04.04.2011 | Der praktische Fall
Steuerliche Folgen der Auflösung einer vermögensverwaltenden GbR
von RiFG Dipl.-Finw. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde
Die Realteilung einer gewerblich tätigen Personengesellschaft nach § 16 Abs. 3 S. 2 EStG ist zu Buchwerten möglich, soweit die real geteilten Wirtschaftsgüter nach der Aufteilung Betriebsvermögen bei den jeweiligen Realteilern bleiben. Für die Teilung von vermögensverwaltenden Personengesellschaften gibt es keine spezielle Regelung, sodass unklar sein könnte, ob ein Veräußerungsgewinn im Sinne von § 23 EStG realisiert wird. Nachfolgend wird dieser praktischen Frage nachgegangen.
1. Sachverhalt
X und Y haben vor vielen Jahren die XY-Vermietungs-GbR gegründet, die im Gesamthandsvermögen über zwei Grundstücke verfügt. Die Gesellschafter sind zu je 50 % am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven beteiligt. Die Verkehrswerte betragen jeweils 1 Mio. EUR, die fortgeführten Anschaffungskosten jeweils 500.000 EUR; Darlehensbelastungen valutieren noch in Höhe von jeweils 1 Mio. EUR auf jedem der Grundstücke. Das Grundstück 1 (vor dem 1.1.1925 fertiggestellt) gehörte der GbR bereits 42 Jahre, das Grundstück 2 lediglich 7 Jahre. X und Y möchten die Grundstücke zukünftig getrennt voneinander vermieten und lösen deshalb die GbR dergestalt auf, dass X das Grundstück 1 und Y das Grundstück 2 jeweils nebst 1 Mio. EUR Belastung übernehmen. Entsteht ein Gewinn i.S. von § 23 EStG? Wie berechnet sich zukünftig die AfA für X und Y?
2. Lösung
2.1 Laufende Einkünfte nach der Aufteilung
X und Y erzielen nach der Auflösung der GbR durch Vermietung der jeweiligen Objekte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Beurteilung der Liquidation der GbR wirkt sich allerdings auf die AfA aus.
2.2 Problemstellung
Nach Auflösung einer GbR findet die Liquidation statt, sofern nicht eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbart ist (§§ 730 ff. BGB). Als eine andere Art der Auseinandersetzung kommt auch eine Naturalteilung des Gesellschaftsvermögens in Betracht.
Grundsätzlich gilt aus steuerlicher Sicht bei Wirtschaftsgütern im Gesamthandsvermögen eine Bruchteilsbetrachtung (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Danach wird - vereinfacht formuliert - das Vermögen von nicht gewerblich tätigen Personengesellschaften grundsätzlich so behandelt wie Bruchteilseigentum der Gesellschafter. Für die Beurteilung der Auflösung der GbR bestehen danach zwei grundsätzliche Lösungsmöglichkeiten:
2.3 Folgen bei Annahme von Veräußerungsgeschäften
Folgt man Variante 2, würden entsprechend der Wertung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 50 % der ideellen Wirtschaftsgüter veräußert. Die Gegenleistung bestünde dann in der anteiligen Übernahme der Verbindlichkeit. Diese Beurteilung als anteilige Veräußerung nach Maßgabe der Trennungstheorie hätte für X und Y zur Folge, dass in Bezug auf das jeweils vom anderen Gesellschafter übernommene Grundstück zu 50 % ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. von § 23 EStG anzunehmen wäre:
Veräußerungspreis: | 500.000 EUR (hälftige übernommene Verbindlichkeit) |
./. fortgeführte Anschaffungskosten: | 250.000 EUR (entgeltlicher Teil) |
./. Veräußerungskosten | 0 EUR |
Gewinn: | 250.000 EUR |
X und Y müssten in diesem Fall jeweils zwei AfA-Reihen bilden. Für den unentgeltlichen Anteil (50 %) müsste die AfA gemäß § 11d Abs. 1 EStDV fortgeführt werden; das AfA-Volumen wäre insoweit durch die Abschreibungen der GbR schon zum Teil aufgebraucht mit der Folge, dass der unentgeltlich übergegangene Teil (50 %) des Grundstücks Nr. 1 bereits abgeschrieben wäre. Für den entgeltlichen Teil müsste bei beiden Grundstücken die AfA gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG mit 2 % (Grundstück 2) bzw. 2,5 % (Grundstück 1, da vor dem 1.1.1925 fertiggestellt) der Anschaffungskosten berechnet werden. Richtig ist m.E. allerdings die Annahme nicht-entgeltlicher Vorgänge.
