rechnen:
Position | Rechenschritt |
Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. „an deren Stelle tretender Wert“ (z. B. Einlagewert, DM-Eröffnungsbilanz-Wert) | + |
Erhöhte Absetzungen (z. B. nach § 7i EStG für Baudenkmale, der frühere § 7b EStG, Umweltschutzmaßnahmen nach § 7d EStG) | - |
Sonderabschreibungen (z. B. nach § 4 FördG) | - |
Abzüge nach § 6b EStG oder R 35 Abs. 3 EStR | - |
planmäßige Abschreibungen (linear oder degressiv) | - |
Höchstbetrag der Wertaufholung | = |
Der Umfang der Wertaufholung wird somit durch die vorgängig zu treffende Wahl des planmäßigen Abschreibungstyps – degressiv oder linear – und auch durch die Vornahme von erhöhten Absetzungen, Sonderabschreibungen etc. beeinflußt. Buchungstechnisch muß deshalb nach erfolgter Teilwertabschreibung zwingend eine Schattenanlagebuchhaltung geführt werden, in der die planmäßigen Abschreibungen und die übrigen Abzugsposten ohne Teilwertabschreibung berücksichtigt werden. Ist diese Abschreibungsverrechnung in der Schattenanlagebuchhaltung des betroffenen Wirtschaftsgutes auf den Wert Null vorgedrungen, stellt sich das Problem der Wertaufholung nicht mehr. Daraus folgt auch: Je kürzer die planmäßige Nutzungsdauer ist und je höher die vorgenommenen planmäßigen Abschreibungen, Sonderabschreibungen etc. sind, desto weniger „droht” Wertaufholung.
Bei nicht abnutzbarem Anlagevermögen – Grund und Boden und Beteiligungen – ist die Rechnung einfacher. Hier gibt es keine planmäßigen Abschreibungen. Ohne Teilwertabschreibung entspricht damit der Buchwert den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. dem an deren Stelle tretenden Wert. Hier „droht” schon generell viel eher eine Zuschreibung (nach vorgängiger Teilwertabschreibung).
Definiert man die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. den an deren Stelle tretenden Wert als „Schattenbuchwert”, ist im Rahmen der Abschlußarbeiten rechentechnisch wie folgt vorzugehen:
• Teilwert niedriger als => effektiver Buchwert | Weitere Teilwertabschreibung |
• Teilwert höher als => effektiver Buchwert | Zuschreibung bis zur Höhe des „Schattenbuchwertes” |
• Schattenbuchwert niedriger => als Teilwert | Wiederaufnahme der planmäßigen Abschreibung (soweit abschreibbar) |
• Schattenbuchwert Null => | Einstellung der Überwachungsmaßnahmen und Buchungen im Anlagespiegel bis zum Abgang des betreffenden Vermögensgegenstandes |
4. Fallbeispiel
Die „Mechanik” der einschlägigen Buchungen in der Anlagebuchhaltung ist in den folgenden Berechnungsbeispielen dargestellt:
Ausgangsgrößen:
GE
Anschaffungspreis 01.01.2001 1.000.000
Sonderabschreibung 2001 10.000
Teilwert 31.12.2002 21.000
Teilwert 31.12.2004 300.000
Beispiele
GE 1 | GE 1 | GE 1 | GE 1 | |||||||
Linear 2 % | ||||||||||
mit Sonderabschreibung | ohne Sonderabschreibung | |||||||||
„Schatten- buchhaltung“ | „Schatten- buchhaltung“ | |||||||||
Anschaffungskosten am 1.1.2001 | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung 2001 | - 20.000 | - 20-000 | - 20.000 | - 20.000 | ||||||
Sonderabschreibung 2001 | - 10.000 | - 10.000 | 0 | 0 | ||||||
Restbuchwert 31.12.2001 | 970.000 | 970.000 | 980.000 | 980.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung 2002 | - 19.800 | - 19.800 | - 20.000 | - 20.000 | ||||||
