08.03.2010 | Bundesfinanzhof
Betriebsverlegung ins Ausland durchaus ohne negative Steuerfolgen möglich
von RiFG Dipl.-Finw. Jens Intemann, Hannover
Der BFH hat in einem aktuellen Urteil die Theorie der finalen Betriebsaufgabe für den Fall einer Betriebsverlegung ins Ausland aufgegeben (BFH 28.10.09, I R 99/08, Abruf-Nr. 100181). Die in einem Betrieb ruhenden stillen Reserven seien nicht sofort komplett im Zeitpunkt der Verlegung ins Ausland aufzudecken. Bislang war dies anders, weil die Betriebsverlegung einer Betriebsaufgabe gleichgestellt wurde, selbst wenn das Unternehmen im Ausland weiter betrieben wurde. Diese Änderung der Rechtsprechung war abzusehen, weil der BFH bereits jüngst die vergleichbare Theorie der finalen Entnahme bei der Überführung eines Einzelwirtschaftsguts in das Ausland aufgegeben hatte (BFH 17.7.08, I R 77/06, BStBl II 09, 464). |
Sachverhalt
Der Kläger war Erfinder und erzielte als Einzelunternehmer selbstständige Einkünfte i.S. von § 18 EStG, indem er seine Erfindungen verschiedenen GmbHs zur Nutzung überließ. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Im Jahre 1995 verlegte er seinen Wohnsitz und sein Einzelunternehmen nach Belgien. Auch nach dem Wegzug aus Deutschland führte er das Unternehmen unverändert fort. Das Finanzamt sah darin eine Betriebsaufgabe, weil durch den Umzug die inländische Besteuerung der in dem Betrieb ruhenden stillen Reserven nicht mehr gesichert sei. Es setzte einen steuerbegünstigten Aufgabegewinn von 50.000 DM und einen Übergangsgewinn wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart von 312.250 DM bei der Steuerfestsetzung an. Der BFH hat jedoch entschieden, dass es bei einer Betriebsverlegung ins Ausland in Fällen wie diesem an einer gesetzlichen Grundlage für den Ansatz eines Aufgabegewinns fehle. Damit gibt der BFH die Theorie der finalen Betriebsaufgabe endlich auf (vgl. BFH 28.3.84, I R 191/79).
Anmerkungen
Nach der Theorie der finalen Betriebsaufgabe führte die Verlegung eines Betriebs vom Inland ins Ausland zu einem steuerpflichtigen Aufgabegewinn i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG, weil infolge der Betriebsverlegung die Besteuerung der vormals im Inland erwirtschafteten stillen Reserven nicht mehr möglich war. Das Besteuerungsrecht ging verloren, weil es entweder dem ausländischen Staat durch DBA zugewiesen wurde oder der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - infolge des Umzugs in Deutschland gar nicht mehr steuerpflichtig war. Der BFH sah es daher als gerechtfertigt an, die Betriebsverlegung ins Ausland als fiktive Betriebsaufgabe zu behandeln, damit die Besteuerung der in Deutschland gebildeten stillen Reserven gesichert sei.
Der BFH ist aber zwischenzeitlich zu einer dogmatisch anderen Beurteilung der Besteuerungsfolgen gelangt. Zwar verliere Deutschland bei einer solchen Betriebsverlegung das Besteuerungsrecht für zukünftig erwirtschaftete Gewinne. Das Besteuerungsrecht für die in der Vergangenheit in Deutschland erwirtschafteten Gewinne bleibe aber auch nach einer Betriebsverlegung ins Ausland erhalten:
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