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  • · Fachbeitrag · Umwandlungssteuerrecht

    Antrag auf Entstrickung einbringungsgeborener Anteile als Gestaltungsinstrument nutzen

    von Dipl.-Finw. Markus Schlagheck, Berlin

    | Inhaber einbringungsgeborener Anteile haben die einzigartige Möglichkeit, den Besteuerungszeitpunkt der in ihren Anteilen enthaltenen stillen Reserven frei wählen zu können, ohne sich von diesen trennen zu müssen. Dieser Beitrag zeigt auf, wie man diesen Gestaltungsspielraum für im Privatvermögen gehaltene einbringungsgeborene Anteile optimal ausnutzen kann und was dabei im Detail zu beachten ist. |

    1. Altes Besteuerungskonzept weiterhin gültig

    Werden einbringungsgeborene Anteile veräußert, so ist ein Veräußerungsgewinn zu versteuern, der grundsätzlich nach § 16 EStG begünstigt ist. Diese Rechtsfolgen treten auch ohne Veräußerung der Anteile ein, wenn der Anteilseigner dies beantragt (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F.). Mit dem SEStEG ist die Besteuerung für die Einbringung von Sacheinlagen zwar geändert worden. Die Regeln des § 21 UmwStG a. F. sind aber weiterhin anzuwenden (§ 27 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 UmwStG). Somit kann die Antragsbesteuerung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F. für originäre und die auf der BFH-Rechtsprechung beruhenden derivativen einbringungsgeborenen Anteile aus früheren Einbringungen weiterhin in Anspruch genommen werden. Gleiches kommt für danach gewährte neue Anteile, die nach altem Recht mitverstrickt sind, sowie für neue derivative einbringungsgeborene Anteile in Betracht.

     

    Die schöne Konsequenz: Je nach Höhe der stillen Reserven und den weiteren steuerlichen Gegebenheiten kann der Anteilseigner durch die Wahl des Besteuerungszeitpunkts seine Steuerlast erheblich senken, ohne seine Anteile veräußern zu müssen.

     

    Beachten Sie | Die Antragsbesteuerung löst die Rechtsfolgen des § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. aus, wonach der Gewinn aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG gilt. Hieraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass das Halten und Verwalten einbringungsgeborener Anteile eine gewerbliche Betätigung i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt (BFH 28.4.88, BStBl II 88, 829). Ob einbringungsgeborene Anteile einer natürlichen Person dem Betriebsvermögen oder Privatvermögen zuzurechnen sind, richtet sich nach den allgemein maßgeblichen einkommensteuerlichen Grundsätzen (BFH 19.3.81, BStBl II 81, 527).

    2. Gestaltungsüberlegungen

    Das Hauptmotiv für die freiwillige Aufdeckung der in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven oder stillen Lasten dürfte in der Nutzung bzw. Schaffung von Verlustausgleichspotenzial liegen. Die folgenden Beispiele zeigen mehrere grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeiten auf, die man sich im Einzelfall zunutze machen kann. In allen Beispielen sollen die einbringungsgeborenen Anteile durch Einbringung eines gewerblichen Einzelunternehmens zu Buchwerten in eine GmbH (§ 20 Abs. 1 UmwStG a. F.) geschaffen worden sein.

     

    • Beispiele 1 bis 3
    • 1. Der Inhaber der einbringungsgeborenen Anteile verfügt über unbeschränkt ausgleichsfähige Verluste, deren steuerliche Nutzung auf absehbare Zeit mangels entsprechender Gewinne nicht erfolgen wird. Er rechnet mit einem künftigen dauerhaften Wertverfall der einbringungsgeborenen Anteile. Mit dem Antrag auf Versteuerung der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven kann ein fiktiver Veräußerungsgewinn realisiert werden, der zum Verlustausgleich genutzt werden kann. Gleichzeitig erhöhen sich die Anschaffungskosten der nun nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG steuerverstrickten Anteile auf ihren gemeinen Wert und mindern so einen späteren Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 2 EStG.

     

    • 2. Der künftige Erblasser ist Inhaber einbringungsgeborener Anteile. Es besteht ein Verlustvortrag, der sich durch Verluste aus Gewerbebetrieb aufgebaut hat. Laut BFH (17.12.07, GrS 2/04, BStBl II 08, 608) kann der Erbe den Verlustvortrag nicht geltend machen. Ein mittels Antrag generierter fiktiver Veräußerungsgewinn kann das sonst untergehende Verlustpotenzial in höhere Anschaffungskosten der nun nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG steuerverstrickten Anteile umwandeln.