Teilwertabschreibung 31.12.2002 | - 929.200 | -939.000 | ||||||||
Restbuchwert 31.12.2002 | 21.000 | 950.200 | 21.000 | 960.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung ausgehend von (AP ./. Sonder-Afa ./. TW-Afa) linearer Afa-Satz | - 1.216 | - 19.800 | - 1.220 | - 20.000 | ||||||
Restbuchwert 2003 | 19.784 | 930.400 | 19.780 | 940.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung 2004 | - 1.216 | - 19.800 | -1.220 | - 20.000 | ||||||
Restbuchwert 31.12.2004 zur Wertaufholung | 18.568 | 910.600 | 18.560 | 920.000 | ||||||
Wertaufholung 2004 | 281.432 | 281.440 | ||||||||
Restbuchwert 31.12.2004 nach Wertaufholung | 300.000 | 910.600 | 300.000 | 920.000 | ||||||
GE | GE | GE | GE | |||||||
2 | 2 | 2 | 2 | |||||||
Linear 4 % | ||||||||||
mit Sonderabschreibung | ohne Sonderabschreibung | |||||||||
„Schatten- buchhaltung“ | „Schatten- buchhaltung“ | |||||||||
Anschaffungskosten am 1.1.2001 | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung 2001 | - 40.000 | - 40.000 | - 40.000 | - 40.000 | ||||||
Sonderabschreibung 2001 | - 10.000 | - 10.000 | 0 | 0 | ||||||
Restbuchwert 31.12.2001 | 950.000 | 950.000 | 960.000 | 960.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung 2002 | - 39.600 | - 39.600 | - 40.000 | - 40.000 | ||||||
Teilwertabschreibung 31.12.2002 | - 889.400 | -899.000 | ||||||||
Restbuchwert 31.12.2002 | 21.000 | 910.400 | 21.000 | 920.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung ausgehend von (AP ./. Sonder-Afa ./. TW-Afa) linearer Afa-Satz | - 4.024 | - 39.600 | - 4.040 | - 40.000 | ||||||
Restbuchwert 2003 | 16.976 | 870.800 | 16.960 | 880.000 | ||||||
Planmäßige Abschreibung 2004 | - 4.024 | - 39.600 | . 4.040 | - 40.000 | ||||||
Restbuchwert 31.12.2004 zur Wertaufholung | 12.952 | 831.200 | 12.920 | 840.000 | ||||||
Wertaufholung 2004 | 287.048 | 287.080 | ||||||||
Restbuchwert 31.12.2004 nach Wertaufholung | 300.000 | 831.200 | 300.000 | 840.000 | ||||||
GE | GE | GE | GE | |||||||||
3 | 3 | 3 | 3 | |||||||||
degressiv ND 10 Jahre | ||||||||||||
mit Sonderabschreibung | ohne Sonderabschreibung | |||||||||||
„Schatten- buchhaltung“ | „Schatten- buchhaltung“ | |||||||||||
Anschaffungskosten am 1.1.2001 | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 | ||||||||
Planmäßige Abschreibung 2001 | - 300.000 | - 300.000 | - 300.000 | - 300.000 | ||||||||
Sonderabschreibung 2001 | - 10.000 | - 10.000 | 0 | 0 | ||||||||
Restbuchwert 31.12.2001 | 690.000 | 690.000 | 700.000 | 700.000 | ||||||||
Planmäßige Abschreibung 2002 | - 207.000 | - 207.000 | - 210.000 | - 210.000 | ||||||||
Teilwertabschreibung 31.12.2002 | - 462.000 | - 469.000 | ||||||||||
Restbuchwert 31.12.2002 | 21.000 | 483.000 | 21.000 | 490.000 | ||||||||
Planmäßige Abschreibung 2002 | - 6.300 | - 144.900 | - 6.300 | - 147.000 | ||||||||
Restbuchwert 2003 | 14.700 | 336.100 | 14.700 | 343.000 | ||||||||
Planmäßige Abschreibung 2004 | - 4.410 | -101.430 | - 4.410 | - 102.900 | ||||||||
Restbuchwert 31.12.2004 zur Wertaufholung | 10.290 | 236.670 | 10.290 | 240.100 | ||||||||
Wertaufholung 2004 | 226.380 | 229.810 | ||||||||||
Restbuchwert 31.12.2004 nach Wertaufholung | 236.670 | 236.670 | 240.100 | 240.100 | ||||||||
5. Praxisschwerpunkte der Wertaufholungsproblematik
Hierzu folgende Übersicht zu dem Hauptanwendungsbereich „Anlagevermögen”:
Bei abnutzbarem Anlagevermögen wird das Wertaufholungsproblem am häufigsten bei Gebäuden auftreten, bei Maschinen eher selten. Im Bereich der nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter sind in aller Regel die „Beteiligungen” (bei Geldinstituten auch langfristige Ausleihungen) angesprochen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man mit der wohl herrschenden Auffassung der Meinung ist, daß früher einmal geleistete Sanierungszuschüsse und Forderungsverzichte zugunsten einer Tochter-Kapitalgesellschaft nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung darstellen. Denn dann kann sich im Einzelfall ein phänomenaler Zuschreibungsbedarf ergeben, wenn tatsächlich die Tochtergesellschaft wieder anhaltend Fuß gefaßt hat. Dieses bilanzrechtliche Grundsatzproblem kann an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden. Nur folgendes einfaches Fallbeispiel zur Illustration:
Beispiel
DM
1954: Gründung der Tochterkapitalgesellschaft
Anschaffungs- oder Herstellungskosten 20.000
1958:Einlage in Kapitalrücklage wegen Expansion der
Tochtergesellschaft 980.000
1.000.000
1966: Sanierungszuschuß u. befreiende Schuldübernahme
zum Ausgleich von Verlusten der Tochtergesellschaft 600.000
1977: Forderungsverzicht wegen Liquiditätsschwierig-
keiten und Debitorenverlusten der Tochtergesellschaft 1.400.000
1986: Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln der
Tochtergesellschaft 0
3.000.000
Der augenblickliche Unternehmenswert der Tochtergesellschaft soll 5.000.000 DM betragen. Die Frage ist dann, ob eine Wertaufholung auf 1.000.000 DM oder 3.000.000 DM erfolgen muß. Die Finanzverwaltung wird vermutlich die zweite Alternative für richtig erachten.
6. Rückwirkungsproblematik
Das Wertaufholungsgebot ist keineswegs auf Teilwertabschreibungen ab 1999 begrenzt. Vielmehr umfaßt es alle irgendwann einmal seit der Unternehmensgründung oder dem Stichtag der DM-Eröffnungsbilanzen (1948 bzw. 1990) vorgenommenen Abschreibungen. Das Gesetz kennt hierzu keine Erleichterung in Form einer Übergangsvorschrift. Eine solche sah umgekehrt Art. 24 Abs. 6 EGHGB für die Handelsbilanz vor. Bei Schwierigkeiten mit der Ermittlung der früheren Anschaffungs- oder Herstellungskosten konnten danach die Restbuchwerte des Übergangsjahres auf die Bilanzierung nach dem Bilanzrichtliniengesetz als fiktive Anschaffungskosten berücksichtigt werden. Eine entsprechende Anhangangabe war (bei Kapitalgesellschaften) vorgeschrieben. Findet man eine solche also im Übergangsjahr zur Rechnungslegung nach dem HGB (in der Regel 1987), dann muß zwingend weitergeforscht werden, damit nicht unliebsame Überraschungen seitens der Finanzverwaltung eintreten.
7. Gestaltungshinweise
Jeder vorgenommenen Teilwertabschreibung haftet ohne entsprechende Gegenmaßnahme das Obligo einer künftigen Zuschreibungspflicht an. Zu jedem Bilanzstichtag ist zudem der Nachweis der immer noch bestehenden Wertminderung zu führen. Wie kann man diesem Obligo entfliehen? Die Steuerplanung muß von verschiedenen Datenkonstellationen ausgehen, nämlich:
- Teilwertabschreibung vor dem 1.1.1999 mit unveränderter Wertminderung,
- Teilwertabschreibung vor dem 1.1.1999 mit inzwischen eingetretener Wertaufholung,
- Teilwertabschreibung nach dem 31.12.1998.
