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  • 04.10.2010 | Bundesfinanzhof

    Darlehenszinsen können auch nach Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung abziehbar sein

    von RiFG Dipl.-Finw. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass auch die erst nach dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung anfallenden Darlehenszinsen als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können, sofern der Verkaufserlös nicht zur Tilgung des bei Anschaffung der Beteiligung aufgenommenen Darlehens ausreicht (BFH 16.3.10, VIII R 20/08, Abruf-Nr. 102335).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger veräußerte einen Teil seines GmbH-Anteils von rund 49 % zu einem unter den Anschaffungskosten liegenden Preis an seinen Sohn. Zur Finanzierung des Geschäftsanteils hatte er seinerzeit mehrere Darlehen aufgenommen, die er aus dem Veräußerungserlös nicht vollständig zurückführen konnte. Aus diesem Grund machte er die nach der Veräußerung der Beteiligung noch anfallenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der BFH hatte bislang den nachträglichen Werbungskostenabzug nach Veräußerung oder Aufgabe einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung für die ab 1999 geltenden Gesetzesfassungen immer ausgeschlossen. Daran hält er jetzt nicht mehr fest. Nun können solche Schuldzinsen unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten abgezogen werden, auch wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder nach Auflösung der Gesellschaft entfallen.  

     

    Anmerkungen

    Der Gesetzgeber hat die Wesentlichkeitsschwelle des § 17 EStG bekanntlich für die VZ ab 1999 von 25 % auf 10 % und ab 2001 auf 1 % abgesenkt und damit für eine konzeptionelle Gleichbehandlung von Gewinnausschüttungen und Gewinnen aus Veräußerungen von Beteiligungen gesorgt. Laut BFH ist es seither nicht mehr gerechtfertigt, nachträgliche Finanzierungskosten der (grundsätzlich) nicht steuerbaren Vermögensebene zuzuweisen, zumal der Gesetzgeber durch das StEntlG 1999/2000/2002 die Voraussetzungen für die steuerliche Erfassung von Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften von sonstigen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens insbesondere durch die Verlängerung der Veräußerungsfrist bei Grundstücken von 2 auf 10 Jahre erweitert hat.  

     

    Der Aussage des BFH, der Veranlassungszusammenhang der nachträglichen Schuldzinsen mit steuerbaren Einkünften sei nach Aufgabe oder Veräußerung einer Beteiligung i.S. von § 17 EStG nach denselben Maßstäben wie im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 EStG bei Gewinneinkünften zu bestimmen, ist unbedingt beizupflichten. Durch die Veräußerung oder Aufgabe einer Einkunftsquelle entfällt der Veranlassungszusammenhang bei den Gewinneinkünften nicht, wenn der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten zu begleichen oder eine Veräußerung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist. Dies kann bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen i.S. von § 17 EStG nicht anders sein als bei der Veräußerung von funktionalen betrieblichen Einheiten i.S. von § 16 EStG (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil), weil § 17 EStG bei der Veräußerung einer Beteiligung von mindestens 1 % ebenso wie § 16 EStG gewerbliche Einkünfte nach sich zieht.