     

    • 3. Der gemeine Wert der einbringungsgeborenen Anteile ist unter die ursprünglichen Anschaffungskosten gesunken. Mit einer künftigen Wertsteigerung wird nicht gerechnet. Aus einem Einzelunternehmen erzielt der Anteilsinhaber Gewinne aus Gewerbebetrieb. Der realisierte fiktive Veräußerungsverlust steht zum Ausgleich mit den Gewinnen aus Gewerbebetrieb zur Verfügung. Die Anschaffungskosten der nun nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG steuerverstrickten Anteile vermindern sich auf den gesunkenen gemeinen Wert der Anteile.
     

    3. Begriff der einbringungsgeborenen Anteile

    3.1 Gesetzliche Grundlagen

    Einbringungsgeborene Anteile sind solche Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft, die der Veräußerer oder bei unentgeltlichem Erwerb der Anteile der Rechtsvorgänger durch Sacheinlage nach §§ 20 Abs. 1, 23 Abs. 1 ‒ 4 UmwStG a. F. unter dem Teilwert (Buchwert- oder Zwischenwertansatz) erworben hat. Im § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. finden sich die Fälle der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs, Mitunternehmeranteils oder eines Teils davon (Sachgesamtheit) sowie mehrheitsbegründender Anteile an einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile.

     

    Mit den §§ 13 Abs. 3, 15 Abs. 1 UmwStG a. F. kamen weitere Fallgestaltungen hinzu. Befanden sich im Vermögen einer Kapitalgesellschaft einbringungsgeborene Anteile, die im Wege der Verschmelzung oder Spaltung auf eine andere Kapitalgesellschaft übertragen wurden, ging auch ihr Status der Einbringungsgeborenheit auf die Anteile an der Übernehmerin über.

     

    Auch konnten mit einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft einbringungsgeborene Anteile geschaffen werden. Steuerlich wird dieser Formwechsel als Einbringung von Mitunternehmeranteilen in die Kapitalgesellschaft behandelt (§ 21 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 UmwStG a. F.).

     

    Beachten Sie | Erfüllt eine Buchwerteinbringung von Sachgesamtheiten gegen Ausgabe neuer Anteile nicht die Voraussetzungen einer Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG a. F., sind die neuen Anteile nicht einbringungsgeboren. Keine Einbringung eines Mitunternehmeranteils liegt daher vor, wenn z. B. bei einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen, die Sonderbetriebsvermögen darstellen, in die Kapitalgesellschaft eingebracht werden (BFH 16.12.09, BStBl II 10, 808).

     

    Seit Einführung des neuen Besteuerungsregimes der sperrfristverhafteten Anteile entstehen ab dem 13.12.06 keine einbringungsgeborenen Anteile nach altem Umwandlungssteuerrecht mehr. Dies beutet jedoch nicht, dass unter der Ägide des SEStEG gewährte neue Anteile nicht steuerverstrickt sein können. Enthält die nach dem 13.12.06 eingebrachte Sachgesamtheit einbringungsgeborene Anteile, werden die erhaltenen neuen Anteile insoweit wie einbringungsgeborene Anteile nach altem Recht behandelt (§ 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG). Entsprechendes gilt für den Anteilstausch, wenn die eingebrachten mehrheitsvermittelnden Anteile ihrerseits einbringungsgeboren sind (§ 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG).

     

    MERKE | Der Status der Einbringungsgeborenheit, die Anschaffungskosten und die stillen Reserven gehen bei unentgeltlicher Anteilsübertragung auf den Rechtsnachfolger über. Voraussetzung hierfür ist, dass das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile nicht ausgeschlossen wird (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG a. F.).

     

    3.2 Einbringungsgeborene Anteile aufgrund von Kapitalmaßnahmen

    Zusätzlich zu den einbringungsgeborenen Anteilen nach altem Umwandlungssteuerrecht können auch unter SEStEG einbringungsgeborene Anteile durch Kapitalmaßnahmen entstehen. Sie sind ein Produkt der vom BFH entwickelten Wertabspaltungs- und Infektionstheorie (s. hierzu Herzig/Rieck, DStR 98, 97). Finden im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen Wertverschiebungen von den einbringungsgeborenen zu den jungen Anteilen statt, sind die jungen Anteile nach altem Recht (anteilig) steuerverstrickt.