2.4 Vergleich mit unstreitigen Sachverhalten
Da der Fall der Aufteilung einer vermögensverwaltenden GbR, soweit ersichtlich, noch nicht explizit entschieden wurde, kann ein Vergleich mit ähnlichen Fallkonstellationen die steuerrechtliche Beurteilung eingrenzen. Für einen insgesamt unentgeltlichen Vorgang könnten insbesondere die Behandlung der Realteilung sowie die Beurteilung der Auseinandersetzung über Privatvermögen bei Erbengemeinschaften sprechen:
2.4.1 Realteilung
Bei der Realteilung von (gewerblich tätigen) Mitunternehmerschaften zwingt § 16 Abs. 3 S. 2 EStG zur Buchwertfortführung, soweit die Realteiler den bisherigen betrieblichen Organismus aufgeben und die Wirtschaftsgüter - mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage - in den jeweiligen neuen Betrieb der Realteiler übertragen werden. Für nicht mit Gewinneinkünften tätige Personengesellschaften gibt es eine vergleichbare Regelung allerdings nicht. Der BFH sah die Rechtsgrundlage für die Buchwertfortführung im Falle der Realteilung vor Inkrafttreten des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG in einer Einschränkung der Rechtsfolgen des § 16 Abs. 3 EStG durch den in § 24 Abs. 2 UmwStG 1977 zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, dass bei einer Personengesellschaft die Ausbringung von Wirtschaftsgütern erfolgsneutral gestaltet werden könne (BFH 1.12.92, VIII R 57/90, BStBl II 94, 607). Die Realteilung stellt allerdings auch nach dieser Begründung keinen Tauschvorgang dar (vgl. auch BFH 5.7.90, GrS 2/89, BStBl II 90, 837).
2.4.2 Erbauseinandersetzung
Bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft über Privatvermögen führt eine Teilung ohne Abfindungszahlungen nicht zu Anschaffungskosten oder Veräußerungserlösen. Eine Erbauseinandersetzung kann auch in der Weise durchgeführt werden, dass einem Miterben ein Nutzungsrecht an einem zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgut eingeräumt wird, das einem anderen Miterben zugeteilt wird (z.B. Wohnrecht an einem Gebäude). Ein unentgeltlicher Vorgang liegt auch vor, wenn Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum umgewandelt wird und ein Miterbe Anteile an der Bruchteilsgemeinschaft von einem anderen Miterben im Tausch gegen eigene Anteile erwirbt. Selbst eine Schuldübernahme führt laut BMF (14.3.06, IV B 2 - S 2242 - 7/06, Rz. 21) auch insoweit nicht zu Anschaffungskosten, als sie die Erbquote übersteigt (anders insoweit BFH 14.7.09, IX R 48/08, BFH/NV 09, 1808).
Dies bedeutet, dass Nachlassverbindlichkeiten einen wertmäßigen Ausgleich unter den Miterben bei einer Teilung und damit einen unentgeltlichen Rechtsvorgang ermöglichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die übernommenen Verbindlichkeiten in einem Finanzierungszusammenhang mit zugeteilten Nachlassgegenständen stehen. Begründet wird dies insbesondere damit, dass in der Erfüllung des erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs kein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft zu sehen sei (BFH 5.7.90, GrS 2/89, BStBl II 90, 837).
Hinweis: Wirtschaftsgüter, die in Erfüllung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft von einem Ehegatten auf den anderen übertragen werden, werden hingegen i.S. des § 23 Abs. 1 EStG vom Erwerber angeschafft (vgl. auch BFH 15.2.77, VIII R 175/74, BStBl II 77, 389; BFH 31.7.02, X R 48/99, BStBl II 03, 282).
