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  • 05.07.2011 | Der praktische Fall

    Die Verschmelzung einer Tochter-GmbH auf ihre Schwesterkapitalgesellschaft

    von Syndikus-StB Dr. Robert Strauch, stellv. Direktor der Weberbank Actiengesellschaft, Berlin

    Seit dem 2.5.11 liegt endlich der Entwurf des neuen Umwandlungssteuererlasses vor. Die praktischen Auswirkungen des Entwurfs auf die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften werden nachfolgend anhand eines Musterfalls dargestellt.  

    1. Sachverhalt

    M ist Alleingesellschafterin sowohl der T-GmbH als auch der S-GmbH. Alle beteiligten Rechtsträger haben ihren Sitz im Inland. Die Tochter T soll rückwirkend zum 1.1.11 auf ihre Schwestergesellschaft verschmolzen werden.  

     

     

     

    Die Anschaffungskosten bzw. der Buchwert der Anteile an der Tochter S betragen 200. Die Tochter T weist zum 31.12.10 folgende Bilanz gemäß §§ 4, 5 EStG aus:  

     

    Bilanz der T-GmbH zum 31.12.10  

    Buchwert  

    gemeiner Wert  

    Buchwert  

    gemeiner Wert  

    Firmenwert  

    0  

    200  

    Eigenkapital  

    300  

    440  

    sonstige Aktiva  

    400  

    500  

    Pensionsrückstellung  

    100  

    160  

     

     

     

    Drohverlustrück-stellung  

     

    0  

     

    100  

     

    400  

    700  

     

    400  

    700  

    Da die T-GmbH einen Verlustvortrag in Höhe von 250 für körperschaft- und gewerbesteuerliche Zwecke hat, sollen im Rahmen der Verschmelzung die stillen Reserven aufgedeckt werden, um den Verlustvortrag zu nutzen.  

    2. Anwendbarkeit des UmwStG und Rückwirkungsfiktion

    In Bezug auf die Anwendbarkeit des UmwStG (§ 1 Abs. 1 u. 2 UmwStG) und die steuerliche Rückwirkung (§ 2 UmwStG) ergeben sich bei inländischen Umwandlungen aufgrund des neuen Erlasses grundsätzlich keine Besonderheiten. Für steuerliche Zwecke wird die Umwandlung für den übertragenden und den übernehmenden Rechtsträger zum 31.12.10, d.h. mit Ablauf des Tages, zu dem die Schlussbilanz aufzustellen ist, wirksam (steuerlicher Übertragungsstichtag). Der Schlussbilanzstichtag liegt einen Tag vor dem handelsrechtlichen Umwandlungsstichtages (1.1.11, § 17 Abs. 2 UmwG).  

     

    Hinweis: Zu beachten ist, dass auf Ebene der Muttergesellschaft keine Rückwirkung vorgesehen ist und etwaige steuerliche Folgen demnach mit der Eintragung ins Handelsregister eintreten (BFH 7.4.10, I R 33/97; UmwStE-E Tz. 02.03).  

    3. Auswirkungen auf den übertragenden Rechtsträger

    Die T-GmbH hat zum 31.12.10 eine steuerliche Schlussbilanz zu erstellen (§ 11 Abs. 1 UmwStG). Aus Sicht der Finanzverwaltung ist die Schlussbilanz zusätzlich zur regulären Bilanz gemäß §§ 4, 5 EStG zu erstellen (UmwStE-E Tz. 11.02). § 11 UmwStG sieht dabei für die Schlussbilanz eigene Ansatz- und Bewertungsvorschriften vor (UmwStE-E Tz. 11.03 u. Tz. 11.04 i.V.m. Tz. 03.04 ff.). Dabei ist wie folgt zu verfahren:  

     

    Schritt 1:  

    Es ist der gemeine Wert des Unternehmens (Sachgesamtheit) gemäß § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln (UmwStE-E Tz. 03.07).  

    Schritt 2:  

    Der gemeine Wert der Sachgesamtheit ist auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen. Als Verteilungsschlüssel ist der Teilwert (!) der einzelnen Wirtschaftsgüter heranzuziehen (UmwStE-E Tz. 03.09).  

    Schritt 3:  

    Passivierungsverbote sind nicht anzuwenden (Tz. 03.06).  

    Schritt 4:  

    Stille Lasten in den Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG) dürfen nicht aufgedeckt werden und mindern auch nicht den gemeinen Wert des Unternehmens (§ 11 Abs. 1 S. 2 UmwStG, UmwStE-E Tz. 03.08).  

