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  • 01.06.2007 | Bundesfinanzhof

    Untergang eines Gewerbeverlustes beim „Ortswechsel“ eines Franchisenehmers

    von RiFG Dr. Alexander Kratzsch, Bünde
    Der BFH hat dem Franchisenehmer einer Handelskette bei seinem neu eröffneten Einkaufsmarkt den Abzug der Verluste aus dem zuvor ca. 600 km entfernt betriebenen Markt bei der Gewerbesteuer versagt, weil es sich nicht mehr um dasselbe Unternehmen handele (BFH 7.11.06, VIII R 30/05, Abruf-Nr. 070963) .

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die klagende GmbH & Co. KG ist Franchisenehmer einer bekannten Handelskette. Sie schloss ihren Markt, mit dem sie einen erheblichen Gewerbeverlust erwirtschaftet hatte, veräußerte den gesamten Warenbestand, verschrottete nahezu das gesamte Anlagevermögen und eröffnete rund 600 km entfernt einen neuen Markt derselben Kette. Von den Mitarbeitern übernahm sie nur den Marktleiter. Der BFH entschied, dass der Gewerbeverlust aus dem ersten Markt vom Gewerbeertrag des neuen Marktes nicht abziehbar sei. Der neue Betrieb sei wirtschaftlich nicht identisch mit dem alten Betrieb. Die Voraussetzung der Unternehmensidentität sei schon wegen der großen Entfernung von 600 km nicht erfüllt. Das insoweit maßgebliche Gesamtbild werde entscheidend vom Wechsel des Kundenkreises, der Arbeitnehmerschaft und der Ausstattung des Marktes bestimmt. Auch das Warensortiment sei trotz gleicher Kette nicht zwangsläufig identisch. 

     

    Anmerkungen

    Nach § 10a S. 1 GewStG wird der Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den §§ 7bis 10 GewStG ergeben haben. Voraussetzung der Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 10a GewStG sind Unternehmer- und Unternehmensidentität. Unternehmensidentität bedeutet, dass der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat. Diese Voraussetzung hat der BFH im Streitfall verneint. 

     

    Bei Betriebsverlegungen kommt es dabei zunächst auf die Entfernung zum bisherigen Betätigungsort an. Außerdem ist entscheidend, ob im Wesentlichen dieselben Arbeitnehmer einschließlich Geschäftsleitung tätig werden und wie sich der Kunden- und Lieferantenkreis verändert. Unternehmensidentität ist vom BFH verneint worden bei einem Wechsel vom Wein- und Spirituosenhandel zu einem Maklergeschäft (BFH 1.12.60, BStBl III 61, 65) und von einem Kaufhaus zu einer Immobilienvermittlung (BFH 28.4.77, BStBl II, 666). Dagegen wurde sie bejaht bei der Rückumwandlung einer Betriebs-GmbH auf das Besitzunternehmen für das Besitzunternehmen (BFH 28.5.68, BStBl II, 688) sowie beim Wechsel von einem Speiserestaurant zu einer Imbissstube (BFH 12.1.83, BStBl II, 425) bzw. von einer Lotto- und Totoannahmestelle zu einem Tabakwareneinzelhandel (BFH 19.11.85, BStBl II 86, 719). Insbesondere der letzte Fall macht deutlich, dass selbst bei Verschiedenheit der Unternehmensgegenstände ein einheitlicher Gewerbebetrieb und entsprechend die Unternehmensidentität weiterhin gegeben sein kann. In diesen Fällen ist es entscheidend, ob ein enger finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen „Alt- und Neubetrieb“ besteht.