2.5 Auswirkungen auf den Ausgangsfall
Die einkommensteuerrechtlichen Folgen bei Liquidation einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft müssen den allgemeinen Grundsätzen der Liquidation einer Personengesellschaft gerecht werden. In der Erfüllung des - konkretisierten - Auseinandersetzungsanspruchs liegt laut BFH (19.1.82, VIII R 21/77) indes weder der Tausch von Miteigentumsrechten zwischen den Gesellschaftern noch der Tausch eines untergehenden Gesellschaftsanteils gegen einzelne Vermögensgüter zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft. Es handelt sich vielmehr um einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang, der seinen Ursprung in dem gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch hat. Diese Beurteilung ist m.E. auch bei nicht gewerblich tätigen Personengesellschaften maßgeblich.
Es handelt sich auch nicht um einen tauschähnlichen Vorgang, wenn man die Gegenleistung in der Minderung von Gesellschaftsrechten annehmen wollte. Die Gesellschaft wird insgesamt aufgelöst, sodass die Minderung von Gesellschaftsrechten keine Gegenleistung darstellen kann. Schließlich sind auch die Grundsätze zur Behandlung der Einbringung einzelner zum Privatvermögen gehörender Wirtschaftsgüter in das betriebliche Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft (tauschähnlicher Vorgang laut BFH 19.10.98, VIII R 69/95) nicht weiterführend, da zum einen keine Ein-, sondern eine Ausbringung vorliegt und zum anderen kein Betriebsvermögen betroffen ist.
M.E. ist die Auflösung der GbR im Ausgangsfall daher insgesamt nicht als Veräußerungsgeschäft zu behandeln, zumal keine Ausgleichszahlung erbracht wird, die zur Annahme einer Teilentgeltlichkeit geführt hätte. Die Übernahme von Verbindlichkeiten der Personengesellschaft muss dann konsequenter Weise ebenfalls wie die Verteilung des Aktivvermögens als nicht entgeltlicher Vorgang beurteilt werden.
Allerdings könnte die neuere Rechtsprechung des BFH im Zusammenhang mit der Übernahme von Schulden im Zuge der Erbauseinandersetzung zu berücksichtigen sein (BFH 14.12.04, IX R 23/02, BStBl II 06, 296). Danach stellen die von einem Miterben im Rahmen einer Erbauseinandersetzung übernommenen Schulden der Erbengemeinschaft insoweit Anschaffungskosten der von ihm übernommenen Nachlassgegenstände dar, als sie seinen Anteil am Nachlass übersteigen (laut BMF 30.3.06, IV B 2 - S 2242 - 15/06, BStBl I 06, 306 nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden). Überträgt man die BFH-Rechtsprechung auf die Liquidation einer vermögensverwaltenden GbR, kommt insoweit ein Veräußerungsgeschäft in Betracht wie über den Gesellschaftsanteil hinaus Verbindlichkeiten übernommen werden. Im Ausgangsfall ist dies indes nicht der Fall, da jeder der Gesellschafter genau 50 % der insgesamt vorhandenen Verbindlichkeiten übernimmt; eine Aufteilung jeder einzelnen Verbindlichkeit ist m.E. selbst dann nicht erforderlich, wenn man die Grundsätze des BFH-Urteils vom 14.12.04 (a.a.O.) für übertragbar hält.
Folge der Annahme nicht entgeltlicher Vorgänge, die ihren Ursprung in dem gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch haben, ist die entsprechende Anwendung des § 11d Abs. 1 EStDV. Selbst wenn man den Vorgang nicht als „unentgeltlich“ im Sinne des § 11 Abs. 1 EStDV ansähe, wäre jedenfalls in Anlehnung an die oben dargestellten Grundsätze die Anwendung des Rechtsgedankens der Vorschrift geboten. Damit sind zwei wichtige Folgerungen zu beachten:
- Ein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG liegt nicht vor, da kein Ausgleich gezahlt werden soll.
- Die AfA ist - unter Anrechnung des bereits in Anspruch genommenen AfA-Volumens - nach dem Rechtsgedanken des § 11d Abs. 1 EStDV fortzuführen, sodass das Grundstück 1 im Ausgangsfall bereits vollständig abgeschrieben ist.