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  • Bundesfinanzhof

    Vermeidung der Umsatzsteuer bei Verkauf eines vorsteuerbefreiten Pkw

    von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf

    Mit einer neuen Entscheidung hat sich der BFH eindeutig zur Zuordnung eines Pkw zum Unternehmensvermögen geäußert. Zudem hat er klargestellt, dass die Entnahme und die anschließende Veräußerung eines ohne Vorsteuerabzugsrecht erworbenen Kfz nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die Leitsätze der Entscheidung vom 31.1.02 lauten zusammengefasst wie folgt: Der Unternehmer kann ein Investitionsgut, das er zur gemischten Nutzung erwirbt, vollständig dem unternehmerischen bzw. dem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen oder eine anteilige Zuordnung zu den jeweiligen Bereichen wählen. Die Zuordnung wird u.a. regelmäßig durch die Inanspruchnahme der Vorsteuer verdeutlicht. Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden. Ein Indiz für eine vollständige Zuordnung zum unternehmerischen Bereich ist beispielsweise die Versteuerung der privaten Verwendung. Entnimmt der Steuerpflichtige das Investitionsgut seinem Unternehmen vor der Veräußerung, ist diese Entnahme nicht zu besteuern. Ein späterer Verkauf ist dann dem privaten Bereich zuzurechnen und unterliegt daher ebenfalls nicht der Umsatzsteuer (BFH 31.01.02, R 61/96). (Abruf-Nr. 020386)

    Sachverhalt

    Der als Transportunternehmer tätige Kläger verwendete einen Pkw zu 70 v.H. für das Unternehmen, im Übrigen privat. Das Kfz war von Privat erworben worden und berechtigte somit bei Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug. Der Kläger veräußerte den Pkw am 16.3.90 für umgerechnet rund 8.500 EUR, ohne Umsatzsteuer in einer Rechnung gesondert auszuweisen. In der Steuererklärung vermerkte er „Steuerfreier Umsatz (Pkw wurde gebraucht von einer Privatperson gekauft)“. Ungeachtet dessen besteuerte das FA die Veräußerung des Pkw im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 1990. Die Steuer errechnete es aus dem vollen Verkaufspreis. Hiergegen wandte sich der Kläger, da die Veräußerung des Kfz seines Erachtens nicht der Umsatzbesteuerung unterlegen hätte. Der BFH hat dem Ansinnen des Klägers entsprochen.

    Anmerkungen

    Das Besprechungsurteil vervollständigt eine Reihe von Urteilen zur Thematik der Entnahme nicht mit Vorsteuer belasteter Pkw. Das Ergebnis ist nicht überraschend, da der BFH eine Vorabentscheidung des EuGH eingeholt hatte und er dessen Ausführungen nur folgen musste (vgl. ausführlich Jahn, GStB 01, 247). Interessant sind aber die Hinweise des BFH zu der Frage, wie der Unternehmer eigentlich signalisiert, dass er ein Wirtschaftsgut (hier: Kfz) seinem Unternehmens- und/oder Privatvermögen zuordnet. Zudem ist bemerkenswert, mit welcher Deutlichkeit der BFH sagt, wie die Umsatzbesteuerung einer Kfz-Veräußerung vermieden werden kann, wenn das Fahrzeug von Privat bzw. differenzbesteuert ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit erworben wurde.

    Zur Zuordnung: Der Unternehmer kann ein Wirtschaftsgut, das er zur gemischten Nutzung erwirbt, voll dem unternehmerischen oder voll dem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen. Er kann auch eine anteilige Zuordnung zu beiden Bereichen wählen. Die Zuordnung wird u.a. regelmäßig durch den Vorsteuerabzug bei Erwerb verdeutlicht. Der – anteilige – Vorsteuerabzug aus späteren Reparaturkosten ist für die Zuordnungsentscheidung dagegen nach Ansicht des BFH bedeutungslos.

    Ist ein Vorsteuerabzug bei Erwerb (wie im Sachverhalt) nicht möglich, können folgende Gegebenheiten bei der Entscheidung ausschlaggebend sein:

    • Auftreten des Unternehmers bei An- und Verkauf des gemischt genutzten Gegenstandes unter seinem Firmennamen oder unter seinem Privatnamen/seiner Privatanschrift;
    • private oder betriebliche Versicherung des Gegenstandes;
    • Bilanzierung oder Nichtbilanzierung des gewillkürten Betriebsvermögens;
    • Besteuerung oder Nichtbesteuerung des Eigenverbrauchs (in Altfällen; für Fälle ab 1.4.99 vgl. § 3 Abs. 9a S. 2 UStG).

    Wichtig: Bei einer von der ertragsteuerlichen Behandlung abweichenden – teilweisen – Zuordnung zum Unternehmensvermögen muss der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für eine Vorsteuerberichtigung gesondert aufzeichnen (§ 22 UStG). Dieses dürfte der Regelfall sein!

    Zur Entnahme und Veräußerung: Wurde ein Gegenstand ohne Recht des Vorsteuerabzugs erworben, ist die spätere Entnahme nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen (§ 3 Abs. 1b S. 2 UStG). Die nachfolgende Veräußerung erfolgt dann nicht mehr im Rahmen des Unternehmens und unterliegt folglich ebenfalls nicht der Umsatzsteuer.

