03.02.2010 | Bundesfinanzhof
BFH kippt Aufteilungs- und Abzugsverbot bei Reisekosten
von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
In einer Aufsehen erregenden Entscheidung hat der Große Senat des BFH seine langjährige Rechtsprechung zu gemischt (beruflich und privat) veranlassten Aufwendungen geändert und Aufwendungen für gemischt veranlasste Reisen in größerem Umfang als bisher zum Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugelassen. Durch diesen Abschied vom Aufteilungs- und Abzugsverbot kann nun unter Umständen auch eine mit einem Urlaub kombinierte Dienstreise steuerlich vollständig absetzbar sein (BFH 21.9.09, GrS 1/06, Abruf-Nr. 100184). |
Sachverhalt
Im Streitfall hatte ein EDV-Controller eine Computer-Messe in Las Vegas besucht, wo er auch einen Gastvortrag hielt. Er flog bereits am Freitag dorthin, obwohl die Messe erst am Montag begann. Die Messe endete am Donnerstag, der Kläger kehrte zwei Tage später wieder nach Deutschland zurück. Finanzamt (FA) und Finanzgericht (FG) waren der Ansicht, von den sieben Tagen USA-Aufenthalt seien nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen. Abziehbar seien daher nur die Kongressgebühren, Kosten für vier Übernachtungen und Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage. Das FG erkannte darüber hinaus noch die Flugkosten zu 4/7 als Werbungskosten an. Hiergegen wandte sich das FA mit der Begründung, die Aufteilung der Flugkosten verstoße gegen das Aufteilungsverbot und weiche von der ständigen Rechtsprechung des BFH ab. Im Revisionsverfahren rief der VI. Senat (VI R 94/01) den Großen Senat mit dem Ziel an, das angefochtene Urteil des FG hinsichtlich der Aufteilung der Flugkosten zu bestätigen - und zwar mit Erfolg.
Anmerkungen
Nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG können Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, selbst dann nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Aufwendungen zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Deshalb besteht gerade an der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre ein verlockender Anreiz für den Steuerpflichtigen, Privataufwendungen als „beruflich veranlasst“ darzustellen, um so den Abzug der Aufwendungen zu erreichen. Die bisherige BFH-Rechtsprechung hatte dieser Praxis weitestgehend einen Riegel vorgeschoben und § 12 Nr. 1 S. 2 EStG im Wege der Auslegung ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen entnommen (BFH 19.10.70, GrS 2/70, BStBl II 71, 17). Allerdings hat die Rechtsprechung hier schon früher zahlreiche Ausnahmen zugelassen, z.B. für die Abziehbarkeit der Telefongrundgebühr (BFH 19.12.77, VI R 198/76) oder für fixe und variable Pkw-Kosten (BFH 9.10.53, IV 536/52 U).
Nunmehr hat sich der Große Senat endgültig vom Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Reisekosten verabschiedet:
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