01.05.2006 | FG Köln
Kosten für ein klassisches Erststudium sind bis einschließlich VZ 2003 Erwerbsaufwendungen
Der überwiegend von den Finanzgerichten und im Schrifttum vertretenen Auffassung folgend hat der BFH nun zunächst für einen Teilbereich – den Kosten für ein berufsbegleitendes Erststudium – seine ständige Rechtsprechung aufgegeben und den Werbungskostenabzug zugelassen (vgl. GStB 05, 254). Auch der BFH geht jetzt grundsätzlich davon aus, dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der Fassung bis VZ 2003 insoweit keine Sperrwirkung entfaltet und vorrangig der Veranlassungszusammenhang zur Erwerbssphäre zu prüfen ist. Das FG Köln (19.1.06, 10 K 3712/04, Abruf-Nr. 061193, Rev. zugelassen) ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hat für die Rechtslage bis VZ 2003 den Werbungskostenabzug sogar bei einem klassischen Erststudium zugelassen. |
Sachverhalt
Der Kläger hatte sein Jura-Studium im Anschluss an Abitur und Grundwehrdienst im Sommersemester 1996 aufgenommen. Daneben war er im Streitjahr 2001 als Geschäftsführer der X- GmbH (Bruttoarbeitslohn: 36.000 DM) tätig. Im Rahmen seiner ESt-Veranlagung machte der Kläger 8.916 DM Aufwendungen für sein Studium als Werbungskosten geltend (Kosten für Repetitor, Fahrtkosten etc.). Die Tätigkeit des Klägers für die GmbH endete mit dem Beginn des Referendardienstes am 1.7.02. Im Anschluss daran begann der Kläger, der seit 2005 als Rechtsanwalt zugelassen ist und inzwischen als angestellter Rechtsanwalt arbeitet, mit der Anfertigung seiner Dissertation. Das Finanzamt berücksichtigte die Studienkosten nicht, weil Kosten für die Ausbildung in einem (noch) nicht ausgeübten Beruf lediglich bis zur Höhe von 2.400 DM als Sonderausgaben berücksichtigt werden könnten. Das FG Köln gab dem Kläger jedoch recht.
Anmerkungen
Der Abzug von Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten setzt voraus, dass bereits im Zeitpunkt der Verausgabung anhand objektiver Umstände ein Zusammenhang mit zukünftigen steuerpflichtigen Einnahmen feststellbar ist. Den Steuerpflichtigen trifft zwar insoweit die Feststellungslast. Das FG Köln hat aber berücksichtigt, dass der Steuerpflichtige seine dahin gehende Absicht im Einzelfall nur schwer darlegen und beweisen kann. Die Finanzrichter sind davon ausgegangen, dass die Entscheidung, ein Studium der Rechtswissenschaften aufzunehmen, und die ernsthafte Durchführung dieses Studiums für das Streitjahr auf einen hinreichend konkreten Zusammenhang zu einer künftigen Tätigkeit in einem für einen Volljuristen typischen Beruf schließen lassen. Damit sei eine „einkünftedienliche“ Veranlassung indiziert. Dabei könne nicht entscheidend sein, dass im Zeitpunkt der Bildungsmaßnahme häufig noch gar nicht feststeht, ob der Steuerpflichtige künftig als Angestellter tätig werde oder im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit. Denn die Grundentscheidung des Gesetzgebers für einen Dualismus der Einkunftsarten bei der Einkommensermittlung sei kein Umstand, den der Steuerpflichtige zu vertreten hat (vgl. BFH 26.1.05, BStBl II, 349).
Praxishinweis
Die gesetzliche Regelung über den Sonderausgabenabzug von Berufsausbildungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) kann gesetzestechnisch einen Werbungskostenabzug nicht blockieren. Dazu hätte es einer – für das Streitjahr nicht vorhandenen – gesetzlichen Anordnung bedurft (vgl. BFH 27.5.03, BStBl II 04, 884). Fraglich bleibt, ob diese Entscheidung auch Auswirkungen auf VZ ab 2004 hat. Nach aktueller Gesetzeslage hat der Gesetzgeber in § 12 Nr. 5 EStG nun angeordnet, dass die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das (klassische) Erststudium grundsätzlich zu den nichtabziehbaren Privatausgaben gehören. Ob diese gesetzliche Anordnung jedoch tatsächlich den vorrangig (siehe unveränderten Einleitungssatz des § 10 EStG) zu prüfenden Abzug als Erwerbsaufwendungen sperren kann, werden wohl erst wieder die Steuergerichte entscheiden müssen (insoweit sehr kritisch Drenseck, DStR 04, 1766). Der steuerliche Berater sollte daher auch aktuell bei Studienkosten über 4.000 EUR die Steuerbescheide offen halten und die weitere Rechtsentwicklung abwarten. Bei Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Veranlassungszusammenhangs mit künftigen steuerpflichtigen Einnahmen sollte auf eine insoweit vorläufige Steuerfestsetzung hingewirkt werden (so BFH 26.1.05, BStBl II 05, 349).
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