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  • 02.07.2010 | Bundesfinanzministerium

    Kinobestuhlung nun doch keine prägende Verzehrvorrichtung mehr

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Im Bereich der Umsatzsteuer hat sich ein ewiger Abgrenzungsstreit endlich erledigt: Verkauft ein Kinobetreiber im Foyer warme Speisen, so stellen die in den Vorführräumen vorhandenen Kinosessel keine schädlichen „Verzehrvorrichtungen“ dar, die zu einer mit 19 % zu besteuernden Restaurationsleistung führen würden. Es bleibt vielmehr bei einer ermäßigt zu besteuernden Speisenlieferung. Was für den BFH (18.2.09, V R 90/07) bereits länger klar war, wird nun auch vom BMF akzeptiert (BMF 29.3.10, IV D 2 - S 7100/07/10050, Abruf-Nr. 101454).

     

    Das BMF-Schreiben vom 29.3.10

    In Rz. 3 des BMF-Schreibens stellt die Verwaltung klar, dass die Bestuhlung in Kinos, Sporthallen und Stadien nicht mehr als Verzehreinrichtung anzusehen ist - es sei denn, es sind zusätzliche Vorrichtungen vorhanden, die den bestimmungsgemäßen Verzehr der Speisen und Getränke an Ort und Stelle ermöglichen. Getränkehalter, die das bloße Abstellen eines Getränks ermöglichen, sollen insoweit allerdings unschädlich sein. Diese neue Sichtweise der Finanzverwaltung soll in allen noch offenen Fällen angewendet werden; auf Wunsch des Unternehmers kann aber bei vor dem 1.7.10 ausgeführten Umsätzen die bisherige Sichtweise beibehalten werden (Rz. 4).  

     

    Praxishinweise

    Die Finanzverwaltung stimmt damit dem BFH zu, dass bei warmen Speisen zwar bereits das verzehrfertige Zubereiten eine abgrenzungsrelevante Dienstleistung darstelle, das notwendige qualitative Dienstleistungsübergewicht aber erst durch eine weitere Dienstleistung erreicht sei, die in der Zuschauerbestuhlung nicht gesehen werden könne.  

     

    Bislang hatte die Finanzverwaltung bei Bestuhlungen zwischen der Situation in Multiplexkinos (Kinostühle als schädliche Verzehrvorrichtung) und Sportstadien (keine schädlichen Sitze) unterschieden. Im BMF-Schreiben vom 16.10.08 war diese Sichtweise zwar relativiert („... wenn die Bestuhlung für den Verzehr von Speisen speziell ausgestattet ist ..."), aber nicht aufgegeben worden (BMF 16.10.08, IV B 8 - S 7100/07/10050, BStBl I 09, 949). Nach der jüngsten Weisung soll die Bestuhlung jetzt nur dann unschädlich sein, wenn sie nicht von zusätzlichen Vorrichtungen flankiert wird. Was dabei als zusätzliche Vorrichtung gelten soll, bleibt jedoch undefiniert. Reine Getränkehalter sind laut BMF zwar auszublenden; die Finanzverwaltung hält es aber wohl weiter für schädlich, wenn „Verzehrborde“ auch das Ablegen von Speisen ermöglichen (vgl. Abschn. 25a Abs. 3 S. 3 UStR). Ist Letzteres der Fall, sollten Betroffene sich auf ein beim EuGH anhängiges Verfahren berufen (Vorlagebeschluss: BFH 27.10.09, V R 3/07). Entsprechendes gilt auch bei Ablagebrettern/Verzehrtheken an Imbissständen (Vorlagebeschluss: BFH 15.10.09, XI R 37/08).