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  • 02.08.2010 | Bundesfinanzhof

    Erwerb „zahlungsgestörter“ Forderungen umsatzsteuerpflichtige Leistung des Factors?

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Die Abtretung von Forderungen unter Übertragung des Ausfallrisikos ist in der Wirtschaft inzwischen gängige Praxis. Die Finanzverwaltung hatte die Leistung des Forderungskäufers („Factor") früher immer als umsatzsteuerlich unbeachtlich eingestuft. Der EuGH (26.6.03, C-305/01) stellte dann allerdings klar, dass von einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung des Factors an den Abtretenden auszugehen sei. Während die Finanzverwaltung diese Rechtsfolge auch bei sog. zahlungsgestörten Forderungen bejaht, hat der BFH nun Zweifel an dieser Sichtweise geäußert und die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (BFH 10.12.09, V R 18/08, Abruf-Nr. 100693).

     

    Sachverhalt

    Die F-GmbH (F) hatte in 4/04 vom Kreditinstitut K Forderungen aus 70 gekündigten und fällig gestellten Darlehensverträgen erworben. Der Vertrag schloss eine Haftung der abtretenden Bank hinsichtlich der Uneinbringlichkeit der Forderungen oder Werthaltigkeit der Sicherheiten ausdrücklich aus. Der Nennwert der Forderungen belief sich auf ca. 15,5 Mio. EUR. In Anlehnung an ein BMF-Schreiben (BMF 3.6.04, IV B7 -S 7104- 18/04, BStBl I 04, 737) bewerteten die Parteien den sog. wirtschaftlichen Nennwert der Forderungen aufgrund erheblicher Zahlungsstörungen einvernehmlich mit ca. 8,96 Mio. EUR. Des Weiteren zinsten sie diesen Wert noch - wegen des erwartbar langwierigen Beitreibungszeitraums - auf ca. 8,4 Mio. EUR ab. Als tatsächlichen Kaufpreis legten F und K dann 8,03 Mio. fest und werteten die Differenz zum abgezinsten „wirtschaftlichen Nennwert" nicht als Vergütung für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Forderungsverkäufer.  

     

    Angesichts der gegenteiligen Weisung im o.g. BMF-Schreiben rechnete die F aus dem Differenzbetrag die Umsatzsteuer heraus und erklärte entsprechende Umsätze, legte jedoch zugleich gegen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung Einspruch ein, weil bei „zahlungsgestörten Forderungen“ keine umsatzsteuerpflichtige Factoringleistung i.S. der EuGH-Rechtsprechung vorliege. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt. Im Revisionsverfahren hat der BFH nun beim EuGH per Vorabentscheidungsersuchen nachgefragt, ob…  

     

    1. die Übernahme des Forderungseinzugs sowie des Ausfallrisikos auch bei zahlungsgestörten Forderungen eine entgeltliche wirtschaftliche Tätigkeit des Factors darstelle, wenn der Kaufpreis nicht nach einem - den Forderungseinzug und das Ausfallrisiko vergütenden - Pauschalabschlag vom Nennwert bemessen, sondern das Ausfallrisiko konkret durch einen einvernehmlichen „wirtschaftlichen Nennwert" ermittelt werde und dem Forderungseinzug in der Relation hierzu nur untergeordnete Bedeutung zukomme.

     

    2. die Übernahme des Ausfallrisikos - wenn man einen Leistungsaustausch bejaht - als umsatzsteuerfreie Sicherheits- oder Garantiegewährung zu bewerten und der Forderungseinzug dabei als Nebenleistung oder als umsatzsteuerfreie oder -pflichtige eigenständige Leistung einzuordnen sei.