     

    Bestehen z. B. an einer Kapitalgesellschaft bereits einbringungsgeborene Anteile und kommt es im Rahmen einer Kapitalerhöhung zur Begründung eines Bezugsrechts mit einem Ausgabekurs, der unter dem Wert der Geschäftsanteile vor Kapitalerhöhung liegt, wird die Substanz der alten einbringungsgeborenen Anteile in Form von Bezugsrechten abgespalten. Sie wird über die Ausübung des neu entstandenen Bezugsrechts an die jungen Anteile weitergegeben. Diese sind dann nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. steuerverstrickt (BFH 8.4.92, BStBl II, 761). Soweit auf die jungen Anteile stille Reserven übergegangen sind, wird von derivativen einbringungsgeborenen Anteilen gesprochen. Die Abspaltung der Substanz führt zu einer Minderung der Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile (BFH 19.4.05, BStBl II 05, 762) und ‒ über das Bezugsrecht ‒ zu einer entsprechenden Erhöhung der Anschaffungskosten der jungen Anteile.

     

    MERKE | Neben der Bestimmung der Quote der Anteile, die nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. steuerverstrickt sind, ist problematisch, ob sich der Status der einbringungsgeborenen Anteile auf alle Anteile quotal bezieht, oder ob er einzelnen Anteilen in vollem Umfang zugeordnet werden kann. Die Finanzverwaltung (BMF 25.3.98, BStBl I 98, 268, Rn. 21.14) und mit ihr die überwiegende Literatur gehen von einer quotalen Steuerverstrickung aus (a. A. Haritz in: Haritz/Benkert, § 21 UmwStG, Rn. 45). BFH-Rechtsprechung liegt hierzu nicht vor.

     

    Erfolgt die Kapitalerhöhung gegen Bareinlage und einem angemessenen Aufgeld, findet keine Abspaltung der Substanz von den einbringungsgeborenen Anteilen zu den jungen Anteilen statt. Eine Steuerverstrickung der jungen Anteile nach § 21 UmwStG a. F. liegt nicht vor, ebenso erfolgt keine Kürzung der Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile bzw. keine Erhöhung der Anschaffungskosten der jungen Anteile. Das angemessene Aufgeld gehört zu den Anschaffungskosten der jungen Anteile. Übersteigt die Summe aus dem Nennbetrag des neuen Anteils und dem Aufgeld den Verkehrswert des neuen Anteils, stellt der Überpreis ausschließlich Anschaffungskosten des neuen Anteils dar. Eine verdeckte Einlage liegt nicht vor (BFH 27.5.09, BFH/NV 10, 375).

     

    Auch bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft konnte es nach Ansicht der Finanzverwaltung (BMF 25.3.98, BStBl I 98, 268, Rn 21.14) und der h. M. zur Steuerverstrickung von bisher nicht einbringungsgeborenen Anteilen kommen.

     

    • Beispiel 4

    A und B gründen eine GmbH. A leistet auf seinen Anteil am Nennkapital eine Bareinlage. B erfüllt seine Einlageverpflichtung durch Einbringung seines Einzelunternehmens zum Buchwert (§ 20 Abs. 1 UmwStG a. F.). Ist der Wert der Sacheinlage höher als die Einlageverpflichtung und zahlt A kein entsprechendes Aufgeld, kommt es zur Verschiebung des Wertes der Anteile des B auf die des A. Diese sind quotal steuerverstrickt. Im Unterschied zur obigen Kapitalerhöhung fehlt es hier an einem Bezugsrecht, das die von den einbringungsgeborenen Anteilen abgespaltene Substanz an die jungen Anteile weitergibt. Allerdings ist die Wertverschiebung im Gründungsfall mit der unentgeltlichen Übertragung stiller Reserven im Rahmen von Kapitalerhöhungen vergleichbar. Ob dies angesichts einer fehlenden Rechtsgrundlage dennoch zu einbringungsgeborenen Anteilen führt, dürfte zweifelhaft sein.