Von besonderer praktischer Bedeutung sind dabei der Bereich „Beteiligungen” und – insbesondere bei Finanzinstituten – die langfristigen Ausleihungen. Hier kann das Wertaufholungsobligo – bei noch bestehender Wertminderung – durch den Verkauf an ein nahestehendes Bilanzierungssubjekt beseitigt werden. Beim erwerbenden Unternehmen entstehen nämlich dann Anschaffungskosten in Höhe des geminderten Wertes, die dann dort den „Zuschreibungsdeckel” bilden. Es bieten sich dazu in einem Konzern spezielle Gesellschaften an, die solche „junk bonds and shares” erwerben; im mittelständischen Bereich – bei einer GmbH & Co. KG – kann zum Beispiel ein Verkauf vom Gesamthandsvermögen in ein Sonderbetriebsvermögen oder umgekehrt erfolgen. Allerdings könnte dabei ein bei der Tochtergesellschaft bestehender Verlustvortrag gemäß § 8 Abs. 4 KStG verlorengehen.
Ein weiteres Gestaltungsmittel ist die Verschmelzung einer Tochter-Kapitalgesellschaft auf eine Schwestergesellschaft (side-step-merger). Diese Gestaltung ist in allen drei oben aufgeführten Datenkonstellationen möglich. Der Verkauf dagegen scheidet in der zweiten Variante – inzwischen wieder bestehende Werthaltigkeit – aus, weil zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung bzw. verdeckten Entnahme der Kaufpreis nach dem Teilwert zu berechnen ist.
Bei der Seitwärtsverschmelzung ist überdies das latente Zuschreibungsgebot im Gefolge des Verfahrens nach Tz 12.08 des Anwendungserlasses zum Umwandlungssteuergesetz (BStBl I 98, 268) zu beachten, das dann zum Tragen kommt, wenn später einmal die aufnehmende Tochtergesellschaft ihrerseits auf die (gemeinsame) Muttergesellschaft verschmolzen wird.
Generell gilt die Erkenntnis, daß zur Vermeidung einer späteren Rückgängigmachung einer Teilwertabschreibung ein Verkauf des betrofenen abgeschriebenen Wirtschaftsgutes unmittelbar folgen oder diese sogar ersetzen sollte. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, daß im Bereich des einschlägig betroffenen Einzelhandels – Buchsortimenter, Textileinzelhandel – die abzuwertende Ware an ein Gemeinschaftsunternehmen der Branche oder der Region mit Begründung eines Besitzkonstituts veräußert und dann im eigenen Laden als Kommissionsware mit Abschlag (hoffentlich) verkauft wird.
8. Übergangsregelung
Nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 16 S. 3 EStG kann eine erforderliche Wertaufholung im Geschäftsjahr 1999 mit 4/5 in eine steuermindernde Gewinnrücklage eingestellt werden, die dann in den folgenden vier Jahren mit mindestens 1/4 des Restbetrages aufzulösen ist. Wertaufholungen sollten daher in zweifelhaften Fällen lieber sofort im Jahr 1999 vorgenommen werden, denn bei Vornahme erst im Jahre 2000 gibt es diese Übergangsmöglichkeit nicht mehr.
Literaturhinweise
Hoffmann, Anmerkungen zum bilanzrechtlichen Teil des Steuerreformgesetzes 1998, BB 97, 1195;
Hoffmann, Die Auswirkungen des StEntlG 1999/2000/2002 auf die Steuerbilanz, GmbHR 99, 380;
Herzig/Rieck, Bilanzsteuerliche Aspekte des Wertaufholungsgebotes im Steuerentlastungsgesetz, WPg 99, 305.
Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 08/1999, Seite 271