30.07.2008 | Bundesverfassungsgericht
GewSt und Abfärberegelung verfassungsgemäß
Auch zukünftig werden sich Steuerbürger und Steuerberater auf die ungleiche gewerbesteuerliche Behandlung von Gewerbetreibenden einerseits und Freiberuflern, anderen Selbstständigen und Landwirten andererseits sowie auf die steuerlichen Wirkungen der Abfärberegelung einstellen müssen. Mit Beschluss vom 15.1.08 (1 BvL 2/04, Abruf-Nr. 081716) hat das BVerfG die Gewerbesteuerfreiheit von Freiberuflern, Selbstständigen und Landwirten sowie die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als verfassungsgemäß angesehen. |
Anmerkungen
Die Gewerbesteuerverschonung der freien Berufe und Landwirte gegenüber den Gewerbetreibenden sieht das BVerfG als sachlich gerechtfertigt an. Die signifikanten Unterschiede zwischen den Berufsgruppen insbesondere in Bezug auf die akademische oder vergleichbare berufliche Qualifikation, die fachlich unabhängige und höchstpersönliche Erbringung der Arbeit und die staatliche Reglementierung zahlreicher freier Berufe lassen nach Überzeugung der Verfassungsrichter eine unterschiedliche steuerliche Behandlung zu. Dies gelte solange, bis offen zutage trete, dass im Hinblick auf den Steuergegenstand und die wesentlichen Besteuerungsmerkmale keine tragfähigen Unterschiede mehr bestünden. Darüber hinaus war für das BVerfG entscheidend, dass die Ungleichbehandlung durch verschiedene Anrechnungs- und Kompensationsbestimmungen, die die Doppelbelastung der Gewerbebetriebe mit Einkommen- und Gewerbesteuer mindern bzw. nahezu beseitigen, reduziert wird.
Auch die umstrittene Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung einer gemischt tätigen Personengesellschaft gegenüber dem Einzelunternehmer, der im Gegensatz zur Personengesellschaft mehrere Einkunftsarten nebeneinander verwirklichen kann, ist danach sachlich gerechtfertigt. Einen wichtigen Rechtfertigungsgrund sieht das BVerfG in dem gewichtigen Bedürfnis des Gesetzgebers, die sonst schwierige Ermittlung der Einkünfte bei Personengesellschaften, die verschiedene steuerliche Tätigkeiten ausüben, zu vereinfachen. Im Übrigen greifen die Verfassungsrichter auf ein vielfach als fragwürdig erachtetes Argument zurück, das auch der BFH bereits mehrfach angeführt hat: Die Ungleichbehandlung bei der Belastung mit Gewerbesteuer wird abgemildert, weil der Abfärberegelung durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen ausgewichen werden könne, ohne dass damit nennenswerte Belastungen und Risiken verbunden seien. Gedacht ist hier an eine Auslagerung gewerblicher Tätigkeiten auf personenidentische Schwesterpersonengesellschaften.
Die Rechtslage ist nunmehr als geklärt anzusehen. Steuerliche Berater müssen die Abfärberegelung damit weiterhin bei der Gestaltungsberatung „im Auge behalten“.
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