     

    PRAXISTIPP | Die zur Entstehung von einbringungsgeborenen Anteilen führenden Sachverhalte sind zahlreich und nicht immer leicht zu erkennen. Letztlich kann nur anhand der Anteilshistorie Klarheit über den Status der Anteile gewonnen werden. Für im Privatvermögen gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften sollte untersucht werden, ob es sich um steuerverstrickte einbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. handelt oder ob sie in den Regelungsbereich der §§ 17, 23 EStG fallen.

     

    4. Entstrickungsgewinn

    4.1 Gewinnermittlung und Einkunftsart

    Die Realisierung der in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven erfolgt durch bloßen Antrag des Anteilseigners, der die Rechtsfolgen einer Anteilsveräußerung auslöst. Der Gewinn ermittelt sich wie folgt:

     

    • Ermittlung des Gewinns i. S. d. § 16 EStG

    Gemeiner Wert der Anteile zum Entstrickungszeitpunkt lt. Antrag

    abzgl.

    Anschaffungskosten der Anteile nach § 20 Abs. 4 UmwStG a. F.

    zzgl.

    nachträgliche Anschaffungskosten

    abzgl.

    Kapitalrückzahlungen

    abzgl.

    Kosten der Entstrickung

    =

    Gewinn i. S. d. § 16 EStG

     

    § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. definiert die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile als Anschaffungskosten nach § 20 Abs. 4 UmwStG a. F. Das ist der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt hat. Allerdings sind nachträgliche Veränderungen der Anschaffungskosten, die zwischen Erwerb und Entstrickungszeitpunkt angefallen sind, zu berücksichtigen (z. B. verdeckte Einlagen, Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Einlagenrückgewähr aufgrund von Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto).

     

    Beachten Sie | Die zu § 17 EStG entwickelten Grundsätze für Forderungen aus Gesellschafterdarlehen gelten auch für einbringungsgeborene Anteile, jedenfalls dann, wenn diese die Voraussetzungen des § 17 EStG erfüllen (BFH 9.4.19, BStBl II 19, 483). Folglich ist die BFH-Rechtsprechung zu nachträglichen Anschaffungskosten im Zusammenhang mit Darlehensverlusten und Forderungsverzichten auf einbringungsgeborene Anteile anzuwenden. Das dürfte auch die Definition der nachträglichen Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2a S. 3 EStG umfassen (gl. A. Patt, GmbH-StB 20, 360).

     

    Sind neben den einbringungsgeborenen Anteilen weitere Anteile vorhanden, die z. B. nach § 17 EStG verstrickt sind, bedarf es einer Zuordnung dieser Veränderungen zu den unterschiedlichen Anteilskategorien. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich, bieten sich als Maßstab das Verhältnis der Nennbeträge der Anteile bzw. die Verstrickungsquote an (gl. A. Patt in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, UmwStG [vor SEStEG], § 21 Rn. 80).

     

    Ein Entstrickungsgewinn der im Privatvermögen gehaltenen Anteile muss einer Einkunftsart zugeordnet werden. Nach h. M. soll der Gewinn zu der Einkunftsart gehören, zu der auch das eingebrachte Vermögen gehörte (z. B. Widmann in: Widmann/Mayer, Anhang 15 ‒ § 21 UmwStG 95). Sie sieht in der Fiktion des Entstrickungsgewinns als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG nur die Vorgabe der Gewinnermittlungsart. Wird die Fiktion jedoch als Erweiterung der sachlichen Steuerpflicht des § 16 EStG verstanden, gehört der Gewinn immer zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (so Rabback in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 27 UmwStG, Rn. 134).

     

    4.2 Halb-/Teileinkünfteverfahren

    Ist der Entstrickungsgewinn ermittelt, stellt sich die Frage nach der Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens. § 3 Nr. 40 S. 1 EStG stellt keine Gewinne zu 40 % steuerfrei, sondern lediglich Einnahmen, Veräußerungspreise und Bezüge. Korrespondierend hierzu werden die mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Ausgaben anteilig nicht zum Abzug zugelassen (§ 3c Abs. 2 EStG). Für die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile fingiert § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. zwar einen Veräußerungspreis, für die Antragsbesteuerung tritt aber der gemeine Wert der Anteile an dessen Stelle (§ 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F.). Dieser ist jedoch im Katalog des § 3 Nr. 40 S. 1 EStG nicht aufgeführt. Die abschließende Aufzählung im § 3 Nr. 40 S. 1 EStG könne nicht im Auslegungswege um den gemeinen Wert der Anteile erweitert werden, sodass das Halb-/Teileinkünfteverfahren auf den Ersatzrealisierungstatbestand der Antragsbesteuerung nicht anzuwenden sei (Patt in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, UmwStG [vor SEStEG] § 21, Rn. 120).

