02.07.2010 | FG Niedersachsen
Aufwand für heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung abziehbar
von Dipl.-Finanzwirt Dr. Volker Kreft, RiFG, Bielefeld
Das FG Niedersachsen hat die wegen einer inoperablen Sterilität des Ehemannes verursachten Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung der Ehefrau mit Fremdsamen brandaktuell als außergewöhnliche Belastung anerkannt (FG Niedersachsen 5.5.10, 9 K 231/07, Abruf-Nr. 101869, n.rkr.). Das FG ist damit der bislang vorherrschenden Rechtsprechung des BFH (18.5.99, III R 46/97) entgegengetreten, der in einem solchen Fall keine zwangsläufige Heilbehandlung annimmt, da der kranke Ehemann nicht behandelt wird und die behandelte Ehefrau gesund ist. Die Kinderlosigkeit als Folge der Sterilität stelle für sich keine Krankheit dar.
1. Die FG-Entscheidung im Überblick
Der verheiratete Kläger war aufgrund einer inoperablen organisch bedingten Sterilität nicht in der Lage, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen. Sein Sperma war auch nicht geeignet, im Rahmen einer homologen künstlichen Befruchtung eingesetzt zu werden. Aufgrund dessen entschlossen sich die Kläger, ihren Kinderwunsch mit Hilfe von Spendersamen zu verwirklichen. Das FA erkannte die Aufwendungen (Medikamente und Fahrtkosten), die von der Krankenversicherung nicht erstattet wurden, unter Hinweis auf die ablehnende BFH-Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastung an. Das FG gab den Klägern dann jedoch Recht.
Auf den ersten Blick überrascht die Entscheidung des FG Niedersachsen, denn die entgegenstehende BFH-Rechtsprechung aus 1999 wird in der Literatur - ohne tiefergehende Auseinandersetzung - fast einhellig geteilt (z.B. Schmidt/Loschelder, § 33 Rz. 35 „Befruchtung“; vgl. auch H 33.1-33.4 EStR 2008, Stichwort: „Künstliche Befruchtung"). Kritik an dieser Rechtsauffassung übt allein Lang (in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz. 726: Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG).
2. BFH-Rechtsprechung zu Aufwendungen für künstliche Befruchtungen
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