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  • 03.12.2009 | Bundesfinanzhof

    Hinzurechnung von Schuldzinsen zum Gewerbeertrag europarechtswidrig?

    von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

    Der BFH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Hinzurechnung von Schuldzinsen zum Gewerbeertrag mit der Zins- und Lizenzrichtlinie der EU vereinbar ist (BFH 27.5.09, I R 30/08, Abruf-Nr. 093499). Dieser Vorlagebeschluss hat für reichlich Wirbel gesorgt. Er erging zwar zur bis 2007 gültigen Rechtslage, wonach Dauerschuldzinsen beim Gewerbeertrag nur hälftig hinzuzurechnen sind. Die EuGH-Entscheidung dürfte aber erst recht erhebliche Auswirkungen auf die ab VZ 2008 geltende verschärfte Fassung des § 8 Nr. 1a GewStG haben, wonach Schuldzinsen unabhängig von der Dauer des zugrundeliegenden Darlehensverhältnisses in voller Höhe hinzuzurechnen sind.

     

    Sachverhalt

    Klägerin ist eine deutsche GmbH, deren alleinige Anteilseignerin eine in den Niederlanden ansässige B.V. ist. Die niederländische B.V. gewährte ihrer Tochtergesellschaft bereits unmittelbar nach deren Erwerb im Jahr 2003 erhebliche Darlehen. In 2004 überwies die GmbH hierfür 154.584 EUR Zinsen in die Niederlande. Das FA rechnete davon die Hälfte als Dauerschuldzinsen dem Gewerbeertrag hinzu und setzte den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend fest. Der BFH hat dem EuGH nun die Frage vorgelegt, ob die Hinzurechnung von Schuldzinsen im Quellenstaat mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist.  

     

    Anmerkungen

    Dass die hälftige Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen im vorliegenden Fall nach § 8 Nr. 1 GewStG 2002 ordnungsgemäß erfolgt ist, ist zwischen den Prozessbeteiligten unstreitig. Scheitern könnte die Hinzurechnung aber an einer bislang weitgehend unbeachteten Regelung des Europarechts. Nach Art. 1 Abs. 1 der Zins- und Lizenzrichtlinie (ZLR) vom 3.6.03 (Richtlinie 2003/49/EG, ABL. 2003 L 157/49) werden in einem Mitgliedstaat angefallene Zinseinkünfte von allen Steuern in diesem Staat befreit, sofern der Nutzungsberechtigte der Zinsen ein Unternehmen eines anderen Mitgliedstaates ist und es sich um verbundene Unternehmen handelt.  

     

    Fraglich ist indes, ob die ZLR überhaupt auf die Besteuerung bei dem zinszahlenden Unternehmen anwendbar ist. Zwar regelt Art. 1 Abs. 2 ZLR ergänzend, dass eine Zahlung, die von dem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen an ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen geleistet wird, als im Quellenstaat (hier: Deutschland) angefallen zu betrachten ist. Gegen die Anwendung der ZLR auf das zinszahlende deutsche Unternehmen spricht jedoch der Zweck der ZLR, wonach grenzüberschreitende Finanzbeziehungen zwischen Unternehmen nicht gegenüber den Finanzbeziehungen benachteiligt werden sollen, die sich nur innerhalb eines Staates abspielen. Da aber die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen unabhängig davon erfolgt, ob der Empfänger in Deutschland oder im Ausland ansässig ist, liegt in der Verpflichtung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung keine Ungleichbehandlung grenzüberschreitender Finanzbeziehungen vor. Von der ZLR erfasst wäre nach dieser Überlegung nur eine Besteuerung von Zinszahlungen, die ausschließlich den Zinsabfluss in andere EU-Mitgliedstaaten erfassen. Eine solche Regelung enthält das GewStG jedoch nicht.