     

    Die Gegenmeinung begründet die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens damit, dass der Gesetzgeber mit der in § 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a EStG a. F. enthaltenen Ausnahme von der Rückausnahme die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens für die Antragsbesteuerung ablehnt, wenn nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist einbringungsgeborene Anteile veräußert werden, für die innerhalb der Sperrfrist ein Antrag auf Versteuerung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F. gestellt worden ist. Mit dieser Regelung mache der Gesetzgeber deutlich, dass eine Gewinnrealisation im Wege der Antragsbesteuerung dem Halb-/Teileinkünfteverfahren unterliege (Intemann in: Herrman/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 3 Nr. 40, Rn. 205).

     

    MERKE | Die Ausnahme von der Rückausnahme läuft aber ins Leere. Aus ihr lässt sich zur Lösung der hier vorliegenden Problematik nichts ableiten. Wenn innerhalb der Sperrfrist ein Antrag auf Besteuerung gestellt wurde, war die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens schon nach § 3 Nr. 40 S. 3 EStG a. F. ausgeschlossen. Zudem verlieren einbringungsgeborene Anteile ihren besonderen Status mit Antragstellung, folglich können nach Ablauf der Sperrfrist keine einbringungsgeborenen Anteile veräußert werden (gl. A. Patt in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a. a. O., § 21, Rn. 120).

     

    Die Finanzverwaltung äußert sich zu dieser Frage in R 3.40 EStR. Nach R 3.40 S. 2 EStR 05 und EStR 08 soll eine Vollbesteuerung eintreten, wenn innerhalb der Siebenjahresfrist ein Antrag auf Entstrickung gestellt wurde. Damit gibt die Finanzverwaltung indirekt zu erkennen, dass auch der gemeine Wert aus einer nach Ablauf der Sperrfrist beantragten Entstrickung dem Halb-/Teileinkünfteverfahren unterliegen soll. In R 3.40 EStR 2012 wird die weitere Anwendung der R 3.40 EStR 08 für die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile angeordnet. R 3.40 EStR 08 unterscheidet aber zwischen Veräußerung und Antragsbesteuerung. R 3.40 EStR 2012 schreibt die Weitergeltung der R 3.40 EStR 08 jedoch nur für den Fall der Veräußerung vor. Ob hierin ein Meinungswechsel hin zur Nichtanwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens für den Fall der Antragsbesteuerung gesehen werden kann oder lediglich ein Redaktionsversehen vorliegt, bleibt unklar.

     

    Beachten Sie | Der Meinungsstreit wirkt sich auch nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist auf eine heutige Antragsbesteuerung aus, da der § 52 Abs. 4b S. 2 EStG die weitere Anwendung des § 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG a. F. auf einbringungsgeborene Anteile anordnet.

     

    MERKE | Bei angenommener grundsätzlicher Anwendbarkeit des Halb-/Teileinkünfteverfahrens wird bei einem nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist (12.12.13) gestellten Antrag auf Entstrickung der gemeine Wert der einbringungsgeborenen Anteile, die im Wege der Einbringung von Sachgesamtheiten nach § 20 Abs. 1 S. 1 oder § 23 Abs. 1 bis 3 UmwStG a. F. erworben wurden, zu 40 % steuerfrei gestellt. Die hiermit in Zusammenhang stehenden Ausgaben unterliegen dem anteiligen Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG.

     

    Dies gilt allerdings nicht, wenn die einbringungsgeborenen Anteile im Wege des Anteilstauschs nach § 20 Abs. 1 S. 2 oder § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. erworben wurden. In diesem Fall ist die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens ‒ auch bei angenommener grundsätzlicher Anwendbarkeit im Rahmen der Antragsbesteuerung ‒ ausgeschlossen, wenn die eingebrachten Anteile ihrerseits unmittelbar oder mittelbar auf die Einbringung einer Sachgesamtheit i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 oder § 23 Abs. 1 bis 3 UmwStG a. F. innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist des § 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a EStG a. F. zurückzuführen sind. Zur Weitereinbringung beim Anteilstausch und zur Wechselwirkung zwischen altem und neuem Recht siehe BMF 11.11.11, BStBl I, 1314, Rn. 27.10 ff.