    Hieraus ergibt sich im vorliegenden Fall insgesamt folgende Schlussbilanz:  

     

    Bilanz der T-GmbH zum 31.12.10  

    gemeiner Wert  

    Schlussbilanz  

    gemeiner Wert  

    Schlussbilanz  

    Firmenwert  

    200  

    200  

    Eigenkapital  

    440  

    500  

    sonstige Aktiva  

    500  

    500  

    Pensionsrückstellung  

    160  

    100  

     

     

     

    Drohverlustrück-stellung  

    100  

    100  

     

    700  

    700  

     

    700  

    700  

     

     

    Praxishinweis

    Zu beachten sind die Besonderheiten, die sich aus den Sonderregelungen zur steuerlichen Behandlung von Pensionsrückstellungen ergeben: Da die stillen Lasten in Höhe von 60 nicht aufgedeckt werden dürfen, ist das Eigenkapital der T-GmbH entsprechend zu erhöhen und fällt im Ergebnis um 60 höher aus als der tatsächliche gemeine Wert!  

     

    Der Übertragungsgewinn in Höhe von 200 (Eigenkapital laut Schlussbilanz von 500 abzüglich bisheriger Buchwert des Eigenkapitals von 300) kann im Rahmen der Mindestgewinnbesteuerung mit den Verlustvorträgen bzw. dem laufenden Gewinn des Jahres 2010 verrechnet werden. Etwaige objektbezogene Umwandlungskosten (z.B. Grunderwerbsteuer) sind beim übernehmenden Rechtsträger zu aktivieren (UmwStE-E Tz. 03.05; BMF-Schreiben v. 18.1.10). Lediglich nicht objektbezogene Umwandlungskosten des übertragenden Rechtsträgers mindern den Übertragungsgewinn.  

     

    Der nach Verrechnung mit dem Übertragungsgewinn verbleibende Verlustvortrag von 50 geht unter (§ 12 Abs. 3 UmwStG i.V.m. §§ 4 Abs. 2, 19 Abs. 2 UmwStG).  

     

    Ergänzende Hinweise

    • Damit eine Buchwertfortführung auf Antrag möglich ist, müssen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG vorliegen. In einem reinen Inlandssachverhalt waren diese Voraussetzungen nach h.M. bislang gewöhnlich erfüllt. Die Finanzverwaltung vertritt nun abweichend vom Umwandlungssteuererlass 1998 die Auffassung, dass die Besteuerung mit Körperschaftsteuer beim übernehmenden Rechtsträger (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG) nicht sichergestellt ist, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft eine Organgesellschaft ist, da die Besteuerung auf Ebene des Organträgers erfolgt (UmwStE-E Tz. 11.08).

     

    Aus Billigkeitsgründen sollen die übergehenden Wirtschaftsgüter jedoch mit dem Buchwert angesetzt werden können, wenn sich alle an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger in einem übereinstimmenden Antrag damit einverstanden erklären, dass auf die aus der Verschmelzung resultierenden Mehrabführungen § 14 Abs. 3 S. 1 KStG anzuwenden ist, d.h. es sich um vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen handelt (UmwStE-E Tz. 11.08). Ob es sich hierbei wirklich um vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen handelt, ist jedoch sehr strittig. Die Finanzverwaltung versucht mit dieser rechtlich fragwürdigen Vereinbarung, die Besteuerung sicherzustellen.

     

    • Eine gesonderte Schlussbilanz ist nur dann nicht erforderlich, wenn bei Fortführung der Buchwerte ausdrücklich erklärt wird, dass die Steuerbilanz i.S. des § 4 EStG zugleich die Schlussbilanz sein soll oder die Schlussbilanz nicht für inländische Besteuerungszwecke benötigt wird (UmwStE-E Tz. 03.02). Der Antrag auf Buchwertfortführung ist spätestens bis zur Abgabe der Schlussbilanz zu stellen; er ist bedingungsfeindlich und unwiderruflich (UmwStE-E Tz. 11.12 i.V.m. Tz. 03.27 ff.).

    4. Auswirkungen auf den übernehmenden Rechtsträger

    Die S-GmbH tritt als übernehmende Rechtsträgerin die steuerliche Rechtsnachfolge der T-GmbH an und übernimmt die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit deren Schlussbilanzwerten (§ 12 Abs. 1 UmwStG). Entgegen der h.M. hat der übernehmende Rechtsträger nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann ein Übernahmeergebnis zu ermitteln, wenn er vor der Umwandlung nicht an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt war, d.h. kein Up-stream Merger vorliegt (UmwStE-E Tz. 12.05). Das Übernahmeergebnis ist dabei wie folgt zu ermitteln:  

     

    Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft  

    ./. Schlussbilanzwert der übernommenen Wirtschaftsgüter  

    ./. Umwandlungskosten des übernehmenden Rechtsträgers  

    = Übernahmegewinn  

     

    Da der Übernahmegewinn außer Ansatz bleibt (§ 12 Abs. 2 UmwStG), bleiben auch Umwandlungskosten des übernehmenden Rechtsträgers nach Verwaltungsmeinung steuerlich stets unberücksichtigt.  