    Eine Besonderheit ergibt sich dann, wenn vor der Entnahme wesentliche Arbeiten an dem Kfz vorgenommen, das heißt „Bestandteile“ eingefügt und insoweit die Vorsteuern geltend gemacht wurden (Beispiele für Bestandteile: nachträglich eingebaute Klimaanlage oder Katalysator). In diesem Fall ist bei Entnahme des Kfz eine Umsatzsteuerbarkeit gegeben. Diese beschränkt sich aber auf die hinzugefügten Bestandteile, die zudem noch einen Restwert haben müssen. Bemessungsgrundlage ist der Zeitwert der hinzugefügten Bestandteile.

    Kosten für Arbeiten, bei denen keine Bestandteile geschaffen wurden, also Reparatur- und Wartungsaufwendungen, führen nicht zu einer Umsatzsteuerbarkeit bei Entnahme. Allerdings hatte der EuGH für diese Fälle eine nachgelagerte Vorsteuerkorrektur nach Art. 20 der 6. EG-Richtlinie bejaht, soweit die Wertsteigerung dieser Aufwendungen am Entnahmestichtag noch nicht vollständig verbraucht war. Die entsprechende Vorschrift im deutschen UStG (§ 15a UStG) ist jedoch auf Grund seines (bislang) vom Gemeinschaftsrecht abweichenden Wortlautes nur für nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten einschlägig und Art. 20 der 6. EG-Richtlinie darf nicht unter Bruch der nationalen Rechtsvorschriften zu Ungunsten des Steuerpflichtigen Anwendung finden (ähnlich BFH 18.10.01, V R 106/98 unter 5.b, Abruf-Nr. 011519). § 15a UStG gilt nach einer jüngeren Entscheidung des BFH in dieser Frage zudem nicht bei Umlaufvermögen (BFH 20.12.01, V R 8/98, Abruf-Nr. 020301). Die Anwendbarkeit der Vorschrift dürfte zu Ungunsten des Steuerpflichtigen daher (bis zu einer derzeit noch nicht absehbaren Gesetzesänderung) nahezu ausnahmslos zu verneinen sein; zudem bleibt die Kleinbetragsregelung in 44 UStDV (250-Euro-Grenze) zu beachten.

    Praxishinweise

    Mit dem Besprechungsurteil ist ein eindeutiger Gestaltungshinweis verbunden: Vor der Veräußerung eines Wirtschaftsguts (Pkw), das ohne Recht zum Vorsteuerabzug erworben, aber dennoch dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurde, sollte dieses in das Privatvermögen überführt werden. Es sollte sichtbar werden, dass das Kfz tatsächlich entnommen wurde. Im Besprechungsurteil reichte es zwar aus, dass der Unternehmer in seiner Steuererklärung vermerkt hat „Steuerfreier Umsatz (Pkw wurde gebraucht von einer Privatperson gekauft)“. Allerdings hat der BFH dem Unternehmer zu Gute gehalten, dass der Kläger vor der EuGH-Entscheidung keine klaren Vorstellungen davon haben konnte, wie er die Veräußerung des Pkw der Steuerpflicht – zulässigerweise – entziehen konnte.

    Künftig dürften wohl eindeutigere Entnahmehandlungen erforderlich sein. Idealerweise sollte das Fahrzeug nicht nur aus dem (umsatzsteuerlichen) Unternehmensvermögen, sondern auch aus dem (ertragsteuerlichen) Betriebsvermögen entnommen werden. Die Entnahme ist dann sofort zu verbuchen. Sinnvoll ist es gegebenenfalls auch, das FA – im Vorfeld der Veräußerung – über die Entnahme zu informieren. Das setzt allerdings voraus, dass die Mandanten angehalten werden, ihren steuerlichen Berater rechtzeitig über die geplante Kfz-Veräußerung in Kenntnis zu setzen.

    Wer aktuell ein Kfz ohne Vorsteuerabzugsrecht erwirbt, sollte dieses erst gar nicht dem Unternehmensvermögen zuordnen. Dann ergeben sich bei der späteren Veräußerung keine umsatzsteuerlichen Probleme. Die Zuordnung zum Privatvermögen könnte dadurch deutlich gemacht werden, dass der Unternehmer bei Kauf mit seiner Privatanschrift und mit seinem Privatnamen auftritt. Auch die Versicherung sollte privat abgeschlossen werden. Der Vorsteuerabzug aus den laufenden Kosten wird durch die Zuordnung zum Privatvermögen nach Ansicht von BFH und EuGH (vgl. Besprechungsurteil unter 2.a) grundsätzlich nicht berührt. Die Finanzverwaltung geht in ihren UStR 2000 zwar noch davon aus, dass bei Zuordnung zum außerunternehmerischen Bereich Vorsteuer nur zum Abzug zuzulassen ist, die unmittelbar mit einer konkret abgrenzbaren unternehmerischen Verwendung in Zusammenhang steht (z.B. Vorsteuer aus dem Bezug von Kraftstoff anlässlich einer unternehmerischen Fahrt mit dem außerunternehmerischen Kfz; vgl. Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2a S. 6 UStR). Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass sie diese Haltung noch lange aufrecht erhalten kann.

    Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 05/2002, Seite 165

    Quelle: Ausgabe 05 / 2002 | Seite 165 | ID 103721