     

    Beachten Sie | Ist die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 S. 3 u. 4 EStG a. F. auf einbringungsgeborene Anteile ausgeschlossen, ist ein Verlust aus der Antragsbesteuerung im Ergebnis trotzdem nur zur Hälfte bzw. zu 60 % abzugsfähig. Ein Gewinn unterliegt aber der vollen Besteuerung. Dies resultiert aus der Fortgeltung von § 3c Abs. 2 S. 3 u. 4 EStG a. F. für einbringungsgeborene Anteile (§ 52 Abs. 5 S. 1 EStG). Soweit nach § 3c Abs. 2 S. 4 EStG a. F. der § 3 Nr. 40 S. 3 EStG a. F. anzuwenden ist, d. h., das Halb-/Teileinkünfteverfahren für einbringungsgeborene Anteile nicht zur Anwendung kommt, soll die Abzugsfähigkeit des Verlustes beschränkt werden.

     

    MERKE | Wird die Meinung als zutreffend erachtet, dass das Ergebnis aus der Antragsbesteuerung grundsätzlich nicht vom Halb-/Teileinkünfteverfahren erfasst wird, unterliegt der volle Gewinn bzw. Verlust der Besteuerung.

     

    5. Vergünstigungen

    5.1 Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG

    Der Gewinn aus der Antragsbesteuerung gilt als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG, unabhängig davon, ob die einbringungsgeborenen Anteile Privat- oder Betriebsvermögen darstellen. Für ihn kann bei Erfüllung der Voraussetzungen der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG in Anspruch genommen werden. Findet auf den Veräußerungsgewinn das Halb-/Teileinkünfteverfahren Anwendung, ist der nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b i. V. m. 3c Abs. 2 EStG steuerfreie Teil bei der Berechnung des Freibetrags nicht zu berücksichtigen (R 16 Abs. 13 S. 10 EStR 12). Wird die Antragsbesteuerung auf einzelne einbringungsgeborene Anteile beschränkt (Zulässigkeit streitig, siehe 6.1), hat dies ebenfalls keine Auswirkung auf den Freibetrag. Maßgebend für den Freibetrag ist nur das Vorliegen eines Veräußerungsgewinns i. S. d. § 16 EStG. Dieser wird von § 21 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F. fingiert.

     

    5.2 Tarifermäßigung (§ 34 EStG)

    Für den Gewinn aus der Antragsbesteuerung soll die Tarifermäßigung i. S. d. § 34 EStG nach h. M. nicht in Anspruch genommen werden können. Begründet wird dies mit § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG, der den steuerpflichtigen Teil der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nr. 40 Buchst. b i. V. m. § 3c Abs. 2 EStG teilweise befreit sind, von der Tarifermäßigung ausnimmt (Rabback in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 19, § 27 UmwStG, Rn. 142). Der Gesetzgeber will für Gewinne, die bereits durch das Halb-/Teileinkünfteverfahren begünstigt werden, nicht zusätzlich die Tarifermäßigung gewähren.

     

    Beachten Sie | Wie in 4.2 ausgeführt, ist unklar, ob der Gewinn aus der Antragsbesteuerung überhaupt dem Halb-/Teileinkünfteverfahren unterliegt. Ist dem nicht so, ist er auch nicht von der Tarifermäßigung ausgenommen.

     

    5.3 Stundung

    Die bei der Antragsbesteuerung auf den Entstrickungsgewinn entfallende ESt und KSt kann in jährlichen Teilbeträgen von mindestens je einem Fünftel entrichtet werden, wenn die Entrichtung der Teilbeträge sichergestellt ist. Stundungszinsen fallen nicht an (§ 21 Abs. 2 S. 3 u. 4 UmwStG a. F.).