     

    Beim übernehmenden Rechtsträger (Tochter S) müssen außerdem die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Folgeperioden beachtet werden: Aus Sicht der Finanzverwaltung ist ein in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers entgegen § 5 EStG angesetztes Wirtschaftsgut zwar gemäß § 12 Abs. 2 UmwStG in der Steuerbilanz des übernehmenden Rechtsträgers auszuweisen, muss in der Folgezeit aber unter Anwendung des § 5 EStG ertragswirksam aufgelöst werden (UmwStE-E Tz. 12.04 i.V.m. 04.16). Dies betrifft insbesondere die Drohverlustrückstellung, sodass in 2011 ein Gewinn von 100 aus deren Auflösung resultieren würde. Der BFH hat allerdings die Auffassung vertreten, dass „angeschaffte“ Drohverlustrückstellungen weiterhin zu bilanzieren sind (BFH 16.12.09, I R 102/08). Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung bei der Veröffentlichung des finalen Umwandlungssteuererlasses dennoch bei ihrer gegenteiligen Auffassung bleibt.  

     

    Hinweis: Unklar ist momentan noch, ob diese Sichtweise auch für den aktivierten originären Firmenwert gelten soll, d.h. ob in 2011 eine Sofortabschreibung von 200 vorzunehmen ist.  

     

    Ergänzende Hinweise

    • Die Auswirkungen auf das steuerliche Einlagekonto richten sich nach § 29 KStG. Insoweit übernimmt der neue Umwandlungssteuererlass im Wesentlichen die früheren Ausführungen des BMF (16.12.03, IV A 2 - S 1978 - 16/03, BStBl I 03, 786; UmwStE-E Tz. K.01 ff.).

     

    • Sollte die übertragende Gesellschaft Organträgerin sein, ist die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft der übernehmenden Gesellschaft rückwirkend zuzurechnen, sodass im Falle der Verschmelzung einer Organträgerin Organschaften grundsätzlich fortgeführt werden können (UmwStE-E Tz. Org.02). Die Finanzverwaltung hat insoweit die Rechtsprechung des BFH übernommen (BFH 28.7.10, I R 89/09).

    5. Auswirkungen auf die Anteilseigner

    Gemäß § 13 Abs. 1 UmwStG gelten die Anteile an Tochter T als zum gemeinen Wert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile an Tochter S mit diesem Wert als angeschafft. Der Veräußerungsgewinn beträgt somit (440 ./. 200 =) 240. Die Besteuerung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, sodass grundsätzlich § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist. Da § 13 UmwStG keine Rückwirkung vorsieht, entsteht der Veräußerungsgewinn am Tag der Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister.  

     

    Auf Antrag kann auch der Buchwert fortgeführt werden, wenn das Recht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an der Tochter S nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 13 Abs. 2 UmwStG). Der Ansatz eines Zwischenwertes ist nicht möglich (UmwStE-E Tz. 13.10). Folgende Besonderheiten sind zu beachten:  

     

    • Eine Fortführung der Buchwerte auf Ebene des Anteilseigners ist unabhängig von einer Buchwertfortführung auf Gesellschaftsebene möglich (UmwStE-E Tz. 13.08).

     

    • § 13 UmwStG gilt auch dann, wenn bei der Verschmelzung von Schwestergesellschaften - wie hier - keine neuen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden, weil die gemeinsame Mutter-gesellschaft ohnehin schon 100 % der Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger hält (§ 54 Abs. 1 S. 3 UmwG, UmwStE-E Tz. 13.09). In diesem Fall wird der Buchwert der Anteile an der Tochter T i.H.v. 200 dem Buchwert der Anteile an der Tochter S hinzugerechnet.

     

    • Der Antrag auf Buchwertfortführung bedarf keiner besonderen Form, ist bedingungsfeindlich und unwiderruflich (UmwStE-E Tz. 13.10).

     

    • Im Falle der Buchwertfortführung treten die Anteile an der übernehmenden Körperschaft steuerlich an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft (§ 13 Abs. 3 UmwStG). Diese Rechtsnachfolge hat z.B. Bedeutung für die Besitzzeitanrechnung im Rahmen der gewerbesteuerlichen Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG.

     

    Praxishinweis

    Da § 13 UmwStG für die Anteilseigner-Ebene keine Rückwirkung vorsieht, vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die rückwirkende Verschmelzung einer Organgesellschaft für die Fortführung der Organschaft grundsätzlich schädlich ist (UmwStE-E Tz. Org.18). Dies ist allerdings strittig, da die Fußstapfentheorie auch auf Ebene der Anteilseigner gilt (§ 13 Abs. 2 S. 2 UmwStG) und sich eine zeitliche Zurechnung der Anteile auch mit der (Gesamt-)Rechtsnachfolge begründen ließe.  

     

    Weiterführender Hinweis

    • Praktische Fälle zum „Erweiterten Anwachsungsmodell“ und zur „Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gemäß §§ 20 ff. UmwStG“ werden in einer der nächsten Ausgaben folgen.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2011 | Seite 238 | ID 146519