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  • 01.05.2007 | Europäischer Gerichtshof

    Der Fall „Meilicke“ – deutscher Fiskus muss ausländische Körperschaftsteuer erstatten

    von Richter am FG Dipl.-Finw. Jens Intemann, Hannover
    In der Rechtssache Meilicke hat der EuGH am 6.3.07 (C-292/04, Abruf-Nr. 070855) das KSt-Anrechnungsverfahren, das mit der Unternehmensteuerreform ab dem Veranlagungszeitraum 2001 durch das Halbeinkünfteverfahren ersetzt wurde, als europarechtswidrig eingestuft. Es verstoße gegen die in Art. 56 EG und 58 EG verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit, weil nur Dividenden zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten, die von einer inländischen Körperschaft gezahlt wurden. Der deutsche Fiskus ist nach der Entscheidung des EuGH nun verpflichtet, auch die von einer ausländischen Körperschaft in ihrem Sitzstaat gezahlte Körperschaftsteuer beim inländischen Dividendenempfänger anzurechnen. Da der EuGH eine zeitliche Befristung seiner Entscheidung ausdrücklich abgelehnt hat, können selbst bestandskräftige Steuerveranlagungen insoweit noch geändert werden.

     

    Sachverhalt

    Der in Deutschland ansässige Heinz Meilicke hatte Aktien von einer niederländischen und einer dänischen Gesellschaft erworben. In den Jahren 1995 bis 1997 bezog er von den Gesellschaften ca. 40.000,- DM an Dividenden. Nach dem Tod von Herrn Meilicke beantragten seine Erben beim Finanzamt eine Steuergutschrift von 3/7 der in den Streitjahren erzielten Dividenden. Das Finanzamt lehnte eine Steuergutschrift mit dem Hinweis auf § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F. ab, weil die Vorschrift eine Anrechnung nur für Dividendenzahlungen von unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften ermögliche. Das daraufhin von den Klägern angerufene FG Köln setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob das deutsche Anrechnungsverfahren wegen seiner Beschränkung auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften mit dem Europarecht vereinbar sei. 

     

    Anmerkungen

    Der EuGH hält das deutsche KSt-Anrechnungsverfahren wegen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG) für europarechtswidrig. Zwar fallen die direkten Steuern grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Diese müssen ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben. Bei der Ausgestaltung der direkten Steuern müssen sie insbesondere die im EG verbürgten Grundfreiheiten berücksichtigen. Dieser Verpflichtung ist der deutsche Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Anrechnungsverfahrens nicht nachgekommen. 

     

    Bei Dividenden einer deutschen Kapitalgesellschaft an im Inland ansässige Anteilseigner wird eine Doppelbelastung durch die Möglichkeit einer Steuergutschrift nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F. vermieden. Dem gegenüber wird eine Steuergutschrift für ausländische Dividenden nicht gewährt.