     

    PRAXISTIPP | Im Unterschied zu § 222 AO besteht bei Tatbestandsverwirklichung ein Rechtsanspruch auf Stundung. Wann und in welcher Höhe Sicherheiten zu leisten sind, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des § 222 AO (BMF 25.3.98, BStBl I 98, 268, Rn. 21.10). Die Zinslosigkeit schließt die Erhebung von Nachzahlungszinsen i. S. d. § 233a AO nicht aus (FG Hamburg 28.2.06, EFG, 1380).

     

    6. Antrag

    6.1 Antragstellung

    Sollen die in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven ohne Veräußerung der Anteile versteuert werden, ist hierzu ein Antrag notwendig. Dieser ist an keine Form und Frist gebunden. Antragsberechtigt ist der wirtschaftliche Eigentümer der Anteile. Ein wirksam gestellter Antrag kann nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden (BFH 31.5.05, BStBl II 05, 643). Ein rückwirkender Antrag ist nicht möglich.

     

    Ob der Antrag auf einen Teil der einbringungsgeborenen Anteile beschränkt werden kann, ist in der Literatur umstritten. Einige Autoren halten die Beschränkung auf einzelne Anteile für zulässig (z. B. Rabback in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 181). Anderer Ansicht ist Patt (in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 21 UmwStG Rn. 149), der eine gesonderte Entstrickung nur für einbringungsgeborene Anteile zulassen will, die durch einen bestimmten Sacheinlagevorgang erworben wurden. Eine Beschränkung des Antrags auf einen Teil der stillen Reserven wird einheitlich verneint.

     

    PRAXISTIPP | Der Antrag muss eindeutige und klare Angaben darüber enthalten, wer Anteilseigner ist, welche Anteile Gegenstand des Antrags sind und wann die Rechtsfolgen des Antrags eintreten sollen.

     

    6.2 Die Rechtsfolgen im Einzelnen

    Der Antrag wird mit Eingang beim Finanzamt oder zu dem im Antrag genannten künftigen Zeitpunkt wirksam. Ab dann sind die dort aufgeführten einbringungsgeborenen Anteile nicht mehr steuerverstrickt. Das gilt auch im Verlustfall (BMF 25.3.98, BStBl I 98, 268, Rn. 21.07). Im Unterschied zum aktuellen Besteuerungskonzept (§ 22 UmwStG) der rückwirkenden Einbringungsbesteuerung sind die bis zur Wirksamkeit des Antrags angesammelten stillen Reserven aufzudecken. Die künftige Besteuerung anlässlich der Veräußerung der nun nicht mehr einbringungsgeborenen Anteile erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 17, 23 EStG. Bei der Prüfung des im § 17 Abs. 1 S. 1 EStG enthaltenen Fünfjahreszeitraums ist der Zeitraum der Inhaberschaft der einbringungsgeborenen Anteile einzubeziehen.

     

    • Beispiel 5

    A brachte in 05 sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in eine neu gegründete GmbH ein. Mit Wirkung zum 31.12.20 entstrickte er sämtliche Anteile nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F. Am 31.1.21 schenkte A seiner Tochter T 0,5 % der Anteile, die sie am 11.11.21 gewinnbringend veräußerte.

     

    Die Anteile des A sind weiterhin nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG steuerverstrickt. Die Schenkung ist keine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG. Der Gewinn aus der Veräußerung durch die Tochter unterliegt auch nicht dem § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, da die Anteile vor dem 1.1.09 mittels Einbringung erworben wurden (§ 52 Abs. 31 S. 1 EStG). Dennoch gehört der Veräußerungsgewinn bei T zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, da § 17 Abs. 1 S. 4 EStG erfüllt ist. Die Anteile sind zwar bei T nicht nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG steuerverstrickt. Sie hat jedoch die veräußerten Anteile innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich von A erworben, bei dem die Anteile innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Schenkung steuerverstrickt waren. Der Fünfjahreszeitraum des A beginnt nicht erst im Entstrickungszeitpunkt; die Zeit der Inhaberschaft der einbringungsgeborenen Anteile ist mit zu berücksichtigen.

     

    Sind die Voraussetzungen des § 17 EStG nicht erfüllt, ist für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns der § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG in der am 1.1.99 geltenden Fassung maßgebend, wenn die Anteile vor dem 1.1.09 im Wege der Einbringung erworben wurden (§ 52 Abs. 31 S. 2 EStG). Auf diese Fälle ist der ab 09 für die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften im Privatvermögen geltende § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht anzuwenden (§ 52 Abs. 31 S. 1 EStG).

