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  • 01.09.2005 | Bundesfinanzhof

    Verkauf eines leer stehenden Betriebsgebäudes ist keine „Geschäftsveräußerung im Ganzen“

    von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf
    Der Verkauf eines unternehmerisch genutzten Grundstücks kann einen nach § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerfreien oder durch Option umsatzsteuerpflichtigen Umsatz darstellen. Es kann sich aber auch im Einzelfall um eine nicht steuerbare „Geschäftsveräußerung im Ganzen“ (GiG) i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG handeln. Eine Option ginge dann ins Leere. Nachdem sich der V. Senat des BFH bereits in seinem AdV-Beschluss vom 1.4.04 (BStBl II, 802) mit der Problematik befasst hatte, stellt er nun mit Urteil vom 18.1.05 klar, dass der Verkauf eines zunächst eigenbetrieblich genutzten und bei Veräußerung unvermieteten Geschäftsgrundstücks nicht als GiG zu werten ist (BFH 18.1.05, V R 53/02, Abruf-Nr. 051005).

     

    Sachverhalt

    Unternehmer U war alleiniger Gesellschafter der U-GmbH. Er baute in 1987 eine Produktionshalle mit Büroräumen, die er an die GmbH vermietete. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung und einer umsatzsteuerlichen Organschaft waren gegeben. Aus den Errichtungskosten in 1987 bzw. den Kosten für eine Hallenerweiterung in 1990 hatte U Vorsteuerbeträge von ca. 62.000 DM bzw. 50.000 DM geltend gemacht. In 1995 erwarb U ein größeres Grundstücksareal, um die in den vergangen Jahren stark erweiterte Produktion dorthin zu verlagern. Dazu errichtete er einen Neubau, den er ebenfalls an die U-GmbH vermietete. Nach dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten verkaufte U in 1995 das nun leer stehende Altgebäude für 1,25 Mio. DM an das Elektronikunternehmen E. Ausweislich des Notarvertrags handelte es sich dabei um einen Nettokaufpreis, der „zuzüglich gegebenenfalls gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen war“; Umsatzsteuer wurde dem Erwerber nicht in Rechnung gestellt.  

     

    U behandelte den Grundstücksverkauf in seiner Umsatzsteuererklärung als nicht steuerbare GiG. Im Zuge einer Betriebsprüfung erhöhte das FA die Umsatzsteuer um 187.500 DM, da es von einer Optionserklärung des U ausging. Im Einspruchsverfahren kam das FA demgegenüber zu der Auffassung, eine Option zur Umsatzsteuerpflicht liege mangels Steuerausweis bzw. entsprechend erhöhter Kaufpreiszahlung nicht vor, sodass es für 1995 – wegen steuerfreier Grundstücksveräußerung – eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG vornahm. FG und BFH gaben dem FA im weiteren Verfahren Recht und verneinten das Vorliegen einer GiG. 

     

    Anmerkungen

    Wie der BFH betont, sind zur Interpretation von § 1 Abs. 1a UStG – trotz weitestgehend identischer Begriffsverwendung – nicht die zu § 75 AO ergangenen Auslegungsgrundsätze maßgebend. Vielmehr stelle § 1 Abs. 1a UStG die Umsetzung von Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL dar. Daher sei für die Begriffsauslegung nicht das nationale Steuerrecht, sondern das EG-Recht maßgeblich (Hinweis auf EuGH 27.11.03, UR 04, 19: „Nicht-Lieferung“ i.S. von Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL als autonomer gemeinschaftsrechtlicher Begriff).