     

    Die Veräußerungsfrist in § 23 Abs. 1 S. Nr. 2 EStG a. F. beginnt mit Wirksamkeit des Entstrickungsantrags. Aufgrund der nach § 52 Abs. 31 S. 6 EStG weiterhin anzuwendenden Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG a. F. gelten die Anteile nämlich zu diesem Zeitpunkt als angeschafft. Der in § 23 Abs. 2 S. 2 EStG a. F. normierte Vorrang des § 23 EStG vor dem § 17 EStG besteht allerdings seit dem VZ 09 nicht mehr. § 23 EStG ist daher nun dem § 17 EStG subsidiär (§ 23 Abs. 2 EStG).

     

    Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Anteilen an Körperschaften unterliegen bekanntlich grundsätzlich der Abgeltungsteuer, wenn sie nach dem 31.12.08 erworben wurden (§ 52 Abs. 28 S. 11 EStG i. V. m. § 32d Abs. 1 EStG). Der Antrag auf Entstrickung stellt jedoch keine Veräußerung dar. Mit ihm werden lediglich die stillen Reserven offengelegt. Anderes ergibt sich auch nicht aus der für einbringungsgeborene Anteile weiterhin geltenden Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG a. F. Diese Fiktion ist m. E. auf den speziellen Regelungsbereich des § 23 EStG beschränkt, der keinen Bezug zur späteren Einführung der Abgeltungsteuer hat.

     

    Problematisch ist die Weitergeltung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG a. F. für den Veräußerungspreis i. S. d. § 23 Abs. 3 EStG. In § 52a Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 11 S. 3 erster Halbsatz EStG a. F. ist sie für veräußerte Anteile angeordnet, die aufgrund eines vor dem 1.1.09 abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsaktes angeschafft wurden. Mit dem Kroatien-Anpassungsgesetz („kleines JStG 2014“) vom 25.7.14 (BGBl I 14, 1266) wurde § 52a EStG aufgehoben und die Vorschriften, die weiterhin gelten sollen, in den § 52 EStG integriert.

     

    Zwar ist die Anwendungsregel für den § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a. F. in den § 52 Abs. 11 EStG überführt worden. Die Weitergeltung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG a. F. aber nicht. Nun bedeutet die Entfernung einer Vorschrift aus dem Katalog der Anwendungsvorschriften nicht, dass die entsprechende gesetzliche Anwendungsregelung nicht mehr gültig ist. Anders jedoch, wenn sie durch Gesetz aufgehoben wurde (BFH 25.7.91, BStBl II 92, 26). Genau dies ist mit § 52a im vorstehenden Gesetz geschehen. Folglich unterliegt der Veräußerungspreis nach § 23 Abs. 3 EStG ab dem VZ 2014 nicht mehr dem Teileinkünfteverfahren. Dieses Ergebnis widerspricht dem Willen des Gesetzgebers, der lediglich das Nebeneinander von § 52 EStG und § 52a EStG beenden wollte. Die geregelten Anwendungszeitpunkte sollten aber nicht verändert werden (BT-Drs. 18/1529, 60 zu Nr. 33). Diese Intention ist zumindest für den hier vorliegenden Fall nicht Gesetz geworden. Ob hier lediglich ein Redaktionsversehen vorliegt, ist letztlich eine Wertungsfrage, der hier nicht weiter nachgegangen werden kann.

     

    FAZIT | Die freiwillige Entstrickung von einbringungsgeborenen Anteilen ermöglicht dem Inhaber eine auf seine persönlichen Einkommens- u. Vermögensverhältnisse ausgerichtete Optimierung seiner Steuerlast, ohne sich von den Anteilen trennen zu müssen. Zur Festlegung des Entstrickungszeitpunktes bedarf es wegen der Einmaligkeit und Endgültigkeit der Antragstellung einer sorgfältigen Analyse der gegenwärtigen und auch künftigen Verhältnisse. Die aufgezeigten Unklarheiten und widerstreitenden Ansichten bezüglich der Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens, der Tarifermäßigung und der inhaltlichen Beschränkung des Antrags erhöhen zudem das steuerliche Planungsrisiko.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2021 | Seite 469 | ID 47633998